Dresdner Journal : 11.04.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187604112
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18760411
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18760411
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1876
- Monat1876-04
- Tag1876-04-11
- Monat1876-04
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- Dresdner Journal : 11.04.1876
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O84. ^daouemsLtiprvl,: ^Lbrliotz: . . 18 ^Mtirliod: t I1»rtc KO kk. Liorelas Kumweru: 10 kk. a»»i«r1uUd U« äautsot»«» H«iek«» tritt kost- uüä 8towpvlrm«ü»1»z dioiu. Illssratsapretssr kür äe» Itauw «ioer xvsoslteosv kotitseilo LV kk. Vater „Lio^ssaaäk' ckis 2eüs: 00 kk. Lr»eI»vlL«Lr mit ^««osckm« äor 8oua- ua«i koierta^o ^deaä» kür dea fol^eaciea l'a^. Dienstag, den 11. April. Dres-uerImuml. Verautwortlicher Nedacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. 1876. Io«er»t«a»ua»dme »u»Mkrt«: F'r. Ncan<t«eett^, LommisuoaLr No» Dresciaer 1oara»I»; sdeuä»,.: LuA«- Fort, L»»diu^->«rU»-Vt,» L—I-Nr«,I»a tzritklarr ». N Naa»««^e,n L kodier,- Ssrlta-Vi«»-L»iadarb kr»^-L,t»,t- kr»aktllrr » H IttaoLio: F^«t. M»»e, 8«rUa: F X»rn»ct, ^»ra/ilien- cta«L, N Fwceckt, >r«m«a: F. Lc^tott«, F Lta^oen'» ltüreau; CU-moit,: H. koiot, rrsaktart ». N.: L ^aeAer^eks u F. 6. /terr»»a«,^cd« 8ucNN., Dai-deL vo., üürUti: /nv-D., S»aaar«r: 0. äc^ttier,' kvi»: //ava«, La/itt«, Letter L vo., »MttUsrt: DaiLe L Oo., Ssiadar,' F. Lte«<tA-», Visa: Ft. O/Pettt. N«r»ll8x«derr XüniAl. LipeNitioa lies Oresäasr ^oaraiv», Orv«ivo, iLviozsrstrLsso bto. 20. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Zur deutschen Eisenbahufrage. IV. TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Wiesbaden. Darm stadt. Altenburg. Wien. Prag. Paris. Brüssel. Bern. Nom. London. New-Uork.) Dresdner Nachrichten. Provinzial-Nachrichten. (Mittweida.) Vermischtes. Statistik und »olkswirthschaft. Eingesandt»-. Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Beilage. Ernennungen, Versetzungen re. i« öffeutl. Dienste. Gerichtsverhandlungen. (Leipzig.) Statistik und V olkswirthschaft. Börsennachrichten. Telegraphische Witterungsberichte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Madrid, Sonntag, 9. April, Morgens. (W. T. B.) Die CorteS haben sich gestern bis nach dem Osterfeste vertemt, nachdem fie beschlossen hat- ten, daß über die Artikel der Verfassung, welche die Monarchie, den König und die Tyronfolge be- treffen, nicht diScutirt «erden soll. St. Petersburg, Sonntag, 9. April, Nach mittags. (W. T. B.) Der Caffationssenat hat daS Urthril des GeschwornengerichtShofS, durch welches der Commerzienrath Owsjannikow wegen Brandstiftung zur Verbannung in eine entlegene Gegend Sibiriens verurtheilt wird, bestätigt. Bukarest, Sonntag, 9. April, Mittags. (W. T. B.) Bei den gestern beendeten Senat-Wahlen deS ersten WahlcollegiumS hat die Opposition ge siegt. Belgrad, Sonntag, 9. April, Nachmittag-. (W.T. B.) Der heutige Gedenktag der Befreiung Serbiens von der türkischen Herrschaft ist in der herkömmlichen Weise gefeiert worden Dem von dem Metropoliten unter freiem Himmel abaehal- teuen Gottesdienste wohnten auch der Fürst und die Fürstin bei. (Ueber die Situation in Serbien dringen wir unter „Tagesgeschichte" einen Bericht un seres Wiener Korrespondenten.) Zur deutschen Eisenbahufrage. IV. Motive, welche von der Negierung eines deutschen Bundesstaates einem der Landesvertretung von ihr vor gelegten Gesetzentwürfe beigefügt worden, sind in der Negel als eine innere zwischen diesen beiden Factoren der Gesetzgebung allein zu verhandelnde Angelegenheit! zu betrachten und entziehen sich als solche eigentlich der« öffentlichen Besprechung in der