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Dresdner Journal : 26.01.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187901269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1879
- Monat1879-01
- Tag1879-01-26
- Monat1879-01
- Jahr1879
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- Dresdner Journal : 26.01.1879
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84 daß ein solcher Antrag nur eine Phrase ohne materielle Wirkung im Gesetz sein würde und daß man sich besser aus die wohlwollende Praxis der Regierung und der bei den Anstellungen mitwirlenden Corporatlonen ver lasse. DaS Amendement v. Ludwig bitte er abzu lehnen. Abg. Richter (Hagen) will das Gesetz nicht annehmen, wenn es nicht auch gleichzeitig die Bor bildung der Landräthe regele; die Landräthe müßten durchaus mehr wirthschaftlichc Bildung erhalten. Der RegierungScommissar vertheidigt die Vorlage und bei der Abstimmung wird dann auch diese angenommen und der Antrag des Abg. v. Ludwig abgelehnt. Bei der weiteren Berathung des Gesetzes entspann sich eine Debatte von größerem Interesse und principieller Be deutung über einen Antrag des Abg. Windthorst (Bielefeld), der auch für die Landräthe, Kreishaupt- männer rc. die akademische Vorbildung verlangt, wäh rend nach dem Regierungscntwurfe (der auch im Her renhause unverändert zur Annahme gelangt ist) die Regelung der wissenschaftlichen Vorbildung jener Be- amtenkategorle der Specialgesetzgebung vorbehält. An der DiScussion betheiligten sich die Abgg. Or. Nasse, Or. Miquel, Windthorst (Meppen), Windthorst (Biele feld), Richter (Hagen), v. Meyer (Aruswalde), v. Köller. Der Minister des Innern sprach sich gegen die vor geschlagenen Amendements aus und wünschte, daß man erst noch durch den praktischen Gebrauch der Kreis ordnung Material gewinne, um für die Anforderungen, welche man an den Landrath in Bezug auf seine Vor bildung zu stellen habe, eine bessere Grundlage zu haben; jedenfalls würde die Regierung in nicht zu langer Zeit in der Lage sein, einen speciellen Gesetz entwurf über die Vorbildung der Landräthe vorzu legen. Jndeffen wurden schließlich die vom Abg. Windthorst (Bielefeld) vorgeschlagenen beiden Para graphen, welche die Frage der Anstellung der Land räthe regelt, dem vorliegenden Entwurf eingefügt. Im Uebrigen wurde das ganze Gesetz unverändert ange nommen und dann in die zweite Berathung des Ge setzentwurfs betr. die Errichtung von Landescultur- rentenbanken eingetreten. Eine längere Debatte rief nur die Frage über die Beleihungsgrenze der zu meliorirenden Grundstücke hervor. Die Regierungs vorlage zieht diese Grenze in der Höhe des 22 fachen Katastralreinertrages, während die Commission den 25 fachen Betrag vorschlägt. Ein, Amendement v. Ludwig wünschte denselben noch weiter zu erhöhen, während Abg. Graf Behr die Frage der statutarischen Regelung überlassen wissen wollte. Die Majorität des Hauses entschied sich für den Commissionsvorschlag. Die nächste Sitzung des Hauses findet morgen (Sonnabend) Statt. — Die Budgetcommission des Abgeordneten hauses begann am Dienstag Abend die Berathung der zum Generalbericht über den Staatshaushaltsetat gestellten Anträge. Der Finanzminister Hobrecht und eine große Zahl von Regierungscommissaren waren anwesend. Nach einer einleitenden Discussion über die vorliegenden Anträge der Abgg. v. Benda und Rickert ersuchte der letztere Abgeordnete den Herrn Finanz minister, über die Stellung der Staatsregierung zu den die Quotisirung der Klassen- und Einkommen steuer betreffenden Anträgen einen nähren Aufschluß zu geben. Der Herr Finanz Minister gab (wie be reits telegraphisch gemeldet) eine längere Erklärung, deren wesentlicher Inhalt nach den der „N. L. C." aus Abgeordnetenkreisen gegebenen Informationen