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Dresdner Journal : 29.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188211295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-11
- Tag1882-11-29
- Monat1882-11
- Jahr1882
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- Dresdner Journal : 29.11.1882
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Unsere stark ultramontav bronzirten Blätter, Schwyzer Zeitung*, .Einfiedler Anzeiger, .Marchanzeiger- und wie sie alle heißen, haben seit Anfang der Bewegung Nummer für Nummer dem Volke die ReUgionSgefahr verkündigt, und die Geistlichkeit hat sie aus der Kanzel, ja elbst im Beichtstühle in ihrem Gebühren nach Kräften unterstützt. ES ist die Sprache de» FanatiS- mut und der Hetzerei, die auf allen Wegen und Stegen gesprochen wird, und et geht über alle Begriffe, mit welcher Gemeinheit dat Volk belogen wird. Die Freunde det Art. 27 werden ihm alt Radikale ge- fchüdert, welche in ihrem Grimme bereit wären, wenn sie ändert den festen Punkt det Archimedet fänden, die Welt aut den Angeln zu heben, dat Eigenthum zu vernichten, Blüthen und Saaten zu zertreten, Eide zu brechen und selbst den Stein der Titanen gegen die Gottheit zu schleudern. Da« heißt man die Drachen saat det gegenseitigen Hasset unter dat Volk streuen. Dat Geschrei über MligionSgesahr ist dat systematische Feldgeschrei einer Macht, die den Frieden und die ver diente uugekränkte Existenz unter Gleichberechtigten stört, , um zur Herrschaft zu gelangen. E» ist der UltramontanitmuS, et ist der moderne JesuitiSmuS.* Daß et sich keineswegs um ultramontane Einflüsse handelte, welche das .eidgenössische* Schulgesetz und den Erziehungtsecretär zu Falle brachten, ergiedt bereit» dat Resultat der Abstimmung in dem vorwiegend pro testantischen und zahlreiche liberale Elemente aufweisen den Lanton Zürich. Dort wurden 37 566 Stimmen gegen und nur 20462 Stimmen für den BundeSrathS- beschluß abgegeben. Auch dort, wo die Bevölkerung durchaus nicht auf streng kirchlichem Standpunkte steht, hat man in dem Buvde»rathsbeschluß doch einen allzu tiefen Eingriff in die Rechte der Cantone erblickt, alt daß nicht die Mehrheit der Bevölkerung sich veranlaßt gesehen hätte, ihre Stimme dagegen abzugeben. Der Schulunterricht ist in der Schweiz von jeher als eine kommunale, beziehungsweise canronale Angelegenheit aufgefaßt worden, und in der bundeSräthlichen Beauf sichtigung sieht man auch in den protestantischen Can- tonen einen Versuch radikaler BundeSräthe, die pro testantisch-christliche Schule zu bemelstern. Aber da- Resultat der Abstimmung ergiebt noch eine andere Lehre. Bei den bisher stattgehabten 12 Volksab stimmungen wurden nur 5 Vorlagen ganz und 1 theilweise angenommen, während 10 gänzlich verworfen worden sind. Nach und nach wird auf diese Weise die ganze Re gierungsmaschine gelähmt, und waS die Gesetzgeber mit Mühe zu Stande gebracht, wird von dem.Sou verän*, dem Volke, wieder vernichtet. Die liberal- radikalen BundeSräthe, welche durch die Einführung de- Referendum- ihre Macht zu verstärken glaubten, haben sich getäuscht und machen die Erfahrung, daß die Volksabstimmung ein zweischneidige- Schwert ist, wa- nunmehr seine Schneide gegen sie selbst kehrt; e» fehlt aber der Meister, der dem souveränen Volke die Bannworte znrust: Zurück! .Besen, Besen seid'- ge wesen!