Dresdner Journal : 29.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187405299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740529
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740529
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-05
- Tag1874-05-29
- Monat1874-05
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- Dresdner Journal : 29.05.1874
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Freitag, den 29. Mai M121 ^donosmovtoprslor Im <t°uUcd«° L«>ck.; i ,„, , . . , ,2 ^ktr. Ktomi o^vskr, Iltkrllvt»:. ... 6 Urtr. l »u»»«rt:»Id(1c-« äeuvieksu ^^drlieti: I Idlr. 18 d>jsr 1 imcl tiid-.^Il«»Xuwmt>ru: 1 dc^r I 8wiilp«t»u»clil^t- dn>ru, Iu»«r»t«u preise r j^ür den liLum einer ^«epslteneu t'etitreile: 2 K^r. llvter „Lin^veLnclt" clie Leite: 8 K^r Lroedetneor FL^liod mit ^n»n»Lm« äer Leno- nnä kviort»^«, Fdeull» für äeo tol^eväso I'»^. DresdiierÄlimal. Vcratttworilicher ^edacfe.u: I. (^. Hartmann. 1874 la«er»t«i,»i>u»Nw» »«svNrt,, l.»tp»l^: F>. Lranctstette^, OruuoieeiooLr so« Orseclner 4ourr>»I»; «8«nän» : L-Aer» F'o,.- ». L Sswdm^-LerU». Vt«l-L»ip,i,-L»„I-»r«,I»u-rr»LkNlrt » ».: F kopier, L»rUo Vi»o-N»mdur^-kr»g-I,»ip»t^-pr»»k- tort ». N -Hüocd»»: Nuci L»rNi> FN-keniep«-, /nru/idecK/a»^, // ^tILrec/<t, Lr»w»u: L 8c/c/c>tte, Lr«, I»a: F.Äc»»Ac»:'» Lürenu; vdonmil»: kr»o>- kurt» 21.: u. ^err»i«n»>Vt:kv Nuedd , /taufet/ <V, üürtit»: /»«/), Lmmovir: kurt» - 4/nta», /.a/itte, Nuttier cd t?o.. Stutt^urt: /-auL« ct äHtll. Fciuoucen-Nüreau. Vien: U< rausxeberr I'<nc«I>9c>n de» I>re»dner dournuli, t>r> »de>>, »:lrMtretken^n»»e Xc> 1. Karlsruhe, Mittwoch, 27. Mai, Abend«. (W. T. B) Die Erste Kammer hat heute die Städte ordnung in der von der Zweiten Kammer be schlossenen Fassung mit einigen Abänderungen an genommen. Buda-Pest, Mittwoch, 27. Mai, Abend«. (Corr.-Bur.) Der „Pester Lloyd" meldet, daß die Verhandlungen mit Rumänien betreff« der Eisen bahnanschlüsse nicht den erwünschten Verlauf neh men. Rumänien wäre nicht geneigt, auf die von der ungarischen Regierung geforderte gleiche Tarif begünstigung für die Orsowaer und Tömöser Linie einzugehen. Pari«, Mittwoch, 27. Mai, Nachmittag«. (W. T. B.) Der Handel«minister Grivart hat, wie die „Agence Hava«" erfährt, gestern in einer Uv terreduug mit dem Präsidenten de« Handelsgericht«, Daguin, welcher die mißlichen Zustände de« Pa riser Handel« der Unsicherheit der Regierung zu- schrieb, erklärt, die Regierung werde in vollkom menem Einverständnisse mit dem Willen de« Mar- schallpräfidenten Mac Mabon dafür Sorge tragen, daß die siebenjährige Gewalt de« Präsidenten bi« zur letzten Minute respectirt werde. Konstantinopel, Mittwoch, 27. Mai. (Ä. T. B.) Der frühere Großwefir Mehemed Ruschbi Pascha ist zum Generalgouverneur von Aleppo ernannt worden und wird sich unverzüglich auf seinen Posten begeben. Dresden, 28. Mai. Die „National-Zeitung" reproducirt in ihrer gestrigen Abendausgabe den in Nr. lI9 unsers Blattes an dieser Stelle enthaltenen Artikel über die Bedeutung der Landtage in den einzelnen deutschen Bundesstaaten und führt denselben bei ihren Lesern mit folgenden Wor ten ein: „Das „Dresdn. Journ." enthält eine, wie es scheint, officiöse Note, worin aus Anlaß der jüngsten Diskussionen die Auffassung der sächsischen Re gierung über die Stellung der Einzelstaaten im Reiche dargelegt wird. Obwohl das Document sach lich nicht gerade Neues enthält, glauben wir es doch um seines Ursprungs willen wiedergeben zu sollen." Die „Nat.