etwa folgender war: Auch er habe ebenso, wie die Antragsteller den dringenden Wunsch, es möchte in Preußen zwischen den gesetzgebenden Fac- toren eine Bereinbarung getroffen werden, welche sür die Reichs finanzreform die Wege ebene. Die in den Anträgen v. Benda und Rickert vorgeschlagene Form halte er jedoch nicht sür die zutreffende. Man werde gut thun, die Regelung für jetzt auf Das, was das Bedürfniß erheische, zu beschränken. Auch eine Zusage der Staatsregierung, künftig eine Vorlage zu machen, wie sie die Antragsteller wünschten, würde vielleicht nicht als ausreichend erachtet werden. Er sei der Meinung, daß die Angelegenheit aus folgender Grundlage zu regeln sein werde: Zu bestimmen, daß, insoweit die Matrrcularbeiträge vermindert oder dem preußischen Staate vom Reiche Mehreinnahmen über wiesen werden, ein entsprechender Betrag von Klassen- und Einkommensteuer sür das betreffende Jahr erlassen würde, wenn nicht eine Bereinbarung über eine anderweitige Ber Wendung oder über die Ueberweisung eines Theiles der Grund und Gebäudesteuer an die Lommunalverbände ge troffen werde. Würde das Abgeordnetenhaus eine Resolution etwa dieses Inhalts annehmen. so würde er (der Finanz- Minister) persönlich dafür eintreten, daß dazu die Zustim mung der Staatsregierung ersolge. — Bon einigen Red nern wurde in dieser Erklärung ein Entgegenkommen gesundeu, wenn sie auch nicht verkannten, daß die Quotisirung der Klassen- und Einkommensteuer als organische gesetzliche Einrichtung da mit noch nicht geschaffen werde. Es müsse, so führten sie aus, zugegeben werden, daß eine Berständigung auf dieser Grund lage das Haupthindernis für die Reichsfinanzreform, insoweit die preußischen Berhältnisse in Frage kommen, Hinwegräumen überkecken Motivänderungen Küchling's. Schade, daß man bei dieser Gelegenheit nicht eine solche Bearbei tung zu erringen suchte. Dieses naivere, treuherzigere, alterthümllchere Ge mälde würde uns nur noch mehr zu jener Bewunde rung hingerissen haben, welche Jeden erfüllen muß bei diesem, durch die ganze Dichtung hindurchgehenden Sturm der Seelenerregung, einem Sturm, wie er in so unablässiger Welse, so mächtig getragen von der Beredtsamkeit des Leides und der Leidenschast in keinem andern Werke Lessing's sich findet. In diesem Dialog herrscht als ein Dämon, der schmerzlich sirenenhast anzieht und den Hörer nicht wieder losläßt, eine Ju gendwärme der Prosasprache, die Vorbild für alle Zeit zu sein verdiente. Otto Banck. Jllustrirte Literatur. Die Redaction der „ Namen losen Blätter" in Berlin giebt ein „Künstler-Album" heraus, dessen erste Lieferung bereits vorliegt. Das Ganze soll in 5 Lieferungen 80 Portraits bringen und wird von LouiS Selar v. Ztankovitz herauSge- geben. Die Ausstattung ist eine überaus elegante, und wir finden in jenem ersten Hefte eine Reihenfolge von berühmten Bühnenmitgliedern auS dem Gebiete der Schauspielkunst, und innerhalb jener Reihe auch von 4 Hoftheatern (Dresden, Berlin, Wien, München) die Abbildungen der obersten Leiter derselben. Bei jedem Portrait fehlt eS, wie immer in solchen Fällen, natür lich nicht an einer schmeichelhaften biographischen Skizze. * DaS erfreuliche Resultat der bisher erfolgten Anmeldungen zur Kunstgewerbeausstellung in würde. Auch von den Redner» der KsrtfchrtttSpartei wurde da» in der Erklärung liegende Entgegenkommen anerkannt Eine längere Discussion entspann sich dann noch über die Form, in welcher eine derartige Berständigung in einer für alle Theile oerblndlichen Weise herbeigeführt werden könnte Dabei wurde insbesondere auch die Betheiligung des Herrenhauses erörtert. Die Verhandlung wurde demnächst vertagt Hervorzuheben dürste noch fein, daß von allen Seiten als selbstverständlich betont wurde, daß eine Vereinbarung in