Dresdner Journal : 28.11.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187611281
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18761128
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1876
- Monat1876-11
- Tag1876-11-28
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- Dresdner Journal : 28.11.1876
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W S76. Dienstag, den 28. November. ^daoaeweatHprol« r l» : tLdrUvk: . . 18 storic. XjLtirltet»! 4 kokt. b!i»r«Iil« Kammern: 10 kt. d«O d«ut««b«0 tteietl- tritt ?«t nod 8t«lupel»u»«dd^ diaou. lu««r»toopr«l»er kilr dell «loor ^s»p»tt«o«v ?«6tt«ils 20 ?k. Uut«r „Liv^ssLiidt" di« Avil« KO kk. Lroeketaea r 1 Sollet» mit ^uso^dw« äsr 8oao- aud koiert»^« -tb«d» kür dsn kolgsndsv l'»«. Drcs-mrImlkMl. Verantw örtlicher Redacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. 187«. I«-er»t«u»nookw» »usMkrtiN l.»ip»i8 : H /tranltntettsr, OommioriooLr d«, l>r»,dn«r )oi>ro»I»; Svmdiirss »«rlill-Vt«L-l.,tpit,-N»»-I-Lr«,I»«-rr»LLc0rt N.: Nao»e-u><«"« L l^oAier,- ö-rUll-V>«ll N»wd«rx kr»x-T.«jp»t8 ^r»ullsurt». «. »üilek.ll: Nl«d. L/»»»e Lsrttu. Ä. Lr«m«u /b' Schlott«.' vi-««l»u t .8tr,n^«n^ Uilrsitu, Oi>»a«'r, t /-> ri»u>ltllrt ». H.: ^»«sei-'^d« u. a. v. ^err,»«»n'«:l>« Uuelil»., OürUt»: /«».- S»»llor«r t O. , k»ri».SorIl» r>-»ll>llurt«. ». 8t»U^»rt: />au/-e L t7u. / »Lwdllrx: I'. Vi«a: O^>r/»z. Uvrll«»xek«r: XOiü^l. I!»i>editioll dv» Orvsdosr dournol«, Oro«don, Avillbvrstnut»« kto. 20. Amtlicher Timt. Dresden, 26. November. Seine Kaiserlich König' liche Hoheit der Großherzog Ferdinand von Tos cana ist gestern Abend 7 Uhr 40 Minuten nach Wien abgerrist. Nichtamtlicher TbcU. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Zur orientalischen Frage. LageSgeschichte. Erneununaen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzial-Rachrichten. Vermischtes. Statistik und BolkSwivtbschaft. Lotteriegewinnliste vom Ls. November. Beilage. Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 25. November.) Statistik und LolkSwirthschaft. Börsenvachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Montag, 27. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Wie verlautet, hat der Ausschuß der öster reichischen Nationalbank in seiner heutigen Sitzung den Beschluß der Direktion der Bank auf Ab- lehnung deS von den beiden Regierungen vorge- schlageneu neuen Bankstatuts genehmigt und den Antrag auf Einberufung einer Generalversamm lung abgelehnt. Raausa, Sonntag, 26. November, Vormit tags. (Corr.-Bun) Der gestern auS Cetinje hierher jurückgekehrte Generalkonsul und russische Agent für Montenegro, StaatSrath Ionin, wurde tele graphisch nach St. Petersburg berufen und ist unverzüglich dahin abgerrist Der Jnsurgrntenchef Ivan Musfic wurde auf österreichischem Gebiete betreten, von Gendarmen verhaftet und nach Slano eScortirt. Madrid, Sonntag, 26. November, Abends. (W T. B^) Der Antrag Sagasta'S, zu erklären, daß die Regierung dem Artskel der Constitution über die Religionsfrage eine unrichtige Auslegung gegeben habe, ist vom Congreß mit 183 gegen 60 Stimmen abgelehnt worden. Lissabon, Sonntag, 26. November, Abends. (W. T. B.) Zum diesseitigen Gesandten in London ist d'AntaS, seither Gesandter am spanischen Hofe, ernannt worden. An Stelle des Letzter» tritt MendeS Leal, seither Gesandter in Paris. Zum Gesandten in Paris wurde Graf Balbom er nannt. St. Petersburg, Sonntag, 26. November, Mittags. (W.T. B.) Der Bericht des ReichScoN' troleurS für daS Jahr 1875 constatirt einen Ueder- schuß der Einnahmen von fast 28 Millionen Ru del und eiue Ersparniß an Ausgaben von fast 18 Millionen Rudel gegenüber dem Voranschlag deS Budgets. Am 1. Januar d. I. hatte der Reichsschatz ein verfügbares Rcliquat