Dresdner Journal : 16.12.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187612162
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18761216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18761216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1876
- Monat1876-12
- Tag1876-12-16
- Monat1876-12
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- Titel
- Dresdner Journal : 16.12.1876
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W SS2 l» »»»»« 4oa»»«L«» »ot^s: ILbrllod: . . 18 K»rb. zLbrtiod: 4 LO kk. ku»LeIl>« Klmuooru: 10?t. Liix—rk-dd ds» dootoobeu Koivboo tritt koit- uvd Sbewpsbxi—btli^ dioru. lQ»er»t«opr«l»s: kür dsv K»am einer ^«ipnltenen ?etitreil« 20 ?f. Uowr „Lin^e^nät" di« iteil« bO kk. Lrrekelnen: DLgliob mit XusnLdms der Sonn- unä keiert»^« ^twod« kür den folgenden Hg. Sonnabend den N> Deccmber. 1876. Dres-ntrHomMl. Verantwortlicher Nedactenr: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. knsernteunuoniime »uo^Lrt«: Lelpiig: H. Lrandstettrr, OoiulnieeionLr ds» »rvedner donrnnl»; N«»d»rx L«rIt»-Vien-I.«lpi1g-L»«»I-2r«»1»n-rr»n^ki>rt ». H.: //«<uenÄe>» L ^oAier,' L«rUo Vi«o N»mdar^ kr»g-l,»»p»ig-rr,n1lkurt ». N.-Itü»«d«n: Aud. Lko««e, SerUn: Ä. Lco-iwz-, Lremen: LcÄotte,' Lr«»l»n: d.. c>ta»Aen'« tjürenu, 0ä«m">tx: />. ^oiAt, krLLtilurt -r. » : L doeAer'sclie u. d. t '. d/errma,i»'»olie tiuellti., OörUti: /»p.-D., Smioovor: t>. Lc/uH»ler, keri»-L»rIin-rr»nLknrt ». II. -Stuttgart: Daude L (?o., 8»wdarx: Lkeud-e»», Vi«u: /tk Herausgeber: Xöuigl. Expedition de« Drsednsr dourval», Dresden, ILvingeretiaesv Xo. 20. Amtlicher Wett. DreSde», 15. December. Sc. Königliche Majestät hat dem Obrrappellationsrathe Heinrich Hermann Klemm, dem Vicepräsidenten des Appellationsgerichts zu Zwickau, Karl Otto Coith, dem interimistischen Vicepräsidenten des Appellationsgerichts zu Dresden, Obrrappellotionsrath Friedrich Alfred Degner, dem Direktor des Bezirksgerichts Leipzig, Geheimen Justiz- rath Walter Petsch, dem Direktor des Bezirksgerichts Bautzen, Alexander Eduard von Mücke, dem ersten Rathe bei'm Appellationsgericht zu Dresoen, Gustav Clemens Lindemuth, dem Vorstände des Gericktsamts Leipzig II., Gerichtsamtmann Hofrath Gustav August Hertel, und dem Vorstande des Handelsgerichts im Bezirksgericht Dresden, Gerichtsrath Karl Bäßler das Ritterkreuz I. Klasse des Verdienstordens zu verleihen allergnädigst geruht. Nichtamtlicher Theil. Ucbersicht. Lelegrayhischr Nachrichten. Zur orientalischen Krage. LageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Münster. Heidel berg. Wien. Paris. Rom. Florenz. Christianis.) Ernevuuuaen, Versetzungen tc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzial-Rachrichten. (Burgstädt. Wolkenstein.) Vermischtes. Statistik und Bolkswirthschaft. EiuarsandteS. Keullleton. Laaeskaleuder. Inserate. Beilage. Bsrsennachrichten. Teltgraphische Witterungsderichte. Inserate Telegraphische Nachrichten. Wien, Donnerstan, 14. December, Abends. (W T. B^ Wie die „Presse" erfährt, ist der ge lammte Betrag der zur Subskription aufgelegten Emission von 4V Millionen Gulden Goldrente in Wien bei dem Hause Rothschild und der Kredit anstalt allein gezeichnet worden. Die Repartition durste rin Drittel der gezeichneten Summen br- tragen- Versailles, Donnerstag, 14. December, Abends. (W. T. B.) Im Senat und in der Kam mer gab heute der Conseilspräfident Jules Simon namens des neuen Ministeriums Erklärungen ab. Nachdem Jules Simon zunächst mit Worten des Bedauerns des Rücktritts von Dufaure und de Mar köre gedacht hatte, hob er hervor, er bringe kein förm liches Programm, aber man kenne ihn; er sei von Grund seines Herzens Republikaner und von Grund seines Herzens konservativ, er sei ergeben den Grund sätzen der Freiheit und beseelt von der