Preußen in keiner Weise drr Reichsgejetzgebung vorgreneu solle, weder in Bezug auf die Finan-reform selbst, noch in Bezug aus di» Sicherstellung der Rechte de- ReichstagS KarlSruhe, 23. Januar. (Fr. I.) In der Ersten Kammer wurde von der Regierung ein Ge setzentwurf, betreffend die gerichtliche Verfolgung wegen Amtshandlungen, und in der Zweiten Kammer eine Convention mit der Schweiz betreffs Grenzregelung bei Konstanz vorgelegt. * Wien, 24. Januar. Heute hat im k. k. Mini sterium des Innern unter Vorsitz deS Ministerpräsi denten Fürsten Adolf Auersperg eine Conferenz über die aus Anlaß des Auftretens einer pestartigen Epidemie in Rußland eventuell zu treffenden Maß nahmen stattgefunden. An der Conferenz nahmen überdies Theil: als Vertreter der kaiserl. deutschen Regierung geh. Regierungsrath und Mitglied des kaiserl. deutschen Reichsgesundheitsamtes, l)r. Finkeln burg; als Vertreter des k. u. k. Ministenums des Aeußern Ministerialrath Konrad v. Konradsheim; als Vertreter der ungarischen Regierung Ministerialrath Balajatti, Ministerialrath Cantinelli, Sanitätsrath Or. Fodor; als Vertreter des österreichischen Ministeriums des Innern Sectionschef Kubin, Ministerialrath Or. Schneider; als Vertreter deS Handelsministeriums Ministerialrath v. Haardt, Hofrath Ritter v. Klaudy, SectionSrath v. Pollanetz; als Vertreter des Finanz ministeriums Oberfinanzrath Schuck; ferner Oberfani tätsrath und Mitglied des obersten Sanitätsrathes Or. Schneller, Professor Or. Dräsche und Sanitätsrath Or. Oser. Es wurden in dieser Conferenz, laut der „Polit. Corr.", nachstehende Beschlüsse gefaßt: 1) Die kaiserl. deutsche und die kaiserl. und königl. österrei chisch-ungarische Regierung hätten so schleunig als möglich in die von der Epidemie ergriffenen Gegenden Aerzte zu entsenden, deren Ausgabe eS jein wird, die Daten der Epidemie zu erfor schen, deren Verlaus zu beobachten und hierüber regelmäßige Berichte an ihre Regierungen zu erstatten. Letztere hätten sich diese Berichte gegenseitig mitzutheilen Den Aerzten wären Persönlichkeiten, welche der russischen Sprache mächtig sind, beizugeben. Die russische Regierung wäre anzugchen, den entsendeten Personen jede thunttche amtliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Der rumänischen Regierung wäre in Erwiderung ihres Anttags anheimzustellen, sich an der Entsendung von ärztlichen Experten zu belyeiligen. L) Die Vertretungen der genannten Regierungen in Ruß land wären anzuweisen, jede irgendwie bemerkenswcrthe Wahr nehmung und Nachricht sofort, jedenfalls aber alle b Tage über den Stand der Epidemie zu berichten. Die Anzeigen und Be richte wären telegraphisch zu erstatten. Die Vertretungen der beiden Regierungen hätten bei Erstattung dieser Berichte in thunlichstem Einvernehmen vorzugehen. Auch die Consulate im Oriente wären zur größten Aufmerksamkeit aus vorkommende, verdächtige Erkrankungen und zur unverweilten diesbezüglichen Anzeige auszujordern. 8) Das Verbot der Einfuhr von Gegenständen, welches be reits durch Verordnungen der österreichischen und der unga rischen Regierung im Jahre 1878 gegenüber Rußland erlassen wurde, hätte aufrecht zu bleiben und wäre im deutschen Reiche einzuführen. Inwiefern das Einfuhrverbot auf andere Gegen stände, welche als Träger von Ansteckungsstoffen verdächtig sind, auszudehnen sei, wäre auf Grund weiterer fachlicher Berathung festzustellen. 