Dresdner Journal : 13.03.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187403137
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740313
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-03
- Tag1874-03-13
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- Dresdner Journal : 13.03.1874
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1874 Freitag, den 13. März ^5S DreMerÄurnal Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. » »«»ANrtü, OommiiuiiouLr <j«, Or««tn«r ^ouruut»; «.bi-intu«.: u. K S»wdiu^->«rU»- Vton-I>jp»i^»t»«I-»r«,l»il^r»Lkeili-tx //««><»«<«i» <1 , >»rUu Vt«u S»mditrU-rr»G-I^jp»j^-kr»Lk kort ». H. -NLoeLoq' N«^t H/oE, >«rllo: /nra/><1^n<ta»L, // ^itrec^t, Lr«o«o: L. äcktott«. >r», loa: I,.LtanA«»'« üür^ou; VLowoit»: ^»iAk , krook kort»«. /«rArr^ekv u. <7. //rrrrnann^ckk Lucdb, V1a«Lk<t <7o, SvrUto: /nvD, Loooorir: e' §t^ü»»krr, kort»: ?/«,<,«. /.a/itte, ck' Oo. »tott^ort: Da «Le «r 6'0., Lück-i. ^«E<cei»-Lüf«au, Visu: ^4/ Oxp«t,L. Uoruvoxodvrr Xüni^!. kxpeäition «je« l>re»tlner Journal», Or^ddcu, ^liu^arvtkkos^^ Xo. 1. ^donuemeutsprelo: ... - „,,,. s 4 4Nir. 8t«ml>«Iuvduor, ^»krlivl»:. . . - 6 1 blr. t Eizrkoldäs» äsutsekvn ^Mkrtiek: 1 pdlr. 1b ^zr. t ttvwkv» ko»t- unct Lior-Iuobtummvru: 1 bi^r. 1 8temp«IxuiebI»« Kiuru, lusvrolknprelser ?klr 6eo Uttum «iavr xsovulwoso ketitrsil«: 2 Uut«r ,^iu8««tuät" äio 2vil«: b A^r. Lr«ed«loe»r Tt^Neb mit ^urmtluuv äsr 80uu- um! k'oisrlug», ^beuL» kSr äsu kolsvuäou r»K. Nichtamtlicher Theil Telegraphische Nachrichten. Berlin, DonnerStaa, 12. März, Nachmittags. (Tel. d. Dresdn. Joum.) L>er im Reichstage von den Socialisten durch den Abg. Vahlteich emgebrachte Antrag auf Haftentlassung der Abgg. Bebel und Liebknecht für die Dauer der Session wurde in der heutigen Sitzung gegen die Stimmen der So cialisten, sowie die der Abgg. Sonnemann, Ewald, Or. Banks, Wiggers, Träger und 1>r. Heine ab gelehnt. Ostrowo, Mittwoch, 11. März, Nachmittags. (W. T. B.) DaS wiederholte Gesuch deS Erzbischofs LedochowSki, ihm die Assistenz eines KaplanS bei Celebrirung der Messe zu gestatten und ihm die Erlaubniß zu ertheilen, sich einen Diener halten zu dürfen, ist von dem AppellationSgcrichte in Posen abschlaalich beschieden worden. Wien, Mittwoch, 11. März, Nachmittags. (W. T.B.) Im Abgeordnetenhause wurde heute die Specialdebatte des Gesetzentwurfs über die Rege lung der äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche fortgesetzt. Zu tz 3 (Besetzung der Erzbisthümer und Bisthümer, vgl. den Wortlaut unter „Tagrsgrschtchte"), welcher zur nächst zur Berathung stand, wurde vom Abg. l4r. Eduard Sueß folgender Zusatz beantragt: „Jeder Erzbischof, Bischof oder bischöfliche Bicar hat vor Antritt seines Amtes durch einen Eid Treue dem Kaiser, Gehorsam den Gesetzen zu schwören. Der Wortlaut des Eides wird im Perordnungswege festgesetzt." Nachdem niedrere Redner für den Antrag und meh rere gegen denselben aufgetreten, sprach sich der von den noch in die Rednerliste eingetragenen Abgeordneten als Generalredner gewählte Abg. Or. Kopp gegen den Zu satz aus, der unwesentlich sei, da der Staat noch andere Mittel habe, die Anerkennung der Staatsaesetze zu er zwingen, als den Eid, und da die Bischöfe auch keine Organe der Staatsgewalt seien. Der Unterrichtsminister Or. v. Stremayr sprach sich ebenfalls