aufrichtigen Ach- rung für die Gewissensfreiheit wie für die Religion. Das Cabinet werde ein parlamentarisches bleiben und habe zu dem Ende nur dem Beispiele des Marschall- Präsidenten zu folgen, der unter allen Umständen be strebt sein werde, die Principien eines coustitutionellen Regimentes streng zu befolgen. Das Ministerium sei in Einstimmigkeit und mit Festigkeit entschlossen, der republikanischen Regierung bei allen Staatsbeamten Geltung und Achtung zu verschaffen. Frank, eich sei gewillt, in Ruhe und Frieden der Arbeit zu leben. Brüssel, Donnerstag, 14. December, Nach mittags. (W. T. B.) Lon Fröre - Orban wurde heute in der Rrpräsentautenkammrr dir Angelegen heit der „Uniou üu eröüit clv ltruxvlltw", welche in ZahlungSverlegenheiten gerathen ist, zur Sprache gebracht. Der Kinanzminister Malou erwiderte darauf, er habe sich bereits mit der Nationalbank über Maßregeln verständigt, die geeignet seien, jede Unterbrechung der geschäftlichen Thätigkeit des Instituts fern zu halten. Für die zahlreichen Interessenten desselben liege rin triftiger Grund zu Besorgnisse» nicht vor. Er sei überzeugt, daß die Krise sich leicht überwinden lassen werde; vom Gericht sei ein provisorisches Moratorium ertheilt worden. (Vgl. die Rubrik „Statistik und Volkswirt schaft".) St. Petersburg, Freitag, 15. December. (Tel. d. Dresdn. Journ.) DaS „ Journal de St. Pötersbourg" veröffentlicht die bekannte Circular- deprsche der ottomanischcn Regierung vom 3V. No vember alS Antwort auf die Depesche dcS Fürsten Gortschakow vom 13. November. DaS officiöse Organ des auswärtigen Amtes will wissen, daß das kaiserliche Cabinet diese Note Saufet Paschas unbeantwortet lassen werde. New-Dort, DonnerStag, 14. Deccmber, Morgens. (W. T. B.) Lie beiden National- comitöS, sowohl der republikanische wie der demo kratische, haben öffentliche Erklärungen erlassen; in der einen wird HayeS, in der andern -vird Tilden als zum Präsidenten der Union gewählt erklärt. Die Demokraten von Indiana haben zur Erörterung der Präfidrutenfrage eine StaatScon- veution nach Dayton in Ohio rinberufen Gestern Abend wurde Hayes eine Serenade dargrbracht. HayeS drückte dabei sein Vertrauen aus, daß der gesunde Sinn des nordamerikanischen Volkes verhindern werde, daß man dem Beispiele Mexicos folge, und fügte hinzu: „Welches auch immer das Resultat der Präsidenten wahl sein möge, ich werde es ruhig accepliren und glaube, daß dies auch von Seiten der großen Majorität der Opposition geschehen wird. Ich bin überzeugt, daß kein in gleichem Maße in Aufregung versetztes Laud ei» solches Beispiel vou Ordnung gegeben hat, wie das Amerika thut. Beweisen wir der Welt die Stärke der republikanischen Regierung." Lur orientalischen /rage. -s* Wien, 14. Deccmber. Ucbcr den Verlauf der Vorkonferenz in Konstantinopel und der ihr vor angegangenen Pourparlers zwischen den einzelnen Be vollmächtigten sind zi'mlich detaillirte Nachrichten hier eingelaufcn, die im Wesentliche» befriedigend, ja in Erwägung des Umstandes, daß man vorher ziemlich allgemein die Kriegsgefahr für unvermeid lich gehalten hatte, über Erwarten erfreulich lauten. Die Bevollmächtigten hatten sich, geleitet von dem richtigen Verständniß, daß das Material für die Vorkonferenz sich am besten durch vertrauliche Einzel- befprechungen vorbcreiten lasse, vorläufig zu einem per sönlichen Meinungsaustausch über die hauptsächlichsten und schwierigsten Gegenstände derBcrathung zu zweien oder in kleineren Gruppen zujammengefunden. Diese Bemühungen hatten, namentlich was d;n Hauptstein des Anstoßes, die vielleicht zu hoch angeschlagene Gegner- schäft Englands und Rußlands betrifft, den gewünschten Erfolg. Es erfolgte, wenn nicht eine Verständigung, so doch eine bedeutende Annäherung der Anschauungen beider Mächte