Dresdner Journal : 21.06.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187306215
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1873
- Monat1873-06
- Tag1873-06-21
- Monat1873-06
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- Dresdner Journal : 21.06.1873
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^S141 Sonnabend, den 21. Juni. 1873 Uvieke» kout- und Lmrslvv Summen»: 1 Ltslupvlrusclll»^ dimu. Iw a«nt»«u«» LsIrL«: ^LKrUeU . . . K l^lr. ^^Llu-Uct»: 1 Idir. tk Xssr. Fdoaoewentsprsls«» lür--»»»»»» tritt ^jLUrUcd 2 11»Ir. LtewpsIßvbaUr, »»»«riwld äs» äeuttodsL Iu»vr!s»pr«I»s: - kür äeu kaum eiosr -sspaltsuvQ 2sll«. Xxr. Outvr „Liu^sssiät" äis 2«llv: 3 X^r. LrvellvlLenr 1't^Ued, mit Xuiuakms 6er 8ouv- uvä keietta^s, Xdeoä» tUr äsu fol^vuäsu I's^. AreMerÄmmml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Io»sr»ts»uu>n»kws »u»«Lrt»r F>. Lrancistetter, Oc>mmi»»iouLr äs» * Oresäver lourual»; «ksuäa».: ^'ort u. L ^>r^er/ »»wdarx-S-rllo- Vi»»-l.,ip»1,-3»»»I-Lr««I»u-^r»oitturt » ».: <s ^OAtrr, N«rUo-Vi»»-U»mdiu8-?r»^-l.«ip»Uk-k'r»Lll- turt ».«-UkMod-il: /ÜKä. V»rlio: /teteme^er, /nvattäe«<ia»t, // ^lidrec^t, Lrewsv: L' L'e^otte, Lr««- t»u: I,.ÄanAe>t'»Lüre»u; Cdsouliti: ^'r. I'cxot, krLwl- kart».H : L. ^aeAtr'seüe u.F. L,'.//ermanr»'«sU« ttusbll., DtiadsF Oo; SörUt»; tr ^kUttsr, L»»uov»r: t,'.8c?«ü«>!er / k»rt»^ ^/asc», /.a/itte, LitttterFt/'o.; Stuttgart: Daude cs t,V, Lüää. Annoncen-Lürea««,' Vi«»: ttsrausxvdvrr * kiwiel- Lrpsäitiou äs» Oresäosr 6ouru»Is, öresäeu, Har^arstUsugsass Xo. I. Amtlicher Theil. Dresden, 20. Juni. Die FrauHerzogin von Ha milton, geborene Prinzessin von Baden, Großherzog- liche Hoheit, ist nebst Höchstihrcr Tochter, der Frau Erbp rin zcsstn von Monaco, gestern Abend 10 Uhr 40 Minuten nach Baden Baden abgereist. UichtnntHicher Theil. Uebersicbt. TNegrvvbisck, Nuckricktev. L agesgeschichte. (Berlin. Neichenbach i. Schl. Frank furts. M. Rostock. Darmstadt. Wien. Prag. Pa ris. Bern. Rom. Madrid. London. St. Petersburg. Konstantinopel. Adrianopel. New-Uork.) Dresdner Rachrickten. Provinzialnachrichte». (Leipzig. Chemnitz. Reichenbach. Döbeln. Nieder RennerSdorf.) Statistik und DolkSwirrhschaft. Eingesaudtet. KruiSetov. Inserate. Lagetkaleuder. BSrsennack- richten. Beilage. Deutscher Reichstag (Sitzung vom 19. Juni). Inserate. Telegraphische Nachrichten. Versailles, Donnerstag, IS. Juni, Abends. (W. T B.) Dir Nationalversammlung brrieth heute über den Antrag des Gouverneurs von Pa ris, deS Generals Ladmiranlt, den Deputirten Ranc gerichtlich verfolgen zu dürfen. Bei der stattgehabten längeren Debatte legte der Justizminister Ernoul namens der Regierung gegen die Unterstellung Verwahrung ein, als ob diese mit dieser Maßregel irgendwie die Regierung des flüheren Präsidenten Thiers treffen wolle, oder als ob sic bei einer rein gerichtlichen Frage von irgendwelchen politischen Nebengedanken und Absichten geleitet sei. Cazot, Mitglied der äußersten Linken, stellte den Antrag, die Versammlung solle ihre Entscheidung ver tagen, bis erst die Generäle Ladmirault, Cisscy, Appert, Barrail, sowie der Minister Herzog v. Broglie von der Commission vernommen worden seien. Dieser An trag wurde mit 450 gegen 250 Stimmen abgelehnt. Die Anträge