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Dresdner Journal : 14.11.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188011148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18801114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18801114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-11
- Tag1880-11-14
- Monat1880-11
- Jahr1880
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- Dresdner Journal : 14.11.1880
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bi» e» an stiaer etarnea Unnatur zu Grunde ginge. Völlig uniaßd^r fit die osficids« Aufputzuna de» winzigen Steuer erlasse«. Wa« bedeuteten denn 14 Millionen gegenüber einem Sta« »an 1000 Mill,o»«uk Odenein mache sich jetzt aus conser- »uttver Seit« die wunderliche «nschauung geltend, bah da« Hau« durch Accevlirung de« Steuererlasse« sich sür dir Bewil ligung der Neusorderung von Ilv Millionen im Reich«tage engagne Da« salle ja last unter di« Strasdrstimmungen de« WuLeigcsttz««. Der ilntrag d«r Fortschritt«partei aus daurrnde Sich-rUeUaug d«r l4 Millionen sei ausünglich ganz wohlwollend aus coniervunver Seite begutachtet «acdeni erst al« die .Pro- »inzial ltvrreinund nz' dagegen austrat, sei dir .Norddeutsch» Allgemeine Zeitung' mit fürchte,Uchrc H«fliqk«il über ihn hrrgrsalleu. Der Antrag charaklerisire sich auch al« rine wrrthvolle Stütze für den Finanzminifter, der ja selbst >tr Wiederholung de« Erlasse« sür spätere Zeiten rn Uu.sicht nahm Al« einmaliger Steuererlah bei der Lage de» ringebrachtrn Etat« stehe dieser Schritt völlig im Widerspruch mit der von den Ministern und den Lonservativen stet« ver- sochtenrn Finanzpolitik, wie Redner au« Aeußerungen der Abgg v Mtnnigerode, v Köllrr und de« Finanzmtnister« Bitter au« den Jahren 187« und 187« nachzuweisen stch bemüht. Die ganze Mampuianon de« Steuererlasse« sei au« Gründen poli tischer KlughcU, au« Rücksicht aus die nächsten Wahlen vor genommen, wie jüngst dir .Schlesisch« Zeitung', da» Organ de» Hrn. v Kardorsi, etwa« unvorsichtig au»geplaudert habe Da» hab« auch drr Rrich-Ianzler sehr wohl erkannt und, ein Meister d«r Taktik, habe er sich den Finanzminifter zum Bor trag nach Fnedrichrruh kommen lasten — da» nennen die Herren collrgialischr» Ministerium - und den Finanzminister trotz seine» .klassischen' Standpn kte« zu dem Vorschläge de« Steuererlasse« vermocht Man srhe also, das, trotz seiner gegen- tbailigeo Aeuhrrungen da» Ministerium einem Druck dem der öffentlichen Meinung, nachgeben müsse Da» sei auch theilweise ein Verdienst der Fortschrittspartei und deshalb der Antrag Richter. Im Weiteren empfiehlt Redner äußerste Sparsamkeit in der Staat»wirthschast, Einziehung des Welsensond», Ab- lchastuxg drt Viceprapdenltn de« StaattministeriumS, genaueste P-.u!,,ng d«S vorgeleglen Etat» rc. Der ganze vorgelegte Finaazplan sei nur durchführbar, wenn der Militäretal auf seiner bisherigen Höhr bleibe, und daß dem so sein werde, be grüßt Redner mit ironischer Freude, indem er der Hoffnung sich hingiebt, daß dir zum 1. April 1881 ftattfindende Erhöhung de» Prijenzstande» um «7 vov Mann ohne Erhöhung der Ma- trieularbeiträge durch umfangreiche Beurlaubungen und derartige Maßregeln herbcigeslihri werden werde. Der .arme Mann' müsse endlich berücksichtigt werden, freilich unvernünftige Agra rier vom Schlage der.Deutschen landwirthschastlichcn Zeitung' sprächen allerdings nur mit dem größten LyniSmuS von seinen Bedürfnisten. Unter den weiteren .positiven' Vorschlägen zu einer gesunden Reform spielte die Ermäßigung der Gewerbe- und der Sebäudestcuer eine Rolle. Der mehr alt zweistündige Bortrag gipfelte in einer pathetischen Verdammung de« ganzen Regierungrfyftem» der Reichskanzler«. Rach dieser Rede er griff namens drr eonservativen Partei Abg v. Heyden da» Wort, der im Allgemeinen der Etats- ansstellung seinen Beifall zollte und nur geringe Ausstellungen «rhob. So beklagte er dir vrrgrößrrte Einnahmeposition aus d«n GerichtSkosten in der Justizverwaltung und wünschte im Gegentheil deren Herabsetzung. Die Angriffe aus die Eifen- bahnverwaltung deS StaatS erklärte der Redner für unbe gründet, foweit sie au« den neuesten Eisenbahnunfällen herge- lritet worden. Die Behandlung de« Extraordinarium« durch dir Budgetcommission werde sich wie in früheren Jahren empfehlen, dagegen könne die« Mal eine größere Anzahl von Specialrtal« im Plenum erledigt werden. Gegen die Projecte der Regulirung der kleineren Flüsse verhalte sich seine Partei einstweilen ablehnend Auch die Eonservativen übersähen keines- weg» da» Auffallende de« Steuererlasse« in der gegenwärtigen Situation, aber da« VerwenbungSgesetz habe durchaus nicht daran gedacht, erst dann Erlässe für angänglich zu erklären, wenn auch da« Extraordinarium aus lausenden Einnahmen gedeckt werden könnte Im Besondern nahm dann der Redner die Politik der Eonservativen und des Reichskanzlers nach Ab lauf drr liberalen Aera mit Nachdruck gegen die Angriffe de« Vorredner» in Schutz Nach dieser Rede, die ca. eine Stunde beansprucht hatte, vertagte da» Haus die weitere Debatte auf morgen; e» werden nach der Rednerliste zuerst Abg. Rickert gegen, Abg. Frhr v. Zedlitz und Neukirch für den Etat sprechen. — Borgestein fand ein Diner der konservativen Fraktion im „Kafferhofe" hierselbst Statt. Da» Hoch auf Se. Majestät den Kaiser brachte der Vorsitzende deS FractionSvorstandeS, Abg. v Rauch haupt, au«, indem er eS als die erste und edelste Pflicht der konservativen Partei hervorhob, der Krone ihre vollste Autorität inmitten der wogenden Parteikämpfe zu wahren. Der Toast fand einen stürmischen Widerhall. — Ein Berichterstatter schreibt der „N. Pr. Ztg.": Während eS noch vor Kurzem schien, als ob die pro- jretirte wirthschaftliche Abtheilung im Reichs« amt deS Innern eist im nächsten Jahre errichtet werden sollte, verlautet jetzt, daß die Vorbereitungen für diese neue AmtLabtheilung so weit getroffen wor den sind, um dieselbe in nächster Zeit bereits in Function treten zu lassen. Die Mitglieder und Beamten dieser Abtheilung dürften zum größten Theile dem preußi schen Ministerium für Händel und Gewerbe entnom men werden; auch zwei Räthe aus dem landwirth- schaftlichen Ministerium werden als zukünftige Mit glieder der genannten Behörde bezeichnet. Dem Ver nehmen nach sollen die zu berufenden Beamten ihre neue GeschästSthätigkcit nur im Nebenamte ausüben. Auf diese Weise würde eS vermieden werden, besondere Summen zur Besoldung deS Beamtenpersonals auS- zuwerfen; mit mäßigen Remunerationen ist hierbei au»- zukommen, und eS läßt stch ermöglichen, die Abthei lung schon jetz' einzurichten und in Thätigkeit zu setzen, ohne daß drr Reichstag erst eine mehr oder weniger hohe Forderung bewilligt. — Ueber die in Konstanti nopeler Depeschen erwähnte Belästigung des deut schen Botschafters in Konstantinopel durch tür kische Offiziere liegt, wie die „Rordd. Allg.Ztg." hört, eine kurze telegraphische Meldung des