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Dresdner Journal : 01.08.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188008015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-08
- Tag1880-08-01
- Monat1880-08
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 01.08.1880
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.V 177 Sonntag, den t, August 1880. l» 8»»1»ei»«u : iLtirlicd: . . 18 U»rk. X Mdrlick: < 80 kk. Linrotv« Nummern: 10 ?s LoixrluUd d»« devi^tieo klicke« tritt ?o»t- und 8tkmp«Ini»«Ul^ ltinru. li«»er>»tkni»rrl»ier ^Lr üvo k»um «ioer xe-p»It«llvo ?etitreile tO kk. Unter „Lii»b««u»»it" dis Leit, bO kk. ribbeln«», H^Iied mit Xaivakme der 8oon- nn6 keiertn^e Abeod» kür den folgenden Zres-ntrIomMl. Ins«r»teo»an»time »«»«Lrt^i L,ip«lUt Fe Lea^dolettee, Oommninonur de» Vr«»doer doueuuk; L»»d»r» - U»rlt» Vt»» L»tp»qc «»»»! - 8r,,I»» rr«»ktn> t ,. U z //aa»e^«te>n L ko^/er, Norlin V>on-N>.mdnrx kr»^-L»ip»i^ Nrnnklnri ». N. «uncdollt /t«<i >,rU»: A. /toenict, /nna/ide»,d«i»<t, Nr«w«u: F Lc/dotte Nr»,I»u: L. Lta»-en"» küreau; 0k»wiui- />. kmAt; kr^ktart ». H.t F ^arAe^üctie o. </. U //eeema»»- »ed« Iiuokk»vdluo8; UdrUt»: LkMer, U»nn»v«r^ 6 N»rt» N»rUo-kr»»Iltnr1 ». N. Stnttqnrt: L>a«8« «c c».,' L»»d»iUt F FleidAen, Ll««>»«r. Veranlwonliche Redaclion: Oberredacteur Rudolf Günther in Dre-den. S » r » u » 8 « d « r: 8Snist. Lipedition 6es 1 dresdner donrnni«, Idresden, LvinKerstrnss« ^o. SO. Hlachbekessunqen auf das „Dresdner Journal" für die Monate August und September werden zum Preise von 3 M. angenommen für Dresden bei der un terzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für auswärts bei den betreffenden Post anstalten. ttönigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Theil. Dresden, 30. Juli. Auf allerhöchsten Befehl wird wegen erfolgten Ablebens Ihrer Durchlaucht der ver- wittw-ten Fürstin Reuß j. L. am Königlichen Hofe die Trauer auf eine Woche, vom 3l. Juli bis mit 6. August angelegt. Se. Majestät der König hat den Inhabern der A. Naumann'jchen Lichtdruckerei zu Leipzig, den Photo graphen A. Naumann und Oswald Schröder, das Prädikat „Königliche Hofphotographen" stempel- und steuerfrei zu verleihen geruht. Aichtliilliliilfer Lheil. U e d e r s i ch t. ^etegrapdische Nachrichten. Zeitung-schau. (Nationalliberale Corrrespondenz. Reichsbole. Staats-Socialist.) Tagesgeschichte. (Berlin. München. Nürnberg. Paris. Bern. Rom. Madrid. London. St. Peters burg. Valparaiso.) Zur orientalischen Frage. Dresdner Nachrichten. Statistik und VolkSwirtbschaft. Sächsische Bäder. Vingesandtes. Feuilleton. Taqestalender. Inserate. Beilage. Dir konfessionellen Verhältnisse Sachsen- im Jahre 187S. Provinzialnachrichten. (Oschatz. Pausa Dippoldis walde.) Vermischtes. Statistik und Lolkswirthschaft. ^srsennachrichlki:. Telegraphische WitterungSberilbt». Inserate. Lelegraphische Nachrichten. Nom, Freitag, 30. Juli, Abends. W T. B ) Der „Osservatore Romano" veröffentlicht ein Cir cular des Staatssekretärs Cardinals Nina vom 25. d. an die Vertreter deS Vatikans als Antwort auf da» Rundschreiben deS belgischen Ministers de» Auswärtigen, Krdre Orban, an die Vertreter Belgien-. In diesem Cireular werden die Be hauptungen Ardre-Orban'S widerlegt, und es wird darauf hingewiesen, daß der Abbruch der Bezieh ungen zwischen dem Vatikan und Belgien bereits seit Eintritt Krdre Orban'» in daS Cabinrt einen Theil seines Programms gebildet habe und daß Frdre-Orban nur einen Borwand abgewartet habe, dasselbe auSzuführen. London, Freitag, 30. Juli, Abends. (W T. B.) Zn