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Dresdner Journal : 17.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188009172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800917
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800917
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-17
- Monat1880-09
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 17.09.1880
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^Sl7 Freitag, de» 17. September. 188». I» U»»»» t 1U»rl>cl>: . . 18 jLtlrtiel»: 4 bO?k 8iu»4li>« Kummmm: 10 ?k L««« r^»Id <l«ämi1»eü»» k«ieke» tritt ?o«t- vvä 8tev»p«ln>»«ttl»s tun»». l»8«r»te»prels« r klr üea k»mv «iasr jx«p»lt«ll«o ?«tit»»ilo »0 kt. Unter „kinzsxuiät" äi« Leit« bv kk. Lr»ek»l»»»r Dtzlieü mit Xwiruckm« äsr 8ooo- «v6 k°eiert»^» Xdeaü» filr äea sol^sväen 1»8 DttMcrIourlMl. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. lunerstennnnulime »»-«Ilnl«, />>. D^«»«<t.>/ec/ci, cioiooi^.-oni'is Orenüuvr äouruukj 8»mdur^- IirUll Vlill l-«tp»t^ N»,«I -L5e,I»u 7r»n>etllit U : //aa»«n«tein L l^OA/cc, Sirlin Vl«»-S^wdnrff- kr»^--7r»n>itllrt ». » «ün«U«u: ^t«<? L«rU»: L.^'ornicl:,Z«va?ickc»lkt-t-, »r«w«u: L.Le/Uott«, >r„I»a: D <8ta«Acn « Liireau; 0d«wiUl»^ Dr kr»»Ilkurt ». H.! ^aeA^'ncti« u. t). »okv Uuckkirnälnn^; vürlil»! L? A/ütter,' Uiup»or«r: 6 Sc?,«»/ - - r«rii-L«rUn-7r»Lilturr ». H. >tull^»rtt Da«-« « c.«.,- S»wdarUt D/c?e«ciA«n, Steiner. ll « r » u 8 r « d » r r icSnisI. krpeäitiou äes Dresdner I)re»6ev, iivin>evr»trm»»« kio. St). Amtlicher Theil. Dresden, 18. September. 8e. Königliche Maje» stät hat die Finanzsecretäre und Hils»arbeiter im Finanzministerium 0r. Paul Gustav Wachler und Ur. Alwin Robert Rudert zu Finanz-Assessoren zu ernennen allergnädigst geruht. Nlchtamttlchkr Lheil. U e b e r s i ch t. relegrapbische Rachricbten. Zeitungtschau. (Provinzial-Correspondenz.) iage-geschichte. (Berlin. München. Wien. Pari«. Bern. Madrid. London.) Zur orientalischen Frage. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichtru. (Leipzig. Grimma. Crimmi tschau. Thum.) vermischtet. Statistik und Lolktwirthschaft. Eingesandtet. Feuilleton, iagetkalenbrr. Inserate. Beilage. Börsenuacd richten. Telegrapdische Witterungtberildte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Buda-Pest, 15. September. (Tel. d. Boh.) Nach einer beinahe 5stündigrn stürmischen Sitzung wurde in Abwesenheit sämmtlicher jüdischer Ge- mrindrräthe, welche wegen des Feiertags fehlten, dir deutsche Lheaterconcesfion mit 77 gegen 76 Stimmen abgelehnt. Offenbach, Mittwoch, 15. September, Abends. (W T. B.) Prinz Alerander von Hessen, Groß fürst Sergiu» von Rußland und Landgraf Frie drich von Hessen mit Familie find zum Besuche de» Prinzen Georg und der Prinzessin Luise von Hessen heute Nachmittag auf Schloß Rumprnheim etugetrosse«. Ragusa, Mittwoch, 15. September, Abends. (W T. B.) Nachrichten aus Albanien zufolge leisten die Albanesen energischen Widerstand gegen die Abtretung von Dulcigno, wohin sie in großen Schaaren eilen. Sie haben beschlossen, Riza Pascha zu tödten, welcher mit 1500 regulären Truppen, die nicht» autrichten können, in Katerkol steht. Die Albanesen habe« eine neue Drohnote an die Pforte gerichtet. Pari», Mittwoch, 15. September, Abend». (W. T. B) Da» „Journal officiel" meldet die Annexion der Gesellschafttinseln, der Freundschaft»- inseln und der Insel Hivaoa im Marquesa»archiprl durch Frankreich. Rom, Mittwoch, 15. September, Abends. (W. T. B.) Der Finanzministrr hat dem Präsidium der Deputirtenkammer den Budgetvoranschlag für da» Jahr 1881 vorgrlegt. Rach demselben be laufen sich die ordentlichen Einnahmen auf 1210 