Dresdner Journal : 29.07.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187407291
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-07
- Tag1874-07-29
- Monat1874-07
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- Dresdner Journal : 29.07.1874
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M173 Mw-och, de« 29. Juli. >>,7« I» t«nd»od«i> : ^LkrUvt»:. ...» IRlr ^jLkrUeb: 1 H»Ir. lb K^r. tcuukataibinmmvrv: l äsutsotlvu liiiot»« tritt ko«^ aalt 8t«lop«Irll»ot»I»8 dia»u. Iu8«r»teupr»l»or l^ür <1en kaum sioor Fe»p»lt»o«n Petit r>et1«: i Kxr Oot»r„KlN8«»»liät'' <ti» X»ilo: b k^^r. Kroeketvvur t'L^tieb mit -<ri»luttim« ä«r 8orill all» psiett»xs, tür <1«u kol^eaävll l'a^ DreMerÄMMl. Verantwortlicher Redacteur: Commissionörath I. G. Hartmann in Dresden. Ia»«ri»teii»ni»»I»w« »««vlrt^r />> L^«nlt,t«tte^, Ooww>»iiiollör 6«» - vresllaer /oru-a»t»; «t>ea(iMi.: LuAen u. K L»rU». Vti»-I.«ip«i^ L»«»i-Sr«ii»a-rr»L^Slrl» N: //a««<>»t«t«i>» po-ier, L«rU» Vi«L-S»wdims-kr»^-I.«ii>»t8-^r»o>i- lurt ». H - Nö»cL«»: ^uci. I«rUi» ^4. /»iiaki/^nttant.//. ^/Lref/rt, Lr«m«ll: 8c/>/ott<-. Lr«»- i»a: D. L'tanAe»»'» vareitu; 0d«wml»: /> p»>At, rnu»'-- turt» N.: R ii. ^.<7. ttu> dk, />«i«t<'</(/'«.,- Sörlit«: /»«v D , Szuoow: t,',- k»ri» : //«l««, /,«/itte, /(«//>»r et t>'o . Slutt^»rr: /-««L» et t,'«., - /1i!re««t, Viere: ^4/ c-xpek,L. U«-i'uu8xeksrr l4üui^t. pxpeelition ävu Orescin« r tourn^I», OlrvUt-n, .>l!lr^ etil' ll^>t^t> Ko. 1. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, Saat- und Getreidemalkt in Buda-Pest betreffend. Nach einer im diplomatischen Wege soeben anher gelangten Mittheilung soll den 3. August l. Z. ein internationaler Saat» und Getreidemarkt in Buda- Pest gehalten werden, was im Interesse der Abnehmer ungarischen Getreides hierdurch zur öffentlichen Krnntniß gebracht wird. Dresden, am 28. Juli 1874. Ministerium de- Innern. Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Schmaltz. Mchtumtlicher Theil. Ueberslcht. Telegraphische Nachrichten Lagevgeschichte, (Berlin. Königsberg i. Pr. Ratibor. Baden-Baden. Detmold. Wien. Paris. Nom. London. St. Petersburg.) Dresdner Nachrichten. Provinzial-Nachrichten. (Chemnitz. Bautzen. Burk hardtsdorf.) Gerichtsverhandlungen. (Mittweida.) Börsrnnachrichten. Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Telcgr.lphlllhe Nachrichten. Kozmin, Dienstag, 28. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Posener Weihbischof JaniSzewski ist gestern Abend in das hiesige KreiSgerichtSgefängniß eingeliefert worden. Wien, Dienstag, 28. Juli, Moraens. (Tel. d. Trcdn. Journ.) Baron Anselm v. Nothschild ist gestern Abend gestorben. Wien, Dienstag, 28. Juli, Mittags. (Tel. d. Dresdn Journ.) Eine mehrwvchcntliche Bertagung des Brüsseler Kongresses erfolgt wahrscheinlich nach der bevorstehenden Comuussionüwahl aus militärischen Delegirten zur Prüfung deS Con- greßprogrammv. (Vgl. nachstehend das Brüsseler Tele gramm und unsere Wiener Correspondenz unter „Tages- gesckichte.") Paris, Montag, 27. Juli, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Abendblätter sprechen ihren Tadel über einen Hirtenbrief deS Erzbischofs von Paris aus, welcher in den hiesigen Kirchen ver lesen worden ist und Angriffe gegen die italienische Negierung enthält. Im