von über 40 Millionen. Die Einnahmen im Jahre 1875 betrugen über 18 Millionen Rubel mehr, als im Jahre 1874. New-Ao rk, Sonnabend, 25. November, AdendS. (W. T B.) Der oberste Gerichtshof von Carolina hat auf Grund der Erhebungen, welche der zur Prüfung der Wahlmännerwahl für die Präsidentenwahl eingesetzte Controlcomitö von Sübearolina »orgenommru hat, sämmtliche Mit- FeuMetoo. Rrdigirt voo 42«to Banek. Refidenztheater. — Gastspiel von Frl. Marie Geistinger. Am26 November: „ Pariser Sitten", Komödie in 5 Acten von Alexander Dumas (Sohn). In ethischer Beziehung ist dieses Stück seiner Zeit bi- zum Ueberdruß ost beleuchtet worden, in Frank reich, in Deutschland und auch bei seiner »rsten Auf- sührung bei uns. In Summa bleibt feststehend, daß es als Sittengemälde in seinen Enthüllungen verirrter Lebensläufe und glänzend überfirnister Schamlosigkeiten bis zu einer realistischen Nudität geht und uns fort während mit einer Gesellschaft umgiebt, die für die Jugend unserer Generation, besonders für die des weib lichen Geschlechtes, weder eine passende, noch eine ge fahrlose Abendunterhaltung gewähren können. Und dennoch — und das ist für eine gewisse, gern so harm los erscheinende, mit der Frivolität spielende modernste Tbeaterproduction das Demüthigende, — dennoch ließe sich die Gesammtwirkung des Dumas'schen Stückes dahin präcisiren: daß cs in moralischer Beziehung gerade die umgekehrte Tendenz befolgt, die z. B. in den »Rosa- Dominos" herrschend ist. Bei Dumas handelt es sich um Reinhaltung der Ehe und der ehrenwerthen Gesell schaft von de» Schandflecken der Librrtinage, deren Gist sich in die heiligsten Bande rinzuschleichen sucht; in jene» Stück um die Lockerung dieser Band«, um die Verspottung des sittlichen Rigorismus, an dessen Stelle man Duldsamkeit und rin schalkhaftes Gesicht präsen- tiren müsse. Die- sind in der That recht verschieden artige Ausgangspunkte, dort geht es durch Schmutz und Schande zur tugendhaften Läuterung, hier durch den alirder des Wahlcomiti'S zu einer Geldstrafe von 1500 Dollars und zu einer Gefänanißstrafe bis zu dem Tage, an welchem ihre Freilassung durch Beschluß deS Gerichtshofes erfolgen wird, ver- urthrilt. Washington, Sonntag, 26.November. (Tcl. d. Dr-sdn. Journ) Präsident Grant hat auf Er- suchen des Gouverneurs von Südcarolina dem KricgSministcr den Befehl ertheilt, den Gouver neur mit BundeStruppcn gegen Ruhestörungen zu unterstützen. Der Kriegsmimster hat infolge dessen den Befehlshaber der BundeStruppcn von Süd carolina angewiesen, sich mit dem dortigen Gou- verneur wegen der militärischen Dispositionen inS Einvernehmen zu setzen. Die Legislatur SüdcarolinaS tritt am Diens- tag zusammen. Zur orientalischen /rage. Berlin, 24. November. Man schreibt der „Wcs.- Ztg.": Ucber den Erfolg der „Mission" des MarquiS v. Salisbury am hiesigen Hofe, falls von einer sol chen überhaupt gesprochen werden kann, vernehme ich, daß dieselbe keinen Einfluß aus die Politik der Neichs- rcgierung ausüben dürfte. Dem britische» Specialbc- vollmächtigten wird kaum ein Zweifel darüber geblieben sein, daß die Reichsregierung nach wie vor cs als ihre Pflicht erachtet, in den orientalischen Angelegenheiten die strengste Neutralität zu beobachten und an dcm bis her von ihr adoptirtcn Nichtintcrventionsprincip festzu halten. Bon diesem Vorsätze dürfte die Neichsregicrung auch dann nicht abgehen, wenn zu einer temporäre» Besetzung türkischer Gebictstheilc von einer oder mehre ren Mächten gemeinsam geschritten werden sollte, na türlich in der Voraussetzung, daß die Besetzung keine dauernde sein wird. Diese Versicherung der Ncichsrc- gicrung ist von großer Bedeutung, da bekanntlich die Frage einer Occupatio» Bulgariens durch fremdländische