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Dresdner Journal : 30.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188009305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800930
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-30
- Monat1880-09
- Jahr1880
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- Dresdner Journal : 30.09.1880
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11N nische Minister de« Aeußern, Herr BoereScu, hatte gestern mit Frhrn. v. Haymerle eine längere Unter redung. * Buda Pest, 28. September. (Tel.) In der heutigen Sitzung de» Abgeordnetenhauses wurde Ba,on Kemeny zum ersten, Paul Szontagh zum zwei ten Bicepräsidemen gewählt. Der Ministerpräsident TiSza beaniwortete hierauf die Interpellation de» Abg. Stephan MikloS bezüglich der antisemitischen Bewegung. Tisza erklärte, Niemand habe Beranlassung anzunehmen, daß er mit der vom Abg Jftoczy brsolgien Tendenz sei es die liberale Partei, sei es die Regierung identificirt halte. Bisher seien der Regierung noch keine Statuten eine« antisemitischen Verein» zur Genehmigung vorgelegt worden; fall» aber nach der Fassung der Statuten der Zweck eine» Verein« darin be stehen sollte, zwischen den verschiedenen Klassen der Bevölkerung, den verschiedenen Rationalitäten und Tousesfionen Zwistigkeiten hervorzurufen, oder sall» derselbe mit de» Landesgesetzen und der Verfassung im Widerspruch stehen sollte, würde die Regie rung die Genehmigung versagen. So lange eine Bewegung aus theoretischem Gebiete bleib», reiche die Preffe selbst al» Gegenwaffe, event. da» Preßgesetz au»; sobald aber die ßesetz lichen Schranken verletzt würden, werde die Regierung von ihrem gesetzlichen Rechte, solche Agitationen zu verhindern, Gebrauch machen DaS Hau- nahm die Antwort de- Munsterpräsl- denken zur Kenntniß. Paris, 28. September. Das letzte Wort über die jüngsten Mißhelligkeiten im Schooße der Re gierung ist noch nicht gesagt, und die bestimmte Er klärung der Äambetta'schen „Republique ftanyaise", daß einzig und allein in der Angelegenheit der reli giösen Orden die Ursache der CablnetSkrlse zu suchen sei, hat nicht bei aller Welt Glauben gefunden. Die Zweifler finden ein starkes Argument m dem Briefe, welchen der ehemalige Arbeitsminister Varroy, der intime Freund de Freycinet's, mit dem er gleichzeitig aus dem Ministerium geschieden, an ein hiesiges großes Journal gerichtet hat, und worin eS wörtlich Hecht: „Ich bin zurückgetreten aus Gründen, die ich für ge bieterisch hielt und denen die Frage der Märzdecrete absolut fremd ist." Was kann da« besagen wollen? Sind diese gebieterischen Gründe nur in dem persön lichen Verhältnisse Varroy'S zu de Freycmet zu suchen? Diese Auslegung scheint unbefriedigend, und Varroy hat offenbar zu viel oder zu wenig gesagt. Er giebt den Gegnern der Regierung das Recht, bei ihrer Behaup tung zu beharren, daß bei der Krise versteckte, un ausgesprochene Motive im Spiel gewesen; und nichts liegt näher, als diese Motive in der auswär tigen Politik de Freycinet's zu suchen. Die Jour nale der äußersten Linken wie der äußersten Rech ten verlangen also weitere Aufklärung, und wenn diese nicht erfolgt, werden ohne Zweifel ihre Freunde im Parlament nach Eröffnung der Session darin den Anlaß zu einer Interpellation finden. Inzwischen fühlt man sich in den osficiellen Kreisen nach dieser Seite hin beruhigt durch die günstige Aufnahme, welche die Ernennung Barthvlemy