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Dresdner Journal : 05.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188003056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800305
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800305
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-05
- Monat1880-03
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 05.03.1880
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»aiu rentu r jol- nach durch : die >s der angt keine anz«- » sich »erde, ebene dann ifüh- trage den Uhr. ». » » 8 » ». t. S., ä-z«ll loggen 20 M. Juni- ruüig l. i«., S4.N) r. k. «, -Juni cmijch »Wer !k !k k-t- I-, e»> frc. ler und . 1,1. iko»u» icheo:- «l «8- Luder Karl Span- aller!, i Art- rescher, n. G Hanl), -c rette ^S3. Freitag, den 5. März. L880 ido»n«»»»d»Pr»I»: W MWX» 1»»r»^U«n Naled»: ^LtxlicN: . . 18 dlark H ^Mdrliek: 4 dlartr SU?k. Wu>Wloe kiuwmsro: 10 ?5 LWWriuUd äs«<lvut»ekvo liLici><» tritt ko»t- uad Ltewp^l^u-ctil^ dinra. Inser»t«upr»l8«r »Mr a»o knuna «invr ^Wpattsosa kvtitreilv 20 ?5. Voter „Lio^W»ncit" äis Lsrls SO ?k. IMMlick mit Xnannkme 6sr Sono- rwä ksisrluzs ^voocte für den sol^8a«1vn l'nj; DreMerIouriml. loner»1<>n»on»I>m« »oareLrta» /-> 6ommi»eiooLr 6«, OrWÜner ^ouiu^i»; Samdar» 8«r1to Vi«o l.»tp«ix 8»»»! - 8r»»I»o ^rsnlltart ». H.: //aa»e»k>te»n L Sartin VianHiundurM- ?r»M-l,»ip»>M Nraakkurt a. tl Hüncken: /ivei. LarUn: §. /rornict, /»« a/> , Lr,w«a: Iraelau. F LtoriAkn z öürenu; vdawnite: F>. ^o«At; rrankturt ». N.: L u. t/. //errrnann- »cde ljnckk>»nälun8: vörliti: Mri/er, Snonoear: 6. Lc-ü-<«irr,' k»rl» Ssrlm- rrLnIlturr ». H. »tattMart: 7)aube L t>o., »Edur?: H Lte«^en, ^4ci §<«,»«. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Nvrnonxvdvr: NSniel. krpeäitioo äe» Or«»av8r Journal«, llreeäen, ^vio^erelraeev Ao. LO. tlichtamtlichkr Theil. Telegraphische Nachrichten. Pari-, DonncrStag, 4. März. (Tel. d. DreSdn. Zourn.) Die „Lanterve" und daS „Mot d'Ordre" veröffentlichen eine Proklamation deS russischen re volutionären ErecutivcomitSS an das französische Lolk, in welcher daS Verlangen au-gesprochen »ird, daß der verhaftete Russe Hartmann nicht aa Rußland auSgeliefert werde. Der spanische Botschafter erklärt die Gerüchte von einem angeblich neuerdings stattgehabten Atten tate auf den König von Spanien für unbegründet. Paris, Mittwoch, S. März, LbendS. (W.T. V.) Die Commission zur Lorberathung der Re- crutirungSvorlage bat fick für dir Aufhebung deS Kreiwilligendienste- ausgesprochen, der Berlänge- ruug der aktiven Dienstzeit auf 40 Monate aber zugrstimmt. Brüssel, Mittwoch, 3. März, Abend-. (W. T B) In der heutigen Sitzung der Repräsentan- ttnkammrr äußerte sich der Minister deS Auswär- tigen, Kr^re-Orban, über den stattgrhabten Mei nungsaustausch mit dem Vatikan und hob dabei hervor, daß durch die Beibehaltung der Gesandt schaft bei dem päpstlichen Stuhle durchaus kein Zugeständniß gemacht und nicht das geringste Recht aufgegrben worden sei. Am Schluffe der Sitzung erklärte der Justizminister, daß der gestrige Vorfall an der Ecke der Nur Ecuyer durchaus nicht den Charakter eines Attentate- habe. London, Mittwoch, 3. März, Nachmittags. W. T. B.) DaS Unterhaus hat Griffel, welcher im vorigen Jahre die Privilegien deS Hauseö verletzte, sich damals der Strafe entzog, erst zwei läge vor dem Schluß deS Parlaments sich stellte und dann eine Nacht im Newgategefängniß zu- drachte, zur weiteren Gefangeuhaltung in Newgate verurthrilt. Griffel hatte vor seiner Verhaftung eine Abbitte verlesen. St. Petersburg, Mittwoch, 3. März, Abend». T. B.) Heute Nachmittag gegen r Uhr wurde auf den Hauptchef der höchsten Ere- cutivkommissiou, General