Millionen, die ordentlichen Ausgaben auf 1118 Mil- lionen; der Urbrrschuß beträgt somit -2 Millionen. Die außerordentlichen Einnahmen werden auf 8 Millionen und die außerordentlichen Ausgaben auf 65 Millionen veranschlagt; da» Deficit beträgt so mit 57 Millionen. Im Ganzen ergiebt sich dem nach ein Ueberschuß von 35 Millionen, welcher sich mit Rücksicht auf weitere Au»gaben und die Til gung von Schulden auf 7 Millionen rrducirt. Für neue Eisenbahnen sind 81 Millionen eingestellt; rin ebenso großer Betrag ist in da» Aetivum al» Ertrag der zu diesem Zwecke zu beschaffenden Rente eingestellt. London, Mittwoch, 15. September, Abend». (W. T. B.) Dem „Neuter'schen Bureau" wird au» Capetown von heute gemeldet: Der Führer der Basuto», Letharodi, hat ohne Erfolg am 13. d. eine Abtheilung Colonialtruppen, welche Mafe- teng besetzt halten, angegriffen. London, Donner»tag, 16. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Den „Time»" wird au» Kon stantinopel vom 14. d. Mt». gemeldet, da» tür- kische Cabinet habe demisfionirt, weil der Sultan nach dem Rathe Said Pascha» darauf bestanden habe, keine Concesfionen zu machen und in einer scharfen Circularnote gegen die Alottrnkundgrbung zu protestiren. E» sei Ursache vorhanden, zu glauben, die Circularnote werde schließlich eine viel versöhnlichere Korm annrhmen. Bukarest, Mittwoch, 15. September. (W. T. B) Der Ministerpräsident Bratiano hat sich heute auf eine Inspektionsreise nach Kustendsche begeben. New-Dort, Mittwoch, 15. September. (W- T. B) Die Majorität der im Staate Maine ge wählten Deputirten zum Senat und zu der Kam mer ist republikanisch. Infolge diese» Resultate» ist die Wahl eine» republikanischen Candidaten für den Senatorenfitz de» Staate» Maine in Washington gesichert. Dre»dev, 16. September. Die Secession unter den Nationalliberalen gehört zweifellos zu den Vorgängen unseres Partei leben», welche unsere volle Aufmerksamkeit beanspruchen. Eine der bezeichnenden Erscheinungen für das Auf treten der neuen Parte» bildet das Verhalten einzelner ihrer Organe, welche, indem sie von der Ansicht aus gehen, daß nur die vom Liberalismus allein voll brachten Werke der Gesetzgebung heilbringend seien, sich dem Zusammenwirken conservativer und liberaler Elemente im gemeinsamen vaterländischen Interesse widersetzen, welche alio, im Interesse einer einseitigen liberalen Parteidoctrin alle Bande natio naler Gemeinsamkeit zu zerstören suchen. Gegen diesen unduldsamen liberalen DoctrinariSmuS wendet sich die neueste „Provinzial-Correspondenz* in einem „Der Gegensatz von liberal und conservativ in Deutschland" überschriebenen Artikel. Derselbe lautet: Eine Berliner Zeitung, welche seit dem Austritt der 28 Mitglieder aus der nationalliberalen Partei als eifriges publicistischeS Organ der Ausgetretenen auf tritt, suchte kürzlich nachzuwrisen, ein Zusammenwirken konservativer und liberaler Elemente ,ei aus dem po litischen und parlamentarischen Boden Deutschlands eine Unmöglichkeit. Denn die Eonservativen hätten keinen andern Willen, als Das zu zerstören, was die Libe ralen seit 14 Jahren errungen und gebaut. Denselben Willen habe das Ccntrum; daher könnten die Eonser vativen wohl mit dem Eentrum, aber niemals die Li beralen mit den Eonservativen zusammengehen. Diese Darstellung ist ein rechtes Muster, wie lebendige Dinge zurecht gemacht werden, um solche Augen, welche vor dem Licht der Parteitendenz nicht auf der Hut sind, zu blenden und irre zu führen. Dabei verlangt die selbe Seite, von welcher solche Darstellungen ausgehen, die sogenannte parlamentarische, d. h. die wechselnde Parteiregierung. Dabei hat dasselbe Blatt zu solchem