-Ztg." druckt dann den betreffenden Artikel seinem Wortlaute nach ab und fügt zum Schlüsse fol gende Bemerkung bei: „Gegen den Inhalt dieser Ausführungen ist gerade nichts emzuwenden, sie lassen alle eine angemessene Auslegung zu, um so mehr wünschen wir, daß die Praxis der sächsischen Regierung dieser richtigen Auf fassung überall entsprechen und daß sie insbesondere eingedenk bleiben möchte, daß auch bei den politischen Handlungen der Menschen das „Wie" ost eine kaum geringere Bedeutung hat, als das „Was". Wir haben hierzu nur zu bemerken, daß der von der „Nat.-Ztg." so freundlich dem „Dresdn. Journ." oc- troyirte, von uns als „bemerkenswerth" bezeichnete Ar tikel in Nr. 119 d. Bl. nicht unser Eigenthum, sondern unter ausdrücklicher Quellenangabe von uns der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung" entnommen worden ist. Die lange Dauer der jüngsten Ministerkrisis in Frankreich ist schon an und für sich ein significantes Merkmal der schroffen Stellung der Parteien innerhalb der Nationalversammlung und der anomalen parlamen tarischen Situation wie sie durch die letzten entscheiden den Boten geschaffen wurde. Uebrigens dürfte durch das Zustandekommen des neuen Cabinets die Krisis kei neswegs beendet, sondern höchstens suspendirt worden sein. Der Marschallpräsident Mac Mahon hat sich zu letzt entschließen müssen, mit vollständiger Umgehung der Parteiführer verschiedene mehr oder minder geeignete Persönlichkeiten als Minister gleichsam zu „befehlen", und so haben die Franzosen ein Cabinet erhalten, wel ches ziemlich allgemein als „vndinvt ä iffnli vs" bezeich net wird. Vom „Univers" angesangen, welcher die Be deutungslosigkeit des Cabinets betont, bis zu den Organen der republikanischen Partei stimmen alle Journale in dein Urtheile überein, daß man wohl neue Minister, aber kein parlamentarisches Ministerium habe. Eine Versailler Correspondenz des clericalen „Univers" beginnt also Si lentium! Frankreich ruht! Das Chloroformministerimn, das iHv, emgegeben wurde, hat glücklich gewirkt. Einige Tage können wir in Frieden schlafen und mit Bewußtsein eine neue Etappe zu derSchlußkrisismachen." — DerBrog- lie'sche „Franyais", welcher sich für die erlittene Nie derlage dadurch zu entschädigen sucht, daß er über Thiers und die äußerste Rechte herfällt, sagt, in der Lage, welche die Jntriguen des Erstern und das tolle Auf treten der Letzter« bereitete, sei kein anderer Ausweg möglich gewesen. — Die „Presse", welche mit großer Entschiedenheit für die Organisation des Septenniums eintrat und die insofern noch eine gewisse Bedeutung hat, als ihr Hauptprotector, der Herzog v. Decazes, noch Minister ist, nennt das neue Eabinet das „ Ministerium der Nichtauflösung" und bemerkt: „Es läßt der Kammer die Zeit, sich zu sammeln, und den Parteien die Mög lichkeit, einen Blick auf diese surchtbaie Eventualität, die Auflösung, zu werfen. Da alle Combinationen gescheitert sind, so kann man begreifen, daß das Eabinet keine sehr kühne Politik verfolgen wird; es wird ein Cabinet der Beruhigung sein. Die Minister werden im Grunde ihres Herzens ihre