Saint-Hilaire'S zum Minister des Auswärtigen außerhalb Frankreich gefunden hat. Eine andere Verdrießlichkeit aber droht dem Cavinet infolge der Ernennung des ViceadmiralS Clou« zum Marinennnister. Jules Ferry ist ziemlich unvorsichtig verfahren und hat auf die Antecedentien deS Viceadmirals nicht genug Rücksicht genommen. Nachträglich erheben sich bittere Beschwerden über die reactionäre, durchaus antirepublikanische und clericale Haltung Clouö's während der Präsidentschaft Mac Mahon's und besonders in der Maiperiode. In einem Briese an das „Evenement" nannte gestern der De- putirie von Cherbourg, der bekannte, im vorigen Mo nate oft genannte Lavieille, den Eintritt Eloue's in das Cabinet einen Skandal, der über die Grenzen der Möglichkeit hinausgehe. In Cherbourg, wo Clous nach dem 16. Mai Präfect gewesen, wisse man sich vor Erstaunen nicht zu fassen. „Ich gehöre zu den jenigen, sagt Lavieille, welche dafür halten, daß Jules Ferry und Clous, alle beide Minister in dem nämlichem Cabinet, ein widernatürliches Phä nomen bilden". Das verheißt dem neuen Marine- mlnister nicht eben eine lange und friedliche Laufbahn. In Ermanglung anderen DiScussionSstoffes beginnen die Journale wieder mit großem Elfer von der Aus führung der Märzdecrete zu sprechen. Besonders John Lemoinne behandelt im „Journal deS Debats" schon in einer Reihe von Artikeln diesen Gegenstand sehr gründlich, und er zeigt heute, daß der Erzbischof von Paris rm Jrrthum begriffen sei. wenn er glaubt, daß die öffentliche Meinung für die Jesuiten eine strengere Behandlung gebilligt habe als für die andern Orden. Im Gegenthcil verlange das Land für Alle die gleiche Behandlung. Haben die andern Orden nicht sämmtlich gemeinsame Sache mit der Gesellschaft Jesu ge macht? Haben sie nicht alle zusammen und die Bischöfe selber gerufen: Wir sind alle Jesuiten? „Ich sürchte sehr, meint John Lemoinne, daß der Erzbischof sich täuscht, wenn er glaubt, daß die Aufregung im Lande für die andern Congregationen größer sein wird, als für die Gesellschaft Jesu. Selbst wenn die Ausführung de- Gesctze legale Schwierigkeiten findet, wird ihr das Land im Grunde mü einer gewissen Gleichgiltigkeit zusehen. Man hatte auch gesagt: Ihr werdet bei den GeneralrathSwahlen sehen! Nun wohl, man hat ge sehen, was geschehen ist. Ein Bischof, der nicht mehr politischen Sinn als Klugheit besitzt, Hr. Freppel, hat auf der Tribüne gesagt: „Die allgemeinen Wahlen werden sich auf Grund der religiösen Frage vollziehen." Die Freunde der Kirch« und die Freund« deS Friedens thäten besser daran, ein anderes Terrain zu suchen, und die Unverständigen, die sich in solchen Heraus fordernngen gefallen, haben keine Ahnung davon, welche Antwort ihrer wartet. Allerdings behan delt der Erzbischof von Pan» in seinem Briefe an das Staatsoberhaupt da» allgemeine Stimm recht ein wenig obenhin und erinnert uns da ran., daß die Millionen Stimmen eine» PlebiScit» die scheinbar stärkste Regierung nicht vor dem Sturze hüten können ES ist dir» allerdings eine Erfahrung der neuesten Geschichte und man kann einem «irchen- fürsten nur dankbar sein, wenn er un» an ein PlebiScit erinnert, woran der Cleru» einen so großen Antheil nahm, al» e» sich darum handelte, Rom >m Ramen de» Herzen» Jesu zu retten. Vielleicht hätte er klüger gethan, diese Erinnerung zu vermeiden, wenn er uns nicht etwa selber beweisen will, daß die nämliche un verbesserliche Partei alle Regierungen