gegen den Antrag Sueß aus, welcher so dann abgelehnt wurde. Die §§3-7 der Borlage (Verleihung der kirch lichen Aemter, Pfründen und Kanonikate) wurden hier auf in der von der Commission vorgeschlagenen Fassung angenommen. Haag, Mittwoch, 11. März, Nachmittags. (W. T. B.) Bon der Zweiten Kammer wurde heute der Gesetzentwurf über die Anlage von Befestigungen nach dem Systeme der concevtrischen Vertheidigung mit 60 gegen 6 Stimmen angenommen. Kür die Vollendung der betreffenden Arbeiten ist ein Zeit raum von 8 Jahren in Aussicht genommen; die Kosten derselben find auf SO bis 32 Millionen Gulden veranschlagt. Rom, Mittwoch, 11. März, Nachmittags. (W. T. B.) Der Papst hat den Cardinal Monaco La Valletta zum Präsecten der Propaganda und den Monfignor Jacobini, bisherigen Genrralsecretär in der Propaganda, an Stelle deS Erzbischofs Kalcinelll-Autoviacci zum päpstlichen NuntiuS m Wien ernannt. alle Hoffnungen der Gegner des Reiches zu Schanden machen." * Berlin, 1l. Marz. Stach der „Pr.-C." nimmt Sr. Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelcher sich von den folgen der jüngsten neuen Erkältungen in erwünschter Wesse wieder erholt hat, an den zur Zeit im Reichstage schn»benden Berathungen den lebhaftesten Antheil und läßt sich über den Verlauf derselben regelmäßigen Be richt erstatten. — Das Befinden des Reichskanzlers und Nk»tsterpräsidenten Fürsten v. Bismarck hat sich, nach der ,N. Pr.Z.", gestern insofern gebessert, als eine Ab nahme der Schmerzen in beiden Füßen bemerkbar ge worden ist. Auch heute dauern diese günstigeren Er scheinungen fort. Nach der „Schl. Z." sind übrigens alle in der Presse circulirenden Gerüchte von einer durch die Krankheit nothwendig gewordenen Uebersiedelung nach Vaatn durchaus ohne thätsächlichen Anhalt. Dieser Ge dani sei niemals in Erwägung gezogen worden, und der Reichskanzler gedenke im Gegenthcil bereits bald - wieder die Staatsgeschäfte in vollem Umfange aufrunch men» — Die „N.-Z." bringt die Nachricht, daß das Ctsilehegesetz von Sr. Majestät dem Kaiser voll zog« worden ist. — Im diesjährigen Budget Preußens ist Bekanntlich der Fond für Geistliche und Lehrer um-250,000 Thlr. verstärkt. Diese Summe ist dazu be stimmt, das Einkommen derjenigen selbstständigen Pfarr- stcllen, welche so gering dotirt sind, daß sie in evange lischen Gemeinden nicht 600 Thlr., in katholischen (Äe- meittden nicht 500 Thlr. abwerfen, in den ersteren Gemeinden auf 600 Thlr., in den letzteren auf 500 Thlr. aus Staatsmitteln zu erhöhen, wenn die Nächstverpflich teten nicht die Mittel dazu besitzen. Der CultuSminister beabsichtigt, nach der „Schl. Z.", auch, aus diesem Fond denjenigen Geistlichen, die in besonderer Noth sind, Zu lagen zu gewähren, jedoch, mit Rücksicht auf den rein staatlichen Charakter der Fonds, nicht über 10 Jahre hinaus. Die Provinzialregierungen sind angewiesen, in Gemeinschaft mit den Consistorien das Gesammteinkommen der zu berücksichtigenden Geistlichen zu ermitteln, die von den Kirchenkassen und Gemeinden zu übernehmenden Zu schüsse festzustellen und demnächst über die Höhe der aus Staatsmitteln zn gewährenden Zulagen Vorschläge zu machen. Auch soll für eine Verbesserung der Gehalte derjenigen Geistlichen gesorgt werden, welche selbststän dige Pfarrstellen als Pfarradjuncten versehen und einen Theil ihres Einkommens an den Emeritus abgeben müssen, so daß das ihnen Verbleibende zur Unterhaltung ihres Hgvsständes nicht ausreicht. Ihr Einkommen soll des- yÄv ebenfalls auf 600 rcsp. 500 Thlr. gebracht werden. Außerdem soll, falls nach Erfüllung Dessen, was in Bezug auf die Minimalbesoldungen beschlossen ist, noch Mittel verfügbar bleiben, in besonderen Fällen der Dring lichkeit das Minimaleinkommen bis auf 700 resp. 600 Thlr. erhöht werden. — Einem Telegramme der „Wes.