über die Garantiefragc. Es zeigte sich, daß einerseits Rußland die militärische Besetzung Bul- Fetttlleton. Rtdi-irt von Vtro Banck. K Hoftheater. — Altstadt. — Auch die dritte Wtedcrholung von Verdi's „Aida" — am 14. d. — erwies rin ganz gefülltes Haus. Es ist eine höchst rr- freuliche Wahrnehmung für den gebildeten Kuustgcschmack des Publikums, daß es sich in so allseitig reger Theil- nahme den so anders gearteten, edler, ernster und kunst voller gestalteten Schönheiten dieser Musik hingirbt, welche doch nicht jene unwiderstehlich zündenden Melo dien und hinreißenden dramatischen Momente, wie die frühern Verdi'schen Opern, bietet. Auf den Gesammt- charakter des Sujets, der die Grundstimmung der Musik beeinflußte, wurde schon hingewtesen. Aber Verdi war auch in der Intention, dramatische Charaktere durchzu- sührrn, durch die Schwächen des Trrtes gehemmt. Aida, klagend, verzweifelnd, ein Spteldall unverschuldeten Ge schickes, kommt zu der einzigen Handlung, mit dem Ge liebten zu sterben. Radames erscheint uns als rin schr zweifelhafter Held; er fügt sich dem Verhängniß, statt, von seinen Kriegern umgeben, ihm muthvoll zu trotzen. ES fehU der Kampf mit dem tragischen Conflict, ein Kampf gegen die tyrannische Herrschaft der Priester. Der Oberpriester ist nur ein Repräsentant der Priester- macht, ohne persönliche Charakterentwickelung. Der Va ter Atda's tritt nur in einer Scene handelnd ein, um zum tragischen Schluß zu führen. Nur dem Amneris wurde eine charakteristische und dramatische Entwickelung zu Theil, und diese gelang auch Berdt im vollen Maße. Dazu kommt, daß die beide» ersten Acte, mit den gro ßen Finalsätzen, eine sehr langsame Entwickelung der Handlung ergeben, und daß der dramatische Conflict, der in den dritten Act fällt, eines Finalsatzes entbehrt. Diese Unzulänglichkeiten in der Composition und Be handlung des Sujets lassen nur das Genie Verdi's um so bedeutender erscheinen, das trotzdem so reiche, cigcn- thümlichc und poetisch empfundene musikalische Schön heiten zu bieten vermochte. Die Ausführung unter der umsichtigen, in den Geist des Werkes eingehenden Leitung des Herrn Kapellmeisters Schuch hatte noch an Glätte und Präcision und durch manche Modifikationen der Behandlung gewonnen, welche praktische Erfahrung sich für die Wirkung als günstig erwies. Eine glänzende Leistung gicbt Herr Riese. Fräul. Nanitz hat sich vollkommene Sicherheit in ihrer lobenswerthen, dramatisch ausdrucksvollen Durchführung der Amneris angeeignet. Fräul. Reuthcr's trefflicher Gesang zwischen den priesterlichen Chorsätzrn sei noch nachträglich erwähnt. Die Darstellung des Werkes ist in ihrer musikali schen Gesammtheit wie in ihrer scenisch reichen und ge schmackvollen Ausstattung, im Arrangement der Tänze, eine durchaus gelungene, in der instrumentalen Leistung, in den Chören und in einzelne» Partien eine hervor- ragcnd musterhafte und wohlgerignct, sich die Thcilnahme des Publikums längere Zeit hindurch zu erhalten. C. B. Kuustiudustrielle Editionen. „Vorlagen für Ornamrntmalerei." Motive aller Stilarten von der Antike bis zur neuesten Zeit. Hcrausgtgebcn von Elisabeth Hübler. Verlag der Arnolo'schen Buchhandlung in Leipzig. Derartige er freuliche Unternedmungrn, wie dieses schöne und mit soviel Fleiß wie Gelingen durchgeführte Werk, welchem aaricns durch fremde Truppen nicht als einz'g mögliche Bürgschaft für die Durchführung entsprechender Re formen in diesem Lande ansehe und daß andererseits England diese Besetzung zwar für jetzt, nicht aber unter allen Umständen ablchne. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, daß Rußland und England, somit auch die anderen vier Mächte, zu einer Vereinbarung über die Garantiefragc gelangen. Somit konnte zur Eröffnung der Vorkonferenz geschritten werden. Die erste Sitzung wird als eine nicht officiellc bezeichnet; die Mitthcilungen darüber, was in derselben zur Verhandlung kam, lauten verschieden und sind theilweise unverständlich. Die zweite Sitzung beschäftigte sich mit den FricdcnSbe- dingungcn, und zwar spcciell mit dem Grundsätze der Aufrechthaltung des territorialen status ^uo für Serbien und Montenegro. Doch nahm die Vorkonferenz den Grundsatz nicht wörtlich, denn sie schlug kleine Gebiets- Vergrößerungen für Montenegro, ja sogar eine für Serbien in Form einer Grenzregulirung vor. Erleichtert wurden ihr die Details dadurch, daß bezüglich Mon tenegros bereits das Elaborat der Temarcationscom- mission vorlag. Alles deutet auf einen befriedigenden Erfolg der Vorkonferenz hin. Ob indessen in der wirk lichen Konferenz nicht von Seile der Pforte, die allen Glauben an die Möglichkeit des Friedens verloren hat, Schwierigkeiten zu erwarten sind, ist eine andere Frage. Bern, 10. December. Man schreibt der Augsburger „Allg. Ztg.": Die türkische Regierung hat dem Bun- dcsralhe eine Note zu Händen der Unterzeichner der Genfer Convention zugestellt, in welcher sie mit- theilt, daß sie die Bestimmungen derselbe» gewissenhaft erfüllt habe; ihre Bestrebungen hätten aber bis jetzt so gut wie keinen Erfolg gehabt, weil das rothe Kreuz im weißen Felde die religiösen Gefühle der türkischen Krieger verletzt habe, daher sie die von ihr gebildeten Ambulanzen ermächtigt, an die Stelle des Kreuzes den Halbmond zu setzen. Der Bundcsrath wird diese Note den übrigen Unterzeichnern der Genfer Convention zur Kenntniß bringen- * St. Petersburg, 10. December. Einem Schreiben, welches der neuesten „Polit. Corr." von hier zugeht, entnehmen wir Folgendes: Der Specialbevollmächligte Serbiens, Marinovic, weilt noch immer in St. Petersburg und setzt seine Bemühungen um den Ab schluß einer neuen serbischen Anleihe fort. Während die erste serbische Anleihe zu 6 pCt. und ul pari ab geschlossen worden war, haben die cmittirenden Banken jetzt auch das Angebot von 8 pCt. zurückgewiesen, sodaß nunmehr die Mission des Hrn. Marinovic als voll ständig gescheitert betrachtet werden kann. Mehr Glück dürste dagegen mit seinen Anleihebestrebungen in Ruß land Montenegro haben. Den Tag nach seiner Ankunft bereits vom Kaiser in huldvoller Audienz em pfangen, legte der Vertreter Rußlands in Cetinje, Staatsrath Ionin, vorgestern dem Fürsten Reichskanzler einen ausführlichen Bericht über die Lage Montenegros vor. Ein eigenhändiges Schreiben des Fürsten Nikolaus an den Kaiser Alexander spricht die Bereitwilligkeit aus, an der Seite Rußlands den Kampf gegen die Osmancn fortzujetzen, und deutet den Wunsch an, für all' die unzähligen glänzenden Waffenthaten und die wiederholt bekundete Unterwerfung unter die Forderungen der Mächte durch eine Arrondirung in der Suttorina und einen Hafen belohnt zu werde», der die bisher uner trägliche Lage Montenegros zu einer günstigeren ge stalten würde. Fürst Nikolaus betont in der ihm eige nen einfachen Weise, daß eine Belassung Montenegros bei dem gegenwärtigen Gcbictsbcstande nichts Anderes heißen würde, als es zu veranlassen, bei jeder sich bie tenden Gelegenheit eine Erweiterung anzustrcben, und daß an ein Aufblühen seines Landes nicht zu denken sei, bevor die angedeutetcn Wünsche nicht ihre Befrie digung fänden. Das Cabinet von St. Petersburg ließ dem Fürsten bedeuten, daß der gegenwärtige Augen blick nicht gerade dazu geeignet sei, um derartige Ansprüche bei den Mächten vorzubringen, daß der Fürst aus die Unterstützung seiner Wünsche wir eine recht weite Ausdehnung und Verbreitung wün schen wollen, gehen mit der heutigen Hebung des Ge schmackes in Bezug auf Kunst und Kunüfertigkeit Hand in Hand. Dean wenn auch jetzt oft von einem Nieder