Dresdner Journal : 23.03.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187603232
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18760323
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1876
- Monat1876-03
- Tag1876-03-23
- Monat1876-03
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- Dresdner Journal : 23.03.1876
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Donnerstag, den 23. März. 1876 M«8. ^doullowooloprol» r I» ^g, ^Ldrlied: . 18 kmvks. tritt ki»t- uoä ^Mrlivd: 4 Llsrlc KO IT 8tvwpel»u«vdl»« tüwiU. Liarslns üuwwsru: 10 kk. lasersteoprslsv: kür den «Wer ^^^piateuso l'vtitrvils 80 kk. Ootsr „IüillKS»iU»<1t" «tio ^silo: bO kk. Lrsvdvloeor lü^licü mit ^»8u»tuu« üsr Loon- rmä keierts^o ^beoäs kür äso kolseväsl» Dres-nerIourml. Verantwortlicher Redacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. Ill8er»t«iuu»uaNmv »usvLrtsr l^txiiU: 6ommi»»iooNr «le» vrssäuer ^ourrml«; ebsväa,.: Lci-en S»»diu^-««rUL-Vl,» I^ip»i^- kr»»Uart ». N.: Laa»en»t«n L ^vAker,' ««U»-Vl»L-NiuQdarx kr»s^eilrr L. H HÜLok«»: Lu«t L«rU»: Z. Lornicl', 7nra/><ie7p- I/. F/di-ec^t,- Lr»m«»: L §e/»iotte,- Lr«»I»ii: L Ä«»»osn'« 80rv»u; vd«wmt»: H. ^o»ot, kr»Lk1vrt ». N.: L ^aeA-rHis u <7.Le^nann^eüs 6oeüü., LauLeL <7o., SörUt,: /nvl) , L»m»or»i^ (7.9ckü«ier, k«rt,: Lava«, La/itt«, Lutt»«- L 6Ä., >t»tt^«rt: Lavte L (7o., S»mdLr8 : L. Lt-^ctAen, Vi«v: Ft. OLpettL. U vr»u8xvb«rr Nöiuzl. Lxpsäitioll äs» Orvsäoer äourQLl», Dresäea, 2«ioKerstr»s8s Ho. 2V. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffeutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provivzial-Rachrichtev. (Zwickau. MUtweida.) Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft. EingesandteS. Feuilleton. TageSkalender. Börsennachrichte«. Telegraphische Witterungsberichte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Weimar, Dienstag, 21. März, Nachmittags. (W. T. B.) Der Landtag hat heute die Vorlage wegen Theilung deS Reinertrags auS dem Kam mervermögen mit erheblicher Majorität abgrlehnt. Ragusa, Mittwoch, 22. Mürz. (W. T. B) ES bestätigt sich, daß Achmed Mukhtar Pascha die Verhandlungen mit den Führern der Insur rektion wegen einer Waffenruhe fortsetzt, während welcher die Jnsurgentenführer mit den Commis- saren der Pforte unterhandeln solle«. Paris, DienStag, 21. März, Nachmittags. (W. T. B.) Die Decrete, betreffend die Verände rungen bei Besetzung mehrer Präfectenstellen, find heute vollzogen und werden morge» im „Journal officiel" veröffentlicht werden. Nach hier vorliegenden Nachrichten hat der starke Schneefall, welcher das Rhönethal neuer dings wieder betroffen hat, der Vegetation erheb lichen Schaden gebracht. Versailles, Dienstag, 21. März, Abendö. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Senats wurde die Interpellation Parieu über die Münz- frage berathen. Parieu verlangte die einheitliche Goldwährung; der Finanzminister Löon Say und Rouland sprachen für Beibehaltung der doppelten Währung. Der Finanz- minist^r bringt hierauf einen Gesetzentwurf em, durch welchen die doppelte Währung provisorisch geregelt und der Finanzminister zugleich ermächtigt wird, die Prägung von 5-Francsstücken durch Decret zu beschränken. Im weiteren Verlaufe der Sitzung legte Victor Hugo seinen Amnestieantrag vor. Der Conseilspräsident Dufaure ergriff hierauf das Wort und führte aus, der Präsident der Republik könne wohl Begnadigungen für diejenigen Deportirten oder Landesflüchtigen eintreten lassen, welche ihre Vergehen bereuen; aber eine Milde sei unmöglich für Diejenigen, welche die Feinde der Gesellschaft bleiben und welche alle möglichen Mittel erfinden, um nacy Frankreich Schriften gelangen zu lassen, welche die Regierung und die Gesellschaft verleumden. Der Minister verlangte indessen die Dringlichkeit für die Berathung der