Grafen LoriS-Melikow, alS derselbe, von einer Ausfahrt heimkehrend, vor seiner Wohnung (große Morskoi, gegenüber der refor- imrlen Kirche) auS dem Wagen stieg und seinem Kutscher Befehl zum Abspannen gab, von einem jungen Manne in unmittelbarer Nähe ein Sckuß abgrfruert. Der Graf blieb unverletzt. Die Kugel durchstreifte nur den Paletot an der linken Seite in der Gegend der Hüfte. Der Graf er griff den Attentäter selbst. Der Attentäter machte noch einen Fluchtversuch, bei dem sich aber ein Junge ihm entgegenwarf, so daß er zu Boden stürzte, worauf die Verhaftung erfolgte. Man will wissen, der Attentäter habe noch einen zweiten Schuß auf den Grafen abfeuern wollen; dieser habe ihn durch eine» Schlag daran verhindert und unterstützt von dem ihn begleitenden Kosaken ergriffen. Der Attentäter war gut gekleidet. Die Untersuchung ist im Gange. Graf LoriS-Melikow begab sich bald nach dem Attentat zum Kaiser. Der Großfürst-Thronfolger, die Großfürsten, der Herzog v. Edinburgh, der Kürst von Bul garien und zahlreiche hohe Würdenträger haben dem Grafen LoriS-Melikow sofort ihren Besuch abgeftattrt. Die Stadt ist heute wegen der gestrigen Jubi läumsfeier abermals illuminirt. St.Petersburg, Donnerstag, 4.März. iTel. b. DreSdn. Journ.) Das erste Verhör deS Ver brechers, der auf den Grafen LoriS-Melikow schoß, ist von dem Stadthauptmann vorgenommen wor den. Der Attentäter sagte auS, er sei getaufter JSraelit ans dem Gouvernement Minsk, wo er das Gymnasium absolvirte, und heiße Hippolyt Mladetzki. Der Verbrecher sagte unter Anderem, Graf LoriS-Melikow werde durch seine Genossen getödtet werden, nachdem dies ihm nicht gelungen sei; wenn eS einem Zweiten ebenfalls nicht ge lingen sollte, so würde eS ein Dritter thun. Konstantinopel, Mittwoch, 3. März. (Tel. d. Boh.) Wie sich herauSstrllt, war eS bei dem angeblichen Attentat auf den Sultan bloS auf einen Erpressungsversuch abgesehen, dessen Urheber der Adjutant des Sultans Aristarchi Bey war. Derselbe bediente sich dabei des Griechen Papado- pulo und ließ durch denselben eine Anzahl Or- sinibomben sammeln, um sodann den Sultan auf die Verschwörung aufmerksam zu machen und seinen Lohn zu erhalten. Schon früher ein Mal hatte Aristarchi Bey dem Sultan gesagt,'daß er eine Verschwörung entdecken könnte, daß er aber 3000 Pfd. Sterl, brauche, um den Uebelthätern auf die Spur zu kommen. Aristarchi Bey wurde ver haftet. Washington, Mittwoch, 3. März. tMT. B.) Der KinanzauSschuß deS Repräsentantenhauses hat sich gegen jede Revision des Tarifgesetzes während der gegenwärtigen Session des Con- greffeS ausgesprochen. Dresden, 4. März. Das 25jährige Regierungsjubiläum deS Kai sers von Rußland ist vorgestern in St. Petersburg und im ganzen russischen Reiche in würdigster Weise gefeiert worden. Weder der osficielle, noch der popu läre Theil des Festprogramms erliit die geringste Stö rung. Der von dem Reichsrath gefaßte Beschluß der Beglückwünschung deS Kaisers zählt vor Allem die großartigen, unter dem Kaiser ausgeführten Reformen auf. Die nach Verlesung dieses Beschlusses durch den Vorsitzenden des Reichsraths, Großfürsten Konstantin, von dem Kaiser elthellte Antwort dankte für den Aus druck der treuen Gefühle, wie für die Mithilfe, die der Reichsrath und die Minister, die frühem wie die jetzigen, bei der Durchführung der großen legislatori- schm Arbeiten geleistet haben; die Antwort gedachte dabei auch der dahmgefchledenen Theilnehmer au dem Reformwerk, sowie der besondern Theilnahme des Großsürsten Konstantin bei der Bauernre form, und sprach die Hoffnung aus, der Reichsrath werde ihm wie immer auch in den noch bevorstehenden Arbeiten Helsen. Der Kaffer