Bevorzugungen bewahren, und heute wie gestern erscheint ihnen die Organisation des Septen niums als eine Nothwendigkeit." — Auch der „Soir" spricht die Ueberzeugung aus, daß das vom Kriegsminister de Cissey präsidirte Cabinet „keine zarten Fragen auf- stcllen und compromittirende Debatten zurückwcisen" wird. — Der „Moniteur universel" sagt, der Marschall präsident Mac Mahon werde in den neuen Ministern „intelligente und treue Räthe" finden. — Dem „Jour nal des Debats" zufolge ist das jetzige Ministerium eine Vereinigung so verschiedener Elemente, daß seine Mitglieder nur so lange zusammenbleiben können, als sie nichts unternehmen. — Das „Bien Public" schließt seinen Artikel mit den Worten: „Warten! Warten! um zu verhindern, wenn es nöthig ist." — Im „Temps" heißt es: „Der Marschallpräsident hat sich von den par lamentarischen Traditionen entfernt; er hat ohne Zweifel das Recht, die Minister zu ernennen und adzusetzen; aber es giebt kein Ministerium ohne Solidarität und kein parlamentarisches Ministerium ohne Majorität. Vian hat Herrn Thiers ost vorgcworfen, seiner persönlichen Verantwortlichkeit die seiner Minister zu unterstellen; aber Herr Thiers zog sich an dem Tage zurück, wo seine Regierung die Majorität verlor. Der Marschallpräsident Mac Biahon jedoch ist für sieben Jahre im Amte, und er kann deshalb keine Verantwortlichkeit anrufen, deren Sanctivn ganz unmöglich ist." — Ebenso nimmt das „XIX. Siecle" Anlaß, das frühere Verhalten Thiers' zu rechtfertigen, und macht dem Biarschallpräsidenten den Vorwurf, daß er die wesentlichsten Regeln des parla mentarischen Regimes verkannt hat, indem er nicht nur seine Person vorschob, sondern für die Minorität Partei nahm und in ihren Reihen seine Minister suchte. — Die „Opinion nationale" mißt dem neuen Ministerium eine große Wichtigkeit bei, nicht weil es der Krisis ein Ende mache, sondern weil es auf eine Lösung vorbereite. — Die „Republiqne franyaise" meint, daß das jetzige Cabinet „gar kein Programm" habe und seinen Stolz darin suchen werde, nichts zu thun; das Gambetta'sche Organ hofft, daß sich Mac Mahon schließlich doch dem Lande werde fügen müssen, welches die Republik ver lange. — Die legitimistische „Gazette de France" sagt, daß nie mehr, als jetzt eine Regierung nothwendig gewesen wäre, deren Autorität den conservativen Prin- cipien zum Triumphe hätte verhelfen können. — Das „Journal de Paris", das Organ des Hauses Or leans, blickt ebenfalls mit einer gewissen Geringschätzung auf die neuen Minister herab und meint, daß, wenn dieselben recht klug auftreten würden, es ihnen vielleicht gelingen könne, der Majorität die Zeit zu verschaffen, sich mit einem neuen Programm zu rcconstituiren. Es werde dann einen großen Dienst geleistet haben und in der Geschichte einen ehrenvollen Platz einnehmen. — Die Bonapartistischen Organe, welche aus dem Wahl siege ihres Candidaten im Ni^vre-Departement neuen Muth schöpfen, äußern sich in ziemlich freundlichem Tone. Die „Liberts" erklärt, man dürfe von dem neuen Ministerium, welches bei jedem seiner Schritte sagen könne: In^Uo per i^nc-s, nicht viel verlangen. — Das Journal „Ordre" feien namentlich den Ki- nanzminister Magne, äußeN seine Genugthuung darüber, daß die Parteien eigentlich wieder bei dem Pan von Bor deaux angekommen