Dresdner Journal : 23.07.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187307239
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18730723
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1873
- Monat1873-07
- Tag1873-07-23
- Monat1873-07
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- Titel
- Dresdner Journal : 23.07.1873
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Mittwoch, de» 13 Juli. ^168 s DreMerÄMMl >, 1 tteied«-» ?o,t uoU Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann -V Liorslos Nummern: l >'zr. 8terupslru»ct>l»^ llunu. - lu»s» * k-tr 6«o N»uin einer seep»It«ven 1^ ^8^ Vlltvr „Li»8«bu,l2t" Ui« Lvllv: S H^r. krsedetveu: It^lick, mit Xu«v»km« 6er 8onv- voU f'eierta^e, ^b«v6, Mr U«u so>^en6ev im ä«utt«U«» L»iel»,: 6Ldrtick ... 6 l^lr. ^)LlirIieb: 1 ?dlr 1S >'zr. <ku»uemeilixprei!»e: Inkrsi»««» tritt )Ltlrli<.d S IHr 8t«wpelse«düdr, »»»»«rlmld 6e» ävutsedei» S87Lr li»«r»t«uauu»tiu>e »usnLrt«: F'r. Hrarr6«t^trr, Lommi»»ionLr Uss Dresdner 6ournlüii; vt>«QU»».: L'«A«» Fort u. L »r^er, S»o>diirx-S«rU»- Vt»-L«ix«i^-S»»»l->r«»I»ii-rr»»ktllrt » It : F ^o-irr, >»rUi>-Vi«il-L»mdllr^-?r»x-l^ip«s-^r»oll- kart ».»-»L-vL-n: L«<i. Ako««e, Lertm: ^t Metern ei, er, /»»«Uilier-Uand, // ^ii^ec/it, Lrimen: >/ ^c/t/otte, Lr«« t»n: L.LtanAen'söüres,U i edemoili: F'r. l^oiat, kr»uL- 1vrt».N.: F ^««Aer seks u.F. (,'./^erman« «ovs Lucbli., Da«-et0 6o; VSrlit,: tr ttkü/trr.Luwovvr: t7.§e/iü.«Äer,' k»ri» ^/av«L, /xiMe, Lit/ttsrFt/o.; 3tllttx»rr: /)»«/-« «s 6o , ^»noneen Lüreau, Visa: O^etit. Herausgeber: * tLüuigl. k!rpe6itiou 6e» Vresäusr 6ourn»Is, IIre»6eu, ^»rguretkeugssse Ho. >. Nichtamtlicher Theil. llebersicht. Telegraphische Nachrichten. ZeitungSschau. (Journal des Dübats.) agrSgrschichte. (Berlin. Posen. München. Darm stadt. Eisenach. Wien. Prag. Paris. Nancy. Genf. Rom. Madrid. St. Petersburg. Peking. New-Jork.) Ernennungen. Beisetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialvachrichteu. (Chemnitz. Meißen. Großen hain. Bautzen. Schandau. Falkenstein.) Vermischtes. Statistik und Bolkswirthschast. Etngesandtes. Feuilleton. Inserate. Tageskalevder. Börseunach- richten. Ttltyr.tphilche Nachrichten. Versailles, Montag. 21.Juli. LbendS6Uhr. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der National versammlung wurde nach Beendigung der DiS- cusfion über die Interpellation Jules Favre s be treffs der innern Politik der Regierung die von der Rechten beantragte Tagesordnung, in welcher die Lei sammlung ihr Vertrauen zu der Politik der Regierung auSspricht, mit 40V gegen 27V Stim- men angenommen. Jules Favre führte bei Begründung seiner In terpellation aus, das Land wolle wissen, wohin die Regierung dass lbe führe und welcher Art die Bestre bungen der Regierung bezüglich der legitimistischen, Orleanistischen und Bonapartistischen Prätendenten seien, und machte der Regierung den Vorwurf, daß sie die Republikaner von der Verwaltung ausschließe. Der Herzog v. Broglie erwiderte, die Behaup tung Jules Favre's entbehre jeder thatsächlichen Grund lage. Die Regierung komme dem von ihr ausgestell ten Programm nach, nämlich Waffenstillstand zwischen den Parteien, Achtung vor der Nationalversammlung und Vorbehalt der Regierungsform. Die Regierung handle nicht nach dem Gefallen der