des Berichterstatt rS, die dahin gehen, die Ermächtigung zur Verfolgung Ranc'S zn »rtheilen, wurden mit 485 gegen 137 Stimmen genehmigt. Rom, Donnerstag, 1v. Juni, AbrndS. (W. T. T.) In der heutigen Sitzung der Deputirten- kammer sprach der Kinavzministrr Sella den Wunsch auS, die Finanzvorlagen auf die Tagesordnung vom nächsten Montag gesetzt zu sehen. Der Drputirte de PrrtiS wollte die Berathung derselben bis in den November vertagt wissen, verwahrte sich aber dagegen, alS ob er mit diesem Verlangen den Wunsch nach einem Wechsel deS Ministeriums auSgedrückt haben wollte. Da der Nam vSaufruf die Beschluß- Unfähigkeit der Kammer ergab, wurde die Abstim mung über die Lerathung der Ainanzvorlagen auf morgen vertagt. Heute- wurde die Eisenbahn von Borgoforte nach Mautua, welche Modena mit Mantua ver bindet, eröffnet. LlMSgcschichtc. l^. Berlin, 19. Juni. Der Reichstag erledigte heute außer einigen anderen finanziellen Vorlagen in zweiter Lesung den Gesetzentwurf, betreffend den An ¬ theil des vormaligen Norddeutschen Bundes an der französischen Kriegsentschädigung. Die Vorschläge der Commission, welcbe nur formelle Aenderungen der Re gierungsvorlage enthielten, fanden allenthalben die Zu stimmung des HausrS. Die einzige lebhafte Discussion, welche dabei sich erhob, erstreckte sich auf die Zulassung von adeligen und bürgerlichen, katholischen und evan gelischen Offizieren bei einzelnen Regimentern der deut schen Armee. (Vgl. die Beilage.) — Wie der „St.-Anz." meldet, waren zu dem gestrigen Diner bei Ihren kaiserlichen Majestäten auf Schloß Babelsberg die kaiserlichen Botschafter von Oesterreich-Ungarn und Rußland geladen. — Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen. — Auch daS Staatsministerium trat heute Mittag 1 Uhr im Kriegsministerium unter dem Vorsitz des Generalfeldmarschalls Grafen v. Roon zu einer Sitzung zusammen. Gegenstand der Berathung soll die Papiergeldfrage gewesen sein. — Der zum deutschen Botschafter in London ernannte Erblandmar schall Graf zu Münster begiebt sich heute Abend auf seinen neuen Posten. — Wie der „Hess. Mrgnz." mitgetheilt wird, hat der Bischof von Fulda auf die Aufforderung der Regierung zur Mitwirkung bei der Ausführung der Kirchengesetze sofort die gewissen hafte Beantwortung der von der Regierung aufzustel lenden Fragen über die geistlichen Bildungsanstalten des Bisthums und deren Lehrpläne rc. durch den Re gens des Fuldaer Priesterseminars angeordnet. Dem Bischof von Fulda wird überhaupt die Tendenz nachge rühmt, in thunlichster Eintracht mit der Regierung zu leben, ein Bestreben, das auch wenigstens bei dem äl teren Theil seines Clerus ein bereitwilliges Eingehen gefunden haben soll. — In der gestrigen Plenarsitzung des Bun des - raths, in welcher Staatsminister Delbrück den Vorsitz führte, wurden vorgrlegt: Die Schreiben des Reichs tagspräsidenten, betreffend den Gesetzentwurf wegen Ein führung des Gesetzes über die privatrechtl-che Stellung der Erwerbs u. Wirthschaftsgenossenschaften in Bayern und die vom Reichstage bei Berathung des 5. Berichts der Reichsschuldencommission gefaßten Beschlüsse. Aus schußberichte wurden erstattet über die Gesetzentwürfe wegen Abänderung einiger Bestimmungen der Gewerbe ordnung und wegen