Zweck die Bildung einer großen liberalen und einer großen konservativen Partei als wünschen Swerth be zeichnet. WaS sollte aber wohl aus einem Lande wer den, in dessen Regierung sich zwei Parteien ablösten, deren jede sich nur die Aufgabe stellte, das Werk ihrer Vorgängerin zu zerstören? Die Zahl der Gegensätze des Parieilebens ist infolge der deutschen Geschichte bei uns größer, al» anderwärts, und eS liegt in dieser Vielheit an sich schon eine Gefahr. Denn manche dieser Gegensätze sind nicht durch sich selbst ausgleich bar und werden nur durch die Festigkeit des über ihnen waltenden Gemeinwesens in den Schranken des nationalen Zusammenleben» gehalten. Um so größer ist das Unrecht, welche- Derjenige begeht, welcher durch falsche Darstellung die Zahl der schon vorhandenen unausgleichbaren Gegensätze zu vermehren und die jenigen Gegensätze, welche sich ergänzen, auch geistig mit einander ringen können, ohne sich bis zur Ver- mchtuug zu befehden, künstlich zu verschärfen fucht. Ein Gegensatz der letztern Art ist der zwischen liberal und conservativ. Immer wieder muß an das Wort des Reichskanzlers vom 9. Oktober 1878 erinnert werden: »Wir haben von der Jorüchritttpartei, vom Lentrum, wir haben von den Abgeordneten, die sich mit diesen beiden halten, unter keinen Umständen und für keine Borlage, die wir zu machen im Stande sind, eine Unterstützung zu er warten Unsere OpirationSbasiS beschränkt sich aus die vier Siebentel des Reichstags, welche durch die drei Fractionen der Nationolliberalen und der beiden Eonservativen gebildet werden. In jedem andern Lande würde die Thatjache, daß drei Siebentel der Landesvertretung überhaupt die Existenz basis, aus der sich die Regierung ohne Zerfall des Ganzen bewegen kann , negiren, den strengsten Zusammenschluß der übrigen, die überhaupt die bestehenden Institutionen halten und vertreten wollen, zur Folge haben. Ich kann nur die Bitte an diese drei Fractionen richten, daß die Herren nicht der Regierung, sondern dem Lande und ihren Landsleuten den Dienst erweisen, sich untereinander zu verständigen, und daß alle Dieienigen, die überhaupt die staatliche Entwickelung des Reichs aus der jetzigen Basis wollen, sich näher an ein ander anschließen und sich nur über sachlich ganz unabweiS- liche Differenzen trennen.' Der Reichskanzler hält ein Zusammengehen der Liberalen und Eonfervativen mitelnander und beider- feitS mit der Regierung für möglich. Aber er hat diese Möglichkeit an eine Voraussetzung geknüpft, durch welche die beiden Bezeichnungen konservativ und liberal allerdings eine genauere Begrenzung erhalten. Der Reichskanzler hat seine Bitte an diejenigen Eonserva tiven und an diejenigen Liberalen gerichtet, welche die staatliche Entwickelung dcs Reiches auf der jetzigen Basis wollen, welche — so hat er denselben Gedanken negativ ausgedrückt — die ExlstenzbasiS, auf der sich die Regierung ohne Zerfall des Ganzen bewegen kann, nicht negiren. ES mag in der konservativen Partei immer seltnere Elemente geben, deren Ideal nur in der Vergangenheit liegt. Unter den liberalen Rich tungen giebt es mehr als eine, deren Ideal nur in der Zukunft liegt, alfo von den lebensfähigen und auf eine unabsehbare Zeit unentbehrlichen Elementen der Gegenwart mehr oder weniger absieht. An beide hat der Kanzler sich nicht gewendet. Innerhalb der von ihm gezogenen Schranke aber glaubt er an die Möglichkeit eines patriotischen Zusammenwirkens liberaler und conservativer Parteien. Jene Schranke ist kurz gesagt die nationale. Nationalliberale und Nat'onalconservative können, ja müssen, in vielen Fragen der inneren Politik — bei der äußeren ver steht eS sich von