Grafen Hatzfeldt vor, wonach der Vorfall ohne Bedeutung erscheint. Die betreffenden Osfiziere hatten stch in trunkenem Zu stande an den Wagen deS Grafen gedrängt, ohne je doch zu Thätlichkeiten überzugehen. Der Sultan sandte auf die erste Kunde von dem Geschehenen seinen Sekre tär zu dem Botschafter, um ihm sein lebhafte« Be dauern wegen deS Vorkommnisses auSsprechen und mit- »heilen zu lasten, daß die Schuldigen bereit» verhaftet seien. Sie sollten durch rin vom Sultan selbst ein gesetztes Kriegsgericht im Bestem eines DragomanS der kaiserl Botschaft abgeurtheilt und streng bestraft werden. — zi. Wien, 12. November. Gestern Mittag sind der serbische Gesandte am Wiener Hofe, Herr Kristic, und der serbische Gesandte in Paris, Herr Marinovic, hier eingetroffen, nachdem sie zuvor in Buda-Pest mit dem Minister des Aeußern, Baron Haymerle, Rück sprache gepflogen und für die wieder aufzunehmenden Verhandlungen über den österreichisch-serbischen Handelsvertrag das Terrain vollständig geebnet haben. Die serbische Regierung hat rückhaltlos Oester reichs Recht auf Meistbegünstigung anerkannt und sich damit auf einen Standpunkt gestellt, der die weiteren Pourparl-rS wesentlich erleichtert. — Die gestrigen ReichSrathSwahlen im oberösterreichischen Großgrundbesitze sind so ausgefallen, wie nach der vorangegangenen Rektifikation der Wählerlisten vorausgesehen wurde. Die Candidaten der klerikal- konservativen Partei wurden mit einer Majorität von 7 Stimmen gewählt Die verfassungstreue Partei be anstandet jedoch dieses Wahlresultat und gedenkt die ganze Angelegenheit vor daS Reichsgericht zu bringen. Triest, 12. November. Wie man der „Wien. Allg. Ztg." telegraphirt, wurde daS To mite, das sich hier gebildet hat, um sür die Beschickung der Mailänder Ausstellung durch die Triester Bevölkerung zu agiti- ren, von der Statthalterei aufgelöst. — Buda-Pest, 11. November. Die vor einigen Tagen von der diesseitigen Regierung dem Theater director Müller ertheilte Concession zu deutschen Theatervorstellungen in Ungarn dürfte aufs Neue den Beweis geliefert haben, wie wenig gegründet es war, die Verantwortlichkeit für gewisse unerquickliche Vorgänge, die sich vor einigen Wochen hier vollzogen haben, unserer Regierung zuzuschieben. Im Allge meinen pflegt die Ertheilung von Theaterconcessionen keine so feierliche Action zu sein, daß die obersten Landesbehörden damit befaßt werden. So hat denn auch unsere Regierung durchaus nicht- damit zu thun gehabt, al» vor einigen Wochen dem Theaterdirector Müller die Verlängerung seiner Concession für deutsche Theatervorstellungen in Buda-Pest von dem hiesigen Stadthauptmann verweigert wurde. Noch ferner aber steht die Regierung den weiteren thörichten Kundgebungen, die sich in gewissen Kreisen der Bevölkerung an diese Maßregel angeschlossen haben und die als Deutschen hetze qualificirt wurden. Da die städtischen Behörden daS entscheidende Wort über diese Sache zu sprechen hatten, war eS dem Ministerium unmöglich, in ressort mäßigem Wege eine Maßregel wieder aufzuheben, die von ihm selbst, wie von allen ruhigen verständigen Kreisen hier in hohem Grade mißbilligt wurde, umso mehr, da man den üblen Eindruck voraussah, den sie in dem so nahe befreundeten Deutschland machen mußte. Von dem Wunsche beseelt, ihrerseits Alles zu beseitigen, was die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der ungarischen und deutschen Nation irgend wie beeinträchtigen könnte, hat unser Ministerium