schloß mit dem Ausdruck des Vertrauens, Golt werde Rußland aus den schweren Tagen, in welchen es sich jetzt befinde, herausjühren. Auf die Adresse des Senats, welche m einer Plenarsitzung jämmtlicher Senatsdepartements festgestellt war, er widerte der Kaffer, er sei überzeugt, daß der Senat wie früher, so auch künftighin zum Wohle Rußlands wirken werde, daß die Thängkeit desselben stets auf die Bekräftigung der legalen Ordnung gerichtet sein werde. Er hoffe auch künftig Gelegenheit zu haben, dem Se nat für die loyale Erjüllung seiner Pflichten zu danken. Unter den Adressen, welche dem Zaren übergeben wurden, befindet sich auch jene der Polen. Man bemerkt an diesem Aktenstücke, in welchem Kaiser Alexander ge beten wild, die Vergangenheit zu vergessen, namentlich die Form der Anrede. Der Zar wird als „kaiserliche und königliche Majestät" angesprochen, war angesichts deS Umstande-, daß Polen officiell nur als Weichsel- departement rangirt, hervorzuhebcn sein dürste. Der Fanatismus der Nihilisten hat leider nur ans Stunden geschlummert. Ihr Haß und ihre verbrecherischen Pläne scheinen sich nunmehr auf Denjenigen zu rich ten, welchen der Kaiser vertrauensvoll mit den unum schränktesten Vollmachten auSgestattet hat Der Haupt chef der höchsten Executivcommission, General Graf LoriS-Melikow, dessen Anordnungen alle Behörden und Verwaltungsressorts unbedingt Folge zu leisten haben, war, wie der Telegraph aus St. Petersburg meldet, gestern Nachmittag in Gefahr, einem Attentat zum Opfer zu fallen. Diese neue Frevelthat muß in das Demuth des im Nachklange seines Ehrentages mild und feierlich gestimmten Monarchen einen abermaligen grellen Mißton werfen. ES ist ein tragisches Geschick, daß nach einer 25jährigen, von den besten Absichten getragenen Regierung die Gebete für den Kaiser in dem innigen Wunsche gipfeln, die gütige Hand der Vorsehung möge ihn auch ferner vor tückischen Meu chelmördern gnädig beschützen. Die „Neue Preu ßische Zeitung" sagt: „Ein Jubiläum, das wegen der Drohungen einer Berschwörerbande nur in engen Schranken gefeiert werden kann, ein Freudenfest unter der „Diktatur" — das trägt einen starken SchmerzenS- zug in seinem Gesicht. Kaiser Alexander hat sich zu wiederholten Malen als einen Freund Preußens und Deutschlands erwiesen. Kaiser Wilhelm hat in einem vom Reichskanzler Fürsten Bismarck contrasignirten Schrei ben seine Freude darüber kundgegeben, daß die Freund schaft, welche die Väter verband, sich auch bisher be währt hat, und hat die Zuversicht ihres ungetrübten Fortbestehens ausgesprochen. Auch wir schließen uns dem an mit dem Wunsche, daß den dunkeln Gewalten des Abgrundes, welche das Leben des Kaisers Alexan der in frevelhafter Weise zu gefährden wagen und den Frieden seines Reiches im Innern und in ihrer wei teren Wirkung auch nach außen hin zu stören drohen, bald ein Ziel und Ende gesetzt werde, und daß es dem Jubilar auf dem Throne vergönnt sein möge, nach den trüben und schmerzlichen Tagen der Gegen wart noch frohere und freudigere der Zukunft zu sehen." — Die „Elsaß-Lothringische Zeitung" schreibt: „Die große Mehrheit des deutschen Volkes wird von Herzen in den Gruß elnstimmen, den unser ehrwürdiger Kaiser seinem Neffen dargebracht, eine Kundgebung, welcher durch die Gegenzeichnung des Fürsten Bis marck ein historischer Charakter beigelegt worden ist. Dieselbe fällt angesichts der Versuche, welche neuer dings von Frankreich und von Personen und Parteien in Rußland selbst ausgegangen sind, die altbesreundeten Mächte zu entzweien, um so ernster in das Gewicht. Auf dieses sein Rußland aber wird Kaiser Alexander nur tiefbewegten Blickes schauen können. Die Ant wort auf