zu Grund« rich tet, die sich ihr überliefern, und daß die Republik wohl daran thut, au» der Lection ihren Borthell zu ziehen." — Der große Strike der Tischler im Faubourg Saint-Antoine ist noch nicht beendigt. Die Arbeiter haben gestern in einer großen Versammlung beschlossen, an ihren Forderungen frstzuhalten und die Fabrikanten ihrerseit» scheinen keineswegs gewillt, nachzugeben. Row, 28. September. (Test) Garibaldi und sein Sohn Menotti haben ihre Mandate als Deputirte ni'dergelegt, indem sie erklärten, daß sie nicht an der Gesetzgebung in einem Lande Theil nehmen wollten, wo di« Freiheit mit Füßen getreten und daS Gesetz nur angewendet werd«, um die Freiheit wr Jesuiten und anderer Feinde der italienischen Freiheit zu schützen. Die Veranlassung zu diesem Schritte soll eine dem Schwiegersöhne Garibaldi's, General Canzio, zugestellte Aufforderung deS Gerichts sein, die über ihn verhängte Freiheitsstrafe anzutreten. London, 28. September. (Tel.) Wie der „Pall Mall Gazette" gemeldet wird, wird der Kohlenvorrath, welcher schon an Bord der „Livadia" verladen war, wieder auSgeschifft. Taucher untersuchen den Kiel der Pacht Nihilisten in London sollen zugegeben haben, daß eine Verschwörung bestehe und sollen ihre Bekannten in England davon verständigt haben, daß eS gefährlich wäre, an Bord der „Livadia" zu fahren. — Angesichts der Lage im Orient und in Irland sollen mehrere hervorragende Mitglieder der liberalen Partei bei der Regierung daraus dringen, daß das Parlament zum November wieder nn- berufen werde. — Der italienische Botschafter, General Menabrea, und der französische Botschafter, Challe- mel-Lacour, statteten heute >m auswärtigen Amte Be suche ab. Mr Parnell hielt am Sonntag eine Ansprache an ein Pächtermeeting in Jrlshtown, unweit New-Roß. Er erläuterte ausführlich seinen Plan zur Lösung der Landfrage, machte aber seine Zuhörer nachdrücklich darauf aufmerksam, daß es nutzlos sei, Landreformpläne zu erörtern, bis nicht die Pächter deS Landes durch Organisation die Frage zur Regelung „reif" gemacht hätten. Weder die Ausdehnung des „Ulster Pacht rechts" noch die empfohlene „Flxirung der Pacht aus Grund ehrlicher Schätzung" seien dazu ausreichend. WaS er Vorschläge, sei „die Zahlung eine« angemesse nen Pachtzinses für 35 Jahre, nach welcher Zeit der Pächter nichts weiter zu zahlen habe und Eigenthümer des Landes werden würde." — Ueber das brutale Mordattentat, welchem Lord Mounthmorrs zum Opfer fiel, liegen jetzt weitere Detail« vor. Während derselbe seiner Besitzung in Clanbur, Grafschaft Galway, in seiner eigenen Equipage zusuhr, wurde er von 6 Kugeln, deren Mehrzahl den Kopf traf, hingestreckt. Der Verstorbene stand schon seit längerer Zeit mit seinen Pächtern im Proceß und wurde bis ganz vor Kurzem beständig von einer Abtheilung Polizei bewacht. Er hatte unmittelbar vor seiner Ermordung einer Ver- iammlung von Friedensrichteen beigewohnt, in der eine Resolution angenommen wurde, welche die Regie rung zur Annahme von Zwangsmaßregeln aufsordert. — Wie der „Standard" erfährt, wird der Ober befehlshaber deS britischen Geschwaders im stillen Ocean in nächster Woche von Esquimalt ab segeln, um Tahiti zu besuchen, daS unlängst von der französischen Regierung annectirt worden ist. — Oberst Gordon verließ am 25. d. Aden auf seinem Wege von China nach Europa. Den beabsichtigten Besuch von Zanzibar hat er verschoben. — General Phayre hat den Befehl erhalten, seine