Vor lage, weil man sich sofort über diese Angelegenheit schlüssig machen müsse. Die Dringlichkeit für die Be- rathung der Vorlage wurde schließlich einstimmig an genommen. In der Deputirtenkammer brachte der Radikale RaSpail eine Amnestievorlage ein, wonach für alle politischen und Preßvergehen vollständige Amnestie ertheilt werden soll. Rouvier (von derselben Partei) legt einen zweiten Auinestteantrag vor, der die zu ertheilende Amnestie auf gewisse Kategorien beschränkt. — Der Minister des Innern, Ricard, erklärte sich namens der Regierung sowohl gegen eine allgemeine, wie gegen eine nach ge wissen Kategorien zu ertheilende Amnestie, schlug aber für die Berathung der Angelegenheit die Dringlichkeit vor, weil man einen Antrag, der, wie der gegenwärtige, die Gemüther errege, sofort berathen müsse. Raspail und Brisson sprachen gegen die Dringlichkeit; die Ver sammlung beschloß dieselve aber einstimmig. Von RaSpail (dem Jüngeren) wurde hierauf noch ein Antrag eingebracht, wonach daß Recht zur Ernennung der MaireS der Regierung ferner nicht mehr zustehen soll. Brüssel, Dienstag, 21. März, Abends. (W. T. BZ In der heutigen Sitzung der Reprä- seutantenkammer brachte der Finanzmiaister Ma- lou den bereits angekündigten, zur Unterstützung der „Vamiiiv 6« bestimmten Gesetzent- Wurf ein. Durch diese Vorlage wird die Regierung ermächtigt, der „Lovivto pour eonstruotion äos ebomins äs ksr", welche die Schuldnerin der „Lantus 6o kolxious" ist, den Betrag für die von der gedachten Gesellschaft für Staatsrechnung ausgeführten Eisenbahnstreckrn mit ca. 12 Millionen sofort und nicht erst zu den stipulirten Fälligkeitsterminen auszuzahlen. Der Deputirte Dumortirr verlangte, daß die „Lunaus ä« öelßiczus" einen anderen Namen annehmc, und beantragte eine eingehende Prüfung der Vorlage, damit in Zukunft die Regierung nicht mehr genöthigt sei, den in Noth gerathenen Finanzinstituten zu Hilfe zu kommen. Es wurde infolge dessen Berichterstattung über die Gesetzvorlage beschlossen und die Berathung des Berichts auf morgen festgesetzt. Der Bericht, der unter Unter brechung der Kammersitzung alsbald erstattet wurde, spricht sich für Annahme der Vorlage aus. London, DienStag, 21. März, Nachmittaas. (W. T. B.) Die Königin hat den seitherigen Ge sandten Sir Augustus Paget zum Botschafter am italienischen Hofe ernannt; zum italienischen Bot- schafter am englischen Hofe ist Graf Menabrea ernannt worden. London, Dienstag, 21. März, Abends, (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Unterhauses sprach der Kanzler der Schatzkammer, Sir North- cote, die Erwartung auS, daß der Deputirte Wolff auf seinem Anträge, betreffend die Neutraliiirung deS Suezcanals, nicht beharren werde, weil die selbe für den Augenblick inopportun erscheine. Wolff erklärte infolge dessen, daß er von seinem Anträge absehen werde. Im weitern Verlaufe der Sitzung zeigte Cochrane an, daß er demnächst die Aufmerksamkeit des HauseS auf die Besitzergrei fung KhokandS durch die russische Regierung zu lenken beabsichtige. Konstantinopel, Dienstag, 21. März, Mit- tagS. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nach richten hat Achmet Mukhtar Pascha Gaczko ver lassen und ist in der Richtung nach Piva aufge brochen, wo sich die Insurgenten gesammelt haben. Der ehemalige Staatsrathspräfident Kiamil Pascha ist zum Minister ohne Portefeuille ernannt worden. Tagesgeschichte. Dresden, 22. März. Zur Feier des Geburts tages Sr. Majestät des Deutschen Kaisers findet bei Ihren königlichen Majestäten heute Stachmittag 5 Uhr in den Paradesälen des königl. Schlosses Gala- tafel Statt, wobei Se. Majestät der König den Toast auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm ausbringen wird. Mit Einladungen zu dieser Galatafel sind beehrt wor den: der königl. preußische