Majoritätspartei; aber die Linke sei umsoweniger zufriedenzustellen, je mehr dieselbe gespalten sei. Der Minister schließt: Behalten wir das Programm der Einigung aller lega len und konservativen Kräfte bei! Madrid, Montag, 21. Juli, Vormittags. (W. T. B.) Der Ministerrath hat die Durchfüh rung energischer Maßregeln zur Unterdrückung der Unruhen und zur Wiederherstellung der Autorität der Regierung beschlossen. Die gesammtcn in Aragonien und Catalonien be findlichen Streitkräfte sollen neu organisirt und der strengsten Disciplin unterworfen, und der größere Theil der Armee um Madrid concentrirt und einer Neuformation unterzogen werden. Aus allen in Dis ponibilität befindlichen Offizieren werden zwei Elite- bataillonc formirt werden, welche von Generälen com- maudirt werden. Außerdem ist die Bildung einer Di vision von 10,000 Mann in Aussicht genommen, welche dazu bestimmt ist, in Andalusien um jeden Preis die Ordnung wieder herzustellen. Ferner ist beschlossen, die Generalcapttäne von Valencia und Murcia abzu- setzcn, die Generäle Prerrad und Contreras aus Ker Armee auszustoßcn und den Kommandanten von Car tagena vor rin Kriegsgericht zu stellen. Endlich sollen alle Kriegsfahrzeuge, welche sich auf Unterhandlungen mit den Insurgenten eingelassen haben, für Piraten erklärt und als solche behandelt werden. Dresden, 22. Juli. Mit gespanntem Interesse verfolgt ganz Europa die bedenklichen Vorgänge in Spanien, welche die junge Republik stetig auf abschüssiger Bahn ihrer Auf- lösung entgegenzuführen scheinen; vor Allem aber ist Frankreich durch die lang andauernde Agonie der Nach barrepublik jn Mißstimmung versetzt. Nur in den streng legitimistisch gesinnten Kreisen verhehlt man eine gewisse Befriedigung über die dortigen Wirren nicht, die den Atmeinsamen Parteiinteressen Gewinn verheißen; die gemäßigten Organe der französischen Presse aber leihen angesichts der chronischen Krise in Spanien, ihrem begründeten Mißtrauen und Unmuth unverhoh lenen Ausdruck. So entrollt das „Journal des Dvbats" von der unerquicklichen politischen Gestal tung dieses Landes seit der Abdankung König Amaoeo's folgendes scharsgezeichnete Bild: „Die Lage der Dinge in Spanien rechtfertigt nur zu sehr die Befürchtungen, welche wir damals äußerten, als eine Verschwörung, deren Häupter im Schooße der Regierung selber zu finden waren, den letzten König zum Aufgeben des unter seinen Füßen brennend gewordenen Bodens zwang. Die Spanier besaßen einen König, von dem man in Wahrheit sagen konnte, daß er die beste aller Repu bliken wäre; sie haben ihn gegen eine Republik einge- tauscht, die sich sofort in eine Dictatur verwandelte. Allerdings bleibt ihnen ein Trost: sie haben die Form, die republikanische Form, und das genügt ihnen, bringt dieselbe auch in ihrem Gefolge den Bürgerkrieg und den Bankrott mit. Wenn wir von Dictatur sprechen, so können wir nur eine Civildictatur meinen, eine Dictatur im schwarzen Frack, denn Spanien hat nicht einmal über die äußerste Hilfsquelle einer Militärdiktatur zu verfügen, diese Zuflucht der Völker, die in den letzten Zügen liegen. Es war eben das System der spanischen Re publikaner, die Armee zu desorganistren und aufzu lösen, um nickt eines schönen Tags den Hcrrschaftsge- lüsten eines Militärchefs zum Opfer zu