Dresdner Journal : 13.06.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187406133
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740613
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-06
- Tag1874-06-13
- Monat1874-06
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- Dresdner Journal : 13.06.1874
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1874 Sonnabend, den iS, Juni, ^134 ^doauemeotsprvl»: I» - I'».!' f r l'tür. 8t«iup«l8odabr, .läkrllCQ 6 44>Ir. V deutscbvll ^jitkrlied: 1 1'KIr, 18 I keiode» ?o»t- vad ^ioreloe Hummern; 1 kl^ 1 Iu8er»1«»i»prel»e: Z'ür dvv K»rrw «iusr zespslwuell t'vtitreil«: 2 d!^. Ootor „^ioxosLnät" dis /eile: b k!^. Drrs-nerHmmml Lrsekolnen; t'S-Uoi» mit a8vS0»t>m« dor 8oim- und ksivrt»xv, Abevd» kür dso sol^vudsQ 1»8 Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die Berufung einer außerordentlichen evangelisch- lulherischen Landes-Synode betreffend; vom 12. Juni 1874. Die n Kvnn^oliciZ beauftragten Staatsminister haben beschlossen, zur Erfüllung der in dem Synodalabschiede für die erste evangelisch-lutherische Landessynode vom 7. Juni 1871 unter Nr. 2 (Gesetz- und Verordnungs blatt vom Jahre 1871, Seite 81) ertheilten Zusage und zur Erledigung einiger anderen dringlichen Gegenstände eine außerordentliche Landessynode zum 18. Ium 1874 einzuberufen. Solches wird, unter Hinweis auf die wegen der nöthigen Ergänzungswahlen der Synodalmitglieder vom Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts unter den, 28. Mai dieses Jahres erlassene Bekannt machung hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 12. Juni 1874. Die in Lvunxklicis beauftragten Staatsminister. (1. 8.) v. Friesen, vr. v. Gerber. Nichtamtlicher Theil. uedersicht. Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Times.) Tagrsgeschichte. (Dresden. Berlin. Posen. Ems. Mün chen. Prag. Paris. Rom. Madrid. London. Kopen hagen. Konstantinopel. Washington.) Dresdner Nachrichten. Provinzial Nachrichten. (Leipzig. Meißen. Pirna. Zittau. Strehla. Kirchberg.) Gerichtsverhandlungen. (Mittweida.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. Feuilleton. Inserate. Tageskalender. Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische Witteruu-Sberichte. Kirchennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Düsseldorf, Donnerstag, 11. Juni, Abends. (W. T. B.) Der ständige Ausschuß deü deutschen HandelStages beschloß in seiner heutigen, nicht öffentlichen Sitzung mehrere Nesolutioncn, die sämmtlich darauf abzielcn, die mit der Erhöhung der Eiscndahntarife verbundenen Nachtheile mög lichst zu paralysiren. Die erste öffentliche Ver sammlung der Delcgirten findet morgen statt. Wien, Donnerstag, 11. Juni, Nachmittags. (W. T. L.) Die Eröffnung der internationalen Cho- leraconfcrenz ist auf Wunsch mehrer Regierungen vom 15. Juni auf den 1. Juli d. I. verschoben worden. Paris, Donnerstag, 11. Juni, Nachmittags. (W. T. B.) Nachdem schon gestern auf dem Bahn hofe von Versailles bei der Ankunft, sowie bei der Rückreise der Deputirten tumultuarische Scenen stattgefunden hatten, kam eS heute auch auf dem hiesigen Bahnhofe, als die Deputirten sich nach Versailles begeben wollten, zu ähnlichen Auftritten. Das Erscheinen Gambetta's gab zu dem Rufe: „Es Verantwortlicher Redacteur: 1. G. Hartmann. lebe die Republik!" Veranlassung, der von ande rer Seite mit lautem Zischen erwidert wurde. Dem entstandenen weiteren Conflicte wurde durch die Polizei ein Ende gemacht und ein der radi- calen Partei angehöriger Deputirter vorübergehend verhaftet. (Vgl. unter „ Tages geschichte".) Versailles, Donnerstag, 11. Juni, Abends. (W. T. B.) Die Nationalversammlung setzte heute die Berathung drS MunicipalwahlgesetzcS fort. Ein Amendement Lucien Brun's (von der äußersten Rechten), das darauf