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Dresdner Journal : 05.02.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188202055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820205
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-02
- Tag1882-02-05
- Monat1882-02
- Jahr1882
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- Dresdner Journal : 05.02.1882
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^7*^ 1K2 ri zu den der Zukunft anheimfallendeu Aufgaben ge hören. In den Bergen. Line Dorfgeschichte von Anto« Ohorn. (Fortsetzung.) Im Osten ward eS immer Heller, graue Dämme» rung lag über hem Gebirge und dem Lande. Au» stunden der General-Lieutnant Graff v. Zintzendorff und der Trabanten-Hauptmann; zur Lincken gegenüber war die Churfürstin nebst dero Frauenzimmer, hinter denenselben die anwesenden Gesandten und Räthe. Als nun ein jedweder den ihm angewiesenen Orth einge nommen, wurde herrlich musioirvt und von dem Eng lischen ?riueipal - Gesandten eine zierliche Rede in lateinischer Sprache stehend abgelegt, der Churfürst aber bliebe sitzen. Der Geheime-Raths Director Baron v. Gerßdorff that die Gegen-Rede. Hierauff wur den von dem krinoipul - Gesandten und Herolde die Inezes, so in lateinischer Sprache gesasset, über reichet, welche der Churfürst stehend, mit Ab- nehmung des HutS, annahm und solche sofort dem geheimen Kammer-8eor«tario übergab, welche diefelbe ablaß. Nach solchem geschähe die Ab- und Ankleidung durch den Herold, als erstlich der Degen, sodann der Mantel, hernach der Hut und letzlich durch den ?rineipnl-Gesandten daS kartiere. In Währender Zeit wurden zweymahl die Stücke auff dem Walle herum gelöset und von den Bataillons und Cadet- Salve ge geben. Hierauff gieng man in voriger krovvssioa wieder zurück und dann zur Tafel, allwo verschiedene Gesundheiten getruncken, zu welchen allemahl 12 Trom peter geblasen und mit 3 Larthaunen gefeuret wurde. Nach gehaltener Tafel wurde der Englische Gesandte wie vorhrro auff- also auch wiederum abgeführt." alten Tannen fahen mit ernstem Schweigen auf die arme graue Hütte und auf den blassen jungen Mann, der an ihrer Schwelle stand. Die Thür war unver schlossen — wer hätte hier auch etwas stehlen sollen? — und Franz trat ein. ES war keine Vorflur, es war ein Wohnraum, in welchem er sich befand, und welcher von einem starken, beinahe betäubenden Kräu tergeruch erfüllt war. In der einen Ecke stand ein alter, bunter Ofen, davor eine Bank, bedeckt mit ge trockneten Pflanzen, außerdem ein alter Tisch, zwei massive Holzstühle und ein Bett — daS war Alle»; an der geschwärzten Wand hing eine kleine Uhr mit lang herabgehenden Steingewichten, daneben Kleidungs stücke, Bergstöcke und AehnlicheS. " MV-- -yv«— Die Katastrophe der „Union gvnarale" in Paris steht im Vordergründe der Tagesereignisse. Dieselbe giebt soeben auch der neuesten halbamtlichen „Wiener Abendpost" Veranlassung zu folgender beachtenswerthen Kundgebung: „Die finanzielles KrffiS, die sich gegenwärtig in Paris abspielt, hat allenthalben begreifliches, ernstes Interesse erregt. Die hervor ragenden französischen Journale widmen den Vor gängen an der Pariser Börse jene Aufmerksamkeit, die sie unzweifelhaft verdienen, halten sich jedoch fern von Uebertrerbungen, um nicht ein ohnehin schwerwiegendes Ereigniß in seinen Consequenzen noch trauriger zu ge stalten. Wir können der Mehrheit der österreichischen Presse das Zeugniß und die Anerkennung nicht ver sagen, daß dieselbe sich gegenüber der Krisis, die den französischen Geldmarkt umfaßt hat, in ähnlicher Weise benimmt. Um so befremdender wirkt die Haltung einiger Wiener