Proceß gegen den Obersten Baron Stoffel ist ein EinstellungsbeschlnH erfolat. LersailleS, Montag, 27. Juli, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung beantragte der Deputirte Humbert alS Berichterstatter der Initiativcommis sion die Jnbetrachtnahme deü AuflösungSantrageS de Maleville's. Ueber den Auflösungsantrag Raoul Duvals wird der Deputirte Ricard in der morgen den Sitzung Bericht erstatten. Die Versammlung beschloß, über die beiden Anträge künftige Mitt woch zu berathen. Kür diese Sitzung ist bereits eine große Zahl von Rednern eingeschrieven. Gerüchtweise verlautet, daß eine Botschaft deS Marschallpräsidenten Mac Mahon an die National versammlung bevorstehe. Brüssel, Montag, 27. Juli, Nachmittags. (WT. B.) Die internationale völkerrechtliche Con- serenz hat heute, nachdem sämmtliche Delegirte hier eingetroffen sind, ihre erste Sitzung gehalten. Dieselbe dauerte nur eine Stunde. Nach der Ab ¬ lehnung der belgischen Regierung, den Vorsitz auf der Eonferenz zu übernehmen, wir von dem russi schen Bevollmächtigten, General Baron Jomini, vorgeschlagen war, wurde Letzterer zum Vorsitzen den und der EabinetSchef im belgischen Ministe rium deS Auswärtigen, Borchgrave, zum Secrrtär der Eonferenz gewählt. Auf den Antrag eines Delegirten wurde dann noch beschlossen, daß die Verhandlungen völlig geheim bleibe» sollen. Die nächste Sitzung wurde auf Donnerstag anberaumt. Rew-Pork, Montag, 27. Juli. (Tel. d.Dresdn. Journ.) E»n Orcan mit Sturmfluth hat den Staat Pennsylvanien schwer heimgrsucht- Eisenbahnlinien und Bahngebäude wurden überfluthet, Brücken fortgeführt und Steinmaffen auf die Straßen ge schwemmt. Die Stadt Alleghany steht theilwerse unter Wasser; große Verluste an Menschenleben find zu beklagen, indem 55 Leichen bereits auS den Alutben gezogen wurden und viele Personen noch vermißt werden. AuS den Distrikten WoodSrun und Dawmillrur werden ebenfalls große Verwüstun gen gemeldet; die Zahl der dort umS Leben Ge kommenen schätzt man auf circa 50. Tagesgeschichte. * Berlin, 27. Juli. Se. Majestät der Kaiser setzt, wie aus Gastein gemeldet wird, seine Badecur daselbst mit sichtlichem Ersolg fort und erfreut sich des halb auch deS besten Wohlseins. Bereits in den ersten Tagen des nächsten Monats gedenkt der Kaiser Gastein wieder zu verlassen. Der Besuch deS Königs Ludwig in Berg am Starenberger See auf der Rückreise des Kaisers ist eine sest beschlossene Sache. Se. Majestät wird alSdann nach Schloß Babelsberg zurüükehren, um daselbst noch einige Zeit mit Ihrer Majestät der Kaiserin, welche von der Mainau dort ebenfalls cintresscn wird, zu verweilen. — Das Allgemeinbefinden des Reichs- kanzlerS Fürsten Bismarck, so berichtet man der „Lpen. Ztg." aus Kissingen, ist gut; er schläst jetzt besser, und auch das Gehen wird ihm leichter. Die Wirkung der Cur ist überhaupt günstig, und werden Brunnen wie Bäder voraussichtlich in vorgeschriebener Dauer durchbenutzt werden. Doch ist die durch den Schußpfropfen verursachte Wunde noch nicht geheilt; sie verursacht, namentlich sobald der Fürst den Arm herunter hängen läßt, Schmerzen und verhindert am Schreiben. Bei einem gestern gemachten Versuch mußte der vierte Finger, der zum Schreiben sonst wenig nützlich ist, zu Hilfe genommen werden. Bei