Presse anderer Bundes staaten. Wenn aber solche Motive, wie dies bei dem hier fraglichen preußischen Gesetzentwürfe der Fall ist,' ihre Spitze ganz direct gegen diese andern, auf das Engste- verbündeten Regierungen richten und sogar bis zu einer, nicht mißzuverstehenden Drohung gegen dieselben gehen, dann halten wir es nicht blos für ein Recht, sondern auch für eine Pflicht der nichtpreußischen, deutschen Presse, auch ihre Ansichten darüber auszusprechen. Im vorliegenden Falle sind nun überdies noch die wichtig sten Stellen der Motiven durch ihre wörtliche Aufnahme in die „Provinzial-Korrespondenz" allgemein verbreitet und dadurch zum Gegenstände öffentlicher Besprechung ge macht worden. Wir sind aber dennoch weit davon ent fernt, eine eingehende Beurtheilung jener Motiven zu versuchen, wir beschränken uns nur auf einige wenige Bemerkungen, die sich uns aufgedrängt haben, als wir dieselben lasen. Da finden wir denn in jenen Motiven zunächst eine ausführliche Darstellung des großen Werthes, der darauf gelegt werden muß, daß diejenige Behörde, welche die Aufsicht über Eisenbahnen führt, auch zugleich selbst einen größeren Eisenbahncomplex verwaltet. Den dort für diese Ansicht angeführten Gründen würden wir voll ständig beitreten müssen, wenn wir die Aufgabe erhielten, den gegenwärtig in Preußen und in anderen deutschen Staaten bestehenden Zustand zu rechtfertigen und zu ver- theidigen; wir würden nicht glauben, dies besser und vollständiger thun zu können, als durch einfache Wieder holung Dessen, was in den Motiven darüber gesagt ist. Dagegen sind wir uns, trotz wiederholter Durchlesung der Motive nicht darüber klar geworden, wie gerade diese Betrachtungen dahin führen können, den jetzt in Preußen und anderen deutschen Staaten bestehenden Zustand, der den dort gestellten Anforderungen auf das Bollständigste entspricht, abzuschaffen und die Verwaltung der preu ßischen Staatseisenbahnen auf das Reich zu übertragen. Doch wir bescheiden uns gern, daß es nicht unsere Aufgabe sein kann, darüber zu urtheilen, ob der preu ßische Staat Ursache hat, sich seiner Eisenbahnen zu entäußern. Freilich früher (d. h. bis zur Errichtung des Reichs« tlsenbahnamts) sah man dieses Verhältnis von einem ganz anderen Gesichtspunkte an. Damals wurde von allen Seiten, von den Privatbahnverwaltungen, wie von dem Handels- und Fabrikstande, von der Landwirth- schaft und von dem gesammten Publicum die Vereinig ung der Aufsichtsführung über das Eisenbahnwesen und die Verwaltung eines größeren Eisenbahncomplexes in der Hand einer und derselben Behörde als ein großer, kaum zu ertragender Uebelstand angesehen. Damals wurde von allen Seiten gefragt: wie ist es möglich, Ab hilfe der vielen und großen Uebel stände im Eisenbahn wesen von einer Behörde zu erwarten, die selbst als Verwalterin großer Eisenbahnen durch überwiegende finanzielle Interessen, die sie beobachten muß, geleitet wird? wie können Privatbahnen eine gerechte Benrthei- lung von einer Behörde erwarten, di- zugleich ihreCon- currentin, ost ihre naturgemäße Gegnerin ist? Wenn uns unser Gedächtniß nicht gänzlich täuscht, so hat in jener Zeit gerade das königl- preußische Handelsministerium vielfache Angriffe aus diesem Grunde zu erleiden ge habt. Von allen Seiten wurde damals darauf hinge drängt, diesen Klagen Abhilfe zu verschaffen. Aber man konnte sich doch nicht entschließen, dies dadurch zu thun, daß man den obersten Behörden, welchen die Verwal tung der Staatseisenbahnen oblag, die Beaufsichtigung der Privatbahnen ganz entzog, denn man kannte da mals so gut wie jetzt, den großen Nutzen, welchen die eigene Verwaltung von Bahnen den Aufsichtsbehörden gewährt. Man suchte vielmehr den Bedürfnissen dadurch abzuhclfen, daß