fallen. Das Haden sie nun allerdings erreicht; aber da sahen sie sich ohne Vertheidigungsmittel gegenüber dem Carlisten- aufstande, der den Norden beherrscht, und dem socialen Kriege, der im Süden und Osten wüthet. Spanien ist einer doppelten Jaquerie Preis gegeben, derjenigen der Carlisten und der Communisten, und die Kräfte der Regierung reichen nicht aus, dagegen mit Erfolg an zukämpfen. Die Centralregierung ist ohnmächtig, und die Blitze der Beredtsamkeit Castelar's können die Ka nonen der desorganisirtcn Artillerie nicht ersetzen. Vergebens suchen wir in dieser pomphaften Prosa einen praktischen Gedanken. Die Föderalisten häufen Auto nomie auf Autonomie, ohne diejenige der Nation je auffindcn zu können, die doch auch Etwas bedeutet. Sie entdecken zunächst die Autonomie des Individu ums, was die Regierung und die Cortes indessen nicht hinderte, unlängst aus Gründen des Gemein wohls die individuellen Rechte aufzuheben. Dann folgt die provinziale, dann die cantonale und end lich die municipale Autonomie. Man erfährt aber nicht, wie diese verschiedenen Autonomien dazu ge langen sollen, die nationale Autonomie zu bilden. Giebt es ein Spanien oder nur ein Castilien, Aragonien, Andalusien u. s. w.? Mit dem Föderalis mus lenken die Republikaner Spaniens den Lauf der Geschichte und der Civilisation in überwundene Sta dien zurück. Wir sind gewiß keine Anbeter jenes ab- stracten Wesens, das man «staat nennt, jenes Fetischs, welchem der französische Geist nur zu geneigt ist, Alles aufzuopfern. Aber um eine Nation unter den Na tionen zu bilden, muß man eine gemeinsame und cen trale Vertretung aller Parteien Haden. Spanien war einst eine der größten Monarchien der Welt, und die Epsche seiner Größe war just die seiner politischen Einigung. 'Diese Einheit, das Werk seiner Könige, kann ebenso gut bei der republikanischen Regierungs form bestehen, wie bei der monarchischen. Vor Allem bedurfte Spanien der Reformen auf religiösem Gebiete wie in der bürgerlichen und wirtschaftlichen Ordnung, und diese Reformen konnten ebenso gut unter der Mo narchie wie unter der Republik ausgeführt werden. Die föderalistischen Doktrinäre und Sectirer wollten indeß um jeden Preis die republikanische Regierungsform erlangen; wir sehen nicht, oder vielmehr wir sehen nur zu wohl, was sie dabei gewonnen haben. In Er mangelung einer Armeedictatur fällt Spanien dem an dern Extrem anheim: der Anarchie. Dieser Zustand kann länger dauern, als man glauben möchte, und das aus verschiedenen Gründen. Erstens ist Spanien, in politischer wie geographischer Beziehung, so getrennt vom übrigen Europa, daß es bei sich viele pyrotech nische Experimente anstellen kann, ohne andere Länder in Feuersgefahr zu bringen. Dann lassen seine pro vinzialen Gewohnheiten und municipalen Traditionen es für solche Versuche, wie die Föderalisten sie träumen, sehr geeignet erscheinen. Es wird autonome, unab hängige Provinzen geben, eine jede für sich lebend und ihre Gesetze, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse bestim mend. Das ist auch ein Ideal wie ein anderes; die Republik Andorra bietet das Modell dazu. Aber ein Spanien giebts dann nicht mehr." LMLgcschichLr. * Berlin, 21. Juli. Aus Ems wird gemeldet, daß Sc. Majestät der Kaiser, welcher gestern Abend um 8 Uhr