- Ztg." zufolge beschränken sich die Abändcrungsanträge des Justizausschusses zum Kirchendienergesetze auf die schärfere Begrenzung der Voraussetzungen, unter denen die Entziehung des Staatsbürgerrechts erfol gen kann. Bonn, 9. März. Die heutige „Bonner Ztg." bringt eine Erklärung der Synodalrepräsentanz der Alt katholiken des deutschen Reiches (Bischof Reinkens, v. Schulte, Dr. Hasenclever, vr. Knoodt, Dr. Reusch, Rottels) worin die in dem Sendschreiben der preußischen Bischöfe gegen den Altkatholicismus erhobenen Anklagen als „verleumderisch" zurückgewiesen werden und hervor gehoben wird, daß cs sich bei der sogenannten altkatho lischen Bewegung allerdings nicht allein um die Be kämpfung des dem überlieferten katholischen Glauben widersprechenden Lehrsatzes von der Unfehlbarkeit des Papstes handle. „Von den Tendenzen der jesuitisch ultramontanen Partei — so sagen die Unterzeichner — welche in der Dogmatisation des l8. Juli 1870 ihren Gipfelpunkt erreicht und für den Augenblick in der katho lischen Kirche äußerlich die Herrschaft erlangt, haben wir uns freilich losgesagt, nicht aber von der katholischen Kirche." Dortmund, 9. März. (Fr. I.) Das Rundschreiben des Justizministers an die Beamten der Staatsanwalt schaft bezüglich der immer mehr und mehr überhand nehmenden Verbrechen (Messer-, Raufaffairen re.) in den unteren Schichten der Bevölkerung hat in mehreren Urtheilen, welche dieser Tage von dem hiesigen Kreis- gericht gefällt worden sind, beredten Ausdruck gefunden. Bei einer Anklage auf Landfriedensbruch, begangen durch sieben Arbeiter (sic demolirten einem Wirthe, der Irie Trunkenbolde aus seinem Locale gewiesen, Haus und Mobiliar), erkannte das Gericht gegen zwei Angeklagte auf 3 Jahre Gefängniß und gegen die übrigen ans 2 Jahre ohne Anrechnung der Untersuchungshaft. Der Staatsanwalt hatte nur auf 2 Jahre, bez. 1 Jahr 3 Monate unter Anrechnung der Untersuchungshaft an getragen. Im Urtheil wurde besonders Hervorgehoden, daß bei der Gewohnheitsmäßigkeit in der Praris der Ercessc die strengste Strafe angewendet werden müsse. Die „Wests. Ztg." berichtet noch von einem anderen Falle. In Lütgen Dortmund verletzte ein Arbeiter vor Kurzem eine Frau mit einem Messer, so daß dieselbe 4 Wochen arveitsunfähig wurde. Der Gerichtshof vcr- urtheilte den Thäter dieser Tage zu einer Gesängnißstrafe von 3 Jahren, „weil die That mit einem Messer be gangen wurde". Cleve, 7. März. (K. Vlksztg.) Gestern wurde am hiesigen Zuchtpolizeigericht eine Anklagesache erledigt, die bereits seit fast einem halben Jahre Gegenstand mehr facher Untersuchung bei den Friedensgerichten zu Tanten und Geldern, sowie in Cleve selbst gewesen war. Als Angeklagte erschienen die geistlichen Herren Bresser v. Kemper, Tooremans und U. Cyrill, welche am 6. Oc tober v. I. ohne polizeiliche Erlaubniß eine Procession von Tanten nach Kevelaer