Truppen einen der Hauptdifferenzpunkte zwischen Eng land und Rußland bildet. Indem Fürst Bismarck er klärt, auch im Falle einer temporären Occupation tür kischen Gebiets nicht einschreiten zu wollen, gewährt er der von Rußland befürworteten Maßnahme seine mäch tige Unterstützung. Bcmcrkenswcrth ist übrigens, daß auch die französische Regierung sich in ähnlichem Sinne wie das Berliner Cabinct ausgesprochen und eine tem poräre Occupation türkischen Gebietes für keinen Grund zur Intervention erklärt hat. * Wien, 26. November. Der vorgestern Abend mit einem Scparatzugc hier eingctroffene Marquis v.Salis- bury hatte gestern Vormittag mit dcm englischen Bot schafter Sir Ä. Buchanan eine längere Unterredung und wurde Mittags um 'LI Uhr vom Grafen Andrassy em pfangen. Um A2 Uhr Nachmittags fuhr der Marquis in Begleitung des englischen Botschafters in die Hof burg. Der Vertreter Englands auf der Confcrcnz zu Konstantinopel begab sich in die kaiserlichen Apparte ments, Sir Buchanan hingegen in das Palais des aus wärtige» Amtes. Präcis 2 Uhr wurde der Marquis vom Kaiser empfange». Die Audienz währte eine halbe Stunde, und nach Beendigung derselbe» fuhr der Diplo mat in das Ministerium des Aeußcrn. Sowohl bei der Ankunft, als auch bei der Abfahrt Salisbury's trat die Hofburgwachc ins Gewehr. Mit dcm Grafen An drassy conferirte der britische Staatsmann drei volle Stunden, worauf er ins englische Botschaftspalais zu- rückkehrtc. Das Diner, welches der Kaiser zu Ehre» des Marquis v. Salisbury veranstaltete, fand um 6 Uhr- Abends in der Hofburg Statt. Demselben wohnten die gemeinsamen Minister Graf Andrassy, Graf Bylandt- Rheidt und Frhr. v. Hofmann, der Ministerpräsident Fürst Auersperg, der Botschafter Sir A. Buchanan mit seinem ganzen Personale, die Secrctäre Currie, North cote, Lee und Hozicr rc. bei. In den Appartements der englischen Botschaft fand Abends um 10 Uhr zu Ehren Maskenschcrz des leichtfertigen Amüsements und der Toleranz zu Schuld und Schmach. Läßt man die Frage nach den ethischen Grenzen dcs Erlaubten beiseite, so überrascht immer wieder das wun derbare dramatische Talent vom jüngeren Dumas, der in diesem Stücke durch Gcistesfülle und Sprungkraft eines fesselnden Dialogs, durch interessante und dabei decidirt corrccte Betrachtung der socialen Probleme, durch sprühenden Witz, natürliche, wirkungsreichste Ent wickelung der Scene und realistische Knappheit der Charakterschilderung Alles überboten hat was vor und nach ihm das moderne französische Gcscllschaftsdrama dieser Kategorie erreicht. Die Sensation, die diese Comödie ihrer Zeit gemacht hat, stützt sich nur zum Theil auf den neuen pikanten Stoff (übrigens wurde „Demi-Monde" erst 1855 geschrieben), vielmehr aber auf die Neuheit und Frische, mit welchen das eminente Bühnentalent ihres Autors in die Welt trat. Allerdings muthet diese Production der Darstellung eine große, jedoch ungemein dankbare Arbeit zu. So gut wie möglich in der Eile einstudirt, wurde sie, außer durch den Gast, bet uns durch die Kraft eines einzelne» Talentes so glänzend getragen, daß der Eindruck sich zu den ungewöhnlichsten Theatergenüssen gesellte. Jene Kraft war die des Hrn. Hugo Müller in der Rolle des Olivier v. Jalin. Diese Partie ist vom Dichter so behandelt, daß sie vom Anfang bis zum Ende den rothcn Faden der Ac tion und Jntrigue drillt und verschlingt. Sie stellt an die Vortragskunst im ConversationSton und Dialog die feinsten und bestimmtesten schauspielerischen Anforde rungen, sie repräsentirt den sittlichen Nerv im leichten diabolischen Gewände des Weltmanns, dem im Sturme des Genußtebcns das Steuer der Ehre nicht zerbrochen ist und der die Klippen und Untiefen kennt, um sich der Anwesenheit deö