abziclte, den Familienvätern und solchen Personen, die directe Steuern bezahlen, die Auf nahme in die Wahllisten zu erleichtern, wurde mit 397 gegen 268 Stimmen abgelehnt. Dasselbe geschah mit einem Anträge Meaux von der Rechten, nach welchem für alle außerhalb einer Gemeinde geborenen Wähler ein dreijähriges Domicil in dieser Gemeinde zur Aus übung des Wahlrechtes erforderlich sein sollte. Der Antrag Kerry's von der Linken, statt dessen nur das Erforderniß eines sechsmonatlichen Dvmicils in der be treffenden Gemeinde in das Gesetz aufzunehmen, wurde an die Commission zurückvcrwicsen. Nach Schluß der Sitzung richtete der Quästor der Nationalversammlung, Baze, an den Minister deü Innern eine Anfrage wegen der auf dem Bahn- Hofe von St. Lazare vorgekommenen Auftritte. Der Minister de Fourtou erwiderte, bis jetzt seien ihm nur einander widersprechende Mitteilungen zuge- kommcn; die einzige amtlich feststehende Thatsache sei die Verhaftung und die darauf wieder erfolgte Frei lassung eines Deputirten. Die Regierung werde eiue weitere Untersuchung des Vorgangs eintreten lassen. Der Minister schloß mit der Erklärung, es seien zwei Umstände besonders bedauerlich: auf der einen Seite der Mißbrauch der öffentlichen Gewalt, auf der anderen die offene Widcrsetzung gegen die pflichtgetreuen Män ner, die mit der Ueberwachung und Wahrung der öffent lichen Ordnung beauftragt seien. — Baze erklärte sich durch die Antwort des Ministerpräsidenten zufrieden gestellt. Paris, Donnerstag, 11. Juni, Abends. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bei der heutigen Rückkehr der Deputirten von Versailles führte ein Graf v. Sainte- <5roix auf dem Bahnhofe einen Schlag mit dem Rohrstocke auf Gambetta. Der Schlag wurde jedoch vom Deputirten Ordinaire aufgefangen und der Graf verhaftet. Paris, Freitag, 12. Juni, Morgens. (Tel. d. Dresdn. Jonni.) Außer dem Grafen v. Sainte-Croir, welcher Gambetta thätlich angriff, sind noch an dere Personen wegen Lärmens und Schreiens von der Polizei verhaftet worden. Der Graf v. Sainte- Croir, welcher früher bei den Zuaven der kaiser- Uchen Garde diente, hat bei seiner Vernehmung erklärt, daß er mit der bestimmten Absicht auf den Bahnhof gegangen sei, um Gambetta zu provociren und zu züchtigen. London, Donnerstag, 11. Juni, NachtS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der heutigen Sitzung des Un- terhauseö erwiderte auf eine an ihn gerichtete An frage der UnterstaatSsccretär des Auswärtigen, Bourke, daß die englische Regierung über ihre Be theiligung an dem Brüsseler Congressc über daS Kriegsvölkerrecht sich noch nicht schlüssig gemacht habe. Eine anderweitige Interpellation beantwor tete der Unterstaatssecretär der Colonien dahin, daß der Bericht über die beantragte Abtretung der Fidjiinseln eingcaangcn sei, daß er aber die Mit- theilung dieses Berichts adlehnen müsse. Dresden, 12. Juni. Der Strike der englischen Landarbeiter scheint wenigstens in Suffolk und Lincolnshire seinem Ende ent- gcgenzugehen. Die Arbeiter zeigen sich geneigt, die von den Pächtern gebotenen Löhne anzunehmen, falls die Arbeitgeber darauf verzichten, sie an der Theilnahme an den lGdlichen Gewertvereinen verhindern zu wollen. Dieses lrrgebniß ist namentlich den beiden Parlaments mitglieWrn Dixon und Morley zu danken, abgesehen von den AiWtrengungen, welche Nir. Mundella seit dem Be ginn dfr Krisis gemacht hat, um die Frage auf dem wirthschäftlichen Terrain zu erhalten und ihrer Ausdeh nung zI einer socialen nnd politischen vorzubeugen. Die Lösung wird nach englischer Art durch einen Compro- miß erMgen, so daß keine der beiden Parteien sich des Erfolge- rühmen kann. Aber thatsächlich haben doch die Arbeiteves dahin gebracht, daß die Pächter die „lluiuus" anerkenGe« und mit ihnen verhandeln. Ucberdem