der heutigen Sitzung de» Oberhauses wurde die irische NothstandSdill in dritter Lesung ohne besondere Abstimmung angenommen. Im Untrrhause verlas der Staatssekretär für Indien, MarquiS v. Hartington, rin von heute datirteS Telegramm des Maiors Sandeman. Major Sand.man zeigt au, daß er behufs Ein ziehung von Informationen Boten nach Kandahar ge- fandt habe, daß deren Rückkehr von dort aber erst in etwa 10 Tagen zu erwarten sei. Mel Abdurrhaman und Dubrai hätten sich von ihrem Posten nach Cha- man hin zurückgezogen und seien in Katai angekomm>'n. Es gehe daS Gerücht von einem bei Katar stattge- habten Gefecht; der Posten sei aber an sich stark ge nug, und überdies seien heute von Ehaman aus Unter stützungen dahin abgegangen Der Angriff aus Ge neral Burrows' Truppen fei ein sehr heftiger gewesen und der Verlust auf beiden Seiten ein bedeutender. Es verlaute von Ansammlungen der KakaiS- und AtchakyaiSstämme; die in Quettah und Pischiu stehen den Truvpen seien aber stark genug, dieselben nieder zuhalten. Der MarquiS v. Hartington fügte der Mel dung Sandeman'S noch Folgendes hinzu: General Phayre sei noch nicht in der Lage, den Vormarsch zum Entsätze Kandahars antreten zu können. Ueder den Eindruck, den die Vorgänge bei Kandahar in Kabul gemacht hätten, liege keine Nachricht vor; das Fehlen von diesbezüglichen Nachrichten könne eher als em beruhigender Umstand angesehen werden. Der Inhalt der eingegangenen Telegramme sei überhaupt nicht alarmirender Natur; er glaube, daß die rn Kabul und auf den nach Kabul führenden Verbindungslinien vorhandenen englischen Streitkräfte allen Eventualitäten gewachsen seien DaS HauS setzte hierauf die zweite Lesung der Zagdbill fort und genehmigte dieselbe ohne beson dere Abstimmung. Die für Indien bestimmten Truppenverstärkun gen betragen 5478 Mann und find auf 4 verschie dene Transporte vrrtheilt. Der erste Transport soll am 3. k. M., der letzte am 12. k. M. Eng land verlassen. Dresden, 31. Juli. Nichts berührt gewisse Kreise unangenehmer, als die Mahnung, die Heilung der socialen Schäden der Gegenwart in der Wiederbelebung und Befestigung der Religiosität zu suchen. Natürlich; denn mit dieser Mahnung wird ja die tiefe Kluft bezeichnet, welche sich zwischen dem sittlichen Ideal und der dem rohen Materialismus zuneigenden Cultur der Gegenwart auf- gethan hat. Nichts komischer daher, al« wenn man den Geistlichen vorwirft, sie selber hätten sich um allen Einfluß gebracht, indem sie sich außerhalb der Zeit strömung gestellt hätten. „Die Kirche", wird gesagt, „hat ihren Anschluß an die Zeit verfehlt." Gewisser maßen hat sie das allerdings. Aber sollte die Kirche, entgegen dem Beispiele des göttlichen Stifters, welcher die Tempel von den Tempelschändern säuberte, ihre Tempel dem goldenen Kalbe weihen, in dessen Cultus unsere Zeit ihre Aufgabe und ihre Befriedigung sucht? Dann würde die Kirche sich eben selber negiren, und die Geistlichen hätten überhaupt ihren Beruf verloren. Glücklicherweise finden solche Zumuthungen an die Kirche, welche zur Magd des sogenannten Zeitgeistes herabgewürdigt werden soll, nur noch ein schwaches Echo. Im Gegentheil bricht sich das Bewußtsein Bahn, daß sie allerdings innerhalb der Gesellschaft stehen solle, aber als — Autorität; und zwar sind neuer dings auch liberale Stimmen für die christlich-fociale Mission der Geistlichen eingetreten. Die „Natio nalliberale Correspondenz" verlieh kürzlich ihrer Befriedigung darüber Ausdruck, daß in den Reihen der evangelischen Geistlichen sich die Anzeichen mehren, daß die Geistlichen, bei