keinen Augenblick gesäumt, soweit es an ihm war, jene bedauerliche Maßregel wieder gut zu machen. CS ist dies dadurch geschehen, daß dem Theaterdirector Müller eine allgemeine Concession für ganz Ungarn ertheilt ist. Für die Stadt Buda-Pest bedarf eS dazu allerdings noch der Genehmigung der städtifchen Behörde; doch wird eS dies Mal sicherlich an der Zustimmung des Stadthauptmanns nicht fehlen. Es dürfte dadurch dann jene leidige Angelegenheit mit allen daran ge knüpften unerquicklichen Schlußfolgerungen ein für alle Mal begraben sein. Pari-, 11. November. Der Friede ist noth dürftig wieder hergestellt, da- Ministerium bleibt im Amte, die Deputirtenkammer hat heute die Tages ordnung der Linken, worin sie ihm ihr Vertrauen be kundet, mit 2d7 gegen 131 Stimmen angenommen. ES ist lange her, seit man in dieser zersplitterten Kammer eine so ansehnliche Mehrheit gesehen. JuleS Ferry kann also zufrieden sein. Wie lange diese neue Mehrheit zusammenhalten und wie lange di« Lektion der letzten Tage fruchten wird, ist freilich eine andere Frage, und Niemand wagt sich in dieser Beziehung m't großer Zuversicht auSzusprechen. Die heutige Sitzung begann mit einem ganz unerhörten Auftritt, dessen Held der Legitimist Baudry d'Asson war. Man weiß, daß dieser Deputirte vorgestern von den Sitzungen ausgeschlossen worden war. E« hielt ihn da» nicht ab, heute zu erscheinen, und er ließ sich ganz majestä tisch auf seinem Sitze nieder. Gambetta forderte ihn auf, den Saal zu verlaffen; aber er nahm davon keine Notiz, und seine Nachbarn von der Rechten ermuthigten ihn ganz unverhohlen zum Widerstande Der Präsi dent hob hierauf für eine Viertelstunde die Verhand lung auf und ermahnte die Deputirten, den Saal zu verlaffen, und die Zuschauer in den Tribünen, sich ruhig zu verhalten. Er selber entfernte sich, und die ganze Linke folgte seinem Beispiel, Baudry d'Asson blieb auf seinem Platze, umgeben von seinen Freunden. Nun traten die Quästoren Mahy, Madir Montjau und Margaine in den Saal und suchten nochmals den Widerspenstigen zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Ver gebens. DaS ganze legitimistische Häuflein (die Bo- napartisten hatten sich zurückgezogen) schrie auf die Quästoren ein, und Baudry d'Asson schrie lauter, al» die anderen. Er ries die Tribünen an als Zeugen der schnöden Unbill, die in seiner Person an dem all gemeinen Stimmrecht verübt werde. Die Quästoren zogen sich zurück, um Gambetta Bericht zu erstatten, und dieser befahl die gewaltsame Ausstoßung des Sün der», indem er zugleich die Zuschauertribünen räumen ließ. Die Journalisten ließ man einen Augenblick länger, al» daS übrige Publicum im Saale; aber schließlich wurde auch ihre Tribüne geräumt Unter dessen erschien der Militärkommandant, Oberst Riu, mit einem Piquet von 20 bewaffneten Chasseurs, sowie 4 unbewaffneten Soldaten und suchte sich Baudry d'Asson'S zu bemächtigen. Aber das war keine leichte Aufgabe. Die anderen Legitimisten schaarten sich um den Bedrohten, und der Bischof Freppel schien unter ihnen den Oberbefehl zu führen. ES gab einen solchen Lärm, daß die draußen weilenden Deputirten hastig in Masse wieder in den Saal stürzten. Nochmals referirte man an den Präsidenten, und dies Mal kam der Oberst Riu mit einer ganzen Jnfanteriecompagnie in den Saal. Jetzt erreichte der Tumult erst seine rechte Höhe. Baudry d'Asson und seine Freunde schlugen aus die Soldaten loS, und erst nach langem Ringen konnte Riu sich