sind, und erwartet von der „Er schlaffung" der Situation das Beste für die von ihm vertretene Sache. — Der „Gaulois" ist bereits zu der Aufstellung des Satzes gelangt, daß die Bonapartisten die Abschaffung des Kaiserreichs als null und nichtig zu betrachten hätten. Dieser einem Prvnunciamiento ziemlich gleichkommenden Erklärung gegenüber hat die Regierung sich der Nationalversammlung angenommen und dem Blatt eine Verwarnung zugestellt, in der ge sagt wird, daß die Regierung Zeitungsartikel nicht dul den werde, die daraus abzielen, das Ansehen einer von der Nationalversammlung getroffenen Entscheidung zu schmälern oder zu vernichten. Die deutsche Presse hat sich bei der Besprechung des neuen französischen Cabinets bisher meist auf die Wiedergabe der Urtheile beschränkt, welche dasselbe bei seinen Landsleuten erfährt. Eine Ausnahme hiervon macht die halbamtliche preußische „Provinzial-Cor- respondenz", welche schreibt: „Das neue Ministerium konnte nicht nach constitutionellem Brauche aus den Reihen der Mehrheit, welche das vorige Ministerium zum Falle gebracht hat, entnommen werden, weil diese Majorität aus völlig verschiedenen, nur zufällig vereinigten Par teien, aus strengen Monarchisten, Bonapartisten und mehr oder weniger emschiedenen Republikanern bestand. Ebensowenig aber ist der Versuch gelungen, eine neue, sichere Mehrheit aus den gemäßigten Mittlern Parteien zu bilden, da auch diese in der Auffassung über vie Auf gabe der Mac Mahon'schen Regierung grundsätzlich aus- einanderaehen, indem das rechte Eentrum (Anhänger des Orleans'schen Königshauses) das Mac Mahon'jche Re giment nur als einstweilige Auskunft und als Ucber- gang zur Monarchie, das linke Centrum (die gemäßigten Republikaner) dagegen die siebenjährige Präsidentschaft als den festen Ausgangspunkt zur Begründung einer so genannten conservativen Republik betrachten. Bei dem tiefen Widerstreite der Meinungen entschloß sich der Prä sident zu einem nochmaligen Versuche, die frühere Mehr heit aller conservativen Parteien wieder zu sammeln und sich auch ferner auf dieselbe zu stützen. Das neue Mi nisterium, welches aus Mitgliedern der verschiedenen Parteien der bisherigen Rechten besteht, scheint jedoch zunächst nur die Aufgabe zu haben, die Verwaltung in dem bisherigen Geiste weiter zu führen; die höhere Auf gabe dagegen, die verfassungsmäßigen Einrichtungen des Landes näher fcstzustellen und zu sichern, scheint aufs Ungewisse hinausgeschoben zu sein, weit leine Aussicht vorhanden ist, eine Mehrheit zur Lösung derselben in der Nationalversammlung zu finden. Die augenblick liche Entscheidung ist daber nur als ein vorläufiger Haltepunkt in der mit dem Sturze des Ministeriums Broglie hervorgctrctenen Verwickelung zu betrachten." — Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung " kenn zeichnet das neue Cabinet, im Hinblicke auf die Abstim mung vom Ui. Mai, als ein „Ministerium der Besiegten." — Die „National-Zeitung" sieh: die „ Achtung und Furcht vor den Königlichen" dahinschwinden, „die so offenbar zerrüttet und mit Ohnmacht geschlagen sind", und schließt: „Kür siech und abstcrbend wird die Natio nalversammlung gehalten werden, die Unerläßlichkcit von neuen Wahlen sich gar nicht mehr bestreiten lassen und dann nur die Wahl bleiben zwischen Säbclherrjchaft, die aber auch nicht zu jeder Zeit zu haben ist, und Repu blik." — In einem Artikel der „Schlesischen Zei- ÄmtNcher LbeU. Dresden, 18. Mai. Se. Majestät der König haben den Superintendenten I)r. Ferdinand Körn er in Franken berg und !)