dieser Lage der Sache begnügt sich der Kanzler, mündlich zu instruiren resp. zu dictiren, und liegt den beiden anwesenden Söhnen ein nicht geringer Theil der unvermeidlichen Arbeit ob. — Die „Nordd. Allg. Ztg." und die „Post" weisen übereinstimmend darauf hin, daß nur ein kleiner Theil der in Berlin bestehenden katholischen Vereine polizeilich geschlossen worden ist, da die Zahl der hier vorhandenen katholischen Vereine mehr als 50 betrage. Schon in den ersten Beratungen des Staatsministc- riums während der vorigen Wdche aus Anlaß des Kissinger Attentats wurde, wie auch von officiöser Seite bestätigt wird, dieser Gegenstand in Erwägung gezogen; die eigentliche Cntscheidung jedoch ersolgte, wie der Augs burger „Allg. Ztg." von hier geschrieben wird, aus Kissingen, nachdem Fürst Bismarck mit dem Minister- Les Innern, dem Polizeipräsidenten v. Madai und mit dem Staatsanwalt beim hiesigen Stadtgericht, Lessen- dorf, darüber eingehende Beratungen gepflogen hatte. — Ter Cultusminister hat, der „D. N.-C." zufolge, be stimmt, daß die Vereidigung der Lehrer an Volks schulen fortan nur in ter durch die allerhöchsten Ver ordnungen vom 22. Januar und 6. Mai !867 für die mittelbaren und unmittelbaren Staatsbeamten vorge- schriebcncn Form erfolgen und von diesem Cide die Ver pflichtung, welche sich auf ein mit dem Lehramte ver ¬ bundenes kirchliches Amt bezieht, getrennt werden soll. Es inuß deshalb in denjenigen Fällen, irr welchen ein Kirchenamt mit dem Schulamt combinirt ist, der Lehrer in Bezug auf das kirchliche Amt besonders verpflichtet werden. Nach einem in den letzten Tagen ergangenen Erlaß deS evangelischen Oberkirchenraths soll nun diese Verpflichtung durch den Pfarrer, als den nächsten kirch lichen Vorgesetzten, resp. im Behinderungsfalle oder wenn das Pfarramt unbesetzt ist, durch den Superintendenten vor versammeltem Gemetndekirchenrath erfolgen. Es be darf hierbei jedoch nicht einer nochmaligen Eidesleistung, sondern genügt es, wenn dem zu Verpflichtenden, unter Hinweis auf den als Lehrer von ihm geleisteten Diensteid, nach Vorhalt seiner Dienstobliegenheiten im Kirchenamt das feierliche, durch Handschlag zu bekräfti gende Versprechen treuer Pflichterfüllung abgenommen und protokollarisch fixirt wird. Bezüglich der nicht mit Schulämtern combinirten Kirchenämter muß für die Zu kunft durchweg die dienst eidliche Verpflichtung der dazu Berufenen erfolgen. Ausgenommen sind nur die Fälle, in welchen der Berufene in einem früheren Dienstverhältniß schon den Staatsbeamteneid geleistet hat. In diesen Fällen ist wie bei den bereits diensteidlich verpflichteten Lehrern zu versahren. — Der Cultusminister hat zur weitern Hebung des Volks schulwesens nun auch sein Augenmerk auf die Ver besserung des Lesebuches namentlich für die obern Klassen der Volksschulen gerichtet. Der Inhalt dcs Lese buches soll nach den Intentionen des Ministers lediglich die Geschichte des deutschen Volkes in unverfälschten Bildern wiederspiegeln. Demgemäß soll unter Berück sichtigung des geistigen Standpunktes der Schüler das Beste und für den Vvlkscharaktcr Bezeichnendste aus der volksthümlichen Literatur ausgewählt und insbesondere das deutsche Volksmärchen, die Volks- und Heldensage berücksichtigt werden. Neben der