gänge unsrer Kunstgewcrbeuidunie die Rede gewesen ist, so will man doch mit dem Ausdrucke „Niedergang" eigentlich das Herabgckommenscin und dessen allgemein gewordene Erkenntiriß, nicht aber das augenblickliche noch tiefere Herabgehen bezeichnen. Im Gegentheil fällt mit jener betrübenden Erkenntmß eines für unsere Na tton schwerwiegenden Faktums auch das Bestreben nach resoluter Herausarbeitung aus dem alten Schlendrian „Selbstgenügsamkeit und Geschmacksverrottung" Hand in Hand. Der Sinn für das Anmuthigc, Gefällige zeigt sich nicht blos in hoffnungsvollem Wicdcrerwachcn, in belebendem, anfeuerndem Ehrgeiz beim Handwerker und Kleinmeister des Kunstgewerbes, er beginnt auch wieder im Publicum neu zu erstehen und sich daseinswürdiger zu entwickeln. Hierzu haben die vielen Gelegenheiten sehr beigctragen, aus die Industrieausstellungen, in öf fentlichen Sammlungen, in künstlerischen Editionen und auf Reisen das Schöne in mannichfaltiger Gestalt zu sehen. Man lernt es erkennen, schien und vor allen Dingen begehren — eine Haupttriebfider, damit es vom Producenten erzeugt werde. Aber noch mehr, die Freude daran geht weiter, man lernt es im Publicum in angemessener Weise selbst darstellcn, man betheiligt sich — nicht aus Spekulation und Ersparungstrieb, sondern aus Steigung an der Anfertigung künstlerischer Gegenstände. Es wäre sehr ungerecht, dies in spöttischer Weise mit dem Begriffe des Dilettantismus bezeichnen zu wollen. Die Pflege künstlerischer Beschäftigungen und technischer Uebungen ist zur Verschönerung des häuslichen Lebens ein nothwendiges, zur allgemeinen Bildung gehöriges Element. Dieser ist es angemessen, durch das russische Cabinet rechnen könne, eine Erfül lung derselben jedoch nur auf dem Wege des vollstän digen Einverständnisses mit den übrigen Mächten, be sonders mit den Rußland zunächststehcnden, zu erreichen sei. Eine derartige Erledigung der montenegrinischen Wünsche liefert einen neuen Beleg für die Bestrebungen der Regierung des Kaisers Alexander, dem Dreikaiser- bündnissc treu, überall an erster Stelle die Interessen der Alliirtrn zu berücksichtigen. Die Lage Montenegros, wie sie Staatsrath Ionin in seinem Berichte schildert, ist eine überaus traurige. Durch das Aufgebot aller- wehrfähigen Männer, die ihren Boden unbearbeitet lassen mußten, und durch die Ausnahme zahlreicher her- zegowinischer Flüchtlinge, ist das Land einer gänzlichen Verarmung entgegengeführt worden; die Vorräthe sind gänzlich erschöpft, Geld fehlt zum Ankäufe neuer, und so droht dem tapferen Völkchen eine Hungersnot!) im furchtbarsten Sinne des Wortes, wenn nicht Rußland bald mit Spenden an Brod und Geld demselben zu Hilfe kommt. Infolge des Privatauftrages des Fürsten Nikolaus hat sich Staatsrath Ionin betreffs einer An leihe von mehreren Millionen Francs mit Moskauer Banken in Verbindung gesetzt und auch bereits eine Berathung mit hiesigen einflußreichen Altgläubigen ab- gehaltcn, die ihre reichen Moskauer Glaubensgenossen zur regen Thcilnahme bewegen sollen. Abgesehen davon wird geplant, Sammlungen für Montenegro im Süden und im Wolgagebiete unter den Getreidekaufleuten zu veranstalten, die sich ja ohnehin durch ihre Opserwillig- keit für die slawische Sache auszeichnctcn. — Bezüglich des Generals Tschcrnajew ist zu bemerken, daß der selbe immer noch in serbischen Diensten steht und des- halb die hier und dort verbreitete Version, er sei be rufen, ein Commando bei der russischen Südarmee zu übernehmen, vor der Hand unbegründet ist. (Die Abreise des Generals Tfchcrnajcw von Wien nach Kischcnew haben wir bereits in voriger Nummer gemeldet.) — Ter St. Petersburger Correspondent der halb amtlichen „Wiener Abcndpost" constatirt in seinem neuesten Schreiben, daß mit Ausnahme der besonders in Moskau