mit b Soldaten deS Delinquenten bemächtigen. Sie trugen ihn auf ihren Schultern davon, nicht ohne daß er ihnen die Epauletten herabriß, und brachten ihn in da» Arrestlocal deS Palastes. Natürlich dauerte e« eine geraume Weile, ehe die Gemüther sich soweit beruhigt hatten, daß man an die Wiederaufnahme der Sitzung denken konnte. Nachdem der Lärm sich gelegt und der Präsident eine neue Sitzung eröffnet hatte, entwickelte LouiS Legrand kurz und bündig die Interpellation der Linken und erklärte, daß der anscheinende Conflict zwischen Ministerium und Kammer auf einem Miß- verständniß beruhe, daß die Mehrheit daS in der mi nisteriellen Erklärung enthaltene Programm in allen Stücken billige und daß folglich für daS Cabinet nicht der geringste Grund vorliege, sich um einer blosen Frage der Tagesordnung willen zurückzuziehen. Da nach ergriff der Lonseilrpräsident Jule« Ferry da» Wort. Er lieh es sich offenbar angelegen sein, einen möglichst «nergischen Accent in seine Rede zu legen. Allerdings, sagte er, sei eine Aufttärung erforderlich; die Unsicherheit der Regieruog«vtthält- niffe ist sür rin parlamentarische« Land eine tödtlich« Krank heit, und Frankreich würde vor der Welt allen Eredit vrrlieren, wenn man in den Bestand seiner Ministerien kein Vertrauen setzen könne. Zwei Dinge sind vor Allem erforderlich: da» Ministerium muh homogen sein, und e« muh ein klar vor- gezeichnete» Programm haben. Beide» ist hier der Fall Die Minister sind in allen Punkten einig, und wenn sie zurück- treten, werden sie alle zurücktrelen. Da« Programm ist deut lich in der Erklärung au«gesprochen worden. Die Regierung ist entschlossen, jeder Anarchie di« Stirn zu bieten, der cleri- calen und royalistischen sowohl, wie der revolutionären. Schwerer läßt sich gegen die Anarchie im Parlamente selber ankämpsen. Aber die Kammer wird sich nicht durch dieselbe zu vollständiger Ohnmacht verdammen lassen wollen. (Heftiger Protest in der äußersten Linken.) Jule» Ferry erinnert al»- dann, wa» die Regierung zur Bekämpsung de» Elericalismu« gethan habe. Indem er weiter aus die einzelnen Punkte seine» Programm» eingeht, giebt er zu verstehen, dah er au» der be kannten Frage der Tage«ordnung keine Principienfrage machen den Künstlern im Alterthum behandelten, und beson der« auf Vasen häufig vorkommenden Gegenstand, den Kampf des Theseu» mit dem MinotauroS, dar. Aber dieses Kunstwerk hat dadurch eine besondere Bedeutung, daß eS von Bronze ist, ein Material, welches au» dem Alterthum verhältnißmäßig in nicht vielen Fällen gerettet ist, und außerdem erregt die hohe Vollendung der künstlerischen Behandlung mit Recht die Bewunde rung aller Betrachter. TheseuS, ein kräftiger Mann im blühendsten Alter, nach Art aller Kämpfer in der ariechlschen Kunst völlig unbekleidet, hat den Minotaur bei seinem linken Stierhorne gefaßt, und biegt ihn daran nach der Erde zu herunter. Da» Ungeheuer ist iu die Knie gesunken und macht mit beiden Händen einen schwächlichen und bei seiner völligen Ueberwin- dung nothwendig vergeblichen Versuch, sich dem eisernen Griffe de» jugendlichen Helden zu entziehen. Freilich muß auch Theseu» seine ganze Kratt einsetzen, um seinen Zweck zu erreichen: während er mit der linken Hand da» Horn herumdreht, packt er mit der rechten den Minotaur unter dem rechten Arme und stützt da« linke Knie auf da» rechte Bein seine» Geg ner«: so groß ist dabei seine Anstrengung, daß er auf diesen drei Stützpunkten frei schwebt, ohne den