man eine hohe, nicht mit dem erdrücken den Detail einer eigenen Verwaltung belastete Oberauf sichtsbehörde einsetzte, die eben deshalb, weil sie von allen Concurrenzrücksichten frei und durch keinerlei finanzielle Rücksichten gebunden war, allen Denen, die sich infolge der Doppelstellung der staatlichen Aufsichts behörde in ihren Interessen und Rechten benachtheiligt oder gekränkt fühlten, die unbedingte Garantie einer gerechten Entscheidung und einer Abhilfe ihrer Beschwer den geben müßte. Dieser richtige gesetzgeberische Gedanke führte zur Einsetzung des Reichscisenbahnamtes und fand in ihr seinen Ausdruck. Bekanntlich ist das Ge setz über die Einsetzung des Reichseisenbahnamtes aus der Initiative des Reichstages hervorgegangen; der Antrag war von einer sehr großen Anzahl von Mit gliedern unterzeichnet und beruhte, wie der Erfolg ge zeigt hat, auf einem vorläufigen privaten Einvernehmen mit der Reichsregierung. Die Einführung und Mo- tivirung des Antrags hatte der Abg. Or. Elben über nommen; der Inhalt seiner ausführlichen Rede giebt also die beste Auskunft über die Motiven, die damals zur Aufstellung des Entwurfs geführt haben. Er hat nun nach den stenographischen Berichten in der 34. Sitzung des Reichstags am 17. Mai 1873 (Bd. 1 S. 710) u. A. wörtlich Folgendes gesagt: „In Preußen bestehen StaatSbahnen und eine große Anzahl von Privatbahncn. Jetzt hat eine Behörde, das Handelsministerium, die doppelte Befugniß, einmal io oberster Instanz Verwaltungsbehörde zu sein über die preu ßischen Staatseisenbahnen, und sodann oberste Aufsichts behörde zu sein über sämmtliche preußische Privateisenbahnen. Ich glaube, das ist eine unvereinbare Function einer und derselben Behörde; sie ist Richter zu gleicher Zeit und Concurrent. Sie ist der Concurrent der Privatbahnen und richtet über deren gesammte Thätig- keit. Sie richtet über alle Beschwerden, welche über die Privatbahnen an sie kommen, und sie richtet zu gleicher Zeit über die Beschwerden, welche über die Staatsbahnen selbst ebenfalls zu erheben find." Dem fügte derselbe Abgeordnete kurz darauf noch bei: „Ich möchte nun die Begründung des Antrages nicht vorübergehen lassen, ohne sofort mit aller Energie zu er klären, daß man sich bei der Schaffung der Behörde vor Einem sehr zu hüten hat: wir haben Reichseiseubahnen, eS darf durchaus nicht die Meinung entstehen, als ob die Verwaltung der Reichstisenbahnen und das Reichseisenbahnamt eins und dasselbe fei- Im Gegentheil, die Verwaltung der Reichseisenbahnen, die in der That elsaß - lothringische Eisenbahnen find, — die Ver waltung dieser Bahnen muß dem Reichseisenbahnamt ebenso aut uuterthan sein, wie die letzte Privatestem-ihngesellschast. Wenn hier nicht daS vollste Vertrauen »bwalten würde in der Unparteilichkeit der ReichTbehördej so wäre die Sache von allem Anfänge an unrichtig aufge- faßt, deshalb habe ich mir erlaubt, mit aller Entschiedenheit diesen Punkt gleich hier zu betonen." Der Reichskanzler Fürst von Bismarck erklärte sich unmittelbar darauf mit dem Gesetzvorschlage durch gängig einverstanden. Bei der zweiten Lesung am 29. Mai 1873 sprach sich auch der Abg. Lasker aus führlich über Sinn und Zweck des Entwurfs aus und sagte dabei (Stenographische Berichte Bd. 2 S. 900) wörtlich: „Die Aufsichtsrechte der einzelnen Staaten werden nickt a ufgehoben, sondern es wird eine letzte Instanz eingeführt für das Reich, und es kann sogar bei die- fer Instanz eine Privateisenbahn, die sich beschwert gegen Verfügungen in de« Einzelstaateo, Recht suchen." So betrachtete man die Sache im Jahre 1873, wo es sich darum handelte, das Reichseisenbahnamt einzu setzen. Jetzt, wo das letztere, die oberste Aufsichtsbehörde des Reichs, zugleich zu einer