von Jugenheim daselbst eintraf, heute Mor gen eine Promenade im Curgarten gemacht und gegen Mittag ein, ihm vom Kölner Männergesangverein ge brachtes Ständchen im Curhause entgegen genommen hat. — Die „Voss. Ztg." will aus sicherer Quelle er fahren haben, daß der Kultusminister für nothwendig hält, eine Revision der Universitäts- und Facul- tätsstudien vorzunehmen, sowie Normativbestimmungen aufzustellen für eine gesicherte Stellung der Privat docenten, so daß eine Facultät nicht mehr das Recht habe, einen ihr lange Zeit angehörigen Docenten, wie cs wiederholt vorgckommen, ohne Weiteres auszusto- ßcn. Auch ist angeblich der Minister der Ansicht, daß mit dem Erlaß eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes ebenfalls eine gesetzliche Regelung des Universitäts wesens eintreten müsse. — Wie die „K. Z." erfährt, werden die Bevorzugungen, welche die militärpflich tigen Kleriker der (renitenten) katholisch-geistlichen Seminare bisher bei Ableistung der Militärpflicht nach der Ersatzinstruction genossen haben, von nun an ganz aushören; diese Kategorie von Militärpflichtigen wird vielmehr genau wie alle andern Recruten behandelt werden, und soll selbst eine höhere als die Subdiako natsweihe sie nicht vom Militärdienste befreien. (Vgl. weiter unten Posen.) — Der Generaldircctor Stephan weilt schon seit einigen Wochen in dem Ostseebade Misdroy in Pommern und wird, wie man hört, erst im September hierher zurückkommen, da er dem am I. September d. I. in Bern zu eröffnenden in ternationalen Postcongresse beiwohnen wird, nachdem er so viel dafür gethan, die auf demselben zu berathenden Gegegenstände ins Leben zu führen. Wie bekannt, handelt es sich dabei um die Einführung eines allgemeinen und gleichförmigen Weltportos. — Das Obertribunal hat kürzlich über die Be ziehungen des modernen Wörtchens „Bourgeoisie" zu den Bestimmungen des Strafgesetzbuches fol gende Entscheidung abgegeben: Ein socialdemokratischer Redner war wegen Friedensgefährdung durch Auf reizung verschiedener Klaffen der Bevölkerung rc. an- gcklagt worden; hierbei hatten die Jnstanzgerichte an genommen, daß er durch den Ausdruck „Bourgeoisie" eine erkennbare Mehrheit von Personen, alfo eine „Klasse der Bevölkerung" bezeichnet habe. Die hiergegen ein gelegte Nichtigkeitsbeschwerde hat das Obertribunal zu rückgewiesen und dabei ausgeführt: Der § 130 des Strafgesetzbuchs (Gefährdung des öffentlichen Friedens durch Anreizung zu Gewaltthätigkeiten) setzt eine der artige Aufreizung gegen eine Mehrheit von Personen voraus, welche wegen gleicher Lebensstellung oder we gen einer Uebereinstimmung der Ansichten, Zwecke oder Interessen als verbunden betrachtet und deshalb unter einer gemeinschaftlichen Bezeichnung zusammcngefaßt werden. Erforderlich ist dabei, daß die Mehrheit von Personen individuell erkennbar gemacht worden, und cs läßt sich nicht läugnen, daß die in dem Worte „Bour geoisie" zusammengefaßte Mehrheit von Personen in genügender Weise äußerlich gekennzeichnet ist. Außer-, dem hat das Obertribunal dem Imploranten gegenüber' ausgeführt, daß zur Anwendung des tz 130 nicht er fordert werde, daß zu „alsbaldigen" Gewaltthätigkeiten „direct" aufgefordert worden; es genüge vielmehr eine Anreizung zu Gewaltthätigkeiten in einer, den öffent lichen