4) Reisende aus Rußland wären in das deutsche und in das österreichisch ungarische Staatsgebiet nur dann zuzulassen, wenn aus ihren Pässen die behördliche Bestätigung bcigejügl ist, daß die betreffenden Personen innerhalb 21 Tagen vor dieser Bestätigung nicht in verdächtigen Gouvernements verweilt haben, und wenn rücksichtlich des seit der Bestätigung abgelaufenen Zeitraumes kein Bedenken obwaltet. In Betreff der Inkraft setzung dieser Maßregel wäre eine entjprechende Frist zu ge währen. ö) Die Effecten der aus verdächtigen Gouvernements kom wenden Reifenden wären durch Räucherung mittelst Bleichkalk oder jchwesliger Säure zu deSlnfictten. Bei Enttritt ungün stigerer Verhältnisse wäre insbesondere für HaupteiubruchS- stalionen eine allgemeine sanitätspolizeiliche Revision der Per sonen und Effecten anzuordnen. S) Unter der vorstehenden Voraussetzung wäre der Ver kehr aus Rußland rücksichtlich der Personen und Wagen aus bestimmte Einbruchsstationen zu beschränken. 7) Personenwaggons, welche russische Grenzstationen be rühren, wären nach jeder Tour einer sorgfältigen Reinigung und Lüftung zu unterziehen. Die Reinhaltung und Desin- section der PiffoirS und der Aborte aus den Eisenbahnstatio nen und in den Waggons wären fortwährend streng zu über wachen. 8) Für den Fall einer näher rückenden Gefahr wäre nach vorhergegangenem Einvernehmen zwischen den betheiligten Re gierungen die Grenzsperre uuter Errichtung von Quarantänen in Aussicht zu nehmen. Die Besprechungen werden morgen fortgesetzt. — In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde zunächst die Regierungsvorlage, betreffend die provisorischen Uebereinkünfte mit Frankreich über die Leipzig läßt einen guten Fortgang des Unternehmens unzweifelhaft erscheinen. Bis vor wenigen Tagen wa ren bereits über 600 bestimmte Anmeldungen beim Bureau des Ausstellungscomitvs eingetroffen, jedoch sind dabei die Collectivsammlungen der graphischen Künste, über welche berichtet wurde, nicht mitgerechnet. Unter den Anmeldern befinden sich auch fürstliche und andere hohe Persönlichkeiten, welche weit über 100 ausgezeichnete Meisterwerke älterer Kunst zum guten Zwecke dem Ausstellungscomttä zur Verfügung stellten. * Die internationale Kunstausstellung in München findet, wie uns vom Comite mitgetheilt wird, bestimmt im Sommer dieses Jahres im k. Glas palaste zu München nach dem bereits ausgegebenen Programme Statt. Eine Aenderung desselben ist nur bezüglich des EröffnungStermines emgetreten, der ent gegen den früheren Bekanntgebungen, vom 1. Juli auf den 20. Juli verschoben werden mußte. Der Grund dieser Aenderung war die Rücksicht auf die Beschickung der Künstler Frankrelchs, Belgiens rc., deren Werke die Ausstellung als eine internationale keinenfalls entbehren dürfte, die aber, weil sie zumeist im Pariser Salon zu vorheriger Ausstellung gelangen, nach dem Schlee derselben (15. Juni) nicht mehr rechtzeitig in München hätten eintreffen, resp. zur geeigneten Ausstellung ge langen können. Der Termin für die Anmeldung und Einsendung ist, mit alleiniger Ausnahme der im Salon ausgestellten Kunstwerke Frankreichs, Belgiens rc., der- stlbe geblieben (31. März und 31. Mai); für die letzt genannten ist drr späteste Einlieferungsterimn der 15. Juli. meistbegünstigte Behandlung de» Waarenverkehr» und die Verlängerung deS SchifffahrtS-, Lonfular-, Ver- lasfenschafts - und literarischen Vertrags vom 11. De- cember 1866, genehmigt. Der Handelsminister Ritter v. Chlumecky erklärt, daß er bereits Anstalt getroffen habe, die nunmehr veränderten Zollsätze zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. Sodann wurde die am 15. d. eröffnete Generaldebatte über den Berliner Vertrag fortgesetzt. In der gestrigen Sitzung hatte der Abg. Aujpitz (Mähren) in persönlich gehässiger Welse den Abg. Or. Herbst angegriffen, indem er denselben be schuldigte, daß er mehr als irgend ein Anderer dazu beigelragen habe, die österreichischen Finanzen herunter zubringen, weil er für die Krisenanleche und die Elsen- bahnsanirungen eingetreten sei. Abg. Auspitz nannte Herbst's Wirksamkeit ein staatsgefährliches Attentat, dessen Verderblichkeit