Division auf 10 000 Monn zu bringen, angesichts der Wahrscheinlichkeit, daß Kandahar für die nächsten paar Monate eine Garnison erhalten soll. Ein Tlmes- telegramm aus Kandahar läßt gleichfalls darauf schlie ßen, daß ein Aufgeben von Kandahar, fall« es über haupt stattfinde, noch geraume Zett auf sich warten lassen wird. Aus Sjmla wird den „Times" gemel det: Soeben sind Nachrichten aus Kavul eingetroffen, die bis zum 12. September reichen. Die Niederlage Ajub Khans hat den Emir ungemein befriedigt und im Lande einen beruhigenden Einfluß ausgeübt. Wenige Tage vor Eintreffen der Nachricht hatte der Sirdar Fakir Khan das Gerücht in Umlauf gesetzt, daß Ajub den General Roberts gefangen und die Engländer geschlagen habe. Der Emir ließ den Sir dar hierfür so kräftig auspettschen, daß dessen Leben in Gefahr fchwebt. Der Emir drückt seine Absicht auS, Indien baldmöglichst zu besuchen. Er heirathete am 7. September seine Base, Tochter von Ali Kullah Khan. — In einer Besprechung des Ausbruchs der Feind seligkeiten im Basutolande erklärt der „Spectator", daß eine Niederlage der Colonisten aller Wahrschein lichkeit nach zu einer allgemeinen Erhebung der Ein gebornen in ganz Südafrika führen dürfte. Die eng lische Regierung könne nicht erlauben, daß Unterthanen der Königin ungestraft geplündert und niedergemetzelt würden und eine Colonie der britischen Krone zum Schauplatz eines Zwistes werde, der die Schrecken eine« Bürger- und eines RacenkriegeS in sich vereini gen könnte. Würde andererseits die Angelegenheit dem britischen Parlament unterbreitet, so sei eS wahr scheinlich, daß eine Mehrheit von zehn zu ein» der An sicht sein würde, die BasutoS seien im Recht und die Coloniste i ganz und gar im Unrecht. Der Zulu- krieg selber erscheine als ein Triumph der Gerechtigkeit und guter Politik, verglichen mit diesem unnützen und tollköpfigen Abenteuer. England könne — falls eS keine britische Colonie einbüßen wolle — genöthigt werden, einen unprovocirtrn Angriff auf einen Stamm unschuldiger und loyaler Mitbürger durch Waffenge- Walt zu unterstützen, den das moralische Gefühl der ganzen Welt verdammen würde. Ein beschämendere» Dilemma sei niemals einem großen Volke geboten worden. ES s«i unmöglich, sich länger einem System der Colonialregierung zu unterwerfen, da» ohne vor herige Kenntniß deS Lande- dasselbe beharrlich nöthige, zwischen der Zustimmung zu einer unwiderbringlichen Niederlage oder der Betheiligung an einer empörenden Ungerechtigkeit zu wählen. Belgrad, 28. September. (Tel.) Der Fürst von Bulgarien wird am 5. October hier erwartet. Washington, 28. Seprembcr. (Tel.) Die Ab nahme der Staat»schuld der Bereinigten Staaten indem laufenden Monat dürste ungefähr 12 Millionen Dollar» betragen. Zur orientalischen Frage. Je mehr der Augenblick deS Auslaufen- der com- binirten Flotte Europas herannaht, um so dlohen- der verändert sich die Situation. Nachrichten, die der „Polit. Corr." unter dem 28. aus Konstantinopel zu gehen, constatiren, daß in der Lage, wie sie durch Riza Paschas Erklärung geschaffen wurde, daß er die Mon tenegriner im Falle einer Ueberschreitung der türkischen Grenzlinie als Feinde behandeln müßte, seit gestern «ine Veränderung nicht eingetreten ist. Es geht daraus hervor, daß sich die Pforte zur Ertheilung solcher In structionen an Riza Pascha, die ,hm ein neutrales Verhalten gegenüber den bevorstehenden LccupationS- schritten der Montenegriner