Gesandte am hiesigen königl. Hofe Graf Solms-Sonnewalde und der Legationsrath Graf Radolinski, der königl. bayersche Gesandte Frhr. v. Gaffe'-, die Staatsminister und der Minister des königlichen Hauses, die Oberhof- und Hofchargrn, die Präsidenten und Vicepräsidenten der beiden Kammern, die beiden hiesigen Divisionscommandeure, sowie die hier lebenden königl. preußischen Generäle und Kammer herren, der kaiserliche Oberpostdirector, der hiesige Reichs bevollmächtigte für Zölle und Steuern und mehrere hier wohnende distinguirte Preußen. — Die Glückwünsche unserer königlichen Majestäten sind Sr. Majestät dem Kaiser in Berlin durch Se. königl. Hoheit den zur Zeit daselbst anwesenden Prinzen Georg überbracht worden. Dresden, 22. März. Der Geburtstag Sr. Ma jestät des Deutschen Kaisers, Allerhöchstwelcher heute in sein 80. Lebensjahr eintritt, ist, wie wohl im ganzen deutschen Reiche, auch in unsrer Stadt in fest licher Weise begangen worden. Bei Anbruch des Tage- fand große Reveille der Militärmustk Statt, worauf von der Kapelle des 2. Grenadierregiments Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" dem hiesigen königl. preußischen Gesandten, Grafen Solms - Sonne walde, vor dessen Wohnung eine Morgenmusik darge- bracht wurde. Die Staatsgebäude, die Casernen, das Altstädter Rathhaus und viele Privathäuser waren mit Flaggen in den deutschen und sächsischen Farben ge schmückt. Die Herren Staatsministcr brachten im Laufe des Vormittags bei dem k. preußischen Gesandten ihre Glückwünsche für Se. Majestät den Kaiser dar, wobei Se. Excellenz der Kriegsminister zugleich die Glück wünsche der sächsischen Armee für Se. kaiserliche Ma jestät niederlegte. Sodann folgten die obersten Hof chargen, der Stadtcommandant (zugleich als Vertreter der Garnison) und die Generalität, der Oberbürgermei ster und der Stadtverordnetenvorsteher, die Glückwünsche der Stadt Dresden zum Ausdruck bringend, und viele an dere distinguirte Personen. Da- Directorium und die Mit glieder der Zweiten Kammer feierten den kaiserlichen Ge burtstag Mittags durch ein Festdiner in Fiebiger's Restau rant, die Secretäre und Mitglieder der Ersten Kammer im Englischen Garten, die Offiziercorps in ihren Casinos, der „Deutsche Reich-verein" Abends durch ein Festmahl in dem Belvedöre der Brühl'schen Terrasse, wie denn auch von Seiten der hiesigen Freimaurerlogen und von mehreren Privatgesellschaften Abends Festlichkei ten veranstaltet worden sind. Die Wachen sind zu Ehren des Tages (wie in allen Garnisonen des Landes) im Paradeanzug aufgezogen und die Gamison trägt beim Ausgehen den großen Dienstanzug. Abends wer den die öffentlichen Plätze festlich erleuchtet sein. — In gleich festlicher Weise wie in der Residenz ist der kaiser liche Geburtstag auch in den übrigen Städten des Landes, namentlich in den größeren, wie in Leipzig, Chemnitz, Zwickau rc. gefeiert worden, woselbst die An regung dazu theils von den städtischen Behörden, theils von Corporationen und Gesellschaften gegeben worden war, und überall im Lande hallt heute der Ruf viel- tausendfach wieder: Gott segne Se. Majestät den Deutschen Kaiser I * Berlin, 2l. März. Heute Mittag um 1 Uhr haben beide kaiserliche Majestäten, in Begleitung der Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, sowie der anwesenden fürstlichen Gäste das nunmehr fertig gestellte Gebäude der Nationalgalerie besichtigt. Die allerhöchsten Herrschaften wurden an der Thüre des Hauses von dem Minister der geistlichen rc. Angelegen heiten Dr. Falk, dem Unterstaatssecretär Dr. Sydow, dem Ministerialdirektor Greiff, dem geh. Regierungsrath Di . Schöne, dem Director der Nationalgalerie Dr. Jor dan, dem Präsidenten der Akademie der Künste Professor Hitzig, dem geh. Oberhofbaurath Strack und dem geh. Oberregierungsrath vr. Knerk