aller Wahrung dogmatischer Differenzen, sich in Werken sogenannter LiebeSthä- tigk.it begegnen. Sie meint u. A.: „Bon links her werden Anknüpfungen gesucht sowohl mit der innern Mission wie mit der Heidenmission; auf der Rechten findet die Theilnahme liberaler Pfarrer an BildungS- vereinen und ähnlichen Schöpfungen des Liberalismus eine günstigere Beurtheilung. ES zeigt das wenigstens den für gesunde Zeltströmungen empfänglicher» Theil des protestantischen Elerus auf dem Wege, in seine Wirksamkeit mehr praktischen socialen Inhalt aufzu- nehmen.... Vor Allem ist es ihre Schuldigkeit, sich der geistigen Bedürfnisse der Ungebildeten im weitesten Umfange anzunehmen. Dre Sorge für eine gute Lecture, für die allseitige Fortentwicklung des Schul wesens, für Veredelung der Geselligkeit, für Pflege des patriotischen und humanen Sinnes sollte ein tüchtiger Seelenhirt namentlich auf dem Lande Niemandem näher achten, als sich selbst. Aber auch auf dem wirth- schaftlichen, besonders auf dem focialen Gebiete giebt es heut zu Tage Angelegenheiten genug, die nach einer hingebenden Mitwirkung rufen.... Auf das Verhältniß der Arbeiter zu ihren Lohnherren mag er so gut einwirken wie auf das von Mann und Flau, Bruder und Schwester, Aeltern und Kindern, wofern er sich nur vorher das ABC der darauf anwendbaren Sprache zu eigen machen will. In allen diesen Be ziehungen thut der osficielle Seelsorger der Kirche heute durchschnittlich noch bei Weitem zu wenig." — Nun, fragen wir, ist denn von liberaler Seite seit einer Reihe von Jahren nicht alles Mögliche gethan wor den, um eine solche segensreiche Wirksamkeit der Geistlichkeit illusorisch zu machend Wir wollen hier nicht von der liberalen Gesetzgebung sprechen, die den Geistlichen so ziemlich von Allem entfernt hat, wo er, gestützt aus seine Autorität, eine praktische Wirksamkeit entfalten könnte. Sehen wir nicht fast tagtäglich in einem einflußreichen Theile der Presse die Geistlichen mit dem Schimpfworte „Pfaffen" belegt. Mag auch diese Beschimpfung nur an be stimmte Adressen gerichtet sein; sie trifft in den Augen deS Volkes, das subtile Unterschiede nicht zu ziehen versteht und sofort an feinen eigenen Pfarrer denkt, den ganzen Stand und untergräbt dessen Autorität. Der Appell der „Nationalliberalen Eorr." ist daher in der Theorie ganz gut, befremdet aber einigermaßen; denn in der Praxis thun gerade die Gesinnungsge nossen dieses Organs mehr, als genug, die Wirksam keit des Geistlichen im Volke zu hindern. Auch die „Nationallibeiale Corr." verurtheilt in demselben Ar tikel die „halb oder drei Viertel socialistische Agitation der Herren Stöcker, Todt und Consorten, welche als eine abstract-theoretische nur vom Uebel ist", als eine Fortsetzung der „Wühlerei der Lassalle und Schweitzer im Talar". Dagegen was der Hosprediger Kögel auf dem Congreß für innere Mission und sein Berliner Antipode Hoßbach aus dem deutschen Protestantentage für den wöchentlichen Ruhetag, was der kirchlich-cor- recte Wichern in Hamburg und der incorrecte, deshalb auch lebenslänglich Candldat gebliebene Gustav Werner in Reutlingen für verwahrloste Kinder gethan haben, was ein märkischer Landprediger seit einigen Jahren für die Vorbereitung der Jugendsparkassen thut, ein anderer für Fortbildungsschulen und Bildungsvereine auf dem Lande, ein anderer für die Einführung der Handarbeiten in den Knabenunterricht, ein anderer für zweckmäßige Bekämpfung des Bettelns u. s. w.; das Alles preist die genannte Correspondenz als ebenso viele „willkommene Beiträge zur Hebung deS deutschen