war diese Arbeitseinstellung in erster Linie ein Principien kampf, ha vom materiellen Gesichtspunkte aus die Lage der Arbiter in den östlichen Grafschaften nicht so schlecht ist, wir" die Lage des ländlichen Proletariats in vielen ruhig gebliebenen Districten. Die „Times" ist mit dem E«e der Krisis sehr zufrieden und erinnert daran, wie sehr diese jetzigen Arbeitseinstellungen sich von denen jener Zsitcpoche unterscheiden, wo die Pächter mit dcr EinfühHmg der laudwirthschaftlichcn Maschinen began nen, »Piche die menschliche Arbeitskraft verringern soll ten. Dtzmals waren Gewaltthätigkeiten aller Art an der Tagesordnung; diesmal haben sich die Arbeiter durch ihr maßvolles Verhalten ausgezeichnet und nur eine Drohung ausgesprochen, nämlich die der Auswanderung. Es sei dies eine deutliche Antwort an die Adressen jener in- teressirten Alarmisten des Eoutincnts, die, weil sie es wünschen, sich einbilden, England werde demnächst seine Strafe dafür empfangen, daß es den Communards und den Revolutionären der Internationale eine Zuflucht ge gebeu habe. Diese revolutionäre Gesellschaft habe auf die engüschen Zustände keinen Einfluß. Die letzteren scheinen vielmehr jeder fremden Jngerenz vollständig un zugänglich zu sein, vielleicht in den unteren Schichten noch mehr, wie in den parlamentarischen Kreisen. Die vorgeschrittensten Radikalen erkennen, daß einer politi schen Revolution eine wirtschaftliche vorangehen müsse, und eine solche sei nur nach einem unglücklichen Kriege möglich. So lange Großbritannien sich von den conti- nentalen Kämpfen fern hält, werden sein industrielles Ucbergewicht und seine materielle Prosperität und mit ihnen auch seine politischen Institutionen intact bleiben. So die „Limes", welche damit der Politik des „Friedens um jeden Preis" ein neues gewichtiges Argument liefert. Tagesgeschichte. Dresden, 12. Juni. Die Zweite Kammer be- rieth in ihrer gestrigen Abendsitzung den zweiten von der Finanzdeputation Abth. 8 durch Abg. Starke-Schmölen erstatteten Eisenbahnbericht. Die Regierung wurde zur Concessionirung folgender Linien ermächtigt: Verbin dungslinie Hellendorf-Müglitz-Fürstenau der Pirna- Duxer und der Müglitzthalbahn; Verbindungslinie der südlausitzer Staatsbahn und der österreichischen Nord bahnlinie Rumburg-Schluckenau von Sebnitz ab; Kohlen zweigbahnen dcr Zwickau-Lengenfeld-Falkensteiuer Eisen bahn. Abgelehnt wurde dagegen die Concessionirung der Linien VoigtSgrüu-Greiz, Schandau-LandeSgrenze aus dem rechten Elbufer, sowie der Linie Dresden-Ostrau- Lcipzig. Diese letztere Concessionsertheilung war von der Regierung und der Deputationsmajorität bean tragt; in langer Debatte wurde das Project von dem Referenten, den Abgg. Günther, Walter, Sachße und dem Finanzminister Frhrn. v. Friesen befürwortet, von den Abgg. Philipp, v. Oehlschlägel, Jordan bekämpft. Die Ausführung einer Gürtelbahn bei Chemnitz soll von der Regierung für eine künftige Finanzperiode in Er wägung gezogen werden; dagegen wurde ein mit etwa dritthalbtausend Unterschriften versehenes Gesuch um Ucbersührung des Chemnitzer Bahnhofs abgelehnt. Die Erste Kammer erledigte heute zunächst zahl reiche Petitionen. Sodann trat sie den auf die von der Regierung beabsichtigten Aenderungen in der Einrichtung der LandeS-JmmobiliarbrandvcrsicherungSanstalt bezüg- Lstpilz: H. OownuEvvLr du ' Orvsdosr dourruck»; ebvad»« : Z^Ak« Zcv.' u ZZ cd , NorU» tart ». H.