stark vertretenen Fortschrittsmänner das russische Publicum keineswegs für einen Krieg mit der Pforte eingenommen sei, und daß man mit Freuden eine friedliche Beilegung der orientalischen Frage begrüßen werde. Die aus Serbien zurückgekehrtcn Offiziere, Aerzte und Freiwilligen gestehen offen, daß die ganze Krieg- führung in Serbien eine höchst traurige war. Nur durch Jntrigucn und die falschen Vorspiegelungen der Mos kauer Fortschrittsmänner wurden die unglücklichen ser bischen Bauern und Hirten in den Krieg getrieben. Auch über General Tschernajew sprechen sich die aus Scrbierr Zurückgekehrten keineswegs günstig aus. Viele der Zu rückgekehrten sind mii dem Takowaorden am weiß-roth- blauen Bai.de und mit goldenen und silbernen Tapfer keitsmedaillen dccorirt, haben aber noch nicht die Erlaub- niß erhalten, dieselben anzulegeu. Den Fortschritts- männcrn, welche man im Auslande irrig als Pansla- wisten bezeichne, wird jetzt auf die Finger gesehen, und ihre das Publicum unnütz aufregenden Zeitungen, na mentlich der „Nusky Mir" und die „Nowoe Wrema", sind für einige Zeit suspendirt worden. * St. Petersburg, 13. December. Die „Agence telögraphique russe" meldet: Als der Kaiser heute die Kaufleute der Börse empfing, welche 25,000 Rubel für die Verwundeten gesammelt haben, sagte Se. Majestät zu ihnen: „Ich hoffe, meine Herren, daß wir den Krieg werden vermeiden können." * Bukarest, 9. December. In der Deputirtcn- kammcr stellte vorgestern der Abg. Blaramberg eine Interpellation über die Stellung Rumäniens zur orien talischen Frage und motivirte dieselbe in entschieden russenfeindlichcm Sinne. Der Minister des Aeutzern, Ionesco, beantwortete die so motivirte Interpellation nach der „Schles. Ztg." wie folgt: „Der Interpellant will unserer auswärtigen Politik eine neue Richtung geben. Aber unser Verus laun es nicht sein, unser Blut für die Türkei zu vergießen. Niemand bedrodt daß im Hause und in der Familie die Arbeitszeit nicht blos von gemeinprakttschen Aufgaben erfüllt, die Mußezeit nicht allein zwischen abstractcn Geistesbethätigungen uno materiellen Vergnügungen getheilt werde, sondern daß auch die technische Kunstfertigkeit eine Uebung finde und der Geschmack für das sinnlich Schöne, Graziöse sich entfalte. Das ist eine Aufgabe, die zu Schmuck und Veredelung des Heimwescus beiträgt und an welcher jedes Alter nnd beide Geschlechter in natürlicher Ar- beitstheilung participiren können. Auf diesem Gebiet hat der Dilettantismus seine Frei stätte, nnd je Besseres er leistet, je mehr wird sich die Summe der Ansprüche aller gebildeten Menschen an die Kunstindustiie steigern und dieselbe zu immer höheren Leistungen antrciben. Für den rohe» Hinterwäloler hat der Producent leichtes Wirken, er ist mit stdr geringsten Leistung dem Ungeschick und der frugalen Anspruchs losigkeit gegenüber stets im unerreichbaren Vorsprung, er imponirt und verblüfft mit einer handwerksmäßig routinirten Sudelei; wo aber sinnige Laien durch eigener Versuche Fleiß sich selbst einen Zugang zur Sache, rin Urtheil über den historischen Culturstand der Dinge ge bildet haben, wo geschickte Mädchen- und Frauenhände selbst „flechten und weben", zeichnen und malen, da gilt cs für der» Techniker uikd Kunstfertiger von Pro fession, den besten Mustern nnd Anforderungen gerecht ru werden. Und cs lohnt ihm auch der Mühe, denn je mehr die unbefangene und bescheidene häusliche Be schäftigung mit den künstlerischen Zierden nnd geistigen Erquickrngen unseres so ernsten Lebens Allgemeingut wird, je mehr öffnen sich Augen und Sinne für die Leistungen des wahren Meisters auf jeglichem Gebiet. Er hat ein Publicum von aufgeweckten Kunstfreunden und Liebhabern des Schönen, nicht nur einen KceiS
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