nur durch Herbst's parlamenta rische Doctrin übertroffen werde, welche dem Ver- sassungsleben mehr Wunden geschlagen habe, als irgend eine absolutistisch gefärbte Regierung. Die Worte erregten Sensation und erfuhren fofort die entschie denste Verurtheilung. Dieser Angriff veranlaßte den Abg. Or. Weeber, welcher heute als erster Redner sprach, gleich zum Beginn seiner Rede sein lebhaftes Bedauern über diesen Zwischenfall auszudrücken und die Integrität und die persönliche Ehrenhaftigkeit Or. Herbst'S rühmend hervorzuheben, welche Bemerkung das Haus mit allgemeinem Beifall aufnahm. Auch im Club der Linken, welchem Abg. Auspltz als Mit glied angehört, kam der Zwischenfall von gestern zur Besprechung. Die von einer Seite aufgeworfene Frage, ob der Club der Linken mit einer Kundgebung her vortreten sollte, wurde mit der Erwiderung erledigt, daß Or. Herbst keines Leumundszeugnisses bedürfe. Einigermaßen fiel es auf, daß der Vicepräsident des Abgeordnetenhauses, Or. v. Vidulich, gerade heute seinen Austritt aus dem Club der Linken angezeigt hat. Der nächste Redner war der Abg. Hausner, welcher für die Verwerfung des Berliner Vertrags ist und den motivirten Uebergang zur Tagesordnung unter Vorbehalt der Wiederaufnahme des Gegenstandes nach der Ernennung eines definitiven Ministeriums bean tragt. Derselbe protestirt gegen die Theorie von der Unabhängigkeit der Diplomaten von den Parlamenten. Der Verwerfung des Berliner Vertrages brauche kei neswegs die Zurückziehung der Truppen aus Bosnien zu folgen, wohl aber eine ehrliche Convention mit der Türkei unter Garantie ihres Bestandes gegen Ruß land. Es wird Schluß der Debatte beantragt und mit 107 gegen 105 Stimmen angenommen. Abg. Neu wirth bringt einige thatsächliche Berichtigungen gegen Auspitz vor und bezeichnet dessen Aeußerungen als Verleumdung. Der Präsident Or. Rechbauer rügt diesen Ausdruck als unparlamentarisch. Abg. Auspltz erklärt, daß er in ferner gestrigen Rede gegen Or. Herbst nur dessen politische Thätigkeit, nicht aber seinen integecn Charakter habe angreifen wollen. Als Ge neralredner in der Debatte über den Berliner Vertrag werden gewählt Or. Sturm gegen und Graf Coro- ninl für. Paris, 23. Januar. Die Gemüther beginnen sich von den Aufregungen der ministeriellen Krisis (wenn man von einer eigentlichen Krisis sprechen kann) zu erholen. In der radicalen Presse, der sich diesmal auch die „Röpublique stan^aise" Gamdetta's beigesellt hatte, grollt es noch wie ein abziehendes Unwetter; aber in den politischen Kreisen und im großen Publi cum hat man sich vollständig beruhigt und würde nur dann an eine Rückkehr der Gefahr glauben, wenn das Ministerium allzulange zögerte, mtt den allgemein erwarteten und als nothwenblg erkannten Perjonalver- änderungen hervorzurücken. Die öffentliche Meinung verlangt in dieser Beziehung nicht so viel wie ein Theil der Deputirten, aber sie verlangt, daß etwas geschehe und daß wenigstens die Regierung der Mehr heit ihren guten Wlllen beweise, auf das Vertrauens votum vom 20. Januar Rücksicht zu nehmen. All seitig wird anerkannt, daß oer Senat vernünftig ge handelt, indem er auf die Idee verzichtete, auch seiner seits in einer Tagesordnung sein Urtheil über das Regierungsprogramm abzugeoen. Wie jetzt die Dinge bestellt sind, ist nicht zu vermuthen, daß der Amnestie- Vorschlag, durch welchen die äußerste Linke eine Art Revanche für ihre letzte Niederlage nehmen will, zu unan genehmen Verwickelungen führen könnte. LouiS Blanc hat für seinen Antrag auf eine allgemeine Amnestie, wie man sagt, etwa 100 Unterschriften aufgebracht, und mehr Stimmen wird er m der Kammer nicht er halten. Es heißt zwar jetzt, die republikanische Union wolle nach Verwerfung des LouiS Blanc'scheu Antrags, einen Vorschlag aus