Volkes durch seine eigene Kraft, nicht durch die Wunderwirkung irgend einer Tradition, eines Dogmas oder gar einer kirchlichen Verfassung und auch nicht durch Reichs- oder Staatsgesetze, wie sie der phantasirende SocialismuS dictrrt." — Der „Reichsbote" widmet der Bertheidigung deS Hosprediger- Stöcker gegen die haßerfüllten Vorwürfe verschiedener Blätter, „er versündige sich an der öffent lichen Ordnung u. s. w.", einen von Begeisterung und Kraft getragenen Artikel, auS welchem wir die nachfolgenden Schlußsätze über die veränderten Auf gaben der Seelsorge hier reproduciren: „Rufen die furchtbaren Thatsachen der atheistischen Socialdemo kratie, der in Materialismus versumpfenden höheren Gesellschaftsklassen, des Schwindens von ernster Sitt lichkeit, der Vermehrung der Verbrechen nicht die Kirche, ihre Prediger wie ihre gläubigen Glieder mit zwingen der Gewalt auf, nicht mehr blos im glatt gebürsteten Priesterkleide, sondern im bürgerlichen Rocke, nicht mehr bloS auf den Kanzeln, sondern mitten im wogen den Strome deS Volkslebens das Christenthum zu predigen, und zwar nicht blos in dogmatischer und homiletisch gusgearbeiteter Predigtform, sondern in An wendung auf die concreten, das ganze Volksleben be wegenden Fragen der Zeit? . . . Nicht blos dre Zeit jener rationalistifchen idyllischen Behaglichkeit des Pfarrers von Grünau, sondern auch der Geschäftlichkeit deS landeskirchlichen BureaukratlSmus ist für die Kirche voibei: es gilt sm sie, m Beweisung deS Geistes und der Kraft hineinzutreten in das wogende Volksleben und der Welt zu zeigen, daß daS Chrlstenthum nicht dloS für die einzelnen Menschen, nicht bloS für Kinder und Sterbende, sondern auch für das ganze große arbeitende Volksleben, für die menschliche Gesellschaft und die Völker der Weg des Heils und das Salz ist, welches den Einzelnen wie die Gesammtheit vor sitt licher und socialer Fäulniß zu bewahren vermag. UnS fehlen in unferer Kirche nicht die lebendigen Kräfte aber was uns fehlt, ist die rechte thatkrästige Orgarnmtion der kirchlichen Arbeit. Leider hat die neue Kirchenverfassung uns diese Organisation nicht allein nicht gebracht, sonder», wie die Berliner Sy noden bewiesen haben, wenigstens in den großen Städten, nur unendlich erschwert. Um so nöthiger ist eS, daß eine freie Organisation der Arbeit mit persön licher Initiative geschaffen wird. Die Bausteine sind dazu in den Vereinen der mnern Mission vorhanden. Allein, wenn auch diese nicht wieder auSeinanderfallrn sollen, so bedarf es unserS Erachtens einer thatkräf- tigen und allfeitigern Organisation derselben. Warten wir nicht, bis uns eine solche Organisation von oben gemacht wird. Im praktischen Leben der Kirche muß die Organisation in Angriff genommen werden, dann wird auch die osficielle Kirche dieselbe allmählich an nehmen. Wir Haven unsere provinziellen Vereine für innere Mission, wir haben auch unsern Centralverein. Geben wir nur diesem Verein-Wesen eine mehr kirch liche, von hirtenamtlichen, bischöflichen Gedanken ge tragene Gestalt mit persönlicher Initiative. Die Auf gaben sind so groß, die Zukunft unserS Volkes hängt von ihnen ab. Möchte die Kirche sich ihnen gewachsen zeigen. Nicht zurückwelchen vor dem Geschrei der anti christlichen Presse, sondern vorwärts zu frischer kraft voller Arbeit, das muß die Losung sein!" — DaS Preßorgan des Lentralvereins für Socialreform, der „Stc.atS-Socialist", veröffentlicht in feiner neuesten Nummer „em System christlich-socialer Localthätigkeit für die Herren Geistlichen", laut welchem oberster Grundsatz für