seine humanen Gesinnungen, seine unaus gesetzten Resormbestrebungen ist der Meuchelmord, der ihn und die Seinen mit unerhörter Frechheit und teuf lischer Bosheit im innersten Frieden des Hauses be droht. Wohl werden Millionen von DankeSstlinmen an sein Ohr schlagen und in ganz Rußland alle besseren Elemente sich vereinen, um dem Kaiser durch Huldigungen aller Art für die schmerzlichen Erfah rungen des letzten Jahres in Beweisen unge brochener Liebe und Treue annähernd Ersatz zu bieten; aber diese alle werden die tiefen Schatten nicht bannen können, welche aus der so seltenen Feier eines 25jährigen Herrscherjubiläums liegen; jede Fest freude verstummt, wo der Meuchelmord in tausend fältiger Weise umgeht. Wenn Millionen Russen auf die Regierung des Kaisers, auf alle die Wohlthaten, die er seinem Volke geschaffen, dankbar zurückblicken, so wirkt vielleicht dieser Rückblick im Verein mit den schauerlichen Lehren der letzten Zeit erweckend und bessernd aus weite Lkreise der russischen Gesellschaft, die sich dann endlich aufraffen wird, um Hand in Hand mit der Regierung und mit vereinten Kräften dem Kaiser und Rußland die Sicherheit und den Frieden zurückzugeben." — Die „Schlesische Zeitung" weift darauf hin, daß „die wahnsinnige Umsturzpartei gerade aus den höhern Klassen der russischen Gesell schaft, aus den fogenannten gebildeten, zum überwie genden Theile aber nur halb gebildeten Ständen sich recrutirt", und fährt dann fort: „In diesen Schichten des russischen Volkes ist die Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen, mit den Ergebnissen der 25- jährigen Regierung Zar Alexander'S ganz allgemein. Man macht den Monarchen für den, den nationalen Chauvinismus so wenig befriedigenden Ausgang des opfervollen Krieges gegen den türkischen Erbfeind ver antwortlich; man verlangt von ihm die Züchtigung des gegen Rußland fo feindseligen Europa; man for dert von ihm die Zertrümmerung der Staaten, welche Slawen zu ihren Unterthanen zählen und Vereinigung dieser unter dem Schutze der „MutterRußland"; man mißt »hm aber auch die Schuld bei für die Willkür und den Mangel an Pflichtgefühl der Beamten; man fordert von ihm eine Constitution nach europäifchem Muster. In diesen Kreisen — und sie reichen sehr weit nach oben hinauf — sympathisirt man insofern mit dem Nihilismus, als dessen Verbrecher möglicher Weise dazu beitragen, das herrschende System zu er schüttern. Trotz aller zur Schau getragenen Loyalität, trotz aller Spenden und Stfftmsgen zur Feier des kaiserlichen Regierungsjubiläums täuscht sich Niemand mehr über den wahren Geist, der diese Schichten des russischen Volkes erfüllt. Wenn das Ausland gegen wärtig beim Hinblick auf die russische Hauptstadt von Unbehagen ergriffen wird, so ist das Motiv davon keineswegs allein das sehr begreifliche Mitgefühl mit der erhabenen Gestalt des trotz seiner Wohlthaten so tief gehaßten Kaisers Alexander, sondern ebenso die Bejorgniß vor den wachgerufenen und nicht ohne Schuld der Regierung großgezogenen chauvinistischen Leidenschaften' der russischen „Gebildeten". Diese Be- sorgmß zu beruhigen, erscheint em hochwichtiger, von Kaiser Wilhelm soeben vollzogener Act sehr geeignet. In seiner Eigenschaft als Deutscher Kaiser wünscht der Beherrscher Deutschlands in einem officiellen, von Fürst Bismarck contrasignirten Schreiben dem russffchcn Zaren Glück zu dessen Ehrentage, indem er seiner Freude darüber Ausdruck verleiht, daß die Freundschaft, welche die Väter der beiden Monarchen verbunden, sich auch in ihren gegenwärtigen Beziehungen bewährt hat, und endlich die Zuversicht ausfpricht, daß diese Freundschaft auch fernerhin ungetrübt bestehen wird." — Der