selbst — sich verständigen können, und in solchen Fragen, wo die Verständigung noch nicht erreichbar ist, muß bald die eine, bald die andere Partei je nach Lage der Umstände den patriotischen Entschluß einstweiligen Verzichtes finden. Was sollte wohl aus unserem Vaterland werden, wenn nicht zwischen den nationalgesinnten Parteien wenigstens ein Band bestehen könnte, welche- bald zur Verstän digung, bald zur Nachgiebigkeit des einen Theils, immer aber zu derjenigen Gemeinsamkeit des Handelns führt, welche die Verbindung mit solchen Parteien, die auf einer ganz anderen Grundlage stehen und stehen wollen, ausschließt oder auf die geringste Zahl von Fällen einschränkt? Diejenigen Richtungen, welche ihren Vor theil darin erkennen, das Band nationaler Gemeinsam keit zwischen konservativen und liberalen Ueberzeugungen nach Kräften zu zerstören, bedienen sich namentlich deS jetzt zu erläuternden Kunstgriffes. Die großen einigenden Gesetzgebungswerke, die während der Wirksamkeit deS norddeutschen und des deutschen Reichstages theilweise nicht ohne lebhafte Meinungskämpfe in und außer den gesetzgebenden Versammlungen und nicht ohne Resig nation sowohl von Seiten der verbündeten Regierungen als einzelner Parteien zu Stande gekommen sind, diese Werke bilden gegenüber der langen Entbehrung ein heitlicher Ordnung auf großen, ohne eine solche Ord nung verkümmernden Gebieten des nationalen Lebens ebensowohl eine Genugthuung der Gegenwart, wie die Bürgschaft einer gedeihlichen Entwickelung der Zukunft. Es wird nun nie fehlen, daß durch solche Werke Ge wöhnungen verletzt werden, die allerdings, weil sie nur unter einer mangelhaften Ordnung sich entwickeln konnten, keine dauernde Berechtigung Haden. Aber auch Fehlgriffe find unvermeidlich, wodurch folche umfassende Werke mindestens theilweise das Gepräge des Einseitigen und Unfertigen erhalten. In den bekannten Streitig keiten der Rechtsgelehrten, ob das Recht durch Codi- fication oder durch Gewohnheit fortzubilden sei, haben diese unvermeidlichen Mängel einen Haupteinwand gegen die Codification gebildet. Aber die Vertheidiger derselben haben auf diesen Einwand mit gutem Grund erwidert, daß nur auf der Grundlage einer einheitlichen und zu sammenfassenden Gesetzgebung eine wirkliche Erkennt- niß des Besseren und eine ernsthafte Harmonie zwi schen dem Recht und dem Volksbedürsniß erreichbar fer. Wenn nun den Gesetzgebungswerken, welche in den letzten 14 Jahren die verbündeten Regierungen mit den Reichstagen zu Stande gebracht haben, weder die wissenschaftliche noch die praktische Kritik erspart bleibt, wenn gewisse Einseitigkeiten bereits lebhaften Tadel Hervorrufen und schleunige Anlegung der bessernden Hand verlangt wird, so giebt dies Niemandem ein Recht, die resormirende Bewegung als überall unbe rechtigt und als künstlich gemachte Reaktion darzustellen. Es ist die Pflicht der nationalen Parteien, sowohl der konservativen wie der liberalen, sich an der Vervoll kommnung unserer Gesetze, an der ruhigen Erörterung ihrer Principien beiderseits zu betheiligen. Allerdings haben Diejenigen keinen Beruf, an der Reformaufgabe mitzuarbeilen, welche in der ganzen Gefetzgebung der letzten Jahre nicht den Ausdruck großer und tief em pfundener Bedürfnisse, sondern nur das Werk einer von allen gesunden Principien verlassenen Richtung er blicken wollen, für die sie den Liberalismus ausgeben. Es ist dies eine Ansicht, die mit großem Unrecht als Ausgangspunkt aller konservativen Bestrebungen hm- gestellt wird. Andererseits schließen sich auch diejenigen Liberalen von der Theilnahme an der unerläßlichen Reform aus, welche die Werke, um die es sich