volksthümlichen Litera tur soll aber auch die classische, sowohl in prosaischen, wie poetischen Stücken in gewissem Maße vertreten sein. Bezüglich der Form der Lesestücke wird erforderlich er achtet, daß neben der Mustergiltigkcit auch dem Bedürf nisse Rechnung zu tragen ist, daß das Lesebuch für die schriftlichen Hebungen der Schule nicht blos Muster, sondern auch Anhaltepunkte für die verschiedensten Arten der Aufsätze biete. Einen eonfesjionellen Charalter darf das Lesebuch nicht tragen. Königsberg i. Pr., 25. Juli. Zu den Tumul ten schreibt man der „Ostpr.Ztg.": In der Willkühner Revoltesache wurden bis jetzt am Mittwoch 2 und am Donnerstag 8 Rädelsführer verhaftet und ins hiesige Jnquisitoriatsgefängniß eingeliefert. Die Untersuchungen nehmen ihren Fortgang. Die Tumultuanten haben un ter Anderm ein zu Willkühnen gehöriges, bereits abgc- mähtes und in Hocken stehendes Ripsfeld niedergebrannt. Sie hatten das Feuer so angelegt, daß der Wind das selbe über das ganze Feld treiben mußte. Ratibor, 25. Juli. Wie der „Oberschl. Anzeiger" erfährt, beabsichtigt eine Anzahl Bauern aus der Um gegend von Ratibor mit ihren Familien nach Amerika auszuwandern, um dort, fern von dem Geltungsbereiche der Maigesrtze, eine katholische Colonie zu gründen. Die Seelsorge der neuen Gemeinde soll ein mit der staatlich geforderten Vorbildung nicht versehener, in Preußen demzusolge auch nicht anstellungsberechtigter Geistlicher, der Sohn eines ebenfalls zur Auswanderung bereiten ultramontanen Bauern, übernehmen. Baden - Baden, 27. Juli. (Tel.) Der hier ver sammelte deutsche Journalistentag beschloß in der heute abaehaltcncn Hauptversammlung, eine Jourualisten- geuossenschaft zunächst zu Zwecken der Altersversorgung zu gründen, und ernannte einen Comit«, welcher zu nächst ein Statut ausarbeiten und darauf eine con- stituirendc Versammlung einberufen soll. In den Cvmitö wurden die Herren Kletke, Davidsohn, Holdheim, Harwitz und Steinitz gewählt. Sodann wurde aus den Antrag Kletke's beschlossen, Maßnahmen gegen den un befugten und gewerbsmäßigen Nachdruck der Feuilletons einzuleiten und eine Commission zur Verfolgung des 'Nachdrucks einzusetzen.ß^Tie vom Ausschusse^deantragte Aenderung der Statuten wurde daraus einstimmig an genommen und die Anstellung besonderer Redakteure für den Jnseratentheil der Zeitungen empfohlen. Der Vorsitzende IN . Friedensburg sprach schließlich der Stadt Baden-Baden und dem Localcvmift- den Dank des Jour- nalistentagcs aus, worauf die Versammlung um H2 Uhr geschlossen wurde. * Detmold, 25. Juli. Die ritterschaftliche Corporation hat san das fürstliche Cabinetsministe- rium eine Erklärung gerichtet, in welcher sie ihre Be denken über die Publikation der Verordnung, betr. die anderweitige Regelung der Grundsteuer „ohne landstän dische Genehmigung", zu erkennen giebt und den An trag stellt: „Pochfürstliches CabinetSminislerium wolle die gesetzliche Regutirung der einschtagenden Fragen dis zu dem Zeitpunkte beruhen lassen, von welchem an die verfassungsmavig erforder liche Mitwirkung deS Landtags bei denselben wieder ermög licht sein wird." Der Fürst hat den Empfang der mit der Ueberrei- chung dieser Petition beauftragten ritterschaftlichen De putation abgelehnt. -j* Wien, 26. Juli. L)aS Wiener