Bestrafung der Coutraclbrüchigkeit der land- und forstwirthschaftlichen Arbeitgeber u. Ar beitnehmer und über den Handels- rc. Vertrag mit Persien. Es folgte eine Besprechung über den Gesetz entwurf, betreffend das Papiergeld. Endlich wurde eine Eingabe vorgelegt. * Reichenbach in Schl., 19. Juni. Gestern trat hier der fünfte schlesische Protestantentag zu sammen. Zum erst n Male hat derselbe außerhalb Breslau seine Versammlung abgehalten, zum e sten Male unter allen deutschen Zweigvereincn hat er seine Verhandlungen mit einem kirchlichen Gottesdienste ein geleitet. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Räbiger, po- lemisirte scharf gegen die „Erklärung" der schlesischen Pastoralconferenz vom 4. d. Mts., welche durch die Unterschrift des Generalsuperintendenten, sowie von 13 Superintendenten große Bedeutung habe und gegen die zu Recht bestehende Union gericht t sei. Eine schließlich zur Annahme gelangte Resolution bezeichnet die Er klärung der Liegnitzer Pastorialconferenz, daß sie den von dem apostolischen und Augsburgischen Glaubens- bekenntuiß abgefallenen Geistlichen die Berechtigung zum kirchlichen Lehramt abspreche, als einen ungesetz lichen und ordnungswidrigen Eingriff in den Rechts bestand der evangelischen Kirche. Ferner gelangte eine Resolution zur Annahme, welche dahin geht, daß die evangelische Kirche in den jüngst erlassenen Kirchen- grsetzen den Anfang einer gesetzlichen Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche freudig zu begrüßen habe, welche die Willkür auf beiden Seiten aufhebe und den berechtigten Ansprüchen der evangelischen Kirchs auf eine innere Selbstständigkeit vollen Spiel raum gewähre. * Frankfurt a. M., 19. Juni. Der Kronprinz des brutschen Reichs hielt heute Vormittag eine Bestch- tigurg der hier garnisonirenden Truppen ab und setzte heute Nachmittag seine Reise nach Mainz fort. München, 18. Juni. Die Blätter melden einen königlichen Gnadenact. Infolge der Einführung deS Militärstrafgesetzbuches für das deutsche Reich in Bayern hat nämlich Se. Majestät 47 nach den Straf bestimmungen des bayerschen Militärstrafgesetzbuchcs abgeurtheilten Militärsträflingen theilS den Erlaß des Strafrestes, theils eine Ermäßigung der richterlich zu erkannten Strafe ihrer Dauer nach bewilligt. Rostock, 17. Juni. (H. N.) Vorgestern ha en die sämmtUchen evangelischen Geistlichen hresiaer Stadt eine Warnung vor dem mecklenburgischen Protestanten- verrin von dcn Kanzeln verlesen. Das verlesene Schriftstück ist in einer vorhergegangenen Versammlung der Geistlichen festgestrllt worden. Darmstadt, 18. Juni. (Fr. I.) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer verkündete der Prä sident Hoffmann zunächst die Antwort, welche der Groß herzog der Deputation bet Ueberreichung der landstän dischen Adresse rrtheilt hat. Sodann wurde in die vorgestern unterbrochene Berathung der Kreisordnung wieder eingetreten. Erledigt wurden die Art. 12 bis 33 einschließlich. * Wien, 19. Juni. Das „N. Frdbl." ist in der Lage, schon heute das osficielle Programm für die An kunft und den Aufenthalt der Deutschen Kaiserin Augusta in Wien mitzutheilen. Dienstag, 24. Juni: Ankunft in Wien. Empfang durch das Kaiseipaar und dir Mitglieder des kaiserlichen