handelt, als jeder Berbefferung überhodene Thaten des Libe ralismus, als dessen Triumphe über einen lediglich unberechtigten Gegner hmstellen wollen. Der Kunst griff, von dem oben die Rede war, besteht darin, das Verlangen nach Reform lediglich auf jene schroffe An sicht zurückzuführen, sür die nicht einmal vom Libera lismus allein vollbrachten Werke aber die Resormbe- dürftigkeit in Abrede zu stellen. Es ist sehr schlimm, wenn die Meinungen zu Parteiwaffen werden. Die Lehren der Staats- und Socialwissenschast haben zum berufenen Richter nur den unbefangenen Wahrhelts- sinn. Wenn diefe Lehren nur geschätzt werden sollen nach ihrer Vereinbarkeit mit herkömmlichen Parteivor- urtheilen oder gar mit den auf Macht und Einfluß gerichteten Parteizwecken, so werden die Ausgaben des Feuilleton. Redigir« von Otto Banck. Lom moralischen und culturellea Wrrthe der Mission. Bei Gelegenheit der Verdienste, die sich um die unbefangene Beleuchtung der Mission l)r. Warneck zweifellos erworben hat, geht ein sachkundiger Bericht erstatter der „Allg. Ztg.* auf eine Würdigung und Vertheidigung der modernen Mission überhaupt ein, und da- vielverkannte wichtige Zeitthema und dessen Behandlung verdient eS, einigen Hauptgesichtspunkten nahe zu treten, die dieser Gegenstand bietet. Als vor einigen Jahren England die große Tran»- vaalrepublik und da» ganze westliche Küstengebiet Süd afrika» bi» etwa zum 20. Grad südl. Breite hinauf feinen Besitzungen einverleibte, fand dieser ungeheure Länderzuwach» in Deutschland nur wenig Beachtung. Vor nicht langer Zeit besprach ein deutsche» Blatt eingehend „England» Ausbreitung in Südafrika" und zeigte hierbei, daß die so mühe- und kostenlos voll zogene Annexion jener au»gedehnten Ländergebiete sich wesentlich auf die feit 30 Jahren geschehene Pionnier- arbrit deutscher Mi,sion»gesellschasten stützte, da» bri tische Lolonialamt also in der Lage war, die au« Deutschland gebrachten Opfer an Capital und Arbeit für sich einzustreichen. Und so ist e» fast überall, wo deutfch« Missionäre stehen; der materielle Gewinn ihrer Arbeit fällt fremden Nationen zu. Da» kann nun freilich nicht ander» fein, fo lange Deutschland keine Colonien hat. Aber nicht einmal Anerkennung findet die Missionsarbeit in Deutschland; man verkennt ihre Bedeutung und begegnet ihr mit großer Geringschätzung. Diese merkwürdige Erscheinung, daß eine der groß artigsten und erfolgreichsten Unternehmungen der Neu zeit kaum beachtet wird, beruht wesentlich auf zwei Ursachen. Fürs Erste stehen wir Deutschen den über seeischen Verhältnissen sehr fremd gegenüber; sie haben für uns kaum ein anderes, als ein wissenschaftliches Interesse. England dagegen ist durch seinen Welt handel wie durch seinen Lolonialbesitz genüthigt, diese Verhältnisse mit der gespanntesten Aufmerkiamkeit zu beobachten; da kann ihm die segensreiche Wirksamkeit der Mission nicht verborgen bleiben, und darum ist auch dort da- Urtheil über die Mission ein ganz anderes, als bei uns. Dazu kommt als zweite Ursache die jetzt leider so weitverbreitete religiöse Gleichgiltigkeit. Große und kleine Philo sophen verkündigen eS mehr al» genug: da» Christenthum sei in der Selbstzersetzung begriffen; eine Kraftwirkung könne nicht von ihm ausgehen, und da rum komme auch der Mission irgend eine Bedeutung nicht zu. In diesem Gedanken befangen, ist man dann nur zu geneigt den mißgünstigen Urtheilen von Kaufleuten und Reisenden, welche au» irgend einem Grund auf die Mission nicht gut zu sprechen sind, unbedingt Glau ben zu schenken, trotz der mannichfachen inneren Wider sprüche, wclche sich in derartigen Auslassungen finden, und ungeachtet der vielen