britischen Staatsmannes eine Soiräe Statt, zu welcher 150 Einladungen ergangen sind. Vor der Soiräc wohnte der Marquis noch der Vorstellung im Theater an der Wien bei. Heute (Sonntag) Nach mittag H2 Uhr ist der MarquiS v. Salisbury nebst seinem Gefolge mit dem Eilzuge der Südbahn von Wien abgercist. Der Spccialbevollmächtigte Englands begicbt sich zunächst von hier nach Florenz, und von da nach Konstantinopel zur Conferenz. Heute vor 1 l Uhr Vor mittags stattete Graf Andrassy dcm Marquis im eng lischen Botschaftshotel noch einen Besuch ab, der nahezu eine Stunde währte. Wie der „Sonn- und Fciertags- Courier" aus angeblich durchaus zuverlässiger Quelle vernimmt, hat sich in dem Standpunkte, welchen das auswärtige Amt Oesterreich - Ungarns zu den auf die Erhaltung dcs Friedens abziclenden Bestrebungen cin- nimmt, keine wie immer geartete Veränderung ergeben, und soll das Resultat der Mission Salisbury's diesen Bestrebungen durchaus günstig sein. — Der ebenfalls in Wien eingctroffene türkische Botschafter am Hofe zu Berlin, Edhem Pascha, welcher die Pforte bei der Confcrcnz mit vertritt, erhielt gestern Nachmittag die Be suche dcs hier accreditirtcn türkischen Botschafters Alcco Pascha und die deö Botschaftspcrsonals. Edhem Pascha reiste mit dcm Eilznge nach Triest. — Der „N. fr. Pr." zufolge dürfte nun doch ein zweiter österreichischer Be vollmächtigter für die Confcrcnz ernannt werden. Wie dieses Blatt nämlich hört, hat die Hicrherbcrufung deS Barons Calicc aus Bukarest dem Zwecke gegolten, denselben mit dieser Mission zu betrauen. Buda-Pest, 25. November. Nach cincr Meldung des „Pester Lloyd" aus Agram treffen dort fort während flüchtige Bosniaken ein. Die Zahl der kranken Flüchtlinge wird auf mehr als 6000 angegeben. London, 25. November. (Tcl.) In politischen Kreisen verlautet, daß Rußland auf der Conferenz bei dcm Vorschläge der Occupation der Landesthcilc, denen unter der Garantie Europas Selbstverwaltung geschaffen werden soll, die Modalitäten dieser Occupation bestimmt formuliren werde und einige Bestimmungen, welche für die Besetzung Syriens durch Frankreich im Jahre 1860 festgestellt waren, zu adoptiren nicht abge neigt sei. — Der „Army and Navy Gazette" zufolge sind Anordnungen für Truppensendungen aus Indien nach der Türkei schon getroffen für den Fall, das Schwierigkeiten in der Orientfrage entstehen sollten. Rom, 25. November. (Tel.) DaS russische Geschwader hat Neapel verlassen; sein Bestimmungs ort ist unbekannt. — Die russische Corvctte „Ascold" ist von Spezzia nach Genua abgcgangen. Belgrad, 25. November. Man telegraphirt der „Schics. Ztg ": Die meisten fremden Frei willigen, auch die Offiziere, bcgcbcn sich nach Rußland, wo slawische Legionen gebildet werden sollen. Reisegeld er halten dieselbe» von den hiesigen Vertretern dcs rus sischen Comitäs. — Die Meldung wegen des Verlan gens Tschcrnajew's, Sitz und Stimme im Minister- rath zu erhalten, ist trotz der Dementis des hiesigen Prcßbureaus vollkommen richtig. Konstantinopel, 25. November. (Tcl.) Die öster reichische Regierung hat durch ihre hiesige Vertretung sehr bestimmt gegen das Verbleiben dcs türkischen Kriegsdampfers im Hafen von Klek rcmonstrnt und die nur provisorisch lediglich zum Transporte Ver wundeter crthcilte Erlaubniß unweigerlich zurückzuziehc» angcdroht, falls irgendwie ein erneuter Versuch des Mißbrauchs stattfände. Csitlesgeschichle. DreSdcn, 27. November. Ihre Majestät die Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen werden morgen (Dienstag) Nachmittag 3 Uhr 16 Min, von Weimar kommend, zu einem Besuche am königlichen Hofe hier eintreffcn und Abends 6 Uhr 30 Min. nach Berlin weiter reisen. und Andere daran vorüberzuführen. Hiernach bestimmt sich die