Hauses. Mittwoch, 25. Juni: Nachmittags Familiendiner und Marschallstafcl in Schönbrunn; Abends großes Concert imRedouten- saale. Donnerstag, 26. Juni: Diner mit Suiten in Schönbrunn; Abends Vorstellung im Schönbrunner Schloßtheater; Souper in der großen Galerie. Freitag, 27. Juni: Diner bei dem Erzherzog Karl Ludwig; Abends Festvorstellung von „Mignon" im Hofopern- theater, Thee in den großen Verbindungsappartemeuts; Soiröe beim Grafen Clam-Gallas. Sonnabend, 28. Juni: Galadiner im großen Cercmoniensaale der Hof burg; Soiröe beim deutschen Botschafter v. SSweinitz. Sonntag, 29. Juni: Familiendiner in Schönbrunn; Soiree beim Grasen Andrassy. Montag, 30. Juni: Diner beim deutschen Botschafter v. Schweinitz; Thea terbesuch ; Soiröe bei einem der Erzherzöge. Dienstag, 31. Juni: Abreise. — Ler Fürst Karl von Ru mänien trifft schon am 23. Juni in Wien ein und wird jene Appartements im Reichsfinanzministerium bewohnen, welche der Prinz von Wales inne hatte.— Die Nachricht, daß der Generaldirector der Weltaus stellung, Frhr. v. Schwarz-Senborn, seiner Stelle enthoben sei, entbehrt, wie aus gut unterrichteter Quelle verlautet, der Begründung. — Die „W. Ztg." veröffentlicht heute die am 9. Februar d. I. in Wien geschlossene Additionalconven tion zu dem zwischen Oesterreich und Bayern in Be treff der Richtung der nassen Grenze an den Flüssen Saalach und Salzach abgeschlossenen Staatsvertrage vom 24. December 1820, deren Ratificationen am 15. Mai hier ausgewechselt wordcn sind. Ferner publi- ctrt das amtliche Blatt den am 30. März d. I. in München geschlossenen Slaatsvcrtrag zwischen Oester reich-Ungarn und Bayern, betreffend die Herstellung von Eisenbahnen: ») von Landau über Eisenstein nach Pilsen und 6) von Passau über Kuschwarda nach Stra- konitz, dessen Ratificationen am 10. Mai in München ausgewechselt wurden. 2A Prag, 19. Juni. Wie vorauszusehcn war, hat die Frage der Reichsrathsbeschickung einen tüch tigen Keil in die sonst so festgegliedertc tschechische Opposition getrieben. Die Altschechen und die mit ihnen eng liirten Feudalen scheuen vor der Beschickung der von ihnen so lange perhorrescirten Reichsvertretung noch immer zurück und wollen von einem Aufgeben des bis herigen passiven Standpunktes nichts wissen. DaS Volk dagegen und mit ihm ein Theil der ländlichen Abge ordneten ist der ewigen Negation bereits herzlich müde und sehnt sich nach einer gedeihlichen parlamentarischen Thätigkeit, selbst wenn dadurch die bisherige nationale Politik vollständig desavouirt werden sollte. Diese Doppelströmung hat in den letzten Tagen greifbare Formen angenommen, indem ein Theil der Redactions- mitglieder des tonangebendsten alttschechischen Blattes, der „Politik", sich srparirte und ein selbstständiges Journal gründet, daS offen für die Beschickung des ReichsratheS platdiren soll. Nebstdem hat einer der Sepa ratisten, ein Herr Lukesch, in den letzten Tagen eine Flugschrift veröffentlicht, in welcher er ganz trocken er klärt, daß die tschechischen Führer heule nur noch Ge neräle ohne Armee seien. Die Natron sei der bisheri gen durchaus sterilen Taktik überdrüssig, ignorire die Parole ihrer gegenwärtigen Führer und wolle den Ein tritt der tschechischen Abgeordneten in den Reichsrath. Es habe