Frieden gefährdenden Weise, also eine Einwir kung, welche geeignet sei, eine Mißstimmung gegen eine Volksklasse hervorzurufen, die zu einem gcwaltthätigen Bruche des öffentlichen Friedens führen könne. Posen, 18. Juli. (Schles. Z.) Bei Gelegenheit der am >2., 13. und 14. d. M. in Prag in Scene ge setzten tschechischen Jungmannfeier ist zugleich, wie aus den Berichten polmscher Blätter über diese Feier her vorgeht, eine Art Slawencongreß abgehalten wor den, der die Feststellung eines gemeinsamen Programms für das Vorgehen der Slawen gegen das Deutschthum bezweckte. Als Theilnehmer dieses Kongresses werden unter andern Wortführern des Panslawismus genannt: die Tschechensührer Rieger und Palazky, die Professoren Kottarewski aus Dorpat und Jagitsch aus Odessa, der Redacteur des „Dzirnnik pozn.", Franz Dombrowolski (Mitglied der polnischen Nationalregierung von 1863), der Professor und Senator Szafarzyk aus Belgrad, der ruthenische Dichter Kostic aus Neusatz in Ungarn, der Geistliche Hornik aus Bautzen, der Geistliche Jagic aus Kroatien, der Slowakenführer Toth u. s. w. Pol- ntscherseits erwartet man als Resultat des Kongresses den Sieg des föderativen über den russischen ZarenpanslawiSmus. Der Kampf zwischen beiden panslawistischen Richtungen wird jedenfalls ein heftiger, wenn auch nicht ein entscheidender sein. — Die Zög linge des hiesigen katholischen Priestersemi- nars sind vor einigen Tagen vom königl. Oberpräsi dium einzeln durch besondere Schreiben benachrichtigt worden, daß sie infolge der Nichtanerkennung der An stalt feiten des Staates aller militärischen Privi legien, deren sich die Kandidaten des Priesterstandcs erfreuen, verlustig gehen und dieselbe Behandlung wie alle übrigen Militärpflichtigen zu erwarten haben. München, 21. Juli. (Tel.) Unter dem Vorsitze des Freiherrn v. Los fand gestern Nachmittag hier eine zahlreich besuchte Wanderversammlung des Ver eins deutscher Katholiken statt, in welcher Frhr. v. Los, Stadtrath Baudri (Köln), Raake (Mainz), Pfarrer Huhn, Westermeier und der Rcdacteur des hie sigen „Volksfreundcs", Bucher, als Redner auftraten. Letzterer beantragte, eine Petition an den König zu rich tcn, welche gegen die weitere Ausdehnung des Jesuiten gesetzes auf die Franciscanermönche, die englischen Fräuleins und die Schulschwestern gerichtet ist. Die selbe wurde einstimmig angenommen. Darmstadt, 21. Juli. (Fr. I.) Die Zweite Kammer genehmigte heute das Finanzgesetz für 1873/70 nach der Fassung des Ausschusses. Eisenach, 20. Juli. (Fr. I.) Ter Kaiser von Rußland trifft am 23. Juli beim grobherzoglichen Hoslager in Wilhelmsthal zu mehrtägigem Aufent halt ein. -f* Wien, 20. Juli. Hiesige Blätter beschäftigen sich seit mehreren Tagen mit einer angeblichen Mi- nesterkrise, die nicht zugleich eine Verfaffungskrisr sein soll, indem, wie sie behaupten oder vcrmuthen, an Feuilleton (Rcdigirt von Otto Banck.) Wiener Weltausstellung. Im Pavillon der Frauenarbeiten. Wohl liegen in den verschiedensten Räumen dieses unermeßlichen interessanten Labyrinths die zauberhaf testen Gespinnste, Webereien und Stickereien für die Wtßbegierde der Beschauerinnen bereit; in jedem Lande, dessen Repräsentation man betritt, kehren sie wieder, in allen möglichen Untcrabtheilungen begegnen sie uns. Was bei fernen