Journale, die sich so geberden, al» ob die Krisis sich nicht in Paris sondern in Wien zu getragen hätte, und die sich von dem festen Vorsatz leiten lassen, nicht nur den Sturz der „Union gänä- rale" in den drastischsten Farben zu schildern, sondern bei dieser Gelegenheit die österreichische Regierung nach Kräften zu verunglimpfen und in den Augen des Auslandes bloßzustellen suchen. Bei der täglichen Lectüre der gedachten Organe muß sich wohl Jeder die nahegelegene Frage auswerfen, warum die heutigen Propheten nicht während der Blüthezeit der „Union gvnsrale", al» letztere noch leistungsfähig war, ihre warnende Stimme erhoben haben. ES ist ferner äußerst charakteristisch, daß die österreichische Regie rung und der österreichische Staat vor Allem von Wiener und nicht von Pariser Journalen ange klagt werden; bis jetzt wenigstens ist keine ähnliche Auslassung eines französischen Blattes laut oder be kannt geworden, widrigenfalls die so sehr patriotischen Wiener Organe sich gewiß beeilt hätten, einer der artigen französischen Kundgebung die weiteste Verbrei tung zu verschaffen. Diese Erscheinung ist um so be» zeichnender, als ja in Paris und nicht in Wien die eigentliche Erregung der Gemüther herrscht. ES sollte uns aber nicht wundern, wenn sich schließlich auch französische Blätter des von den Wiener Journalen mit größter Zähigkeit behandelten Stoffes gleichfalls bemächtigen würden. Wir haben eine andere Position zu vertreten, als jene Gattung unabhängiger Blätier, welche alle Rücksichten außer Acht lasten, wir wollen -! . ,, 1 wildverwachsener Schonung ragte hier die sogenannte Fürstentanne, ein stammgewaltiger Baum, nach wel chem Franz in Stande war, sich zu orientiren. Er war beinahe drei Stunden noch von seiner Heimath fern, und eS schien unmöglich, sie vor Tagesanbruch zu erreichen; am Hellen Morgen aber mochte er nicht mit seinem blutigen Gewand sich vor irgend Jemänd sehen lassen, und so sann er nach einem Au-weg.. Im Walde liegen zu bleiben, war gefährlich der Grenzer wegen, unmöglich beinahe feiner Wunde halber, die immer heftiger brannte. Er hielt noch ein Mal Um schau: Hier niederes Knieholz, dort kahler steiniger Abhang, hinter ihm stattlicher Föhrenwald, und weiter abwärt» eine FelSgruppe mit bizarren, zerrissenen Häuptern. Dort war er bereit» ein Mal vorüberge kommen, dort mußte, in die Felsschlucht gezwängt, ein kleines Hau» stehen, in welchem ein Laborant wohnte, einer jener Leute, welche sich damit beschäftigen, heilsame GebirgSkräuter zu sammeln, zu trocknen und an Apotheken zu verkaufen, welche aber auch felbst Salben und Tränklein bereiten und mitunter im Ge birge den Ruf von Wunderdoctoren haben. Franz kannte den Mann, der dort drüben hauste, allerdings nicht, aber daS glaubte er mit Bestimmtheit annehmen zu können, daß er ihm vertrauen dürfe; man war den Grenzern nicht befonderS hold hier oben, und gar so rin Laborant mochte wohl auch mitunter noch Anderes al» Kräuter und Wurzeln über die Grenze tragen. So stieg denn der Verwundete hinab gegen die FelSgruppe und sah auch bald das Arme Hau» mit seinem grauen, zusammengeboaenen Dache. Um da»felbe her war Alle» still, selbst der Wind, der nächtliche Störenfried, hatte sich beruhigt, und die daher nicht in unserm eigenen Fleische wühlen und die traurige Epoche de» Jahre» 1873 nicht näher berühren; wir beschränken un» vielmehr auf die Erwähnung, daß dazumal in Wien selbst und in ganz Oesterreich zahl- lose Banken und Existenzen zu Grunde gingen, daß ein bedeutende», bi» zum heutigen Tage unantastbar dastehender Institut von der Staat»verwaltung gestützt werden mußte, aut einem Worte, daß die» und