empfangen Beim Verlassen der Galerie sprachen Se. Majestät der Kaiser und König in huldvollen Ausdrücken allrrhöchst- ihre Zufriedenheit und Anerkennung über das Gesammt- arrangrment aus. Die Nationalgalerie, welche somit heute eröffnet worden ist, wird zunächst auf einige Zeit für die Spitzen der Behörden, die Mitglieder der beiden Häuser des Landtags und die Corporationen für Kunst und Wissenschaften gegen Einladungskarten zugänglich sein. Vom 26. d. M. an wird das Publicum gegen zu vertheilende Karten zugelasscn werden. Die Aus gabe des Katalogs wird an demselben Tage erfolgen.— Heute Nachmittag findet in der Bildergalerie des k. Schlosses ein Diner Statt, an welchem beide kaiser liche Majestäten, die Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, bie fremden Fürstlichkeiten, sowie das allerhöchste und die fremden Gefolge Theil nehmen.^ - Die „N. Pr. Ztg." schreibt: Eine Anzahl Mit glieder der außerordentlichen Generalsynode hatten be kanntlich eine Immediateingabe in Betreff der Trauformel und hinsichtlich der Wiedertrauung Ge schiedener eingcreicht. Der hierauf Be ¬ scheid lautet, dem Vernehmen nach, ablehnM eist auf die erste ordentliche Gencralsynode hin, miVWlcher der evangelische Oberkirchenrath beide Fragen zu be- rathen gedenkt. Zugleich wird, wieMWkn hört, den Un terzeichnern, unter welchen,sich mehrere hochgestellte Geist liche befanden, das Befremden über die erfolgte Ver öffentlichung der Eingabe ausgesprochen. 8. Berlin, 21. März. Nachdem in der heutigen Sitzung des Herrenhauses die Vereidigung zweier neuen Mitglieder erfolgt, ging das Haus zur Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ablösbarkeit der Erben zins- und Erbpachtverhältnisse in den Moor- und Vehn- colonien der Provinz Hannover, über und nahm zu nächst den ersten Paragraphen in der Fassung der Re gierungsvorlage an. Bei § 2 folgte die Streichung des zweiten Alinea desselben, 8 3 wurde unverändert, § 4 mit einem Zusatz angenommen. Auch die folgenden 88 5—8 erfuhren einige Veränderungen. Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der Commission für Handel und Gewerbe über die Uebersicht, betreffend die Verwaltung der fiscalischen Bergwerke, Hütten und Salinen im Jahre 1874. Auf Antrag des Referenten Dr. Elwanqer erklärte das Haus ohne jede Debatte, daß es mit Befriedigung von der mit- gethrittrn Uebersicht Krnntniß genommen habe. Nachdem sodann noch eine größere Anzahl Petitionen Erledigung gefunden, wurde die Sitzung geschlossen und die nächste vom Präsidenten auf Donnerstag anberaumt. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses theilte der Präsident zunächst mit, daß vom Präsidenten des Staatsministeriums ein Gesetzentwurf, betreffend die Einverleibung des Herzogthums Lauenburg in Preußen und vom Präsidenten des Herrenhauses ein Gesetzent Wurf, betreffend die Aufnahme von Wechselprotesten, ein gegangen sei. Hiernach begründete der Abg. Lyskowski seine Interpellation, welche lautet: „Mitte December vorigen Jahres wurden Volksversamm lungen in Skurez und Neukirch, Kreis Prenh.-Stargardt, welche behufs Borberathung zur Wahl der Kirchenvorsteher und Gemeindevertreter vorschriftsmäßig einberusen waren, polizeilich aufgelöst, weil dem Verlangen der Polizei, nur in deutscher Sprache in der Versammlung zu discntiren, die vor wiegend nur polnisch sprechende Versammlung nicht nachkom men konnte. Aus demselben Grunde wurden am 27. Februar o. zwei Versammlungen aufgelöst, die eine in der Stadt Schwetz, welche die Absendung einer Petition an das Haus der Abge ordneten wider die Gesetzesvorlage in Betreff der deutschen Amtssprache zum Zwecke hatte — die zweite in der Stadt Flatow, welche zur Borberathung der wahlberechtigten Te- meindemitglieder über die Wahl der Kirchenvorstcher und Ge meindevertreter einberusen war. „Die Unterzeichneten erlauben sich die Anfrage an die k. Staatsregierung zu richten, ob derselben diese Vorfälle bekannt sind und welche Maßregeln dieselbe zu treffen ge sonnen ist, um die polnische Bevölkerung in der Ausübung des Vereinsrechts gegen solche Uebergriffe der Polizeiorgane zu schützen." Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Rundschau über Theater und Musik. Am 20. d. fand im königl. Opernhause zu Ber lin die erste Aufführung von Richard Wagner's „Tristan und Isolde" Statt. Das große Werk welches den Ausgangspunkt einer neuen Phase in dem künstlerischen Schaffen des Meisters, und zwar den Be ginn derjenigen Entwicklungsperiode bezeichnet, in der Wagner noch heute steht und die er selbst als die eigent liche Vollendung seines künstlerischen Wollens und Wir kens angesehen wissen will, ging bekanntlich bereits im Jahre 1865 unter Bülow's Leitung über die Bieter der Münchner Hofbühne, an der es 1869, 1872 und 1875 mehrfache Wiederholungen erlebte, und wurde 1874 und 1875 auch in Weimar zur Darstellung gebracht. Man kann recht gern zugeben, daß die Berliner Jnscenirung das In teresse für das Werk in weitere Kreise tragen wird, als dies bisher der Fall war; daß dieselbe aber die Klärung des Urtheils über dieses eigenartigste Gebilde desWag- ner'schen Geistes wesentlich fördern sollte, möchten wir vorläufig wenigstens in Zweifel ziehen. Zwar ist die Zahl der Verehrer des Dichtercomponisten auch in Ber lin im steten Wachsen begriffen, und ebenso zeigt die dortige Kritik in ihrer Totalität mehr und mehr das Bestreben, die Person von der Sache zu trennen und den Schöpfungen des Meister- ernstere Teilnahme ent- gegenzubringen; andererseits jedoch bietet die fluthende Bewegung einer Großstadt, tn der jede Dtscusston so leicht in einen erbitterten Streit der Parteien cursartet, schwerlich das geeignete Terrain, um einer unverfälschten öffentlichen Meinung zum Durchbruch zu verhelfen. Und welche Eigenschaften und Garantien bringt denn über haupt das sogenannte große Publicum mit für das Ver- ständniß eines Werkes, welches in seiner leidenschaftlichen Ueberschwenglichkeit unserer ganzen Anschauungs- und Empfindungsweist so wildfremd entgegentritt? Die letz tere ist cs, welche sich zwischen den Autor und selbst die wärmsten Freunde seiner Muse drängt, und es wäre ein großer Jrrthum, das trennende Element als ein Pro duct der Mißgunst oder gar der Feindseligkeit zu deuten. So lebhafte Anerkennung daher auch das Unternehmen des königlichen Opernhauses verdient, so gering ist gerade im vorliegenden Falle der Werth des „instinctwen" Urtheils der großen Oeffentlichkeit anzu- jchlagen, und dieses kann nur auf falsche Bahnen gelenkt werden, wenn eine eben erfundene Phrase dem Wagner'-, schen Musikdrama die Mission beilegt, „den erlösenden Weg aus der puderstaubigen, krankhaften Athmosphär: des herkömmlichen handwerksmäßigen Opernrrpertoires zur idealen Höhe echter deutscher Kunst zu zeigen." In so kühner Weise hat der Meister selbst bisher seine Theorie noch nicht entwickelt. Im Gegentheile erklärte er ausdrücklich, daß es ihm nicht einfalle, die Partitur von „ Tristan und Isolde" als „ Modell des Ideals " betrachtet wissen zu wollen. Jedenfalls würde Wagner zu allerletzt einer vielköpfigen Versammlung — bestände die selbe auch aus den gebildetsten Elementen — die Autorität zugestehen, über die Berechtigung seiner Reformideen gleich sam abzustimmen. Damit die Kehrseite nicht fehle, bringt Otto Gumprecht jetzt in der „Nat.