>-. Friedrich Leberecht Liebe, zeithcr in Oschatz, den Titel und Rang eines Kirchenraths in der 4. Clafse der Hofrangordnung zu verleihen geruht. Dresden, 2i. Mai. Se. Königliche Majestät Haden dem Universitäts-Hausinspector und Bauauffehcr Johann Gottlieb Nake in Leipzig, ans Anlaß seines fünfzig jährigen Dienstjubiläums, das Ehrenkrruz des Verdienst ordens zu verleihen geruht. Nichtamtlicher TheU. Nebersfcht. Telegraphische Nachrichten ZeitungSschau. (National-Zeitung. — Französische, deutsche, österreichische und englische Blätter über das neue französische Cabinet..) TaorSqrschichte. (Berlin. Codlenz. Bonn. München. Wien. Bern. Rom. Madrid. St. Petersburg. Athen. Washington.) Dr sdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Chemnitz. Zittau. Kamenz. Oschatz. Leisnig.Augustusburg. Alt-Gersdorf.) D'atistit und Volköwirthschaft. Einaesandte«. Feuilleton. Inserate. Beilage. Die erste sächsische Rcalschulmännerversammlung. Vermischte«. Statistik und Volk«»irthschaft. Borsennachrichten. Telegraphische WitterungSberichtr. Inserate. tlnchnchten. Brc«lau, Mittwoch, 27. Mai, Nachmittag«. (W. T. B.) In der heutigen Hauptfitzu^ der Ver sammlung deutscher Lehrer wurden u. A. folgende Resolutionen angenommen: „Die Allgemeine deutsche Lehrerversammlung spricht die Ueberzeugung aus, daß die einheitliche Entwickelung des deutschen Volkes gebieterisch fordere, die Gesetz gebung über das Schulwesen im deutschen Reiche dem deutschen Reichstage zu übertragen"; und ferner: „Die öffentlichen Gemeindeschulen sind in Bezug auf die Confession nicht zu trennen". Während des heutigen Festmahle« sandte die Versammlung unter stürmischer Begeisterung einen telegraphischen Gruß an Se. Majestät den Kaiser. Auch an den Fürsten BiSmarck und den CultuS- minister Vr. Falk wurden begrüßende Telegramme gesandt. Bonn, Mittwoch, 27. Mai, Nachmittag«. (W. T. B.) Die erste altkatholische Synode ist heute Morgen hier durch den Bischof Reinken« eröffnet worden; 28 Geistliche und 57 Delegirte der alt katholischen Gemeinden waren anwesend. E« wurde die vom altkatholischen Congresse in Kon stanz aufgestellte Synodal- und Gemeindeordnung angenommen und sodann noch über kirchliche Re formen berathen. (Vgl. unter „Tagesgeschichte".) Bonn, Mittwoch, 27. Mai, Abend«. (W. T. B.) Die altkatholische Synode hat in ihrer heuti gen Abcndsitzung die von der Synodalrepräsentanz ausgestellten Sätze über die Reform der Beicht- prari« mit unwesentlichen Aenderungen ange nommen. Feuilleton. Redigirt von Etto Banck. NeSmüller'« Sommertheater. „Fernande",dieses von Mautner sehr geschickt übersetzte „Lebensbild" und „Sittengemälde", oder sagen wir einfach Drama, zeichnet sich vortheilhaft von andern französischen Produktionen aus, die ihre socialen Probleme und fragwürdigen Liebes verhältnisse der Demimonde entnehmen. Auch Sardou greift nicht mit Zagen in diese verfängliche Gesellschaft hinein und fischt sich aus diesem Sumpf Personen und Verhältnisse heraus, welche ebenso die moralische Fäulniß der großen Weltstädte