sich dies während der verflossenen Wintercam pagne ganz deutlich gezeigt, indem alle Versuche, demon strative Meetings zu Stande zu bringen und Ausschrei tungen gegen die Organe der öffentlichen Gewalt zu provociren, an der Apathie des Volkes scheiterten. Um sonst habe Skrejschowsky aus seiner Kerkerzelle die Re volution gepredigt, das Volk habe die bezüglichen Enun- ciationen verlacht und den eingekerkerten Propheten seinem Schicksal überlassen. Jetzt könne nur noch die Theilnahme am parlamentarischen Leben das tschechische Volk noch einigermaßen rehabilitiren, ein weiterer Still stand hätte dessen sicheren Ruin zur Folge. Wie leicht begreiflich, kommt diese Kundgebung dcn alttschc- chischen Organen sehr ungelegen und sie versuchen es, dieselbe todlzuschweigen. Das wird aber kaum hindern, daß dieselbe in das Volk dringen und den in demselben bisher schlummernden Funken der Unzufriedenheit zur Hellen Lohe anfachen wird. — Die Theilnahme für die Wiener Weltausstellung wird nunmehr auch in nationalen Kreisen eine immer regere, und die Stim men werden immer zahlreicher, welche laut das Treiben derjenigen Patrioten verdammen, welchen allein es zu- zuschreiben ist, daß die tschechische Natron so armselig auf der Ausstellung vertreten ist. Am verflossenen Sonntag hat eine sehr zahlreich besuchte Arbciterver- sammlung eine energische Resolution in diesem Sinne angenommen und gleichzeitig den Beschluß gefaßt, trotz der gegcntheiligen Parole der alttschechischen Blätter für einen möglichst starken Besuch der Ausstellung von Seite der tschechischen Arbeiter und Gewerbetreibenden zu wirken. * Paris, 18. Juni. Die Nationalversamm lung wird in kürzester Frist die Discussion des Militärreorganisationsgesctzks beginnen und dürfte sich darauf für eine Zeit lang vertagen. — Die Section des Oberhandelsrathes, welche damit beauftragt war, die Frage bezüglich der Steuer auf Rohstoffe und der Flaggenzuschlagssteuer zu prüfen, hat heute den Be richt Leurent's entgegengenommen, welcher sich für die Abschaffung diesern Steuern ausspricht. Die Section hat sich den Ansichten des Berichtes angcschlossen. Der gesammtc Oberhandelsrath wird sich ungesäumt über denselben Gegenstand aussprechen. — Die legitimistichcn und iOrlranistischen Journale tadeln die Haltung der Bonapartistischen Leitungen und erinnern an die Nothwendigkeit der Selbstverläugnung für alle conser- vativen Parteien, um ihre Siege über den RadicaliS- mus aufrecht zu erhalten. — Das „Journal de Paris" stellt in Abrede, daß Maßregeln gegen mehrere aus ländische I urnale oder deren Pariser Correspondenten vorbereitet würden, da durch die völlige Unrichtigkeit der von ihnen verbreiteten Nachrichten sich die Unzu verlässigkeit ihrer Berichte bald von selbst Heraus stellen werde. Bern, 19. Juni. (Tel.) Die Regierung von Bern hat ein von 22 Gemeinderathsrepräsentanten der Amts bezirke Felsberg und Münster eingereichtcs Gesuch Feuilleton. (Redigirt von Otto Banck.) K. Hoftheater. Den 19. Juni: „Philippine Welser" historisches Schauspiel in fünf Acten von O. Freiherrn v. Redwitz. (Frl. Schwarzenberg vom Stadttheater in Brünn als Gast.) Die glückliche Wahl eines Stoffes, der das Herz und die heiligen Naturrechte des Menschenthums so innig