reservirt diplomatische Haltung und das endliche Pathos dieses Charakters. Die flüssige Sprache, die leichte »nd doch so geistvolle Beredsamkeit dcs Hrn. Müller, bei dcm stets das leiseste Wort im ganzen Hause verständlich ist, entzückte das Publicum und fesselte die Theilnahmc bis zum Schluß. Neben dieser Rolle steht die des Gastes, Baronin v. Ange, in zweiter Linie. Sie hat minder vorthcil- hafte Scenen, dem Charakter fehlt eine innere Reserve, für die blos eine ganz äußerliche cintritt; das Abenteurer- element um jeden Preis dominirt. Diese Mängel erschweren die Aufgabe, zusammen hängende Strömung und dramatischen Impuls des Asscctcs, der Hcrzensbetheiligung in diese Rollt zu bringen. Frl. Geistinger zog keine fcrnliegenden Hilfs mittel in ihre Leistung hinein und brachte durch die Berechnung und weibliche Unermüdlichkeit dcs Kampfes mit Jalin, durch die treffliche Accentuatton ihrer Rede, durch die feine Charakteristik in Spiel und Mimik den größtmöglichen Eindruck hervor. Das Haus war überfüllt, der Beifall sehr lebhaft. Ein ebenso zahlreiches Auditorium wünschen wir der Künstlerin bei ihrem Abschiedsabend, der am Dienstag den 28. November die schon gegebenen kleine» Stücke noch einmal vvrführrn wird. Otto Banck. Deutsche Rechtshilfe im Mittelalter. In jener guten alten Zeit, als der Staat noch keine geordnete Gerichtsverfassung und kraftvolle Re gierung herauSgcbildet hatte, war begreiflicher Weise die Handhabung der Gerechtigkeit und damit die Er langung nöthiger Rechtshilfe sehr unvollkommen und fast nicht durchzu setzen. An einem Orte wurde nach * Berlin, 25. November. Heute Nachmittag hat unter dem Vorsitz dcS Fürsten Bismarck ein Mini stcr- rath stattgesundcn. — An dem Diner, welches vor gestern beim Fürsten - Reichskanzler zu Ehren Lord Salisbury's stattfand, haben nach der „N. A. Ztg." auch Lord Odo Russell, der Staatssecretär v. Bülow und der Gesandte v. Nadowitz mit Gemahlinnen, sowie der geh. Legationsrath Bucher und der wirkt. Legations- rath Busch Theil genommen. — Der türkische Botschaf ter Edhem Pascha ist bekanntlich zur Conferenz nach Konstantinopel berufen und bereits dahin abgereist. Die Geschäfte der Botschaft sind deren erstem Secretär, Turkham Bey, bis auf Weiteres übertragen. — Der Mitthcilung, daß dcm Bundesrathc eine Vorlage wegen Abänderung einiger Reichswahlbezirke zuge- gangen sei, ist von mehreren Blättern eine gewichtigere Bedeutung zugeschriebcn worden, als dieselbe thatsäch- lich besitzt. Es handelt sich nach der„N. A.Z." keines wegs um eine umfassende Revision der Reichswahlbezirke, sondern nur um vereinzelte Aenderungcn, deren Bcdürf- niß sich in dringender Weise geltend gemacht hat. — Wie die „N. Pr. Z." berichtet, hatten die Abgg. Frühauf und Sonnemann die Mitglieder des Reichstages zu einer'Besprechung über die Frage, ob die Pariser Aussteltu.lg zu beschicken sei, eventuell welche Schritte von Seiten dcs Reichstages zu geschehen hätten, zu vorgestern Abend eingcladcn. Nachdem man die ver schiedenen Gründe für und wider ausgcführt, glaubte man von cincr Interpellation im Reichstage Abstand nehme» zu müssen, um nicht eine politische Debatte zu veranlassen, deren Gang ja nach Lage der Dinge ein unberechenbarer sei. Ein bestimmter Beschluß wurde nicht gefaßt, und man behielt sich vor, die Sache bei der Etatsberathung zur Sprache zu bringen. — Die Nachricht, daß die Neichsregicrung die baldige Prägung von Fünfmarkstücken in Gold beabsichtige, bestätigt sich nach der „Wcs.-Ztg." nicht. I-. Berlin, 2.7. 