und nahen Völkern, im Orient und Occident der Wcbstuhl und die Nadel geschaffen hat, stellt sich in bunter Fülle, im regen Wetteifer, Sinn und Augen verwirrend dar. Neben diesen meicantilen Jndustrieproducten hat aber auch Talent und Fleiß der Dilettantinnen, diese oft zur höchsten Geschicklichkeit füh renden der Kunstfertigkeit die Ehre des schönen Geschlechts gerettet. Im Pavillon der Frauenarbeiten schließen sich die besten Leistungen jenen zierlichen Resultaten an, welche die weibliche Hand bereits im Mittelalter in andern Nadelarbeiten schuf. Die meisten dieser graziösen Ob jecte — wir wollen hier nur ein Wenig bei den Spitzen verweilen -- sind Wiener Erzeugnisse von deutschen Händen, man darf diesen Ausdruck wagen, denn die Wiener sind nicht böse, wenn man sie Deutsche nennt, — nur die Ungarn nehmen es ihnen sehr übel, wenn sie sich ungestraft so nennen lassen. lieber häusliche Arbeiten können nur Damen Richter sein und wir benutzen daher mit Vergnügen die Ur- thcile einer Kennerin, Emilie Bach. Unter den mannichfachrn Industriezweigen, welche von Fraurndand gepflegt werden, und deren verschieden artige Repräsentanten wir im Pavillon der Frauen arbeit zu betrachten Gelegenheit haben, steht die Spitzcn- arbrit obenan. Einst gehörte Spitzcnschmuck auch zur Toilette eines Mannes von Rang und Ansehen. Heute beschränkt sich der Toilcttengcbrauch von Spitzen nur auf die Damenwelt; der Begehr danach ist aber stärker, seit der Kreis der Konsumenten dieses Artikels schwächer geworden ist. Spitzen „verstehen" gehört zu den Attributen einer Dame „cvmwe il taut", ist aber selten Sache eines Mannes. „Echte Spitze" unterscheidet sich von den zahllosen Sorten der Jmitationsspitzen dadurch, daß sie im Gegensätze zu diesen, mit der Maschine geweb ten, ein Product künstlicher Handarbeit ist und immer daS charakteristische Merkmal derselben trägt. Die Schönheit und Dauerhaftigkeit der echten Spitze läßt sich durch Imitation niemals erreichen, und der Hobe Werth, den man ihr beilegt, entspricht nur der Schön hcit, Zartheit und der oft Generationen überdauernden Haltbarkeit des feinen Gewebes. Die Ausstellung von Spitzen im Pavillon besteht aus einer Sammlung interessanter Dilettantenarleiten, die nicht für den Markt, nicht im Dienste der Indu strie als käufliche Waare, sondern in Mußestunden, zum Vergnügen geschaffen wurden. Dadurch gestaltet sich diese Ausstellung zu einer höchst interessanten, wenn auch der Umstand, daß sie ausschließlich Hausindustrie unserer Damenwelt umsaßt, die Mannichfaltigkeit der ausgestellten Spitzengattungcn etwas beeinträchtigt, und wir jene Arten moderner Spitzen darin vermissen, die, wie sämmtttchc geklöppelte, die Valencirnnes, die Den- tellcs BrugeS und Bruxelles, einen so bedeutenden Aufwand von Klöppclwerkzeugrn (für eine handbreite Spitze ost hundert Klüppel) erfordern, daß deren An fertigung ^keine bequem zu übende Handarbeit ist und für Hausindustrie unserer Frauen sich daher nicht eignet. Dagegen besitzt diese Ausstellung einen wahren Schatz solcher Spitzengattungcn, welche, wie die point ei »ißnilie, poinl lu-«, ^nipur« llo Vc>l>is<-, Irisb AUIPUI», point ä»rt und trivolits, ohne beschwer lichen Apparat, blos mit der Näh- und Häkelnadel, mit Filctstab und Nctznadel, oder mit dem Spulen