Boden »u berühren. Seine schöne Gestalt zeigt da« kräftigste Ebenmaß der Glieder; die breite, hochgewölbte Brust, der kurze, sehr starke Hal« machen den Eindruck un widerstehlicher, durch die Schulung de« Palästra auf« Höchste auSaebildeter Kraft, da« weitau«gestreckte rechte Bein zeigt schlankere Formen al« der Oberkörper, und ist, trotz einer gewissen realistische« Behandlung, beson- der« der Wade, von höchster Schönheit. Meisterhaft ist auch her Minotaur, die Schwierigkeit der Verbin dung deS menschlichen Leibes mit einem Stierkopfe ist in glänzender Weise gelöst. Der Künstler hat den Kopf ziemlich klein genommen, viel kleiner, als er in Wahrheit im Berhältniß zum menschlichen Körper ist, aber dadurch, und durch eine bedeutende Verstärkung und Verbreiterung des HalseS, eine Gestalt geschaffen, die wie organisch entstanden und lebensfähig erscheint. Von einem Stierkampfe — denn die Art, wie TheseuS auf diesen wie auf anderen Darstellungen der alten Kunst den Stier überwältigt, entspricht genau den Regeln der griechischen Stierbändigung — entwirft ein griechischer Schriftsteller folgende Schilderung: „Der Jüngling jagte zu Pferde erst hinter, dann neben dem Stiere her, plötzlich jedoch trieb er da» Pferd so an, daß er dem Stiere ein wenig zuvorkam: dann sprang er von dem Pferde auf den Rücken de» Stiere» herüber, preßte den Kops zwischen die Hörner desselben, umschlang seinen Hal» mit den Armen und drückte die Hände fest auf seine Stirn, während der übrige Theil seine» Körper» sich auf die rechte Schul ter de» Stiere» stützte. So hängend machte er alle Sprünge de« Stiere« mit. Al« er aber gewahr wurde, daß der Stier durch da» Gewicht, welche« er zu schlep pen hatte, matt zu werden anfing, und die Spannung seiner Mu«keln nachließ, da warf er seinen Unterkörper nach vorwärt», und stemmte die Füße mit aller Kraft gegen den Erdboden. So wurde der Stier in seinem Laufe aufgehalten, und von der Kraft de» Jüngling- gebrochen, seine Knie brachen unter ihm zusammen, und da die aanze Kraft und da- ganze Gewicht seine» Gegner« auf seinem Kopfe lastete, so neigte er sich vorn über, und die Hörner kamen dem Boden nahe, während seine Beine machtlo- zitterten und ihm nicht zu helfen vermochten. Der Jüngling aber brauchte, um ihn niederzuhalten, nur die linke Hand, die rechte hob er in die Höhe und schwenkte sie wie im Triumph, während er freudig auf die Volk-menge blickte, sie durch sein Lächeln gleichsam auch zur Freude heraus forderte, und da» Gebrüll de» Stiere» sich wie eine Siegesfanfare ertönen ließ. Da- Volk aber brach in tausendstimmige donnernde Beifallsrufe auS. Darauf ließ der König den Jüngling heranführen und dem Stiere einen Strick umwerfen und ihn zum Opfer fort- brinqen." Ein griechisches Epigramm verherrlicht die der be schriebenen ganz ähnliche Kunst de» thessalischen Stier- kämpfe» in folgenden Distichen, die jedoch dem Original an Schönheit der Sprache und Prägnanz de» Aus drucke» nur etwa so ähnlich sind, wie die spanischen Stierkämpfe den griechischen: Wohl in dem Stierkamps geübt ist Dheffalien» reisig« Jugend, Bändigt mit mannhafter Kraft stet» ohne Waffen da» Thi«r, Feuriger Rosie Lauf jagt nach den Sätzen de» Stiere», Wirst um die Stirn ihm da» Seil schnell mit verwegener Hand; Denn wenn die Schlinge da» Horn, leichtgleitend doch fest hat umfangen, Ist sie gebändigt, die Kraft, liegt an dem Boden der Stier. Literatur. Gustav Freytag hat sein große»Werk „Die Ahnen" vollendet, und