jeden Geistlichen fein muß, sich bei seiner christlich-socialen Localthätigkeit über die politischen Parteien zu stellen, damit er der Führer und Mittelpunkt aller christlich und human Gesinnten auS allen Parteien werden kann, und leitet dieses Programm mit folgenden Sätzen ein: „Seit dem Jahre 1848 ragt unter den vielen Vorwürfen, welche dre religionSselnd- liche Presse de» Geistlichen zu machen gewohnt ist, die Behauptung hervor: der Geistliche, namentlich der evangelische, ziehe sich auS der Mitte deS praktischen Lebens zurück, er stehe nicht mehr, wie in den Glanz Feuilleton. Krdigirt von Otto Banck. Lou dea Bällen des Prinzen Eugen in Wie«. (Schluß zu Nr. I7S.) Da die verschiedenen Festlichkeiten, Musik- und Maskenfeste, welche der Prinz häufig in seinen Palästen gab, säst durchaus von dem Äarderobemeister arrangirt, die Gemächer decorirt und die Costume dazu gewählt wurden, erwarb sich derselbe berm hohen Adel über haupt so vielen Ruhm, daß man trachtete, seine Talente noch mehr sür allgemeinere Lust zu benutzen Prinz Eugen ertheilte gern seine Einwilligung dazu, und so unternahm es Mitterstiller bereit« im Jahre 1726, in den Sälen der „Mehlgrube" (1695 von den Bau meistern Georg Bowanger und Christof Oetl im Stile Fischer'S von Erlach in ihrer nunmehrigen Gestalt mit den sogenannten „Lauben" oder Vorhallen neu herge- stellt) aus dem neuen Markt öffentliche Bälle für Per sonen deS hohen Adels zu veranstalten, wobei daS Enträr allein einen Ducaten kostete, die Gemächer auf daS Prachtvollste verziert und die Sprifen und Getränke auSerlefen waren, so daß der Besuch eines solchen BalleS im Ganzen jeder einzelnen Person wobl auf drei bis vier Ducaten kam, ungerechnet der kostbaren Garderobe in damaliger Zeit. Da indessen bald die Kosten der prachtvollen Einrichtung die Einnahmen überstiegen, so wurden auch Personen vom minderen Adel und endlich sogar reiche Bürgerliche gegen Erlag deS Eintrittsgeldes zugelassen. Demungeachtet aber wollten die ursprünglichen Unternehmer ihrer Würde nichts vergeben, die Stände blieben auch bei der ge meinsamen Unterhaltung streng geschieden, und so ent- stand dadurch ein ärgerliches Mißverhältniß, wobei man kaum weiß, was mehr zu bewundern war: der lächerliche Hochmuth der damaligen Großen, die sich zwar gern ihre Unterhaltung mit bürgerlichem Gelde zahlen ließen, dabei aber verachtungsvoll auf den Geber herabsahen, oder der blödsinnige Hochmuth der reichen Bürger, die sich für theures Geld gern Langeweile und Verachtung gefallen ließen, um nur fagen zu kön nen, einem hochadeligen Balle beigewohnt zu haben. „Der vornehmste Ball", fo äußert sich bereit- ein gleichzeitiger Schriftsteller, „wird auf dem von dem Stadtmagistrate erbauten prächtigen Hause, die „Mehl grube" genannt, von dem Oarlle robv (Oaräerobier, Garderobenmeister) deS Prinzen Lugenii gegeben, welchem die Person einen Ducaten zahlt, und erscheint daselbst ordentlich der große Adel von Wien, allwo auch andere aämittirvt (zugelassen) werden, doch sähe man eS gerne, daß sich solche vorhero mit einer glaub würdigen Oeneiiloziv (Geschlechtsregister) wegen ihrer sechzehn Ahnen und AlterthumS ihrer Familie iegiti- mirten, wenn selbige eine Dame zum Tanz ausfordern, denn sonst besinnet sich dieselbe lange und macht sich wohl gar einen GewissenSscrupel, ihre Hoch-Gräfliche oder Adelige Hand einem so unbekannten Edelmanne zu geben, wo sie ihm, um eine Tod-Sünde zu ver meiden, nicht gar den Korb giebt. Wird der Ball en w»nqu« gehalten, so sind diese iutonirtsn (den Ton angebendn) Gottheiten