charakterisiren, als sie die Neugier der Uneingeweihten erwecken. Der Beihilfe dieses Reizes sind sich die französischen Dichter bewußt; sie haben die Erfahrung gemacht, daß alle Kreise des Publicums vom wahrhaft bigotten Parlamentsrath bis zum wahrhaften Tartuffe, von der Herzogin bis zur Näherin, von der barmherzigen Schwester bis zur Lorette herab es nie unterlaffen, entweder incognito, oder öffentlich in die mmer» «bscuiL dieser Dramatiker der ^l^stör, 8 cis 1>ri» hineinzublicken, mag darin Vorgehen, was da will. Der Fall, welchen Sardou hier behandelt, kommt in verschedcucn Stärkegraden in allen größern Städten der culnvivrn Welt jährlich mehrere Male vor. Es ist die echte Mkchcirath, wenn nämlich ein anständiger Mann, ohne es zu wissen, eine Gattin von unlauterer Vergan genheit erwchlt hat. Solche Scene endet je nach Um ständen verschoben, selten tragisch, oftmals traurig, aber meistens gemütvoll, wenn der Grad nicht zu heftig ist. Letzteres wählt »ich Sardou trotz der freilich sehr markirtrn Verhältnisse. Er läßt den Bruch durch Liebe und Toleranz wieder heilen. Dnsrr Schluß ist jedenfalls sehr philo sophisch und dir chMich schönste Handlung im Stücke; aber leider macht er mir doch den Eindruck, als ob er das Schwächste dieser geistvollen, vorzüglich dialogisirten Composition wäre. Wenn ich auch sagte, daß Mancher so brav handelt, wie der Marquis Andrd; laut und öf fentlich bekennen mag es Niemand, und wenn er die edelsten Geister in sich wach ruft. In der Thal auch würde es selbst für einen Raufbold ein zu unruhiges Leben werden, sich mit Jedem schlagen zu müssen, dem es beliebt, die eheliche Ehre zu bespötteln. Das Stück enthüllt in einschneidender Sprache viel Wahrheften des Lebens, wie sie das Talent des Dichters und die Wahl eines ungewöhnlichen Stoffes zur Aus sprache bringt. Drei Rollen darin sind fein gezeichnet, Fernande selbst, ihr Gatte Andre und die Gräfin Clo tilde, welche der Dichter zur agitirenden Hauptpartie des in sich bewegungslosen Ganzen gemacht hat. Eine an dere Rolle, ein ehrenwerther Hausfreund Pomerol ist zwar vom Dichter mit sicherer Haltung ausgestattet; aber er hat diese auch nöthig, da ihm so zu sagen die Auf gabe zu Theil wurde, die Coulisten zu halten, damit sie nicht umfaüen und die Personen zu lenken, damit sie sich nicht verlaufen. Dazwischen muß er noch nach Cor sica reisen und sich mit der lächerlichen Eifersucht einer Frau beschäftigen, die für die Pariser Gesellschaft zu plump gezeichnet ist. Es ist strebsam und wohlgemeint, daß Herr Nes- müller seinem Publicum eine solche dramatische Arbeit vorgeführt hat, wie es schon öfter mit ähnlichen Stücken geschehen. Ohne Frage aber gehen solche Aufgaben, wenn ihre Lösung der Sache angemessen sein soll, über dir Leistungsfähigkeit einer Sommcrbühne weit hinaus. Ein solches Institut ist vom Wetter und andern Zu fälligkeiten abhängig, hat sehr unsichere, mäßige Ein nahmen und darf sich daher auch in seinen Ausgaben und in den Anforderungen, die es durch schwierige Piecen herausfordert, nicht übernehmen. Die Haupt- thätigkeit solcher Theater muß in den Possendichtungcn aller möglicher Art, im kleinen derben Lustspiel, im Schwank, kurz in jenem Elemente harmloser Unterhal tung gesucht werden, das einen strengen ästhetischen Maßstab