anspricht und der oberflächlichsten Geschichtskennt- niß als eine Perle in so verschiedenen poetischen Fassun gen präsentirt worden und geläufig gemacht ist, hat dem Redwitz'schen Stücke ein längeres Leben verliehen, als es die Muse des Dichters im Stande gewesen wäre. Der Zuschauer übersieht die prahlerische Unmännlichkeit dieser Charaktere, die Schwächlichkeit ihrer Phrasen, den Widerspruch in dem Wesen der Philippine, die, aus dem ersten Patriciergeschlecht hervorgrwachsen und mit der Bildung einer vollendeten Weltdame ausgerüstet, doch als Gänschen von Buchenau in den romantischen Irrgarten der Liebe hinüber flattert und zwar auS purer Sentimentalität, ohne daß der Poet dabet den Flügel schlag der wahren Leidenschaft zu Hilfe ruft, — der Zuschauer überfleht sebr bereitwillig all' diese Mängel, da eS seinem Gemüty Freude und Genugthuung be reitet, hier einmal in voller Pracht den so oft in der Geschichte verunglückten AgneS-Bernauergedanken nach Kampf und Sieg zu vollen bürgerlichen Ehren gelangen zu sehen. Unsere Bühne ist in der günstigen Lage, diese- Stück recht zweckmäßig, ja in einzelnen Rollen sehr wirkungsvoll besetzen zu können, wie da- bereit- in der letzten Besprechung hervorgrhobrn wurde. Hr. Ja ff« versteht eS ganz vorzüglich, die Zwitterstellung setnr» Herzeus zwischen dem Vater und dem Herrscher fein charakterisierend zu zeichnen. Ein Bild voll Wahrheit giebt Frau Bayer en der alten Weiferin, Hr. Kober stein spielt den Grafen Thurn mit ritterlicher Treu herzigkeit, Hr. Hanstein ist im Spiel seines Ferdi nand durch noblen Anstand und Einfachheit der Be wegungen immerhin eine erfreulich auffallende Erschei nung und Hr. Hellmuth hat in der Partie des alten Welser Momente von wahrer Gcmüthswärme und wohlthuender Gesundheit deS vollen männlichen Brust tons. Vergeblich hat die Kritck darauf hinzuweisen versucht, in welcher Sphäre das Talent dieses verwend baren Künstlers zu finden und in welcher es nicht zu suchen war. Unser Gast, Frl. Schwarzenberg, ist eine wohl- ansprechende jugendliche Erscheinung, die ihre Philippine mit Empfindung gesprochen und ohne unnatürliche Be wegungen gespielt hat. Sir hat ein vortreffliches, dehnbares Organ, dem der kleine Anflug eines Lispel- tons bei den Anfängen der Rede keinen vollen Abbruch thut. Auch das Publicum erfreute die Wärme und ge» sunde Ruhe im Vortrag der etwa- befangenen Schau spielerin und wir wollen mit Interesse abwartcn, wie wett sich in dcn nächsten, vom Autor klarer vorgezelch- neten Rollen Phantasie und Intelligenz der Auffassung entfalten mögen. Otto Banck. Blind. Novelle von F. ». -tea-rl. (Fortsetzung auS Nr. "«.) Wohin sollte Hildegard auch gehen? Ist nicht hier ihre Heimath, in der sie glücklich ist? Freilich, Berthold hatte schon oft gehört, wie sie von der Welt redete, mit den glühendsten Worten schilderte, wa- sie nur durch Erzählungen Anderer, verschönert durch ihre reiche Phantasie, im Geiste sah. Sie war ja nie aus dem Städtchen gekommen und ihr Horizont reichte nicht über die Hügel der Heimath hinaus; aber sie las und hörte. Sie hörte die Erzählungen des Professors von dcn Rei sen, die er einst, als er noch jung gewesen, in der Welt, besonders in Italien gemacht; sie lebte sich ein in diese