geführt haben sollten. Der Gerichtshof schloß sich der Auffassung des Staatsanwal tes an und erkannte auf das niedrigste Strafmaß von 5 Thlr. für jeden der drei ersten der Beschuldigten; 1'. Cyrill wurde indessen freigesprochen, weil er weder als Führer, noch als Ordner der Procession ausgetre ten wäre. Zweibrücken, 11. März. (Tel.) Das hiesige Schwur gericht hat den nominellen Redacte ur des in Speier er scheinenden ultramontanen Blattes „Rheinpfalz", Schwad, wegen Majestätsbeleidigung, begangen gegen den Deutschen Kaiser, zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. Bremen, 11. März. Aus Brake wird der „Wes.- Ztg." berichtet: Die Arbeiter auf den meisten hiesigen und den benachbarten Schiffswerften haben seit ge stern ihre Arbeit eingestellt oder „niedergeworfen", wie hier der landüblichc Ausdruck dafür ist, weil die Wcrftherren nach reiflicher Ueberlegung und infolge mehrfacher gemeinsamer Berathungen eine Lohnerhöhung verweigern zu müssen glaubten. * Wien, 11. März. Das Abgeordnetenhaus ist gestern in die Specialdebatte über das kirchenpolitische Gesetz eingetreten nnd hat mit noch stärkerer Majorität, als sie am Schluffe der Generaldebatte constatirt wurde, die beiden ersten Paragraphen, welche die Erfordnerniffe für die Erlangung kirchlicher Aemter seststellen, ange nommen. Die „Rechts"Partei hatte allerdings, der von Baron Giovanelli abgegebenen Erklärung gemäß, das Kampffeld geränmt; dafür aber besorgten die Polen während der vierstündigen Discussion mit verdoppeltem Eifer die Geschäfte der Ultramontanen. Von Bedeutung waren die Ausführungen des ruthenischen Priesters Naumovicz, welcher sein Votum für die Gesetzesvorlage begründete und den Beweis führte, daß man als katho- lifcher Priester sehr wohl für das Gesetz stimmen könne, daß aber bei Denjenigen, die gegen dasselbe austreten, mehr politische und nationale, als religiöse Motive maß gebend sein mögen. Es genügt in Galizien, nach der Angabe dieses hochwürdigen Redners, sich an einer po litischen, selbstverständlich national-polnischen Demon stration bctheiligt zu haben, um ein passe-pur wut für- alle kirchlichen Würden zu besitzen. Er erklärte, daß er nicht gegen das Gesetz stimmen könne, nicht blos weil sein staatsbürgerliches, sondern auch weil sein religiöses Tagesgeschichte. I.. Berlin, 11. Märr. Der Reichstag sprach heute die Giltigkeit von 1v angefochtenen Wahlen aus und beschäftigte sich sodann anläßlich zweier Petitionen mit der Frage der Aufhebung bez. Revision des 8 55 des Strafgesetzbuchs, welcher den Beginn der criminellen Zurechnungsfähigkeit auf das zwölfte Jahr fixirt. Ein positives Resultat hatte die Debatte insofern nicht, als sämmtliche Anträge, die zu dem Gegenstände gestellt waren, abgelehnt wurden (vgl. den Sitzungsbericht in der Beilage). Den Socialisten ist es nunmehr ge lungen, für den Antrag auf Sistirung der gegen die Abgg. Bebel und Liebknecht erkannten Haft für die Dauer der Session die nöthige Unterstützung zu finden. Der Antrag, welcher von den sieben Socialisten, den Abgg. Krüger (Hadersleben) und Sonnemann und von sechs polnischen Abgeordneten unterschrieben ist, wird in der morgenden Sitzung (Donnerstag) seine Erledigung finden. — Die Commission für das Reichsmilitär gesetz hat den größten Theil der Vorlage durchberathen, aber die Beschlußnahme über die wichtigen ersten Be stimmungen des Gesetzes, nämlich über die Friedensstärke und Eintheilung der Armee, noch Vorbehalten, um den Fraktionen Zeit zu lassen, sich über ihre Stellung zu diesen Punkten schlüssig zu machen. Die „Pr.