zur Pflicht machen würden, bisher nicht verstanden hat. Die Hoffnung, daß die Psorte durch die Vorstellungen der Mächte zu einer Aenderung ihrer gegenwärtigen, ominösen Haltung in der türkisch-montenegrinischen Grenzfrage zu bewegen sein werde, zählt in den diplomatischen Kreisen der türkischen Hauptstadt, wie unser Gewährsmann hinzu- sügt, geringen Anhang. Dadurch entsteht für die euro päischen Großmächte eine neue bisher unvorhergesehene Situation, welche neue Verhandlungen nothwendlg macht. Dem deutschen Botschafter, Grafen Hatzfeldt, gegenüber soll der Sultan geäußert haben, er werde den Ereignissen ihren Lauf lassen; die Verantwortung für dieselben würde auf Europa zurückfallen. Der„Pr." geht aus Par»- eine diplomatische Devesche zu, welche meldet: „Der Sultan verhält sich gegenüber allen Versuchen, an Riza Pascha den Befehl zur Uebergabe Dulcignos an Montenegro zu erlassen, unbeugsam ablehnend. Es verlautet, der Sultan habe zum Grafen Hatzfeldt ge sagt, es widerstrebe seinem Gefühle von Völkerrecht, zu glauben, daß die Mächte darauf beharren sollten, das Blut eines friedlichen Volksstammes zu vergießen, dem Europa als einziges Verbrechen die Treue anrechnen könnte, mit welcher er an seinem Vaterland hängt. Man betrachtet al« die augenblicklichen Herren der po litischen und militärischen Situation in Stambul Abed- din und Osman Pascha. Beide sollen den Sultan in der unerschütterlichen Ueberzeugung bestärkt haben, daß mit dem ersten Gewaltacte der Mächte in den adria tischen Gewässern alle Muselmänner des Reiches sich erheben und sich um die Fahne des Propheten schaa- ren werden, zu deren Entfaltung der Sultan sich ent schließen müsse, wenn die Mächte darauf bestehen soll ten, Gewalt vor Recht ergehen zu lassen." Rlza Pascha notificirte der „Pr." zufolge am 27. nach Cetinje, daß, wenn Montenegro aggressiv vorgehe, die Türkei dies al« Luuus belli betrachte» und Montenegro den Krieg erklären werde. Der mon tenegrinische Minister des Aeußern rst nach Ragusa zur Conferenz mit Admiral Seymour abgereist. Von großer Bedeutung ist eine der „Polit. Corr." au» Konstantinopel vom 24. d. zugehende briefliche Mittheilung, aus welcher wir daS Folgende entnehmen. Die montenegrinische Frage complicrrt sich immer mehr. Die europäischen Mächte dürften nunmehr ein sehen, daß sie einen sehr schwierigen Weg eingeschlagen haben. Die Psorte hat seit Beginn weder ihre Haltung, noch ihre Sprache geändert. Die scheinbare Unent- schcossenheit Europas hat zur Stärkung der türkischen Widerstandspartei beigetragen, die stets zahlreiche An hänger zählte, an deren spitze sich der Sultan selbst befindet. Der Berichterstatter der „Polit Corr." er wähnt nun den am 20. d. auf der Psorte abgehal- tenen Ministerrath und bemerkt über denselben: „Im Ministerrathe sprachen sich sämmtliche Militär«, sowie die neuen Minister, darunter vor Allen Kiamil Pascha, für den Widerstand auS. Von den ehemaligen Con- seilspräsidellten hatten Kheieddin Pascha und Kadri Pascha den Muth, entgegengesetzter Ansicht zu sein. Letzterer entwickelte in ruhiger Weise die Gründe, die nach semer Anschauung für eine Nachgiebigkeit sprechen. Er verwies auf die in Berlin eingegangenen Verpflich tungen, aus die Convention vom 18. April und auf die Gefahren eines weitern Widerstands. Mahmud Nedim antwortete hierauf erregt, daß diese Gründe gar nichts heißen und daß er auf Annahme der in der türkischen Circularnote vom 