Aehn- liche» sich ereignete, ohne daß dieselbe Wiener Presse e» sich herausgenommen hätte, die einheimische Krist» gegen die Regierung in so unqualtficirbarer Weise zu verwerthen. Die Methode, die aber gegenwärtig von den in Rede stehenden Blättern beliebt wird, ist von so perverser Art, daß zu deren psychologischer Erklä rung der Hinweis auf einen selbst daS ungewöhnlichste Maß überschreitenden oppositionellen Standpunkt keines wegs ausreicht; hier scheint ein eigner Geist mit zu operiren, zu dessen chemischer Analyse wir un» nicht berufen fühlen. Würde e» sich bei den ver zweifelten publicistischen Anstrengungen, die öster reichische Regierung mit dem Niedergange eine» fran zösischen Bankinstitut» durchaus in Verbindung zu dringen, nur um persönliche Fragen handeln, so hätte eS wahrlich nicht der Mühe verlohnt, sich mit Pam phleten zu beschäftigen, denen verachtungsvolle» Schwei gen gebührt; allem da man e» verfucht, den Namen der Regierung und de» Staate» zu entweihen, fo glau ben wir dem AuSlande eine Erklärung schuldig zu sein, welches die Bedeutung derartiger journalistischer Pro- ducte überschätzen könnte. Und so hat beispeilSweise eines dieser Journale von Abmachungen zwischen der österreichischen Regierung und Hrn. v. Bontoux über die von der „Union gonsrale" runter auszuführenden Finanzoperationen und von einem von der insolvent gewordenen Gesellschaft in Oesterreich thatsächlich au»- geübten Monopol gesprochen. In dreisterer Weise, al» im vorliegenden Falle, ist noch nie eine falsche und ten denziöse Nachricht in die Welt geschleudert worden. Die österreichische Regierung ist mit der „Union g6nä- rale", wie wir mit aller Bestimmtheit versichern kön nen, nur ein einziges Mal in Berührung getreten, al» eS sich um die Ertheilung der Concession für die öster reichische Länderbant gehandelt hat. Diese Concession wurde bewilligt, nachdem seiten der „Union gänsrale" die möglichsten Bürgschaften für das neu inS Leben zu rufende Wiener Unternehmen geleistet worden waren. Im Uebrigen wurden zwischen der österreichischen Re gierung und der „Union gonärale" oder Hrn. Bon toux keine wie immer gearteten Abmachungen gepflogen oder geplant. Unter solchen Umständen erscheint die Behauptung, die „Union gänsrale" hätte in Oesterreich ein Monopol besessen, als eine plumpe und frivole Erfindung, die keinen andern Zweck verfolgt, al» die durch den Sturz der „Union zentrale" in Mitleiden schaft gerathenen Elemente der französischen Bevölke rung gegen den österreichischen Staat aufzustacheln. Dieselben Journale heucheln die Angst, der österrei chische Credit werde durch die Pariser Börsenkrisis ge fährdet werden. Wir sind frei von dieser Furcht, ob schon eine gewisse Presse kein Mittel scheut, um den StaatScredit zu untergraben. Wir haben schon längst darauf verzichtet, von dieser Presse ein fachliches Ur the,l über die Regierung zu verlangen; wir müssen leider aber auch darauf verzichten, auf den journa listischen Patriotismus zu rechnen, sobald StaatS- interessen ins Spiel kommen." Es wird von Denjenigen, welche die Wiener Blätter ausmerkfam verfolgen, gern zugestanden werden, daß der gegen mehrere derselben in dem vorstehenden Artikel gerichtete Tadel als ein wohlverdienter er scheint. Oesterreich ist schon seit Jahren der Schau platz einer gehässigen Preßagitation, und die Corrup« tion der Wiener Presse wurde schon bei verschiedenen Anlässen an» Licht gezogen. Die „Wiener Abendpost" kann jedenfalls mit Recht sagen, daß man in Wien auf den journalistischen Patriotismus Verzicht leisten müsse, wenn Staatsinteressen inS Spiel kommen. Allein eS wird doch wohl auch