günstigen Zeugnisse von Be hörden und Männern, deren Urthell»kaft und Un parteilichkeit außer Zweifel steht. Die erste und grüßte Aufgabe der Mifston ist unter den Heidenvölkern ein neue» religiöse» Leben zu wecken. Aber ihre Bedeutung geht darin nicht auf. Bekannt lich hat eine Reihe von Wissenschaften, wie Geographie, Ethnographie, Linguistik u. f. w., in ihr eine große Gehilfin. Vielfach übersehen aber ist ihr Einfluß auf die Cultur. Zu den Worten, welche in nnferer Zeit zwar viel gebraucht, aber nur wenig verstanden werden, gehört auch da» Wort „Cultur*. Wollte man ein wenig Um frage halten, wa» da» Wort besage, e» würden wohl seltsame Antworten zu Tage kommen. Cultur selbst ist offenbar ein neutraler Begriff, und bekommt seine Be deutung erst durch Da», was Gegenstand der Cultur, der Pflege, ist. Und wenn da» Ziel aller Cultur darin besteht, da» Leben de» Menschen auf diefer Erde zu einem wirklich menschenwürdigen und glücklichen zu machen, so müssen die materiellen, die geistigen und die sittlichen Güter gleicherweise Gegenstand dieser Pflege sein. Fehlt die Pflege de» sittlichen Gebiete», fo kann die Eultur einen die Menschen veredelnden und be glückenden Einfluß unmöglich auSüben, und doch wird gerade diese Pflege so vielfach übersehen und vernach- lässigt. Für die Mission ist nun allerdings die Ver breitung der Cultur nicht die erste und wichtigste Auf gabe, sondern die Verkündigung de» Evangelium», wo aber diefe» in rechter Weife verkündigt wird, da folgt die Cultur von felbst nach. Daß die Mission Cultur wirken, zur Folge habkn muß, läßt schon der Umstand erwarten, daß die Mis sionäre von Völkern auSgehen, deren Lulturüberlegen- heit über alle heidnischen Nationen der Gegenwart, auch über die Cnlturvülker, eine absolute ist. E» wäre Thorheit zu leugnen, daß e» neben der Mission noch andere hoch zu schätzende Culturfactoren diebt, so z. B. den Welthandel, die europäischen Lolomalmächte, di« politischen Beziehungen, die Forschung-reisenden. Aber doch besteht zwischen ihnen und der Mission ein wesent licher Unterschied. Was jene mehr zufällig und ge legentlich thun, daS geschieht von Seiten der Mission principiell und mit innerer Nothwendigkeit. Und wie verschieden ist die beiderseitige Stellung zu jenen Völ kern! Jene suchen von und an den Heiden etwas zu haben und zu gewinnen; diese will ihnen etwas geben, daS Höchste und Beste, wa» sie selbst besitzt. Die» hat aber zur Folge, daß die Eulturkraft der Mission eine viel größere ist, als die der anderen Culturfactoren. Die Naturvölker trifft die Mifsion wenigstens in der heißen Zone in einem Zustande der Nacktheit, Schamlosigkeit und Unreinlichkelt — ein Zustand, den sie nicht bestehen lassen kann. Die Einführung irgend welcher Bekleidung ruft sofort entweder einen Handels verkehr oder eine eigene, wenn auch noch fo einfache, Industrie hervor. Wichtiger noch als der Handel ist für die Ent wickelung der Naturvölker die Begründung und För derung der Gewerbthätigkeit. An die Bekleidung schließt sich die Wohnung. DaS einfache, meist mit eigenen Händen erbaute Häuschen deS Missionärs reizt zur Nachahmung; mehr und mehr schwinden die nied rigen schmutzigen, blätterbedeckten Hütten, an deren Stellen kleine wohnliche Häuser treten; und daß die Verschönerung der Wohnung von größter Bedeutung für da» Volksleben ist, daS ist wohl allgemein anerkannt. Daran reiht sich Handwerk und Ackerbau, die Aus scheidung bestimmten EigenthumS und die Entwickelung de» Rechtsbegriff». Der Segen besteht nicht in dem äußeren Wohlbe finden, sondern darin, daß die Naturvölker zur Arbeit
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