Verwaltungsbehörde ge macht werden soll, kommt man über jene damaligen Ansichten dadurch leicht hinweg, daß man sie gar nicht erwähnt. Auf die Andeutung, die Seite 16 der Motive über Maßregeln ausgesprochen wird, welche die preußische Negierung dann zu ergreifen gedenkt, wenn maßgebende Organe des Reichs — d. h. also Bundesrath oder Reichstag — über die Vorthcile des preußischen Anerbietens anderer Ansicht sein sollten, als die Motiven, wollen wir lieber gar nicht näher eingehen. Wollten wir diese Andeutung wörtlich nehmen, so würde sie uns zu einer sehr ernsten Frage über die Stellung der Einzelregierungen zu den Organen des Reichs führen. Die Verhältnisse liegen aber, leider, schon verwickelt genug; wir wollen nichts dazu beitragen, sie noch mehr zu verschärfen. Nehmen wir also jene Bemerkung nicht in dem drohenden Sinne, den sie auf deu ersten Anblick zu haben scheint, glauben wir vielmehr, daß der Verfasser der Motiven, der ja vielfach nachzuweiscn versucht, daß der Ankauf der preußischen Bahnen durch das Reich die beste und für das Reich günstigste Lösung der vorliegenden Frage sei, diesen seinen Nachweis nicht selbst wieder dadurch hat abschwächen wollen, daß er die übrigen Bundes regierungen darauf hinweist, wie schlecht es ihnen gehen würde, wenn sie über die Ankaufsfrage anderer Ansicht sein sollten, wie er. Preußen hat zeither schon in allen Eisenbahnsachen — und das wird ihm kein vernünftiger Mensch verdenken — die preußischen Interessen in die erste Linie gestellt und wohl kaum jemals aus 'purer Liebe zu seinen Nachbam ein solches Interesse geopfert, und dennoch ist es, sogar für Sachsen, was seiner Lage nach am meisten und nächsten von der preußischen Gsenbahnpolitik berührt wird, immer möglich gewesen, in Frieden und Eintracht mit den preußischen Eisenbahnverwaltungen auch seine Interessen in bescheidenem Umfange zu wahren. Das wird auch für die Zukunft möglich sein, wenn nur beide Staaten stets im Auge behalten, daß sie Glieder eines großen Ganzen sind, dessen Wohle und dessen Interessen sie sich untcrordncn müssen; dann wird sich auch sehr bald ergeben, daß die Interessen beider Staaten auch in Bezug auf das Eisenbahnwesen nicht so verschieden sind, daß sie nicht einer billigen Ausgleichung fähig wären. Jetzt bleibt uns nur noch ein einziger, aber wichtiger Punkt zur Besprechung übrig, die finanzielle Frage; ihr soll unser nächster und letzter Artikel gewidmet sein. Tagesgerichte. Dresden, 10. April. Beide Kammern hiessen heute Mittag 12 Uhr Sitzung ab. Auf der Tagesordnung der Ersten Kammer standen folgende Gegenstände: 1) Bericht der 2. Deputation über die beiden k. Drcrete Nr. öl, Lecundärcisenbahnen betreffend, und Nr. 49, Eisenbahnen betreffend; 2) mündlicher Bericht der 2. De putation über die Petition des Aufsichtsraths und der Direction der Khemnitz-Aue-Adorfer Eisenbahngesellschaft, die Befreiung von der Verbindlichkeit zum Baue einer Zweiglinie von Zwönitz über Stollberg nach Oclsnitz- Lugau betreffend; 3) mündlicher Bericht der 2. Deputa tion über das k. Decrct Nr. 58, einen anderweiten Nach weis über den Stand des Casernenbauvorschußfonds von 4,200,000 Mark betreffend; 4) Bericht der 2. De putation über Abtheilung U des Ausgabebudgets, De partement des Auswärtigen, und über Abtheilung 3, Aus gaben zu Reichszwecken betreffend. Die Kammer trat allenthalben den von der Zweiten Kammer in denselben Angelegenheiten gefaßten Beschlüssen und ausgesprochenen Bewilligungen bei. Nächste Sitzung: Donnerstag den 20. April. Die Zweite Kammer bcrieth über eine, die Ein führung eines Bibelauszugs in den Volksschulen be treffende Petition des allgemeinen sächsischen Lehrerver eins und schloß sich nach einstündiger Debatte unter Ablehnung