-Ztg." eine „kritische Nachlese" zu seinem Rechenschaftsberichte über die erste Weimarer Aufführung und kommt bei abermaliger Unter suchung des „poetischen und sittlichen Werthes" des Librettos, in welchem er „dir nackteste Apotheose des blinden Naturtriebes" erblickt, zu dem Resultate, daß nach seiner Ansicht von dem Berufe der Bühne, von ihrer Würde und ihren Pflichten die Aufführung eines Werkes, „in welchem die entfesselte Sinnlichkeit aller Zucht und Sitte ins Antlitz schlägt", zu den „Unmög lichkeiten" gehören müßte. Die unter den Augen des Componisten stattgefundenen Theaterproben hatten im Ganzen wie im Einzelnen ein so günstiges Resultat er geben, daß derselbe von einer eigentlichen Generalprobe Abstand nehmen zu können glaubte. Die erste Auffüh rung, deren Reineinnahme zum Besten des Festspiel unternehmens in Bayreuth bestimmt ist, fand vor einem dicht gedrängten Auditorium Statt, welches aus den höchsten und angesehensten Kreisen der Gesellschaft zu sammengesetzt war. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, der Kronprinz und die Kronprinzessin, viele Mitglieder des königlichen Hauses und auswärtige fürst liche Gäste wohnten der Vorstellung bei Der Erfolg, welcher besonders nach dem zweiten Act hart bestritten wurde, neigte sich, nachdem einzelne Gegner zum Theil schon vor Schluß der Aufführung das Haus verlassen hatten, den Anhängern der Wagner'schen Richtung zu. Der Dichtereomponist wurde von diesen nach jedem Acte gerufen und, nebst den Darstellern und Kapellmeister Eckert, durch Applaus, Kränze und Blumen reichlich ausgezeich net. Die Wirkung auf das Publicum war, wie aus den vorliegenden Berichten hervorgeht, eine schroff ge- thrilte. Dies darf nicht verwundern; denn — wie im „St.-Anz." mit Recht bemerkt wird — nur Denjenigen, die sich, ohne die Mühe zu scheuen, in Wagner's Weise und sein Wollen ganz versenken, können sich unter den Här ten, welche als die Folge des „künstlerischen Eigensinns" erscheinen, die Schönheiten des Wagner'schen Werkes ent hüllen. Es ist eben blos der einfache Rhythmus einer einzigen Begebenheit, die in der von Wagner dramati- sirten Liebesgeschichte vergeht, noch dazu mehr elegisch, als dramatisch, da die Personen mehr leidender, als thatkräftig handelnder Natur sind. Die Ausführung wird als in jeder Beziehung lobenswerth bezeichnet. Die Hauptaufgaben waren Herrn Niemann (Tristan), Frau v. Voggenhubcr (Isolde), Frl. Brandt (Brangsne), den Herren Bctz (Marke) und Schmidt (Kurvenal), sowie vcr königl. Kapelle zugefallen. — Während die Aufführung von „Tristan und Isolde" das Interesse der Berliner Kreise in erhöhtem Maße dem Unternehmen in Bayreuth zuwen det, hat Franz v. Dingelstedt, bei Gelegenheit einiger Vor träge über den Goethe'schen „Faust", auch das Wiener Publicum auf das Wagnertheater hingewiesen. In die sem soll nämlich in den Jahren 1878 und 1879 den „Nibelungen" als zweites Nationalfestspiel der „Faust" folgen. Der Director des Burgtheaters be hauptet, daß dir classischen Dichter für die Aufführung ihrer Dramen die Nachhilfe des realistischen Epigonen thums brauchen, und will die Goethe'sche Dichtung als eine Trilogie behandeln — gleich dem „Wallenstein", dem „goldenen Vließ" und den „Nibelungen" in drei ungleiche Theile getheilt: ein Vorspiel und zwei Haupt- theile. Schon in der nächsten Saison soll der erste Theil des „Faust" in der Dtngelstedt'schen Bearbeitung mit Hinzuziehung eines Theiles des Ballets und des Orchesters der Wiener Hofoper als vorläufiger Versuch im Burgtheater zur Aufführung gelangen. — Nachdem Wagner am 1. März im Hofoperntheater zu Wien eine zum Besten des Oprrnchores veranstaltete Aufführung des „Lohengrin" selbst dirigirt hatte — infolge seiner durch Zufall verspäteten Ankunft mußte jede Probe unter bleiben — hielt in den glänzenden Räumen dieses Hauses nach langjähriger Pause wieder einmal eine italie nische Stagione ihren Einzug.- Freilich können die Herren Jauner und MereM bei dem heutigen Stande des Repertoires und des Personals nur eine kosmo-
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