der sechste und letzte Band wird Anfang December unter dem Titel „AuS einer kleinen Stadt" (Leipzig bei Hirzel) erscheinen. — Bon der Geschichte der deutschen Literatur von Prof. Or. Wilhelm Scherer (Berlin, Weidmann'- sche Buchhandlung) ist soeben da» 3. Heft ausgegeben worden. Dasselbe beginnt innerhalb de» 6. Capitel»: „Die höfischen Epen"; Heinrich v. Beldeke, Httttmann »oll«: ab«r wrnu di« Kammer dem MäniHerim» «tu «tttEntt- votu« g»b«n «oll«, so müsi« da»srlb« rin uuumwund«nr» s«iu Dir gemäßigte Link« applaudttte lebhaft und dann erschien Llsmenke»» auf der Tribüne Der Deputirte vom Moa- »arttr kümmerte stch wenig um da» miutsteriellr Programm Vor alle« Dingen begehrt« er »u wiffen, wir sich da» Eabinrt gebildet habe und wie e» flammen, daß beim Beginn der Ferien d« Freycinet und am Schluss- dersrlben Jule« Ferry an seiner Spitze gestaaden. Er will ferner wiffen, wir da» Miniftrrtum e» mit seinrr Würdr vereinbar hält, am Dien»tag feine Entlassung »u geben und am Lonnerttag noch eia Mal um rin »ertraurnivotu« ,u bitten »l« Llsmenuau gesprochen, war da» Votum btt Kammer schon nicht mehr »wetselhatt; in der äußerste» Linken selber wurde ihm nur schwacher Beifall »u Theil Einer seiner eigene» Parteigenoffen übrigen«, Alfred Naq»et unteraohm e«, ihn ,u widerlrgeu, indem er die Kammer ermahnte, keine Zeit mit unnützen Zänkereien »u verlieren und die ««forme» autzuführen, iu Betreff deren die Kammer und da« Ministerium einig find. Die Linke erwies sich dem Redner sehr dankbar für diese Unterstützung. Dann wiederholte Peri» in derberen Autdrücke» die Forderung Llsmencrau», da« .todtgeborene' Ministerium möge seinen Ursprung recht- fettigen, und die» Mal antwortete - Jule» Ferry gereizt, man möge die Frage an de Fr«y- cinet selber richten Drr ehemalige Eonseilspräsident habe in der religiösen Angelegenheit die dem Eabinrt vorgeschriebene Politik andern wollen, und nur die« sei drr Grund sriue« Rücktritt«. Noch ein Mal sprach Clemenceau, und zwar nicht um da- ganze Eabtnet, sondern einen einzelnen Mi nister, den Marineminister Llouä, anzugreffen. Aus Clemenceau'- Verlangen bestätigt Lavicille, der De putirte von Cherbourg, daß Lloue sich in dieser Stadt al- Präfect durch seinen E«thusia-muS für die Politik de- 16 Mai au-gezeichnet habe. ES wurde da also in ziemlich perfider Weise ein ganz neue« Element in die Debatte eingeführt, und die Linke gerieth sichtlich in Verlegenheit. Der Admiral Clous dementirte mit einigen Worten die Anklage Lavicille'«, indem er sagte: „Man dient seinem Land« nicht 4b Jahre, ohne daß man gezwungen ist, manchen Regierungen zu dienen", und dann beeilte man sich, die Debatte zu schließ»». Floquet, al« Führer de» vorgeschrittenen Theile- der republikanischen Union, erklärte, daß er und seine Freunde sich enthalten werden. Die äußerste Linke brachte ein Mißtrauensvotum ein; aber dasselbe kam nicht zur Abstimmung; eS wurde vielmehr die an erkennende Tagesordnung der Linken mit großer Mehr heit angenommen. — Baudry d'Asson fitzt noch im Arrestlocol deS Palai» Bourbon. E» ist heute Nie mand zu ihm zugelassen worden. Gambetta hatte ihm anbieten lassen, ihn Abend» in Freiheit zu setze», wenn er sich verpflichten wolle, 3 Lage in der Kammer nicht zu erscheinen, aber er hat die- Anerbieten stolz ab gelehnt. Pari», 12. November. (Tel.) Baudry d'Asson ist gestern Abend um 10 Uhr auS dem Arrestlocale der Kammer entlasten worden. — DaS Gelbbuch wird in den Kammern