schiffchcn angefertigt werden. Wir nennen zuerst jene, bei denen die Spitzcnarbeit mit Zuhilfenahme fertigen Grundstoffes (gewebter Tüll grund) durch Aufnährn von Bändchen nach Zeichnung und durch Einnähen von Spitzenstichcn gcbilket wird, und wo die verschiedenen Bcstandtheilc durch künstliches Vernähen zu einem einheitlichen Ganzen gestaltet wer den, wie zum Beispiel die effektvolle Schutzdccke, das Mittrlstück im Kasten öl. Diese Art Spitze (AppU- cationsspitze) ist leicht und mit vertzältnißmäßig geringem Aufwande von Zeit und Mühe herzustcllen, erzielt viel Effect, ist aber nicht von großer Haltbarkeit. Haltbarer und von größern: Wertbe sind jene Spitzen der zweiten Gruppe, welche, ohne Zuhilfenahme fremden Grundstoffes, blos aus gewebten Bändchen und feinem Spitzenzwirn genäht, bei schöner Zeichnung oft brillante Effecte erzielen, wie die poir.t Mos, von welcher einige überaus schöne Exemplare vorliegen. Einen noch größern Aufwand von Kunstfertigkeit und Mühe erfordern die Spitzen der dritten Gruppe, welche ohne Zuhilfenahme fertigen Grundstoffes und ohne Beifügung gewebter Brstandtheile einzig und al lein aus feinem Spitzcnzwirn in dcr verschieden artigsten Technik hergestellt wurden, und die in ihren Varianten den schönsten und wrrthvcllsten Theil der SpitzenausstcUung im Pavillon der Frauenarbeit bilden. Da sind zunächst die FrivvlitSS! DaS größte und räumlich bedeutendste Stück derartiger Spitzenarbeit in der Ausstellung ist ein für den Toilettentisch einer kö niglichen Frau bestimmter Ucberzug, an welchem Jahre lang gearbeitet wurde, und zu dessen Herstellung Hun derle feiner Sternchen zu einem Ganzen zusammenge fügt werden mußten. Einzelne Versuche, die Fnvolitü spitze in farbiger Seide zu arbeiten, liefern minder bc friedigende Resultate, und wird die Schönheit der Ar bett meist durch ungünstige Zusammenstellung mit andern Farbentönen beeinträchtigt, wie die goldgelbe Spitze eines Kiffenüberzuges von einer Unterlage aus weißer und schwarzer Seide. Ueberhaupt erscheinen die Arbeiten unsrer Frauen minder gelungen, wo Farben zur Anwendung kommen und der Effect, den die Ar beit hervorbringt, aus dem harmonischen Zusammen wirken verschiedener Farbentönc beruht. Eine andere Art, Spitzen ohne Zuhilfenahme fer tigen Grundstoffes aus purem Zwirn berzustcllrn, ist die Filctguipure, cinc Spitzenarbeit, welche ihrer großen Haltbarkeit und, ihrer kräftig ausgeprägten Zeichnung wegen vorzugsweise für Möbelschutzdecken (ävtimn- verwendet wird, aber in feiner Ausführung sich auch zu Lingerie- und Toilcttegegenständcn eigner. Der Grundstoff für die Filetguipurc ist die mit Netz nadel über ein Stäbchen geschürzte Filetarbeit, dieselbe Technik, in der seit undenklichen Zeiten die Fischer ibre Netze stricken. Die Netzarbeit ist uralt, die Ftter- gruppe aber, nämlich die Weise, auf dem geradlinig carrirten genetzten Grunde durch Einwebcn von Fäden durch Languetien- und Spitzenstiche einen cffectvollcn Dessin herzustellen, ist eine Erfindung der Neuzeit. Die Filetguipure wird namentlich in Frankreich cultivirt, von dort kommen die schönsten derartigen Ar- beilcn, nicht blos bezüglich der bessern Dessins und der schönen: Ausführung, sondern noch mehr weg>n eines
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