zugegeben werden müssen, daß seiten der österreichischen Regierung eine gewisse, vom StaatSinteresse gebotene Vorsicht verabsäumt wurde. Geldinstitute, die mit k. k. Privilegium in Paris prangen, dürfen nicht wie jene „Union generale" be- schaffen sein. Die österreichisch-ungarische Monarchie und vielleicht auch andere Staaten werden aus der Bontouxaffaire wohl ihre Lehre zu ziehen in der Lage sein. Für die Regierungen pleibt die Aufgabe, über Mittel zu sinnen, durch welche sie in die Lage gesetzt werden, sich von der Börje zu emancipiren, um nicht in eine sie compromittirende Gesellschaft zu gerathen. Die Emancipatwn des Staates von der Börse dürfte bisher nur wenig gewürdigt worden. ES würde ver fehlt fein, wenn man in denselben vorzugsweise zur Heranziehung der Geldmittel au» weniger bemittelten Kreisen der Bevölkerung bestimmte Institute erblicken wollte. Die Sparkassen haben noch weit mehr die danken»werthere Aufgabe, im Wege des DarlehnS diese Geldmittel auch wieder möglichst in dieselben Kreise zurückzuführen und darin angemessen zu ver- theilen, meist leider in hohem Grade vernachlässigt. Eine Au-nahme hiervon bildet jedenfalls die Krei»- fparkasse zu Merzig, welche auch in fo rationeller Weise das Sparmarkensystem sowohl zur Einzahlung von Sparbeträgen al» zur Abzahlung von Darlehnen eingeführt hat. Einen wie großen Werth m,t Recht eine competente Persönlichkeit, der rührige und intelli gente Leiter der Merziger KceiSsparkasse, Landrath Knebel, auf die Wirksamkeit der Sparkassen gerade für den Credit der „kleinen Leute" legt, ergiebt sich auch aus einer von demselben soeben im Berlage der Fr. Linz'schen Buchhandlung in Trier erschienenen Bro schüre über ,de» Kleinbauern Nothruf an die StaatS- regierung", der wir Folgendes entnehmen: „Die Kreissparkassen" — und selbstverständlich gilt dasselbe beziehentlich auch und noch mehr für die Ge meindesparkaffen — „sollen jetzt bereits nach ihren Statuten vielfach auch als ländliche DarlehnSkassen wirken, ohne daß aber diefe Seite ihrer Thätigkeit ent fernt zu der Ausbildung gelangt wäre, welche das vor handene Lreditbedürfniß erheischt. Um diese zu er möglichen, bedarf es einer Gliederung der Kassen nach unten und der Mitwirkung von Männern in der Lei tung derselben, welche bereit sind, Zeit und Arbeits kraft der guten Sache zu opfern. Die Kasse muß wo möglich in jedem Orte, höchstens aus je zwei bis drei Orte, einen vertrauenswürdigen Agenten haben, der, ohne den direkten Verkehr des Publikums mit der Kasse grundsätzlich auszuschließen, doch thatsächlich die meisten Anträge übermittelt. Die Agenten erhalten Formulare zu Anträgen auf DarlehnSgewährung, welche die wisfenswerthen Fragen über die Steuersähigkeit, die Credit- und Vertrauenswürdigkeit de» Nachsuchenden und der Bürgen, bei Hypotheken auch die übrigen recht lich in Betracht kommenden Momente vorgedruckt er halten. Sie haben alle diese Fragen zu beantworten und den Antragsteller aufmerksam zu machen, daß er die Ausdehnung seiner Rückzahlungstermine nach sei ner Zahlungsfähigkeit zu bemessen hat, weil die Kasse — im Gegensätze zu dem Wucher — streng auf deren Einhaltung besteht. Den Agenten sind die periodischen Termine bekannt, an welchen der VerwaltungSrath feine Sitzungen (etwa monatlich 2 Mal) hält. Einige Tage vorher senden sie die bis dahin gesammelten An träge dem Rendanten der Kasse ein, der sie darauf zu prüfen hat, ob die Antragsteller oder Bürgen bereits in irgend welcher Weise der Kasse verhaftet sind. Mit den Notizen hierüber kommen sie dann zur Vorlage im VerwaltungSrathe, werden dort einzeln und ein gehend geprüft und entweder genehmigt, oder