entbehrlich macht und auch der Kritik ein hei teres Lächeln abnöthigt. Jene Kreise, welche sich über Justinus Kerner's Virtuosenstückchen auf der Maul trommel wahrhaft ergötzten, würden ein sehr ernsthaftes Gesicht gemacht haben, wenn ihnen ihr Freund auf der Geige musikalische Genüsse octroyirt hätte. Jene ein fachen Theaterleistungcn machen ein kleines Personal möglich, und Herr Nrsmüller ist selbst im Stande, ein solches durch seine eigene Kraft zu completiren. Dieser bescheidene Wirkungskreis ist der richtige, von dem alle zweiten und dritten Theater, Vorstadt- und Som merbühnen ursprünglich ausgegangen sind. Mit einem famosen Komiker und einer pikanten Spielsoubrette kann da bei lebendigstem Einstudiren unendlich viel geleistet werden; einige andere entwicklungsfähige Kräfte und ein paar hübsche Mädel zum freundlichen Anblick für Neben rollen finden sich stets; Verschwendung von Costum, Coulissen und andern Unkosten ist völlig überflüssig; Jeder der gern lacht und fröhlich ist, wird solch' Unter nehmen unterstützen. Schließlich sei bemerkt, daß sich Frl. Reichard, welche die Gräfin spielte, als eine sehr vorthcilhafte Erscheinung und brauchbare, in Spiel und Mimik ge schickte Schauspielerin erwies. Otto Banck. Ein kulturgeschichtliche« Phantafiebild. (Fortsetzung auS Nr. 120.) Umsonst bas Toden, umsonst das Schreien, die treuen Karthager müssen warten. GaleriuS sitzt daheim beim Frühstück, Sempronia im Bade und bei der Toilette. Während die Dienerinnen ihr die Haare kräuseln, die Brauen und Wimpern färben, nascht sic Süßigkeiten, Honig und Backwerk, und zupft zur Kurzweil bunte Fäden aus dem Gewebe ihres Sessels. Einen Blick dann in den Spiegel werfend, schreit sic zornig laut auf: „Ge rechte Götter, Bethsabeth! Du drehst mir heute Locken, als sollte ich auf der Bühne eine Furie spielen. Auch ist meine Nadel verbogen, und bei Juno, mich dünkt, Du hast mir statt Rosen-, Zimmtöl in das Haar ge- tränfelt. Was treibst Du, Unglückliche? Du bist zersteut, verwirrt!" Die Sclavin, zu der Herrin Füßen sinkend, antwor tet: „Sollte ich nicht zerstreut, verwirrt und wehmüthigen Herzens sein? Sehe ich D,ch, o Herrin, so geschmückt und herrlich angckleidet, als träte Hymen von -Neuem in diese Mauern ein, Dich, die schöne Gattin unseres hohen Gebieters, prangend im vollen Reiz der Jugend, Dich, die weichfühlende edle Frau, und gedenke dann des Zweckes all' dieses Prunkes: „Um eine arme Ehristen- familie von wilden Thieren zerfleischen zu sehen, schmückst Du Dein Haar mit Diadem und Perlen uno hüllst den Leib in kostbare Gewänder. Um der jauchzenden blut gierigen Menge zu gefallen, die Dein Herz in kaltes Erz verwandelt. Ach Herrin! wäre ich Sempronia und Gattin des Proconsuls, wäre ich so schön, so liebreizend, jung und feurig, ich würde mit Lust mein Leben daran wagen, gälte es die Unglücklichen zu retten, welche in dumpfen Kerkermauern mit Mördern, Tempelschändern zusammen cingcsperrt, dem Volke von Karthago heute zur gräßlichen Unterhaltung dienen sollten. An die Brust meines Gemahls würde ich mich mit allen Mitteln der Verführung werfen, ihn selbst mit Thränen zu er weichen trachten, ich würde keinen meiner Reize sparen, um sein grausames Herz empfindungsvoll zu stimmen.
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