russische „Golos" findet das CabinetS- schreiben des Kaisers Wilhelm ganz besonders geeignet, „die russische Gesellschaft zu beruhigen". Die „National-Zeitung" knüpft an die Mel dung von dem Mordversuch auf den Grafen LoriS- Melikow die nachstehenden Betrachtungen: „In welcher Epoche leben wir! Die Presse hat kaum Zeit gehabt, ihre Befriedigung darüber kundzugeben, daß das RegierungS- jubiläum des Kaisers Alexander ohne äußere Störun gen vorüberging, so wirft bereits der Telegraph aus St. Petersburg die Nachricht von einem neuen Ver brechen in die Welt. Em Mordversuch auf den Gra fen LoriS-Melikow, den obersten Chef der obersten Commission, auf den Dicrator Rußlands, ist gemacht worden. Das Verbrechen ist nicht gelungen. DaS Charakteristische an dem Verbrechen ist diesmal da» brutale und rücksichtslose Draufgehen des Thäters. In unmittelbarster Nahe, so drückt sich das Telegramm aus, ist der Schuß abgefeuert worden; der Verbrecher hatte den Moment gewählt, wo durch das Ausstelgen auS denl Wagen die Bewegung des Dictators verlang samt war. Keine Rücksicht auf Entkommen und Sicher Feuilleton. Nedi-irt von Otto Bauet. Mittwoch den 3. März fand feiten des hiesigen Konservatoriums für Musik im Börsen aale ein Orchefterabend unter Dlrection des artisti chen Dnector» der Anstalt, Herrn HoskapellmeisterS vr Wüllner, Statt. Das Programm enthielt schwierige Aufgaben in Fülle, so namentlich in der Loriolan- Ouverture, der Begleitung deS Beethoven'jchen Llavier- concertS (6-äur) und in der ^-äur-Symphonie von Mendelssohn-Bartholdy. Sämmtliche Ausführungen de» Orchesters — welche- (mit Ausnahme der Pauken) nur auS Schülern des Conservatormms bestand — überraschten von Neuem durch ihr treffliches Gelingen in Technik, Intonation, präcisem Zusammenspiel und musikalisch verständiger, gut nuancirter Gestaltung; sie erwiesen in erfreulichster Weise, wie tüchtige Resultate durch Fleiß und Eifer der Schüler — besonders auch hinsichtlich der Blasinstrumente — und durch eine mtt Intelligenz und beharrlicher Gewissenhaftigkeit an- gevendete instructive Methode feiten der Lehrer und de» Dirigenten »m Lonservatorium erreicht wurden. Die bedenklichste Aufgabe war einer jungen Clavier spielerin mit dem O-ckur-Concert Beethoven'» gestellt, welche» in seinen Ansprüchen an geistvollen und poetisch ewpfundtnen Vortrag unter den Clavierconcerten an erster Stelle steht. Daß die Spielerin der Lösung sol cher Aufgabe nahe trat, war nicht zu verlangen; aber fie »an sich sehr wohl damit befriedigt fühlen, daß ihre Ausführung eine fleißig benutzte, musikalisch ausgezeich nete Unterweisung bekundete und die Befähigung, leich tere Piecen fehr hübsch zu spielen, sobald sie nur erst ihren Anschlag für kräftigeren Ton und entschiednere Tonfchattirung bester ausgebildet haben wird. An Gesangstücken kamen zum Vortrag ein Quartett aus „Jdomeneo" und ein Duett aus „Jessonda". Ein Tenorist (Hr. Wachtel) trat dabei durch eine bereits anerkennenswerth vorgeschrittene Ausbildung seiner Stimme hervor. Abgesehen von den so lobenswerthen braven Ausführungen des gesammten Orchesters, gaben die Violinisten desselben in einem Vivlinpräludium von I. S. Bach (mit Orchesterbegleitung) die beste Lei stung des Abends, vorzüglich in Präcision, gleichmäßi gem Strich, Tonschattirung und scharsaccentuirter Rhythmik. Es ist in der Musik eine alle gute Schulmeister regel, Schüler öffentlich nur ausführen zu lasten, was sie mit ihrem erlernten Können wenigstens technisch gut und mühelos beherrlchen. Sie empfiehlt sich, umsomehr noch bei öffentlichen Productionen einer Lehranstalt, die nicht — wie eS wohl richtiger wäre — zu Ende de» jährlichen