'November. Der Reichstag er ledigte in seiner heutigen Sitzung daS Einführungsge setz zum Gerichtsverfassungsgcsetze, das mit unwesent lichen Streichungen nach den Anträgen der Commission angenommen wurde. Der preußische Justizministcr >0r. Leonhardt bekämpfte im Namen der verbündeten Regie rungen den von der Commission aus den 1. October 1870 festgesetzten Endtermin für das Inkrafttreten des Gcrichtsverfassnngsgesctzes, sowie die von der Commis sion eingeschaltete Bestimmung, daß die landesgcsctzlichen Bestimmungen, durch welche die Verfolgung öffentlicher Beamten wegen der in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung ihres Amts vorgenommencn Handlungen im Wege dcs Straf- oder Civilprocesses an besondere Voraussetzungen gebunden ist, außer Kraft treten; der Reichstag schloß sich jedoch in beiden Punkten mit über wiegender Mehrheit der Commission an. (Vgl. den Sitzungsbericht in der Beilage.) — Nach der heutigen „N. A. Z." stimmen die bisherigen Berechnungen über die muthmaßliche Dauer der Rcichstagsscssion in der Voraussetzung überein, daß die Arbeiten dcs Reichstages bis Mitte Deccmber beendet sein werden. Man nimmt an, die zweite Lesung der Justizgesehe werde in der Mitte der nächsten Woche abgeschlossen werden und die dritte Lesung etwa am 6. oder 7. December beginnen können. Breslau, 24. 'November. Die „Bresl. Ztg." schreibt: Zu unsern« tiefsten Bedauern wird, wie wir mitzutheilm in der Lage sind, unser allverehrter Herr Obcrpräsident Gras v. Arnim-Boitzenburg nicht wieder auf seinen Posten zurückkehren. Der Herr Ober präsident, welcher in diesem Augenblicke in Berlin weilt, hat die ganz bestimmte Erklärung abgegeben, daß er trotz der hohen Verehrung für Se. Majestät und der ibm bewiesenen kaiserliche» Hnld, nach Ablauf seines dreimonatigen Urlaubs sein Demisstonsgesuch erneuern und dasselbe unter keinen Umständen zurückzichen werde. Da der Oberpräsident aus den Gründen, welche ihn zu diesem für unsere Provinz so bedauerlichen Schritte drängen, in seinen Kreisen kein Gcheimniß macht, so > -> alten Gebräuchen und von den Vorfahren überliefertem Herkommen, dort nach schwankenden Gesetzen, hier nach dcm päpstlichen, da nach dcm römischen oder sächsischen, dann wieder nach dcm flämischen oder niederländischen, in Handelssachen nach dcm lübeck'schen Rechte entschieden, und das Schlimmste war, daß die Parteien die be treffenden Rechtsverhältnisse fast gar nicht kannten, und meistens nicht einmal die Richter selbst gehörigen Be scheid darüber zu geben wußten. Bald trat ein Privi legium, bald ein gewisses Herkommen, bald ein eigenes Statut dcm Richter in den Weg. Ost gab ein Zwei kampf, oft eine Fcucr- oder Wasscrprobe den Ausschlag. Hatte der Richter keinen gesunden Kopf und kein recht schaffenes Herz, die ihm zum Leitfaden dienten, um ihn aus den Jrrgängcn einer verworrenen Justiz hcrauszu- führen, so ging die Gerechtigkeit zu Grabe — wie ost aber führten üblcr Wille, Leidenschaftlichkeit, Bestechung rc. auf solche Abwege! Bei solchen allgemein bestehenden Verhältnissen war es fast nicht zu umgehen, daß Diejenigen, welche sich in irgend einer Weise verletzt glaubten, sich selbst Recht zu verschaffen suchten, und so entstand die Selbsthilfe mit gewaffneter Hand, oder das Faustrecht, welches zwei Arten umfaßte, nämlich die Befehdung und das Recht der Pfändung. Eine Menge Ungerechtigkeiten, Raub und Mord, Gewalttbätigkeitcn jeder Art waren die unausbleibliche Folge dieser Ausanung der Rechtshilfe; alle Mühe, sie abzustellen, blieb fruchtlos, und so suchte man endlich sie wenigstens einzuschränken, indem man Vorschüße, was ältere Reichsgesetzc dcshalb bestimmten: es solle nämlich dieser Selbsthilfe der Versuch vorauSgehen, sein Recht durch Güte der Richter zu erhalten. Auch wurde der GotteSfrirde festgesetzt, d. h. das Verbot kriegerischer Angriffe am Freitag, Sonnabend und Sonntag.
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