etwas leutseliger und pou»»iren ihren hohen Adel nicht gar zu hoch. Unter stünde sich aber einer vom bürgerlichen Stande, ohne ^lL8(jue mit einer so vornehmen Dame zu tanzen, so müßte er sich als einer, der ein crimen luesae Aobi- litatis (Verbrechen gegen die Adelsmajestät) begangen, gkwiß von der „Mehlgrube" über Hals und Kopf fort packen; dergleichen nur >m Fafching 1728 geschähe, da man einen gewissen Oentilbommv bourgeois (bürger lichen Höfling), so mit einer solchen Dame zu tanzen sich unterstanden, die Thüre weisen lassen." Ein Seitenstück zu diesem erwähnten Falle bildete ein anderes Mal eine Affaire, in welcher ein junger Cavalier mit aller Strenge das Rächeramt übernahm. Der junge Graf Leopold Dietrichstein (geb. 1708, gest. als k. k. Geh. Rath 1780) nahm einmal seinen Hof meister oder vielmehr Gesellschafter, einen gelehrten, feingebildeten und allgemein geschätzten Mann, mit auf einen solchen Ball in der „Mehlgrube". Beide mischten sich gleich nach ihrer Ankunst unter^ die Tanzenden, ohne weiter an Rangunterfchied zu denken. Der Hof meister bat ein sehr junge» Fräulein um einen Tanz und erhielt ihn. Während desselben conversirten sie. DaS Mädchen erzählte, daß sie ein Fräulein v. Bran denstein sei, und fragte den Partner um seinen Namen. Der Mann nannte sich und gab dabei feine Stellung bei dem bekannten Grafen an. Wie vom Blitze ge troffen, fuhr daS Fräulein zurück, ries: „Mama hat mir gesagt, ich soll mit keinem Bürgerlichen tanzen!" — und verließ schnell die Reihe. Erschrocken und be schämt schlich der Tänzer aus dem Kreise. Graf Dietrichstein, der diefe Scene au» der Ferne gesehen, erkundigte sich nach der Ursache, welche ihm sein Begleiter mütheilte. Entrüstet über die Beleidi gung und al» echter Cavalier versprach ihm der Graf glänzende Genugthuung. Al« der nächste Tanz be- gann, eilte er, das Fräulein auszufordern und, dadurch nicht wenig geschmeichelt, da sie dessen Rang kannte, sagte sie ihm freudig zu Nach einigen Touren fragte er das Fräulein v. Brandenstein um den Namen, aber kaum war derselbe genannt worden, als er wie vom Blitz getroffen zurückfuhr und auSrief: „Mein Gott, Mama hat mir gefügt, ich darf mit keinem Fräulein von kleinem Adel tanzen!" Mit diefem Ausrufe ließ er seine Tänzerin mitten in der Tour stehen und eilte davon. So ärgerlich und empörend ein solches Verhält niß und solche Vorfälle auch waren, ging die Sache doch lange ihren Gang fort; der Adel ermüdete nicht, bürgerliche« Geld anzunehmen und den Gebern seine Verachtung fühlen zu lassen, welche diese durch ihre Zudringlichkeit auch reichlich verdienten. Am besten jedoch befand sich der Garderobemeister deS Prinzen dabei, der sich allmählich bereicherte und seine Specu- lation so gut fand, daß er bald auf eine zweite fiel, die keine mindere Fundgrube deS ReichthumS für ihn wurde und welche ebenfalls fast bis auf unsere Zeit hinauf- reicht. Er veranstaltete nämlich vom Jahre 1728 an alljährlich im Fasching ein sogenannte» Kinderfest auf der „Mehlgrube". Nachdem bereit» erwähnten Schrift steller bestand dasselbe in Folgendem: „Vornehme Aeltern, welche ihren Kindern zur Car- nevalSzeit eine geziemende Lust machen wollen, bestellen vor'» Geld am besagten Orte, bei eben Demjenigen, so die andern Bälle giebt, eine Lustbarkeit mit Essin, Trinken und Musik, wo dann gegen Abend eine große Menge vornehmer Kinder beiderlei Geschlecht» unter ihrer gewöhnlichen Aufsicht, in schönster Kleidung er scheinen und sich mit Essen, Trinken und Tanzen cli-
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