-Hünekso: Z?u<Z LsrUo: Zma/«de«da»»^,ZZ. L. L'ektotte, Nr«» l«u: Z-. StamArn'» öüreitu; Od-miut»: F>. kr»»'-- lUrt» H.: Z. u F <7. ZZerrmann'sells VSrlit,: Z-ivZ), NLLnovsr: O.Lckünler,- k»rii: ZZai««, Z.o^tte, Luttier F LÄ., Stutt^«u4: Ziause d kÄ., Hüdd. ^»nionceu-Ziurear«, Visa: FZ t-Mettt. llünizsl. Expedition des Itresdnvr -lournLls, Örosden, UkrAarstbenSasüs Iko. 1. lichen Beschlüssen der Zweiten Kammer bei und accommo- dirte sich ebenso den Beschlüssen dieser Kammer betreffs der Novelle zum Fischereigesetze, indem sie den von ihr bei der ersten Berathung auf Antrag v. Metzsch's belieb ten Zusatz zu 8 2 wieder fallen ließ und dagegen den von der Zweiten Kammer beschlossenen Antrag auf Ein schärfung der strengern Handhabung der Vorschriften des Fischereigesetzes rc. annahm. Die Kammer hält auch heute Abend Sitzung. * Berlin, 11. Juni. 'Nach der bisher getroffenen Disposition gedenkt Se. Majestät derKaiser am Sonn tag Abend 11 Uhr die Reise nach Ems anzutreten. — In Betreff des in den Zeitungen der letzten Tage mehr fach erwähnten — aber theilweise ungenau dargcstellten — Vorfalls an der Wildparkstation geht dem „St.-A." die nachfolgende Mittheilung zu, welche von bcn bisherigen Berichten allerdings in einigen Punkten abweicht: Als Se. k. und k. Hoheit der Kronprinz am 6. d. Nachmittags auf einer Fahrt von der Wild parkstation nach der Pirjcbheide den dem Wildpark zu nächst gelegenen Uebergang der Bahn passiren wollte und dcr vorderste Wagen, welcher die Erzieher der Löhne des Kronprinzen enthielt, bereits über die Bahn hinweg war, wurden gerade in dem Augenblicke, als der zweite Wagen, in welchem sich Se. kayerl. Hoheit mit seinen drei Söhnen befand, den Uebergang erreichte, die diesen absperrenden, von einer nicht weit entfernt liegenden Wärterbude mittelst Drathzuges beweglichen Barrieren niedergelassen. Es gelang zwar, unter der diesseitigen Barriere noch glücklich hindurchzukommen, doch war der Wagen genöthigt, vor der jenseitigen, inzwischen gänzlich geschlossenen Barriere halten zu bleiben, während ein erst wenige Augenblicke vorher sichtbarer Eijenbahnzug hinter demselben vorbeifuhr, nachdem jedoch Se. kaiserl. Hoheit und die drei Prinzen den Wagen noch rasch ver lassen hatten. Somit war allerdings durch das Herab- sinken der Barric-re auf den Wagen wie durch das Vor überfahren des Eisenbahnzuges eine doppelte Gefahr vor handen, welche jedoch glücklich abgewandt worden, ohne daß der «lindeste Unfall für Ihre k. und k. Hoheiten, wie auch für Pferde und Wagen herbeigeführt worden wäre. — Die Groß Herzogin von Baden ist gestern Abend von Babelsberg nach Karlsruhe zurückgekehrt. Die An wesenheit der hohen Frau bei dem Kaiser hatte etwa acht Tage gewährt. Es war daS.crste Mal nach ihrer Verhcirathung, daß die Tochter des Kaisers auf dem Sommersitze an der Havel einen längeren Aufenthalt gemacht hatte. Man konnte in den jüngsten Tagen keinen glücklicheren Vater sehen, als den Kaiser. Vom Morgen an, vom Frühstück, das in dem Frühstücks- zimmer der Kaiserin eingenommen wurde, war er in Gesellschaft dcr geliebten Tochter. — Der k. deutsche Botschafter Baron v. Werther ist aus München hier eingctroffen, um für die Botschafterstelle in Konstantinopel seine Instructionen in Empfang zu nehmen. — Die feierliche Einweihung der neuerbauten Zwölf-Apostel- kirche in der Kurfürstenstraße fand, einer kaiserlichen Bestimmung entsprechend, heute Mittag unter großer Theilnahme der Gemeindcmitglieder statt. Um '/»l Uhr erschien der Kaiser, begleitet vom Kronprinzen, dem Cul- tusminister Nr. Falk, dem Kriegsminister v. Kamele, dem Präsidenten Hegel rc., und nahmen dieselben auf bereit gestellten Fauteuils unmittelbar vor dem Altar Platz. Generalsuperintendent Di. Brückner hielt die Wcihrede. Der Barr dieser Kirche hat circa 4 Jahre gedauert und gar mannichfache Schwierigkeiten durchgemacht. — Ter Neubau am provisorischen Reichstagsgedäude schreitet ersichtlich vorwärts. Auf Antrag der Architekten Gropius und Schmieden, welche das Gebäude aufgeführt haben, werden auch im SitzuttgSsaale sehr gründliche Reparaturen durch Beseitigung der Gypsornamente und deren Ersatz durch ^tciupappfabrikate vorgenommcn. Bei dieser Gelegenheit hat man sich, der „Nat.