-C." be merk heute hierzu: Die Berathung wird voraussichtlich im Laufe der nächsten Woche zum Abschlusse gelangen. Immerhin aber wird der Reichstag selbst kaum vor der mit dem 23. März beginnenden Woche an die Berathung des Militärgesetzes herantreten können. Die Session wird sich daher wohl bis zu dem für die Wiederkehr des preußischen Landtags in Aussicht genommenen Zeit punkt (Mitte April) ausdehnen. In einem anderen Artikel spricht sich die „Pr.-C." über die Militärsrage ML „ Die Roietzkregicmng tst^ffch^c mußt, mit der Vorlegung des wichtigen Gesetzes lediglich die Bestimmungen der Reichsverfassung der endgiltigen Erfüllung entgegenzuführen und in Betreff aller wesent lichen Grundlagen des Gesetzes auf dem Boden zu stehen, welcher durch die Verfassung bereits sanctionirt und ge sichert ist. Sie ist sich ferner bewußt, an die Volks- kraft keine größeren Anforderungen zu stellen, als sie durch die höchsten vaterländischen Interessen, durch die Fürsorge für den Schutz und den dauernden Frieden des Reiches unbedingt geboten sind. Die Regierung weiß andererseits, daß sie es mit einer Reichsvertretung zu thun hat, welche in ihrer entschiedenen Mehrheit die selben Ziele nationaler Politik festhält, welche bereit ist, die blosen Parteibestrebungen den entscheidenden Ge sichtspunkten der nationalen Wohlfahrt unterzuordnen, und welche der bewährten Erfahrung und Gewissen haftigkeit der Männer an der Spitze des Reiches willig Vertrauen schenkt. Wenn daher auch in den vorläufigen Berathungen über die Form, in welcher das gemeinsame Streben zur Verwirklichung nnd dauernden Sicherung gelangen soll, noch auseinander gehen, so wird doch die tiefe Uebereinstimmung über das nationale Bedürfniß und das gegenseitige Ver-trauen zwischen Regierung und Reichstag sicherlich die Wege zur endgiltigen Verein barung finden lassen. Der nationale Geist, aus welchem die Mehrheit des Reichstages hervorgegangen ist, wird sich, wie die Regierung fest vertraut, bei der Lösung der wichtigsten nationalen Aufgabe siegreich beweisen und Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. TaarSaeschichte. (Berlin. Bonn. Dortmund. Cleve. Zweibrücken. Bremen. Wien. Prag. Pest. Paris. Rom. London. Konstantinopel. Rustschuk.) Ernennungen, Versetzungen rc. im -ffevtl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Chemnitz. Löbau. Dippoldiswalde. Limbach.) Vermischtes. Statist» und LolkSwirthschaft. Feuilleton. Inserate. TageSkalendrr. Beilage. Deutscher Reichstag (Sitzung vom II. März). Statistik und LolkSwirthschaft. EingesandteS. Telegraphische WitterungSberichte. Feuilleton.Börsennachrichten. Inserate. Feuilleton. (Nedlgirt von Otto Banck.) Zur Charakteristik der Hebbel'schen Muse. Wir wandeln in den Sälen einer Gemäldegalerie und bleiben vor einem Bilde stehen: Diana kehrt mit ihren Dienerinnen von der Jagd zurück. Sie hat das scharlachrothe Gewand emporgehoben und birgt das er legte Flügelwild darin. In der Rechten hält sie den Jagd spieß, der sich an die robusten Formen der Schulter lehnt. Drei rosige, üppig glühende Nymphen begleiten sie, von denen