16. d. gestellten Bedingungen seitens der europäischen Cabinete bestehen müsse. Auf die Frage Kadri Pascha«, welche Gründe für dieses sein Verhal ten maßgebend seien, antwortete Mahmud mit einer gewissen Emphase: „Mein Patriotismus und mein Herz". Am nächsten Tage wurde Mahmud von einem Hofwage« abgeholt und nach Aildiz-Klosk geführt, wo «hm der Sultan eigenhändig die Insignien des ihm TagS vorher verliehenen Ordens übergab. Der Be schluß des Ministerraths, nicht nachzugeben, entsprach vollständig den Gesinnungen des Sultans, die auch nach der Antwort der Mächte auf die oben erwähnte Circularnote keine Aenderung erfuhren. Die Erbitte rung gegen England in türkischen Kreisen ist womög lich noch im Steigen. Man will zeigen, daß man sich durch die von England inspirirte Flottendemonstration nicht einschüchtern lasse, und giebt sich der Hoffnung hin, daß England selbst das Signal zum Rückzug geben werde, sobald eS sich überzeugt hat, daß das angestredte Resultat nicht zu erreichen ist. Sollte die Dulcigno- affaire für die türkische Diplomatie günstig ausfallen, was wohl vorläufig nicht anzunehmen ist, so würde die Stellung Said Paschas ganz erheblich gestärkt werden und mit allen Reformen hätte es dann ein Ende " Die Flottendemonstration ist auf den 29 verscho ben. Die orcire <i« butaille für dieselbe ist inzwischen endlich feftgestelll worden. Wie der „Agence HavaS" au« Gravosa gemeldet wird, würde die vereinigte Flotte für den Fall, daß die Demonstration stattfinde, in drei Linien sormirt werden und zwar in erster Linie die englischen und italienischen, rn zweiter die österreichischen und französischen, in dritter Linie die russischen und deutschen Schiffe. Dresdner Nachrichten vom 29. September. —ui. Der bevorstehende Quartalwechsel ist auch für unseren Villenvorort Blascwrtz, wie man uns von dort schreibt, in mehr als einer Richtung nicht ohne Bedeutung. Zunächst muh er sich mit Eintritt desselben mit einigen Nachbargemernden in die ihm durch die Verhältnisse aufgenö.higte Eigenschaft einer Exclave der neuen Amtshauptmannschafl Dresden- Neustadt finden lernen, eine Aenderung, welche sich wegen der mit ihr verbundenen Erschwerung des Ver kehrs mit dem Sitz dieser Verwaltungsbehörde beson derer Popularität dort zwar zur Zeit noch nicht er freut, die aber sonst namentlich in Bezug auf die Per son de« Herrn Vorstände« und die sonstige Zusammen setzung dieser Behörde mit vollstem Vertrauen begrüßt wird Sodann aber sind mit dem Eintritt dieser organisatorischen Veränderung zugleich zwei andere, die bauliche Entwickelung des Ortes nahe berührende Phasen zu verzeichnen. Denn nicht nur tritt nunmehr durch die nach mehrjährigen Verhandlungen hierüber unter dem 9. ds. Ml«, erfolgte ministerielle Bestä tigung der Bauordnung und des Bebauungs planes für Blasewitz di.' Ortsbauversassung endgil tig in Kraft und haben beide, auch die noch lang wierigeren Verhandlungen und Differenzen über die Bebaubarkeit des Terrains der sogenannten Prinzen aue zu definitivem Abschluß gebracht, sondern e« ist auch die Bebauung dieses durch seine reizende land schaftliche Lage entlang des Elbstroms ausgezeichneten Flurtheils durch die darauf bezüglichen Bestimmungen der Bauordnung und durch die Ausführung der Be- straßungsanlagen desselben seiten der betreffenden Actien- gesellschaft in einer Weise vorbereitet, welche die vollste Bürgschaft in sich schließt, daß sich die dort mit der Zeit entstehende