zur Er- theilung weiterer Auskunft beziehungSweife Gewährung größerer Sicherheit an den Agenten zurückverwiesen, oder ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Die Be scheidung erfolgt wiederum durch den Agenten. Diesem muß sogar die Befugniß zur Empfangnahme kleiner Geldbeträge, mit anderen Worten zur Ausstellung von Jnterimsquittungen zustehen. Nichts erleichtert dem kleinen Manne die Rückzahlung so sehr, als die Möglichkeit, in kurzen Zwischenräumen uud kleineren Summen abzutragen. Deshalb wird auch die Ein richtung der Sparmarken eine fördernde Ergän zung der in größeren Strichen hier angedeuteten Kaffe bilden, da sie ebensowohl zur Schuldabtragung, als zu Spareinlagen verwerthet werden können, viel leicht sogar in ersterer die bedeutungsvollere Wirkung finden »erden. Den Agenten werden aus demJahres- überschusse Remunerationen gewährt, welche sich nach der Zahl der genehmigten Anträge, der pünktlichen Zahler des Vorjahres und der Höhe der bewilligten Summen feiner Agentur richten. Daß dem Wucher eine solide Concurrenz gemacht werden kann, hat die Sparkasse des Kreises Merzig bewiesen, welchen die gewerbsmäßigen Geldverleiher mit einem vollständigen Netz überzogen hatten, aus dem ein Entrinnen kaum möglich erschien. Vor erst 4 Jahren wurde das Statut der Kasse dahin revidirt, daß es die oben bezeichneten Einrichtungen gestattete. Erner Anzahl opferfreudiger Männer wurde die Bekämpfung des Wuchers als einer der ausgesprochenen Zwecke der Umgestaltung dargelegt, welcher angestrengte Arbeit und bis zu seiner Erfüllung vielleicht einen Zeitraum von 20 Jahren in Anspruch nehmen werde. Niemand ließ sich ab- Der Laborant war wohl eben erst aufgestanden. Er war halb angekleidet und stand an der Ofenbank, um die Kräuter zu wenden oder zu sortiren; im Ofen selbst prasselte ein Feuer. Er hatte sich bei dem leich ten Knarren der Thür nicht umgedreht und Franz konnte einen Augenbl'ck die Gestalt betrachten, die ihm den Rücken zukehrte. Es war ein gedrungener, kräftiger Körper von Mittelgröße, auf weichem ein mächtiger, fast viereckiger Kopf saß mit borstigen grauen Haaren. Bei dem Gruße de» Eingetrrtenen fuhr der Alte herum; er lehrte ein bärtige» Gesicht mit Küstern Augen dem jungen Manne zu, welcher beinahe erschrocken einen Schritt zurückwich; dann schrie er mit heiserer Stimme: „Der Grohhofbauer bei mir? — Ja so, da» kann ja nicht sein," fuhr er, wie sich besinnend, fort, „der Grohhofbauer mutz ja den Schädel fo grau haben, wie ich selber; aber fein Sohn bist, ja, ja, fein Sohn wa» willst denn bei dem alten Kräuter- toni so in aller Früh? — Wenn ich recht seh, haben'» Dich angeschossen, he?" Der alte Laborant hatte etwa» unheimlich Hastige» in feinem Wefen, fo daß Franz nahe daran war, um- »ukehren und die Hütte zu verlaffen, aber der Arm schmerzte ihn und er fühlte peinigenden Durst Mit gedrückter Stimme sagte er: „Freund, gebt mir um de» Himmel» willen eineu Trunk und legt mir eine Salbe auf meinen Arm!" Er fank ermattet auf einen der Stühle, der Alte aber sah ihn mit giftigen Augen an und sprach: „Wie bist denn zu dem Schuß gekommen?" „Die Grenzer —" stammelte Franz. „Hui!" machte der Laborant und pfiff seltsam durch die Zähne, dann sprang er wie besessen in dem Raume herum und dazu kreischte er: „Der Sohn de» Groß- Hofbauern, de» Gemeindevorstands von Thomasdorf, auf dem Schleichhandel? Und Du meinst, ich soll Dich verbinden und verpflegen und dann hinunterfchicken zu Deinem Vater und dann wär' Alle» in Ordnung? Die Rechnung hat einen Fehler und weißt auch wel chen? — Ich werd' hinübergehn zum nächsten Grenz- posten und werd' die Geschichte