die eine einen Hasen am Stabe trägt. Ein alter Satyr hält Melonen und Früchte in einem Zie genbockfell vor der Göttin, während ein zweiter ihr mit grinsendem, doppelsinnigem Gesicht eine Traube entgegen- hält und ein dritter dies mit so derb scherzenden Worten begleitet, daß Diana darob den keuschen Lunablick ange nommen hat und beschämt die Augen zur Erde schlägt. Das Meisterwerk ist von Rubens. Aber sind das die strengen classischen Gestalten der alten Griechenmythe? Ist das die Göttin von Ephesus, die unberührte schnellfüßige Gestalt, deren Bild uns die antike Sculptur und Malerei in harmonischem Ebenmaß, in knapper, reizender, graziöser Rundung vor die Augen stellt? Nichts von dem Allen! Niederländische, natur wüchsige, vollsastige Dirnen sehen wir, mit schönen Köpfen und klugen, schlauen, begehrlichen Augen, aber in keiner Faser antik. In der Ueberfülle dieser Körper- formen werden die zarten Linien der classischen Schön heit begraben; doch ein charakteristisches Element, ein Dämon der Leidenschaft, rin gigantisches Individuum tritt an ihre Stelle, und jede Muskel, jeder Nerv zuckt auf im Uebermuthe dieses blutheißen, sinnlichen Lebens. Es war dir Allegorie des üppigen, flamländischen Vol kes, es war das eigne Naturell, das der Meister in großer historischer Bilderschrift auf die Leinwand schrieb. Rubens wurde die Gestalten und Farben seines Landes nicht vor der Seele los; er sah in dem kraftstrotzenden Fischerjüngling von Amsterdam einen Paris und fand in der schönen, aber fleischgeschwellten Bürgerstochter von Harlem zu einer Venus das Modell. Sticht eine Fornarina, sondern Helene Forman war die Haus- penatin seiner Kunst. Die Malerei darf ausnahmsweise so dichten und schaffen; der Maler kann sich einspinnen in das Leben eines Landes, einer Stadt, ja er kann dem eigenwilligen Individuum seines Genius folgen; er darf die Welt durch die farbigen Gläser seines Jchs betrachten, wenn er sich dabei nur Größe und Eigenthümlichkeit bewahrt und den Tagen der Zukunft von dem Geiste seines Zeit alters ein Spiegelbild hinterläßt. Ist es ihm dabei doch sogar erlaubt, die Schönheit zu beleidigen, den feinen Geschmack zu vernachlässigen und die Grazien mit nordischem Ellbogen von der Seite zu schieben, um an ihren Platz seine Jugendgcspielen, die dicke Claudine, die sonnenverbrannte Zigeunerschön- heit Cilly und das ewig lachende Lottchen mit dem kurz lockigen Knabenkrauskops uttd dem reizenden Stumpf näschen zu stellen. An die Malerei, überhaupt an die bildende Kunst werden ost selbst dann, wenn sie in ideale Gebiete hinübergreift, nicht so allgemein giltige absolute Ansprüche erhoben, als sie im gleichen Falle die Poesie treffen. Man verzeiht der Malerei unwillkürlich ein genrrbildliches Ertravagiren, denn sie ist zu sehr an die Wesenheit ihres Volkes und ihres Künstlers gebunden, zu innig an die sinnliche Materie gekettet; man kann es ihrem Meister weniger anrechnrn, wenn er das erste Gesicht seiner Kindheit und den Dialekt seiner Mutter nimmer ganz vergißt. Aber der Dichter darf darin nicht weiter reden, wenn er allgemeine Menschheitsthcmen auffaßt. Wir nehmen höchstens auf die Zeit Rücksicht, in der er geboren, we niger auf sein Land, am wenigsten auf sein Naturel. Er hat nicht das Recht, uns seine Figuren so rauh, un ästhetisch und naturalistisch