-Ztg" zu folge, von Seite» der sachkennenschen Autoritäteu dahiu geäußert, daß bei dem definitiven Parlamentsgcbäude nicht das Oberlicht, sondern, wie bei dem englischen Parlamentsgcbäude, hohes Seitenlicht als weitaus prak- Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Literarische Revue. (Schluß aus Nr. 133.) Und weiter hebt der Autor hervor: Horaz und Ho mer begleiteten den König Johann stets auf seine« Reisen, und als er aus dein Kriege 1866 zurückkehrte, war es seine Lieblingsbeschäftigung, in seinen Mußestun den des Demosthenes Philippische Reden zu studiren; sowie er auch Strabo und Virgil's Georgica wiederholt und immer unter Zuhilfenahme von Karten und sonsti gen Erläuterungsmitteln las. Denn so gewiß er das Lesen der Classiker als eine Art von Erhebung oder Erholung nach größeren körperlichen oder geistigen An strengungen betrachtete, so nahm er es doch sehr ernst und suchte sich — entfernt von Wortkritik oder über haupt von Einzelheiten — vor allen Dingen mit dem Jdeengange des Schriftstellers vertraut zu machen. Dar auf hatten ihn freilich Männer wie Böttiger, namentlich aber Tittmann, unter dessen Führung der König die Politik des Aristoteles las, und der bekannte Conr. Sillig, dcr bei der Lecture des Thucydides rathend ihm zur Seite stand, hingewiesen, und oft erwähnte er noch dankbar des treuen Beistandes, den ihm diese gewährt hatten. Stur beiläufig mag hier erwähnt, werde«, daß der König be sonders auch in späteren Jahren den Naturwissenschaften eifrig ^sich-Midmete und r. B. unter Leitung des Chemi kers Steinsich- Kenntnisse anrignete, welche bei dem Be suche der"univcrsität Leipzig der Professoren, an deren Vorlesungen er Theil nahm und mit denen er sich über dieselben unterhielt, Bewunderung erregten: weil er durch , die Bemerkungen und Fragen sofort zeigte, daß er gründ lich studirt hatte und daher allenthalben das zmiiclnm sulious traf. Es mag hier nur an die Besuche der chemi schen, physiologischen und physikalischen Institute dcr Univer sität und daran erinnert werden, mit welcher Sicherheit der König seine Anschauungen über die Aufgaben der ver schiedenen Zweige der Naturwissenschaften darlcgte; wie er insbesondere von der Physiologie erwartete, daß sie dereinst Regeln aufstcllen werde, welche der körperliche« Entwickelung des Kindes und dcr Gesundheit der Er wachsenen zu Gute kommen würden, und die Hoffnung aussprach: es werde der Wissenschaft nach und nach ge lingen, die Grenzen zwischen dem physischen und dem psychischen Leben scharf zu ziehen und dadurch dem rohen Materialismus einen Damm entgegenzusetzen; wie er denn auch bei den mannichfachen physikalischen Entdeck ungen, die-ihm vorgrführt wurden, immer auf den Se gen, den dieselben für die Industrie rc. haben könnten, hinwies rc. So hat er z. B. auch den Gedanken: daß die Phy siologie sich mit dem ganzen Menschen beschäftigen sollte, im Gegensatz zu der Physiologie der einzelne» Organe, festgehalten, weil er darin das eigentlich dem Menschen 'Nutzenbringende zu erkennen meinte, und hat die Mög lichkeit und das Wünschenswerthe der Errichtung einer Anstalt nicht aus den Augen gelassen, in welcher die Abhängkcit der Arbeitskraft, der Widerstandsfähigkeit gegen die wechselnde Temperatur u. s. w. von der Nah rung, Kleidung u. s. w. mathematisch untersucht würde. Zn Bezug auf die intcllectuclle Vielseitigkeit des Königs betont der Autor mit Recht dessen hohes In teresse für Sprachforschung, das ihn zu Originalauf- sätzcn führte, die von scharfen Beobachtungen und posi tiven Gedanken erfüllt sind, und zwar bereits in einer sehr frühen Epoche dieser zu neuem Aufschwung ge kommenen Wissenschaft. Bis an sein Lebensende, sagt der Autor, hat übrigens