Unterrichtscursus als Prü- sungiproductionen stattfinden, sondern mitten in diesen Hineinsallen, und ihn unterbrechen. Denn besonder» schwierige Ausgaben machen auch ganz besondere län gere Vorübungen nöthig, wodurch die mehr oder we niger irrltirenden Unterbrechungen in der logischen Folge de» Lehrcursu» und in dem ruhigen Studium nur fühlbarer werden. L. Banck. Weltindustrien. (Forlsetzung zu Nr. S2.) Der Lederei verwandt, insofern beide thierische Felle bearbeiten, ist die Kürschnerei. Zwar nicht in der eigentlichen Ausübung des letzteren Gewerbes, wohl aber in der Ansammlung der größten und kostbarsten Pelzvorräthe sür dasselbe steht England in vorderster Reihe. Allein von der Hudjons-Bai-Compagnie wur den importirt: 1856 757 431, 1866 896164, 1875 842 248 Stück Pelzfelle der verschiedensten Art. In dessen bildet das Jagdergebniß der Hudsons-Bai-Länder nicht den ganzen Stock des Londoner Rauhwaaren- Marktes, indem Pelzwerke auch aus andern Gegenden in großen Massen zugeführt werden. Die Gejammt- zahl der eingesührten Felle, groß und klein, hat daher beffpielsweffe im Jahre 1876 mehr al» 8 200060 nn Gesammtwerthe von über 21 Millionen Mark betragen. Besonders bemerkenswerth ist die enorme Anzahl von Seehunds- und Robbenfellen (seal-vkins), welche der Pelzerei jährlich zuströmen. Die Küsten von Neufund land und Labrador sind die Hauptjchauplätze der höchst aufregenden und gefährlichen, aber auch fehr lucrativen Robbenjagd. Die geringe Mannfchaft de» kleinen Steamers „Neptun" hat im Jahre 1876 auf einem Eiland binnen wenigen Stunden 18000 Robben mü Knüppeln erschlagen — gewiß eine Herkulesarbeitl Den Werth eines Thieres (Fell, Oel rc.) zu nur 20 M. veranschlagt, waren 360000 M. der Beutegewinn eine» halben TageSI Ein Drittel desselben fällt vertrags mäßig der arbeitenden Mannschaft zu. Neufundland rüstet jährlich 200—300 Fahrzeuge mit einer Bemannung von etwa 15000 Köpfen für diese Jagd au», welche während der kurzen Saison über 100000 Thieren das Leben kostet. Der Import von Robbenfellen nach Großbritannien hat im Jahre 1876 608 000 Stück betragen, wovon 348 000 Stück, also mehr als die Hälfte, aus den britisch amerikanischen Colonien kamen, woselbst sie mit rund 2k Million Mark bezahlt wurden. In manchen Jahren, wie 1852, 1853, 1857, 1871 und 1873 hat der englische Robbenimport sogar 800000 Stück überstiegen. Tausende von englischen Weibern und Kindern fin den leichten und ziemlich einträglichen Broderwerb in Anfertigung von Stroharbeiten, und nicht selten wenden sich auch ältere Männer, nachdem sie in son stigen Berufen dienstuntauglich geworden, dieser Be schäftigung zu. Im Ganzen mögen 50 000 Paar meist weibliche Hände engagirt sein; Knaben verlassen gewöhn lich, wenn sie das 10. oder 12. Lebensjahr erreicht haben, diese Beschäftigung, fo daß die Zahl der er wachsenen männlichen Arbeiter in dieser Branche kaum viel mehr, als 2000 betragen mag. Hingegen werden Kinder beiderlei Geschlechts im allerzartesten Alter, wenn sie kaum noch recht sprechen und gehen gelernt, schon in die Flechtschule geschickt. Für diesen Kunst unterricht werden 1 bis 2 neues pro Woche und Kopf gezahlt, bi», nach wenigen Monaten schon, die Kinder in ihrer Geschicklichkeit so weit fortgeschritten sind, daß sie „Geld nach der Elle" zu verdienen anfangen, in dem sie 20, 30, ja selbst 50 Ellen Geflecht in einem Tage fertig dringen. Nach beendetem SchulcursuS kehren die Ausgelernten — meist Mädchen — in die heimalh- liche Hütte zurück, um die Hausindustrie zu betreiben, welche in guten Zeiten 14—15 M. per Kopf in der Woche abwirst, selten aber weniger al» 5 oder 6 M.
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