Cabinet hat über das Programm, welches deni Brüsseler Friedens- congreß zu Grunde gelegt werden soll, zwei Denk schriften entworfen, von welchen die eine die juristische, die andere die militärische Seite der Frage behandelt. Diese Denkschriften, welche den Cougrehbcvollmächtigten werden mitgetheilt werden, dürften zugleich den Beweis liefern, daß man in Wien die einschlägigen Interessen und Streitpunkte einem eingehenden Studium unterzogen hat und mit Ernst und aufrichtiger Theilnahme an Be- rathungen herantritt, deren Bedeutung und Tragweite nicht unterschätzt werden dürfen. Freilich verschließt man sich hier nicht der Besorgniß, dag gerade der gegenwär tige Zeitpunkt dem vollständigen Gelingen eines solchen Friebenswerkes kaum förderlich sein dürfte. Das Con- greßprogramm muthct, wie dies nicht anders sein konnte, den sich betheiligcnden Mächten Verzichtleistung auf manche zweifellose Souveräuetätsrcchte zu; cs könnte sich jedoch wohl ergeben, daß eben unter dem Einflüsse der zeit vorherrschender Stimmungen und Impulse hier und da wenig Neigung vorhanden ist, in die Codification eines neuen KriegSrcchts einzugehcn, durch welches der Kreis der bisher zulässigen oder praktisch geübten Vcr- theidigungsmittel einigermaßen beschränkt würde. Es läßt sich sehr wohl begreifen, wie das Congrcßprogramm dazu kam, jener kriegführenden Macht, welche ven Krieg auf feindliches Gebiet gespielt hat, gewisse mit diesem Erfolge fast nothwendig verbundene Vorthcile einzuräu- men; allein verkennen läßt sich nicht, daß eben diese Be stimmung möglicher Weise das Hinderniß sein werde, an welchem die Humanitären Intentionen der Anreger des Congreßprogramms scheitern. Wie dem auch sei, man wird es in Wien jedenfalls als einen Gewinn betrach ten und zu würdigen wissen, wenn es dein Congresse gelingen sollte, auch nur einige unheilvolle Folgen der Kriege zu bannen oder in ihren Wirkungen zu beschrän ken. Die Interessen der Civilisation gewinnen nut jeden: Zoll breit Boden, welcher der Kriegsfurie entrückt wird. Man billigt in Wien principiell die Zwecke des Con- gresses, und obwohl man sich die Schwierigkeiten nicht verhehlt, die einer allseitigen und vollständigen Verein barung, wie sie wohl wünschenswerth wäre, zur Zeit cntgegensteheu mögen, so hält man doch die pessimistischen Befürchtungen, die dein Brüsseler Congresse jedwedes Ergebmß vorweg absprcchcn, für nicht berechtigt. * Wien, 27. Juli. Ihre Majestät die Kaiserin verläßt morgen (Dienstag) Ischl und fährt ohne Unter brechung bis Straßburg. Dort wird ein mehrstündiger Aufenthalt genommen und dann die Reise über Havre nach der Insel Wight »«getreten. Die Nachricht von einem Besuche der Kaiserin Elisabeth bei der Kaiserin Augusta ist, nach der „Montagsrcvue", unbegründet.— Tie „W. Abdp." enthält nachstehendes Dementi: Die Belgrader politischen Kreise fühlten sich in letzterer Zeit durch Nachrichten über angebliche militärische Vorkeh- Feuittetow Redigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 27. d. wurde die jetzt ziemlich veraltete Posse „der Talisman" von Nestroy gegeben, der in Wien auf die tiespoetischeu und phantastischen Gebilde seines Vorgängers des Dichters Raimund, die volksthümlich realistische und stark ins Triviale übergehende Posse folgen