theilweise Amnestie einbringen, aber auch die>em Unternehmen, vorausgesetzt, daß es wirklich zur Ausführung kommt, läßt sich kein Erfolg versprechen, wenn irgend die Regierung für die Rück kehr der schon begnadigten Insurgenten liberale An stalten trifft und nicht etwa darauf besteht, dieselben die peinlichen Folgen einer regelrechien Polizeiaufsicht erdulden zu lajsen. Da die Amnestie von der Regie rung nicht bewilligt worden, vielmehr durch einige Tausend Einzelbegnadigungen ersetzt worden ist, so bleiben für die Begnadigten die gesetzlichen Folgen der Strafen fortbestehen, und fast alle, von Neucaledonien Zurückkehre nden, man kann sagen, alle werden für mehr oder weniger lange Zeit unter Polizeiaufsicht zu verbleiben haben. Nun kann nach altem Gesetz Nie mandem, der unter Polizeiaufsicht steht, der Aufenthalt in Paris gestattet werden. Die Begnadigten wären also sämmtlich in die Provinzialstädte zu verweisen. Sie sind aber Pariser, haben ihre Angehörigen in Paris, und Biele von ihnen sind durch ihren Beruf oder ihr Handwerk auf den Aufenthalt m der Haupt stadt angewiesen. Es wird also in dieser Beziehung etwas geschehen müssen, wenn ihre Begnadigung nicht als theilweise illusorisch erscheinen soll. — Heute ist vor der 8. Kammer der Preßproceß der radica len „Laterne" zur Verhandlung gekommen. Die Po- lizeipräfectur hat eine BerleumdungSklage gegen dieses Blatt angestrengt, weil dasselbe in einer Reihe von Artikeln (die noch fortgesetzt werden) die merkwürdig» sten Enthüllungen über die Pariser Polizeiverwaltung gemacht hatte. Es wurde behauptet, daß die Einlei tung dieses ProcesseS von Seiten der Präfectur eine große Unvorsichtigkeit verrathe, da die „Laterne" offen bar Beweise für ihre Behauptungen beizubringeu oer 2ur Gnrülsrage. London, 23. Januar. Man telegraphirt der „Pr."': Die Meldung, daß die Holzf lotul le zum Kreuzen vor den Prinzeninseln abgesendet worden, wird vielfach commentirt. Richtig ist nur die Auffassung, daß die Regierung eine wachsame Beobachtung der Vorgänge in und um Konstantinopel für opportun er achtet. 2. Wien, 24. Januar. Gegenüber den alarmiren- den Berichten der „ Polit. Corr." aus Philippopel und Adnanopel, wonach in Ostrumelien Alles vorbe reitet werde, um nach Abzug der Russen sich sofort gegen die ottomanische Regierung zu erheben, mag cvnstatirt fein, daß Derartiges besagende officielle Be richte hier nicht vorliegen. Es wird jedoch hier be tont, daß, so sicher als Rußland zum vertragsmäßigen Termin Ostrumelien räumen werde, dort auch Un ruhen loSbrechen dürften. Bei dem Umstande, als diese Möglichkeit bisher blos in der ostrumelischen Commission zur Sprache kam und hierbei die Nütz Uchkeit einer gemischten Occupation für diesen Fall betont wurde, sonst aber unter den Mächten kein hierauf bezüglicher Ideenaustausch stattfaud, dürfte eS sich jedenfalls empfehlen, daß die Tractatmächte diese Sache einer eingeheirden Behandlung unterziehen und dafür sorgen, daß der Ausbruch einer Bewegung m Ostrumelien Europa nicht unvorbereitet find«. Bukarest, 21. Januar. In einer Correspondeuz, welche der „N. st. Pr." von hier zugeht, heißt eS: Das VolkSminffterium Bratiano ist das einzige, wel ches in der Lage ist, die von ganz Europa gewünschte und geforderte Emancipation der Juden in Ru mänien durchzufuhren, ohne daß eS zu gefährlichen Krisen und zu blutigen Coflicten kommt; denn nur eine populäre Regierung hat Einfluß genug auf die Massen der Bevölkerung, um daS Vorurthett derselben gegen die Israeliten zum Wohle de» GesammtstaateS zu besiegeu. Niemand, der die Zustände in Rumänien längere Zeit beobachtet und studirt hat, wird der Volks partei in Rumänien, welche durch Joan Bratiano ge wissermaßen verkörpert wird, diesen Einfluß bestreiten können, und Thatsache