eines Antrags, die Petition auf sich beruhen zu lassen, und eines andern Antrags, bei der Staats- rcgierung die Einführung der vom Professor Hofmann in Leipzig ausgearbeiteten Schulbibel zu verlangen, mit großer Mehrheit dem Anträge der Majorität der De putation an, welcher in der Hauptsache darauf hinaus- gcht, weitere Erörterungen dieser Frage, bez. unter Be fragung der Bezirksschulinspectoren, zu veranlassen. * Berlin, 8. April. Se. Majestät der Kaiser hat bereits gestern «Nachmittag wieder eine Spazierfahrt gemacht Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. K. Hoftheater — Altstadt — Palmsonntag, den 9. April große Musikaufführung »ur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Untrrstützungs- fonds für die Wittwen und Waisen der k. musikalischen Kapelle. Weber's Jubelouverture eröffnete das Eoncert, und Herr Hofschauspirler F. Dettmer sprach darauf mit Wärme und Schwung einm von Julius Pabst gedich teten, den edlen Zweck jenes Unterstützungsfonds schil dernden Prolog. In ihm wurde des Verdienstes seiner Begründer gedacht, dem Monarchen, durch dessen Gnade die Stiftung ins Leben trat, Dank gezollt, das verehrte Königshaus, unter dessen stetem Schutz sie segensreich gedieh, gefeiert; und indem das Orchester den Schluß der Jubelouvertüre mit der Sachsenhymne wiederholte, sprach das gesammte Publicum durch Erhebung von seinen Sitzen Ihren Majestäten dem Könige und der Königin seine Huldigung aus. Haydn's „Schöpfung" war zur Aufführung für diese Jubelfeier gewählt. Mit diesem Werke war die Reibe der großen, zum Besten der Unterstützungskasse für Wittwen und Waisen der königl. sächsischen musika lischen Kapelle bestimmten alljährlichen Palmsonntags concerle eröffnet worden; mit keinem würdigeren konnte die 50jährige Feier der Stiftung begangen werden. Wie es dieser damals zuerst die lebhafte Theilnahme des Publtcums zuwandt, so vermochte es das noch jetzt mit unvergänglicher Anziehungskraft seiner Kunstschönheit. Und so wurde die- Eoncert zugleich zu einer Jubelfeier der herrlichen Tondichtung, die voll unversiegbarer Jugend - frische und Anmuth des Geistes, voll reicher Phantasie und freudigstem, poetischen Aufschwünge des Gemüths nichts an ihrem beredten, herzgewinnenden Zauber ein gebüßt hat. Die kunstvolle Popularität oder populäre Kunstfülle Haydn's und die individuelle Macht seines Genius sind so zwingend und reizend, daß unsre Auf fassung und Empfindung sofort auf den Standpunkt seiner Zeit — ihres Geistes und Kunstausdrucks — versetzt werden. Und unsre Seele findet sich darin bald wohl und heimisch. Er componirte, „daß es im Herzen sitzen bleibe". Wahrheit, einfache Schönheit, Gefühls- mnigkeit und Inspiration reden zu uns, nicht Geistreichig- krit, Effect, Reflexion und Mache. Singen auch Engel von der Schöpfung Gottes, wir fühlen uns stets aus unserer Erde unter mitfühlenden Menschen, menschlich schön und natürlich empfindend. Und wie nach der Jnstrumentalintroduction, diesem Tonbilde des Chaos, das ordnende und belebende Licht hervorbricht, so ent wickelte Haydn zuerst die selbstständige freie symphoni- stische Sprache der Instrumente, führte sie zum werden den Licht in ihren eigenen Tönen und Leben mit künst lerisch herrschendem und gestaltendem Geiste. Seine Jnstrumentalmalerei, so gedankenreich und die Vorstel lung der Wirklichkeit versinnlichend, bewährt ihre Mei sterschaft durch das edle, mit feinem Gefühl inncgehal- tene Maß, worin sie sich stets bewegt. In seiner Na turschilderung offenbart sich ein andachtsvolles Versenken in die Naturseele; sie ist von einer Durchgeistigung und Naivetät der Empfindung, von einer Klarheit und Sät tigung der Stimmung und des Kolorits, daß sie in dieser Richtung dem