ließ. Herr Blase! vom Carltheater in Wien, zu dessen talentvollsten und beliebtesten Mitgliedern er zählt, gab den Titus Feuer juchs mit höchst belebender, frischer Laune, keck und elastisch, ja virtuos in Spiel und Rede, in Schnelligkeit der Bewegung und des Vortraas. Seine laute, etwas grcllaustragende und monotone Redeweise zeigt allerdings die wenig natürliche Manier, welche jetzt bei den meisten Possenkomikrrn in Brauch ist; aber er unterbricht die selbe durch überraschend naturwahre Ausdruckspointrn von drastischer Komik, und sein Humor, seine Lustigkeit wirken angenehm und erheiternd, weil sie im raschen Fluß der Gestaltung von zu fühlbar störender Ab sichtlichkeit frei bleiben. Zu einem gemüthvollen Ton giebt dies« Rolle keine Veranlassung. Obwohl von Stimmmitteln für den Gesang gar übel unterstützt, trägt Herr Blasrl doch gerade die Couplets vorzüglich und mit durchschlagender Wirkung vor. Die Posse wurde im Ganzen besser gegeben, als man von unserm für dies Genre wenig geeigneten und noch weniger darin geübten Personal erwarten durfte. Taran hatten besonders löblichen Antheil Frau Wolss und Fräulein Ouanter, und den besten Herr Kramer als Bierbrauer. Tie Rolle der Gänsrhütcrin Salome, in welcher srührr hier Frida Schütz durch den höchsten Reiz naiven und unmittelbaren Ausdrucks entzückte, gab Fräulein Löffler wenigstens befriedigend und mit sicht lichem Fleiß. Parodircnde Gesangspotpourris, wie das duettirende im dritten Act, die nur den ordinärsten Geschmack sym pathisch berühren können, sollte man an unserer Hof bühne weglassen, obwohl, oder gerade weil sie großen Beifall finden. Herrn Blasel's Gastspiel wird dem Publicum sehr heitere Stunden gewähren und sei der allgemeinen Theil nahme empfohlen. C. Banck. Der wirkliche Don Carlos. Eine Geschichte aus der Geschichte. (Nach den Forschungen von Adolph Schmidt.) (Fortsetzung auS Nr. 172.) Wir wollen nicht dabei verweilen, welche Sensation dieser tyrannische Act in der ganzen civilisirten Welt machte. In psychologischer Hinsicht muß es mehr In teresse erwecken, welche Sensation er in Spanien Hervor ries. Tie Thräncn der Königin Elisabeth flossen unauf hörlich zwei Tage hindurch, bis ihr Philipp streng das Weinen verbot. Noch Monate danach gefährdete der Eeelenschmerz ihre Gesundheit. Die Prinzessin Johanna wurde durch das entsetzliche Ereigniß auf das Tiefste erschüttert: Ton Johann, bestürzt über die tragischen Folgen seiner Angeberei, erschien sofort, des Königs Un gnade kühn herausfordernd, öffentlich in Trauerkleidrrn. Aus dem Kreise des Adels ertönten Stimmen, dir Ver haftung und Gefangensetzung dcs Prinzen, denn eine solche war erfolgt und seine Wächter waren vereidigt, als einen Willküract bezeichnend; selbst am Hof« erscholl offener Tadel, Deputationen kamen aus den Provinzen. Es gab in der That sehr klar denkende Köpfe in Spa ¬ nien, sehr kühne rücksichtslose Ansichten; diese sprachen es offen aus: „Ein Verbrechen des Prinzen liege nicht vor, gegen blose Pflichtverstöße dürft man mit solcher Gewaltthätigkeit nicht verfahren, leider aber seien Sou veräne gewöhnlich eifersüchtig auf ihre 'Nachfolger. Fürsten, die rücksichtslos gegen ihir Kinder verführen, seien es auch gegen ihre Unterthanen. Den Thrvnsolgern einen vernünftigen