gegen den 20. d. MtS. zur Ber- theilung gelangen. Die Berathung der Interpellation über die auswärtige Politik der Regierung wird, wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, im Senat etwa am 2b. d. M. stattfinden. Kopenhagen, 10. November. (H. R.) Der heute vom Eulturminister im BolkSthing eingebrachte Ge setzvorschlag über Herstellung eine« Gleichgewicht» »wischen den Einnahmen und Ausgaben der Univer sität lautet folgendermaßen: 8 1) auS der «taatt- käste erhält da» Capitalvermögen der Universität 400000 Kr. und von dem Eapitalvermögen der Lom- munität 600000 Kr. 82. Die Communität zahlt der Universität jährlich 40000 Kr. 8 3. Fall» die Ausgaben der Universität in einigen Jahren die Ein nahmen derselben übersteigen, wird die Unterbilanz von der Staatskasse gedeckt. — In diesen Tagen ist der Urtheil Sspruch in der viel besprochenen Justizsache gegen da- Fräulein Anne Hude, welche« am 18. Juni einen Mordversuch auf ihren Verführer, den Or. Leer- beck, machte, der sich bald darauf durch Selbstmord der irdischen Gerechtigkeit entzog, gefällt worden. Die Dame, welche in Kopenhagen studirte und bereit- da» «r»wv» nrtiuw bestanden hatte, erregt« durch die ihr widerfahrenen Anfechtungen feiten de- Arztes allge meine Theilnahme. Der UrtheffSspruch de« Gerichts lautet auf 1jährige Gefängnißstraf«, da» niedrigste Strafmaß. St. Petersburg, 10. November. Au» den Ver handlungen im Nihtlistenproceß geben wir nach dem Bericht de» „Reg.-Anz." eine Darstellung über die Explosion im Winterpalai» am b. Februar 1880: Danach ist der Urheber drr Explosion der i» brr Tischler werkstatt de« Palai» beschäftigt gewesene Bauer Beriyschkow (richtig Stepan Nikolajew Chalturin au« dem Gouvernement Wjatka, Krei« Orlow, Wolost Liwrntkaja und Dorf Ehaliurino). Chalturin war im Jahre 1874 nach Beendigung de« Lursu« v. Aue und Gottfried v. Straßburg, Wolfram v. Esch bach, und ihre Dichtungen werden in besonderen Ab schnitten eingehend kritisch behandelt: dann folgen die Epigonen: Rudolf v. EmS, Konrad v. Würzburg rc. DaS nächste (7.) Capitel ist überschrieben: „Sänger und Prediger". Hier wird zunächst dem „bezaubernden Liebe-dichter und ersten Gotte-sänger Walther von der Bogelweide" ein sehr interessanter Abschnitt gewidmet, der folgende aber: „Minnesang und Meistergesang" erweitert sich zu einem fistelnden, kulturhistorischen Gemälde, welchem die klare, bündig kurze, bei aller schlichten Einfachhnt der Form den geistvollen Lttera- turkenner verrathende Darstellungsweise de» Verfasser» besonder« zu Statten kommt. — Der berühmte Geschichtsforscher Leopold v. Ranke arbeitet gegenwärtig an einer allgemeinen Weltgeschichte, welche gleichsam die Krone seine» ruhm reichen Schaffens bilden soll. Roch vor Weihnachten wird der erste Theil diese» Werke» im Berlage von Duncker und Humblot erscheinen. Er wird in zwei Bänden di« „älteste historische Bölkergruppe" und die Griechen umfassen. * Die an dieser Stelle bereit» besprochene» Sta tuen de» Rationaldeakmal» auf de« Riederwald, welch« gegenwärtig im Atelier de» Meister» Johanne» Schilling au»ge stellt sind, finden eine so allgemeine Theilnahme der Kunstfreunde und Patrioten, daß sich der Schöpfer derselben hat bereit finden lassen, die Au«ftellung noch bi» Sonntag, den LI. November zu verlängern Der Kunstgenuß wird auch Abend» durch paffende Beleuchtung den in den Tagesstunden Be schäftigten ermöglicht sein. i
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