hinzustcUen, wie der Maler, denn ihm fehlt der Pinsel, der uns versöhnlich stimmt durch die liebenswürdige Vermittelung, welche stets in der gesunden Kraft der sinnlichen Wirklichkeit liegt. Am wenigsten findet ein deutscher Dichter Grund zu diesem brüsken Wirken, da die deutsche Dichtkunst nach so rühm vollen Vorgängen und großartigen Kunstbahnen auf die Schultern der Weltpoesie getreten ist und sich mit Bei behaltung ihrer Nationalität alle Schönheit aller Zeiten zugeeignet, wenigstens zu künftiger freier Anwendung gangbar gemacht hat. Die unzweifelhafte Aufgabe der Kunst, durch eine ideale Darstellung des Lebens unsre Seelen über die beschränke Wirklichkeit emporzuziehen und selbst durch den Gegensatz des Verwerflichen zum Reinen und durch den Schmerz der Tragik uns sittlich zu veredeln und poetisch zu erheben, hat in neuerer Zeit eine krankhafte Opposition hervorgerufen. Philosophie und Poesie such ten in pessimistischem Verzagen an dem Bestehenden einen neuen Weg in der analytischen Zergliederung des Schlechten, in der Darstellung der Schattenseiten des Lebens und meinten durch diesen feindlichen Contrast zur Lichtseite uns einer neuen schönem Wirklichkeit ent- gegenzuführcn. Aber dieses ungesunde Beginnen mußte ftuchtlos sein, denn es verlor den sichern Halt des sitt lichen Princips, so sehr auch die Individualität des Dichters selbst im reinen Erfassen desselben fußte. Die in der Retorte solchen Strebens gezeitigten Gestalten mußten der freudigen Begeisterung und warmen Liebe des Schöpfers entbehren und konnten also diese Empfin dungen und den Glauben an ihre Wahrheit nicht im Zuhörer erwecken. Endlich gesellte sich dazu die Begierde, durch das Schreckliche und Ungeheuerliche zu fesseln und zu erschüttern. Hierdurch entschwand die Wahrheit und die Schönheit dem schassenden Geiste, die Gestalten und Conflicte wurden Reflcrionsgebilde und unsrer Sym pathie fremd. Die phantastische, forcirte Häufung schrof fer Charaktere, gebrochener Existenzen, bizarrer Motive und schrecklicher Handlungen stumpft den empfangenden Sinn ab nnd vermag nicht zu rühren, zu erschüttern, oder schlägt gar in die Caricatur über. Solcher romantisch realistischen Richtung hatte sich Friedrich Hebbel ergeben, aber mit einer individuellen genialen Kraft und wahrhaften Originalität, die ihn darin vor Anderen weit hervorhob. Er läßt allen her gebrachten Anschauungen der harmonischen Schönheit, wie Dante sagt, höhnend den Daumen durch die Finger ragen. Seine Muse ist ein hochbusiges Weid mit stechend schwarzen, so herausfordernden als gedankenklugen Augen und heißen«, ausgeschwelltem Lippcnpaar, um das wech selnd philosophischer Spott und jene Sinnlichkeit zucken, deren Vestagluth sie schon als Jungfrau häufiger ohne Reue vcrrathcn, als still und keusch gehütet hat. Ein bacchi- . fches Panthersell bedeckt nur dürftig ihre üppige Gestalt, doch sie schiert sich nicht darum und sieht ihre Reize selbst nicht ungern; beständig einen Amorpfeil in Händen, spielt sie so lange damit, bis sie blutet, und sie blutet gern. Auch eine Eule der Weisheit trägt sie auf der Schulter und zupft an ihrem gesträubten Gefieder, da mit sie ihr althergebrachte Sentenzen zukrächze, die als Anregung für ironische Repliken auszubcuten sind. (Schluß folgt.)
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