Vollendetsten in der Tonkunst an- gehört. Und hierin hatte Haydn nur einen geistvollen Vorgänger, Gluck in zwei Scenen in „Orpheus" und „Armide". Haydn's kindlich reine Frömmigkeit spricht sich mit Frohsinn und leichter Freudigkeit aus. Als ihm Car pani über den heiteren Charakter auch seiner Kircheu- compositionen einst Vorwürfe machte, sagte Haydn: „Ich weiß es nicht anders zu machen. Wie ich's habe, so geb' ich's. Wenn ich aber an Gott denke, so ist mein Herz so voll Freude, daß mir die Noten von der Spule laufen. Und da mir Gott ein fröhliches Herze gegeben hat, so wird er mir schon verzeihen, wenn ich ihm fröh lich diene." Und in diesem Geiste auch schuf er in sei nem sechsundsechzigsten Jahre seine weltlich oratorische Tondichtung „Die Schöpfung" — „jedem Ohre klingend, keiner Zunge fremd." Dem sittlich reinen, wahrhaftigen Sinn, mit welchem er der Kunst diente, entspricht auch seine echte Bescheidenheit, die einen lichten Gegensatz bildet gegen die eitle Selbstüberhebung, an der Künstler in unseren Tagen ost unheilbar erkranken. Als die Pariser Tonkünstlerihm nach Aufführung der„Schöpfung" (24. December 1800 im großen Opernhause) eine gol dene Denkmünze mit seinem Bildniß als „tiommaxs liu rsspset st cks l'sntkousiasms" übersandten, schrieb Haydn in seiner Antwort (10. August 1801): „Ich habe oft gezweifelt, daß mich mein Name überleben wird; allein Ihre Güte flößt mir Vertrauen ein, und das Denkmal, womit Sie mich beehrt haben, berechtigt mich vielleicht zu glauben, daß ich nicht ganz sterben werde." Die Ausführung des Oratoriums unter der sichern Leitung des Herrn Kapellmeisters Schuch war eine außerordentlich gelungene. Die vereinte Mitwirkung der Mitglieder der Drryßig'schen und R. Schumann'- schen Singakademie, der Mannergesangvereine „Lieder tafel" und „Orpheus" und des Hoftheatersingechors ergab sehr reiche Chormittrl, die ungemein klangvoll, frisch und präcis effectuirten. Von künstleriscker Vollendung war die Leistung der Kapelle, lobenswerth und theil- weise vorzüglich die Wiedergabe der Soli feiten der Frau Kapellmeister Schuch, der Herren Link (Uriel), Decarli (Raphael), Dcgele (Adam). Die Erstere hatte Gabriel und Eva, eine fast zu anstrengende Aufgabe, übernommen, die sie aber mit corrccter, feiner Behand lung, lieblichem warmen Toncolorit uud anmuthiger Einfachheit des Vortrags ausführte. Die allerhöchsten und höchsten Herrschaften wohnten dem Concerte bis zum Schlüsse bei. C. Banck. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 8. April: Zum Besten des Pensionsfonds für die darstellenden Mitglieder des k. Hoftheaters: „Lieschen Wilder muth", Lustspiel in 4 Acten von A. Schreiber. „Die Schwestern", Lustspiel in einem Act nach Darin von Louis Angely. (Letzteres neu einstudirt. — Frau Hedwig Raabe vom k. Hoftheater in Berlin als Gast.) Die beliebte Künstlerin beendete in beiden genannten Stücken am 8. April und an dem folgenden Abende ihr hiesiges Gastspiel, dessen vorzüglicher Erfolg eine beträchtliche Vermehrung und Mannichfaltigkeit der Rollen herbriführte. Jedenfalls gehört Dresden zu den Städten, welche die lebhafteste und gleichmäßigste Wcrthschätzung für Frau Raabe an den Tag legen. Tritt auch hin und wieder manche Aufgabe aus dem eigentlichen Talent gebiet der Künstlerin heraus, so macht sich doch auch in solchen Fällen durcb kleinere Episoden die anziehende Ursprünglichkeit dieser Schauspielerin geltend, und wir nehmen gern an, daß dem hiesigen Publicum der ge sunde Sinn innewohnt, bei der Beurtheilung von Bühnenleistungen den Reiz des Originellen, diesen Zauber angeborner Naturgaben, von der Achtbarkeit des Conventionellen und seiner durch Fleiß erworbenen
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