Erinnerungen des Vaters, und ost, wenn man sie hörte, schien es, als habe sie selbst Alles gesehen, wenn auch nur im Tramn. Berthold wußte das so gut wie die Andern, so gut wie der Professor, welcher seirc Freude an der nimmer müden Zuhörerin hatte, so gut wie die Mutter, die den Kopf schüttelte, wenn das Mädchen allzuweit wanderte und schellend Einhalt that: „Wozu der Hilde gard das dumm« Zeug einreden, für dcn Berthold mag es gut sein, dem füllt es dcn langen Tag aus, — aber für Hildegard! Gut, daß sie arm ist, sonst wäre sie am Ende rm Stande, ihre Pläne auszusühren." Aber Hildegard schweifte doch in oie Wette, sie träumte doch, und träumte sogar von der Wirklichkeit ihrer Träume. Berthold wußte das recht gut, und doch sagte er: Hier ist ihre Heimath, hier ist sie glücklich. Sie dachte wachend und schlafend an die ferne Welt, an dir Fremde, die so lockend winkte. Sie sprach auch mit dem Bruder davon, der ihr immer ernst zuhörte, in ihre wunderbaren Pläne einging — war er doch nie davon au-geschlossen, ohne ihn wollte sie nichts — nur mit ihm, nur für ihn l — und wußte er doch, daß die Pläne Kinderträume bleiben mußten. Wer und was sollte sie auch zur Wahrheit machen! Hildegard'- Oheim, der Kapellmeister Walder, der alte Junggeselle, der, seit er die Nichte im Hause de- Prosessor- wohl untrrgedracht sah, sich nicht mehr um sie bekümmerte, nie von sich hören ließ, welcher die pflichtschuldigen Neujahr-- und Grburt-tag-briefe der Kleinen nie beantwortete, erinnerte sich plötzlich, Gott weiß wodurch, an die Nichte, und eines schönen Mor gens stand er unangekündigt vor dem erstaunten Mäd chen, als sie eben mit Berthold in der Laube saß und an Alles eher dachte, als an den Oheim. Das Erstaunen war gegenseitig. Erinnerte sich Hildegard des Oheims kaum mehr, so erkannte er in dem schönen, fast erwachsenen Mäechen das kleine blasse Ding noch weniger, das sich damals unter der Schürze der Frau Professor versteckte, so ost rr es anredete. Doch die Bekanntschaft war bald erneuert und schon nach wenigen Minuten saß der Kapellmeister zwischen dcn Kindern in der Laube und hörte ihrem frohen Ge plauder zu. Der alte Herr fühlte sich wohlthuend be rührt von der unbefangenen, kindlichen Freude der Nichte über sein Kommen, und fast regte sicb in ihm ein leises Bedauern, das Mädchen nicht in scin Haus genvmmcn zu haben. Wir manche trübe Stunde hätte ihr >on- nigeS Gesicht ihm erhellt. Sie waren schnell bekannt. WaS Hildegard nicht erzählte, berichtete Berthold, auch von ihrem Singen und Clavierspielen. Der Kapellmeister lächelte seltsam und meinte, er müsse die kleine Nachtigall doch auch einmal hören. Während Hildegard jetzt in der Küche fleißig die Hände rührte, schweiften ihre Gedanken weit weg. Sie hörte die scharfbetonten Worte der Mutter, ohne deren Sinn zu verstehen. Sie weilte bei dem Bruder und dachte an daS ihm gegebene Versprechen. Es lag ihr schwer auf dem Herzen. Gestern hatte ja der Oheim, nachdem sie gesungen und gespielt, ihr voi geschlagen, st« mit in d,e Ltavt zu nehmen, dort ihr Talent au-zublloen, für den Gesang, wenn dir Jahre hielte«, wa- die Kindersttmme versprach, oder für da» Clavier. Vielleicht könne etwa- au- ihr
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