ist, daß da- Ministerium Bra tiano sich verpflichtet hat, diesen Einfluß für die Eman cipation der Israeliten zur Geltung zu bringen. Die Thronrede, mit welcher Fürst Karl die Kammersession eröffnete, hat es deutlich ausgesprochen, und ebenso die Antworten, welche der Senat und die Kammer al- Ausfluß der Regierungspartei auf die Thronrede er- theilt haben. Stürzt daher da» gegenwärtige Mini- sterium und wird die liberale Partei in die Opposition gedrängt, jo ist sowohl die Emancipation der Juden als die Ruhe und Ordnung im Lande in Fruge gestellt. Konstantinopel, 23. Januar. Nach einer von heute Abend dattrten Depesche der „Polit. Corr." sollen morgen die Verhandlungen zwischen Kara- theodory Pascha und dem Grafen Zichy w gen der Convention über die eventuelle Besetzung des Dlstrictes von Novi-Bazar wieder ausgenommen werden. Gleichzeitig verlautet, daß unter Einem da» endgiltige Arrangement, betreffend Bosnien und die Herzegowina, in die Verhandlungen cuibczogen werden soll. — Wiewohl der erste türkische Delegirte bei der montenegrinijchen Grenzregulirungscommission, Kia mil Pascha, in Skutari erkrankt ist, hat die erwähnte Commission dennoch ihre Thätigkeit eröffnet, indem sie zunächst die Räumung von Spuz verfügt hat. Hier auf soll unmittelbar die Räumung von Podgorizza er folgen, welche, wie man hofft, sich ohne besondere Schwierigkeiten wird effectmren lassen. — Wiewohl die bei der Redaction des türkisch-russischen Frie densvertrages entstandenen Schwierigkeiten (Schwierig keiten, welche die „Agence russe" vergeblich zu demen- tiren sucht) bereits beglichen sein sollen, ist bis heute der Vertrag noch nicht zur Unterzeichnung gelangt. Vielfach wird in Konstantinopel angenommen, daß man rujsifcherseits mit der Unterzeichnung bi» zur voll zogenen Räumung Podgorizza« zögern zu wollen jcheint. — Nachdem die türkisch-griechische Grenz- regulirungscommissson in Annino eingetroffen ist, wurde Mukhtar Pascha telegraphisch angewiesen, die Verhand lungen unverzüglich zu beginnen. örrsduer Uachnchtev vom 25. Januar. — Im Locale de- sächsischen Kuustoerein» auf der Brühl'schen Terrasse (geöffnet täglich von 11 bis 3 Uhr) sind ferner neu aufgestellt: 1. Oel- gemälde von Bimmermann (Düsseldorf), v. Hartitzsch (Blasewitz), Kops, Mali (München) uad L. Rau. — II. Aquarelle von Fanny Bürkner uad F.W. Heine. — 111. Plastik. Büste in GypS, modellirt von Schlüter. — Unvorhergesehener Umstände wegen ist die Ziehung der Lotterie de- Albertverein- auf den 26. Feb ruar und folgende Tage verschoben worden (vergl. d. Inserate). mag. Und so sind d-nn auch gleich beim Beginn der Ver handlung haarsträubende Dinge zum Vorschein gekom men. Eine große Zahl von Polizeiinspectoren, lauter edemalige Unterofffiziere, die während ihrer Dienstzeit nicht bestraft worden, bezeugten die Wahrheit vieler An klagen, welche die „Laterne" gegen die Präfectur er hoben hat. Sie bezeugten u. A., daß in dem Polizei palast eine wahre Folterkammer existirt. Um die Ver hasteten zum Geständnlß zu bringen, preßt man ihnen die Finger mit einem Strick zusammen. Die- Ber fahren heißt lisxotuge. St. Petersburg, 24. Januar. (Tel.) Heute fand m der großen Kirche des Winterpalai» die Trauung des ErbgroßherzogS von Mecklenburg-Schwe rin mit der Großfürstin Anastasia Michajlowna von Rußland Statt. Während die Trauung vollzogen wurde, ertönte von allen Kirchen der Stadt Glocken geläute. Zu gleicher Zeit wurden in der Festung Kanonenschüsse gelöst. Seit dem frühen Morgen sind die Häuser der Stadt mit Flaggen festlich gejchmückt. Für den Abend ist eine allgemeine Illumination der Stadt vorbereitet. Nach der Trauung fand im Wm- terpalais Mittagstafel Statt, welcher ein Festball folgen wird.
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