Antheil an der Regierung einzu räumen, liege im Interesse der Regierenden und gewähre diesen eine Bürgschaft für die Zukunft rc. Könnten wohl in Spanien, wo man den Carlos kannte, solche entschiedene Aeußerungcn möglich gewesen seien, wenn er ein verkommener Mensch, ein Wüstling, ein unsittlicher, hoffnungsloser Schwächling gewesen wäre, dessen Beseitigung von der Thronfolge man eben sowohl hätte als einen Segen, wie als einen indifferen ten Vorfall ansehen können? Das entschiedene sittliche Nein auf eine solche Frage sagt zum Besten des Jn- fanten und zur Anklage des Vaters in einem Worte Alles. Diese Aufregung erfüllte Philipp mit feiger Unruhe, das Gespenst einer möglichen Empörung tauchte vor ihm auf. Man brachte den Prinzen in ein Thurm- zimmer, das nur mit einem Fenster und einer Thür versehen war. Der Gefangene konnte weder genügend frische Lust athmen, noch durch das hochvcraitterte Fenster in das Freie blicken. Die von ihm so sehr verachtete Fürstin Eboli und deren Gemahl erhielten Carlos' Jn- santenwohnung einarräumt. Tas Cabinet des Ministers grenzte an den Kerker. Philipp war in Verlegenheit, was er mit dem Ein- gekrrkerten beginnen sollte. Ihm einen Proceß zu machen, verwarf er der Sensation wegen und weil er des Er folges wegen mangelnder Beweisstücke genügsamer Schuld nicht sicher sein konnte. Ebenso würde er nicht die Mit ¬ wirkung der Cortes von Castilien gefunden haben, deren es doch bedurfte, um durch einen politischen Act den Sohn der Thronfolge für verlustig zu erklären. Orffent- licher 'Nachweis der Rcgicrungsunfähigkeit schien unmög lich. Durch Anklagen wegen Ketzerei oder offener Auf lehnung glaubte sich der Tyrann ein Dementi zu geben. So beharrte man bei dein Mangel an Verstand des Prinzen. Es handle sich weder um Ungehorsam, Ver brechen, Rebellion oder religiöse Verirrungen und des halb auch nicht nm Straft oder BesscrungSmittel, aber die geistige Unzurechnungsfähigkeit dcs Carlos stelle schon für die Gegenwart und mehr noch für die Zukunft den Dienst Gottes, die Wohlfahrt der Völker, die Ausrccht- haltung des orthodoxen religiösen Glaubens und des Gehor sams gegen den heiligen Stuhl in Krage. Falls er zur Regierung gelange, würden alle Reiche den Ketzern ver fallen sein, deshalb müsse die Einkerkerung zur unab änderlichen Maßnahme werden. Der König habe keinen Sohn mehr, deshalb sei der Erzherzog Rudolph dessen Nachfolger. Freilich aber war die Einkerkerung für Philipp noch keine vollkommene Sicherheit, ihm und allen seinen Rath gebern und Helfershelfern mußte ein Ende der Kata strophe durch den Tod als das Sicherste erscheinen. Was hätte aus allen diesen falschen Rathgebern werden sollen, wenn der Prinz doch frei und endlich nach dcs Vaters Tode Herrscher geworden wäre? Der Brief des päpst lichen 'Nuntius vom 4. Februar 1568 sagt ausdrücklich: Die Günstlinge des Königs seien überzeugt, es werde ihr und ihrer 'Nachkommenschaft Verderben sein, wenn Carlos je zur Regierung gelange. Außerdem hatten die vornehmsten Würdenträger des Reiches, Ruy Gomez, Eboli, Espinosa und Andere, einen peinlichen, beschwer lichen, verantwortungsvollen Wartedienst am Kerker des Prinzen bei Tag und Nacht. Philipp hoffte wohl, daß
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