anzeigen; so rin saubrer und reicher Bub kommt nicht alle Tag ein!" Franz war anfgeschnellt von feinem Sitze und sagte: „Wa» hab' ich Dir aethan und war hat mein Vater Dir gethan, daß Da so handeln willst? — Da» wirst Du nicht thun, Kräutertonil" „Nein, Vater, da» wirst nicht thun!" sprach eine wnche und doch feste Stimme von der Thür her, eben al» der Alte von Neuem lo»brechen wollte, und ver- wundert wendete sich der junge Mann um. Da stand an der Schwelle ei« Mädchen von ungefähr achtzehn Tagesgeschichte. Dretde«, 4. Februar. Die Erste Kammer be rieth in ihrer heutigen Sitzung da» köuigl. Decret, betreffend die Erbauung mehrerer Secundäreisenbahnen. Die allgemeine Debatte bewegte sich in der Hauptsache um die Frage, ob bei der zukünftigen Erbauung von Eisenbahnen die Interessenten zu Beiträgen heraozu- ziehen seien. Die Deputation bejahte in chrem Be richte diefe Frage, nicht minder sprachen sich die Herren Graf Rex, Graf v. Könneritz, v. Erdmannsdorff und Oberbürgermeister vr. Stübel für die Heranziehung der Interessenten au», wogegen Hr. v. Schönberg (Mockritz) den Standpunkt vertrat, daß eine solche Heranziehung sich nicht empfehle, weil auch die jetzt bestehenden Bahnen lediglich au» Staatsmitteln gekauft und gebaut worden seien, die Secundärbahnen auch den Hauptbahnen größeren Verkehr zuführten und endlich eine recht befriedigende Rentabilität zeigten. StaatSminister Frhr. v. Könneritz erklärte, daß die Regierung Bedenken tragen müffe, die Erbauung neuer Bahnen davon abhängig zu machen, daß die Jnte- reffenten sich zur Zahlung von Beiträgen verständen, daß aber die Regierung allerdings denjenigen Linien, bezüglich deren große Opferwilligkeit sich zeige, den Vorzug vor anderen Linien einräumen werde. Die Kammer nahm hierauf nach dem Vorgänge der Zweiten Kammer in der Specialberathung die Bahnlinien Schmiedeberg-Kipsdorf, sowie Döbeln-Mügeln-Ojchatz an und vertagte die Fortsetzung der Berathung auf Montag. * Berlin, 3. Februar. Die „N. Pr. Ztg." fchreibt: Daß dem Sultan der hohe Orden vom schwarzen Adler durch eine besondere Mission überbracht wird, an deren Spitze ein General L tu suite Sr. Majestät des Kaisers steht, wird in politischen Kreisen jedenfalls als ein Zeichen der guten Beziehungen unserer Politik zur Pforte angesehen, deren Gewicht gerade in diesem Augenblicke gegenüber manchen Velleitäten nicht ver kannt wird, obgleich unsere StaatSleitung eS jorgfälltig vermeidet, sich in Fragen, die sie nicht unmittelbar berühren, mehr, al» ihre Weltstellung verlangt, einzu mischen. — Dasselbe Blatt äußerl sich über eine andere in letzter Zeit viel diScutirte Angelegenheit, wie folgt: In hiesigen diplomatischen Kreisen scheint man auf die Rede de» General» Skobelew gar keinen Werth zu legen. Daß die Panslawisten so denken, und daß der Panslawismus unter den hohen russischen Gene rälen vielfach vertreten ist, da» ist seit langer Zeit kein Geheimniß. Daß einem derselben beim Nachtisch der Mund übergeht, und daß er eine Rede hält, die besser nicht gesprochen wäre, ist ebensowenig zu ver wundern. Jedenfalls wird die Reise desselben nach Paris ihre abkühlende Wirkung nicht verfehlen, und die Presse wird in vierzehn Tagen den General Skv- belew und seine Phrasen vergessen haben und sich nur noch de» tapferen Heerführer» erinnern. — Der offi- cielle Bericht über die gestern unter dem Vorsitze de» StaatSminister» v. Bötticher abgehaltene Plenarsitzung deS BundeSrath» lautet, wie folgt: LS wurden zunächst die Mittheilunaen de» Präsidenten der Reichstag» über die Beschlüsse deS Reichstags, betreffend die Bestimmungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter aus Steinkohlenbergwerken, den Bericht der ReichSschulden- eommission, sowie Petitionen wegen nachträglicher Erhebung von Zoll für Anchovis, wegen Bewilligung von Privattransit lagern sür Bau- und Nutzholz in Bpenradc und wegen der zollamtlichen Behandlung der eingehenden Blechbüchsen mit Fleisch, den zuständigen Ausschüssen, eine gleiche Mittheilung betreffend eine Petition wegen Rückerstattung de» Zolle» für ringeführte Marmorplatten dem Reich»kanzler überwiesen. Lin unterm i. Mai v. I. gestellter Antrag Oldenburg«, betreffend die Anerkenntnisse über Zoll- und Steuervergütungen für au», geführten Zucker, wurde vorläufig zurückgezogen, ein Gesuch betreffend die Ermäßigung der Stempetabgabe für autzu- gebend« Obligationen der Lhicago-Srant-»Trunk-Lisenbahn dem AuSschubantrage gemäß abgelehnt. Nachdem sodann mehrere Eingaben von Privatpersonen den zuständigen Ausschüssen zur Borberathung überwiesen worden waren, nahm die Berfamm- luug Kenniniß von dem Eingang deS V. und letzten Bandes de« Werke- .die Ausgrabungen zu Olympia". — Der „ StaatSanz." meldet in seinem amtlichen Theile die Ernennung deS StaatSminister» vr. Falk zum Präsidenten de» OberlandeSgericht» in Hamm. — In der heutigen (7.) Sitzung de» Hause» der Abgeordneten, welcher die StaatSminister Maybach nnd Bitter nebst zahlreichen Comunssaren beiwohnten, stand al» erster Gegenstand auf der Tagesordnung die erste Berathung de» Entwurf» eines Gesetze», betreffend schrecken, und heute sind am meisten erstaunt über den jetzt schon erreichten Erfolg die gewerbsmäßigen Geld verleiher selbst. Die Kasse gewährte im erstc n Geschäftsjahre 124 Darlehne zu S7 323 M., im zweiten 238 zu 115 803 M., im dritten 288 zu 137 463 M., im vierten 517 zu 253 667 M., giebt in Summa 1067 Darlehne im Betrage von 604156 M. Der Durchschnittsbetrag deS einzelnen Darlehens beläuft sich daher auf nur 566 M. Den Entfchlleßungen der StaatSregierung über die beste Art der Einrichtung deS ländlichen Cre dit» soll übrigen» hiermit keineswegs vorgegriffen, son dern e» sollte nur der Bewer» geführt werden, daß eine zweckentsprechende Organisirung im Bereiche der Möglichkeit liegt. Ihre umfaffende Einführung ist aber nur zu erzielen, wenn von der Lentralstelle re gelnd und ermunternd vorgegangen wird und daß dies geschieht, darum bitten wir." Die Hinweise de» LandratHS Knebel verdienen volle Beachtung. Sie bezeichnen sür unser Sparkaffenwesen einen ganz neuen Wirkungskreis und können, wenn sie richtig erfaßt werden, zu einer tiefgreifenden Reform unser- CreditwesenS führen. Letztere» hat leider eine durchaus unnatürliche Gestalt angenommen. Bor 30 und 40 Jahren, wo eS noch schwer war, Capitalien unterzubringen, war e» für den Handwerker und klei nen Geschäftsmann, fobald seine Solidität und Tüch tigkeit bekannt waren, verhältnißmäßig leicht, Credit zu finden. Seit dagegen zahllose Banken und indu strielle Unternehmungen mit ihren Actienemissionen den Markt überfluthet haben, steht der kleine Unter nehmer geradezu hilflos der Concurrenz der Groß industrie und der Börsenspekulation gegenüber. Nach dieser Richtung hin eine Reform unser- CreditwesenS zu unternehmen, würde ein dankenswerther Versuch sein, und würde dadurch nicht nur dem Wucher, son dern auch dessen nicht minder gefährlichem Halbbruder, dem Börsenschwindel, eine Hauptzufuhrquelle entzogen werden. Dieses Ziel ist erreichbar, und dasJnnungS- wesen, welches dem Handwerk und dem Kleingewerbe wieder daS erforderliche Anfehen verleihen muß, er scheint als eine der ersten Etappen des Weges, welcher zu demselben führt.
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