Colonie von nach dem offenen (Pa Villon-) Bausystem zu errichtenden Landhäusern den schönsten Billenanlagen Dresden« und seines ober» Elbthales würdig anschließen wird. Das Bauareal selbst wird begrenzt südlich durch die die Fortsetzung der Pfotenhauerstraße nach Blasewitz bildende Eniser Allve, nördlich durch eine hochfluchfrei errichtete Kai straße von über 1200 ur Länge und 20 m Breite, und tritt, seiner ursprünglichen Bestimmung als Ergänzung der Blasewitzer Waldparkanlage entsprechend, mtt di»ser durch drei Querverbindungsstraßen (die verlängerte Marschallsallöe, den verlängerten Elsässer und Lothrin ger Weg), mit dem Dresdner und Blasewitzer Bau gebiet dagegen durch die verlängerte Schubert- und Friedrich - Äuguststraße in Verbindung und umfaßt überhaupt 65 Bauplätze und Straßenfronten von 27 bis 57 m. Der Uebernahme aller dieser von der Ge sellschaft durch Hrn. Ingenieur Gutmann technisch voll kommen befriedigend ausgesührten Straßen in die Ge- meindeunterhattung standen bis vor Kurzem noch einige Schwierigkeiten entgegen, welche aber in einem am 30. v M. unter Leitung des Hrn. RegierungSassesjors v. d. Mosel abgehaltenen Verhandlungstermin ebenfalls Erledigung gefunden haben, so daß die erwähnte Hoch uferstraße, wenn die Reinigung derselben von dem im Lause de« nassen Sommers dort in üppiger Fülle ge wucherten Unkraut in den nächsten Tagen beendigt sein wird, von der Gemeinde dem öffentlichen Verkehr für Fußgänger, wie Wagen freigegeben werden kann. Es steht mit Sicherheit zu erwarten, daß von diesem neuen, mitten in das Herz der schönen Elblandschaft führen den Communicationsmittel ein ebenso ausgedehnter Gebrauch gemacht wird, wie sich dessen die stattliche, durch das angrenzende städtische Birkenwäldchen füh rende Psotenhauerstraße schon jetzt zu erfreuen hat. Statistik und DoikswirtMast. * * Koburg, 28. September. Gestern Abend hat im hie sigen Rathhaussaale eine Generalversammlung der Mit glieder der Zizmannsstistung ftaltgesunden, deren Zweck bekanntlich darin besteht, wandernden Handwerksgesellen eine entsprechende Unterstützung hier zu gewähren Aus dem Gc- schästSberichte geht hervor, daß in der Zeit vom t. Juli 1879 bis dorthin 1880 eine große Anzahl von hierher geminderten Handwerksgesellen mit dem Geschenk von 4?> Pf. für einen Tag durch Obdach und Kost hier unterstützt worden ist, und daß die Einnahme noch einen Ueberschuß auszuwcisen hat Infolge der Verpflegung hat der Hausbettel dieser Handwerksgchilsen in hiesiger Stadt saft ganz ausgehört, und hofft man mit der Zeit ein eignes Logirhaus hier zu erwerben. Diese Stiftung, welche im vorigen Jahre neue Statuten erhalten hat, besteht bereits sehr mehreren Decennien hier und hat stets sehr vortheilhaft gewirkt — Eine internationale Ausstellung von Wolle und Wollwaaren im Krystallpalaste zu Loudon ist sür die Zeit vom Juni bis October >881 projcctirt. Auskünste können beim .Superintendenten" dieser Ausstellung, ,Mr. P L. Sim mond«, Crystal Palace, Sydenham, London' eingcholt werden. Für die b«i unserer Filiale in Dresden (Seestraße L1) gemäß Regulativ vom 1. Januar u. e. eingelegten oder einzulegendtn verzinslichen Depositen vergüten wir bi» auf Weitere» für Einlagen shne »arherige Kündigung LV- jpro L»», mit 1 monatlicher Kündlgung 31- ; l-»»-« mit Zmonatlicher Kündigung 3V« ß Leipzig, den 25. September 1880. - iltzemeiiie OM-InnIM.
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