der König diesem Sprachstudium sein lebhaftestes Interesse bewahrt und fast jede darauf bezügliche literarische Er scheinung sorgfältig studirt; wie denn überhaupt die Liebe zu den Classikern der römischen und griechischen Welt ihn bis zuni Grabe begleitet hat. Mitten in feiner schweren Krankheit ließ er sich von Zeit zu Zeit aus dem Homer, namentlich den 14. und 15. Gesang der Odyssee, vorlesen und citirte oft aus den verschiedenen Gesängen ganze Stellen in der Ursprache. In Bezug auf die berühmte Danteübersetzung sei v. Falkenstem's Worten nur Folgendes enthoben: Es ist nicht meine Ausgabe, über diese wahrhaft königliche Arbeit zu urtheileu; aber erfreulich ist es, zu sagen: daß der König auch hier infolge der Reinheit und Bescheidenheit seines Wesens sich nie Genüge ge leistet und daher nicht aufgehört hat, die bessernde Hand anzulegen und all' die zahllosen Kritiken, Bemerkungen, neuen Ausgaben und Uebersetzungen, die ihm aus Deutschland, Italien u. s. w. zukamen, gewissenhaft zu benutzen; ja noch während seiner Krankheit bemühte er sich, eine ihm zugegangene holländische Uebersctzung des Dante zu lesen, und freute sich les glücklichen Erfolges seiner Anstrengung. Nach langem Widerstreben ent schloß er sich endlich, an eine neue DanteauSgabe, die schon längst gewünscht worden, ernstlich Hand anzulegen. Die Bearbeitung derselben fiel mit in das verhängniß- volle Jahr 1866; allein er fand dennoch Muße, nicht nur die zum Theil sehr wesentliche Umgestaltung der älteren Ausgabe zu vollenden, sondern auch selbst die Correctur der Druckbogen der neuen Ausgabe in drei starken Octavbänden zu überwachen. Es war dies frei lich nur bei solchem geregelten und gewissenhaften Fleiß und bei solcher Vertrautheit mit allen Einzelheiten des Werkes möglich. Wie tief, sich der Dante dem Ge« dächtniß des Königs eingeprägt hatte, davon zeugt der Umstand, daß er, als er einst ein paar Hefte dcr Hand schriftlichen Danteübersetzung bei einem Aufenthalte in Sanssouci verlöre» hatte, sie dadurch sofort ergänzte, daß er — das italienische Original in der Hand — seinem Bibliothekar die Uebersctzung aus dem Gedächtniß fast in ununterbrochener Geläufigkeit dictirte. Wer so von einem Dichter, wie Dante, begeistert war, mußte wenigstens poetische Anlage haben; und in der That hat dcr König, wenn er auch uie darauf aus- gegangen ist, diese Anlage besonders zu cultiviren, nicht blos durch höchst gelungene Gelegenheitsgedichte, die in großer Anzahl unter seinen Papieren sich finden, son dern auch durch einige selbstständige Dichtungen Proben seiner poetischen Auffassung und seiner Formengcwandt- heit gegeben, die auch insofern von hohem Interesse sind, als sich darin sein Innerstes, sein streben nach Wahr heit, ferne Gewissenhaftigkeit, sein edler Sinn überhaupt wiederjpicgclt. Er selbst hat nie besondern Werth auf seine poeti schen Arbeiten gelegt — vielleicht zu wenig —, aber von Interesse ist es doch, daß er noch in der neuesten Zeit sich veranlaßt fand, in einer ihm eigentlich ganz fremden Forni — der Novellenform — einen Gegen stand zu behandeln, der ihn nach mancher Lette hin interessirte — vom juristischen, psychologischen und reli giösen Standpunkte aus. Es verdient diese 'Novelle, welcher er den Titel: „Der Entehrte" gab, hier vielleicht erwähnt zu werde», da sie ihn noch während seiner schweren Krankheit so interessirte, daß er sie sich vorlescn ließ. Anlaß zu dieser erst im Jahre 1872 in Riva entstandenen Novelle hat offenbar dir bekannte Ducll- angelegenheit gegeben, welche vielfach in den Zeitungen besprochen ward und dazu geführt hat, daß einigc. dem west fälischen katholischen Adel angehörrnde preußische Offi ziere, die sich zu schlagen weigerten, aus dcr Armee
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