* Lagesgeschichte. * Berlin, 27. November. Die durch Se. Maje stät den Kaiser erfolgte Verleihung de- Orden- pour I« mörits an den Herzog v. Connaught hat, wie der .Post* geschrieben wird, in England nicht geringe Befriedigung hervorgerufen. — Die Mitthei- lung der .Nowoie Wremja*, daß der Generalfeld marschall Graf Moltke zu der am 10. December stattfindenden 50jährigen Jubelfeier der Nikolai-Aka demie de- Generalstabe-, deren Ehrenmitglied er ist, in St. Petersburg erwartet wird, bestätigt sich nicht. Graf Moltke hat, wie von zuverlässiger Seite mitge- theilt wird, die an ihn ergangene Einladung dankend abgelehnt. — Aus Krossen meldet der Telegraph, daß der Frhr. Otto Theodor v. Manteuffel, preußi scher Minister vom 8. November 1848 und Minister präsident von« 19. December 1850 an bis zum 6. November 1858, gestern gestorben ist. Otto Theodor v. Manteuffel war am 3. Februar 1805 zu Lübben in der Niederlausitz geboren und erreichte somit ein Alter von 77 Jahren. — In der vorgestern unter dem Vorsitze de- StaatSministerS v. Bötticher abge haltenen Plenarsitzung de» BundeSrathS wurden die Berathungen über den Etat fortgesetzt. ES gelangten mit einigen nicht erheblichen Abänderungen zur An nahme die für 1883/84 und für 1884 85 vorgelegten Etatsentwürfe des allgemeinen Pensionsfonds, der Verwaltung de- ReichtheereS, der Einnahmen an Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen, deS auswär tigen Amt-, de- ReichSamtS deS Innern, de- ReichS- Der Schreiber sagte nicht», aber er schlug die Hände vor daS Gesicht und ein Weinen, so trostlos, daß e» dem Hörer durch die Seele schnitt, erfüllte in der nächsten Minute da» kleine Gemach. Hermann selbst trat still an eine» der Fenster und schaute unter trüben Gedanken vor sich hin in» Weite; sich in diesem Augenblicke schon zu entfernen, wäre ihm unmöglich gewesen. Nach einer Weile, al» er der ersten Erschütterung ihr Recht hatte werden lassen, näherte er sich wieder dem Trauernden, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte theilnahmvoll: .Wir waren die beiden Freunde der Todten — sie soll unvergessen bleiben!* .Sie war mir da» Liebste auf der Welt!* schluchzte der kleine Verwachsene. .Sie kannten da» arme Kind von ihrer Jugend auf?* fragte Hermann. Karl Müller schüttelte den Kopf. .Nein, erst seit ein paar Jahren, seit sie gewachsen und schon gerade so geworden war, wie sie auch von Ihnen gekannt ist, Herr Doctor! — Mrr ist nie Je mand so gut und so schön erschienen, und e» hätte wohl ander» mit mir kommen können, wenn ich ver gessen hätte, wer ich selbst war. So aber sagte ich mir: .Nimm Dich in Acht, Karl, und sei kein Narr! So wie ein anderer Mann ein Mädchen lieb hat, darfst Du sie nicht lieben — e» wäre ja Tollheit!* Und so nahm ich sie denn halb für meine Schwester und halb für mein Kind, wa» zusammen wohl ebenso viel au»machen wird, deuke ich!' Er hatte die Worte nicht zusammenhängend, son dern immer pon Schluchzen unterbrochen gesprochen schatzamt» und endlich der Reich»schuld. Den zustän digen Ausschüssen wurden zur Borberathung über wiesen: der Entwurf einer Verordnung, betreffend da» Verbot der Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten amerikanischen Ursprung», der Entwurf eine» Gesetze», betreffend die Feststellung de» ReichS- hauhaltSetatS für die EtatSjahre 1883^84 und 1884/85, und der Entwurf eine» Gesetze», betreffend die Auf nahme einer Anleihe für Zwecke der Bei waltungen de» Reichsheeres, der Marine und der RtlchSeisenbahnen. Eine Privateingabe wegen Zollrückvergütung für auS- zuführende Tabakfabrikate wurde durch den in dieser Angelegenheit in der Sitzung deS BundeSrathS vom 23. November d. I. gefaßten grundsätzlichen Beschluß für erledigt erklärt. Nachdem die Versammlung die mit Zustimmung der freien und Hansestadt Hamburg von Preußen beantragte Verlegung der Zollgrenze bei dem Bahnhofe in Kuxhaven genehmigt hatte, wurde schließlich beschlossen, die kaiserl. Hauptzoll ämter in Bremen und in Lübeck mit dem 1. April 1883 auszuheben. Der oben erwähnte Entwurf einer kaiserl. Verordnung, betreffend da» Verbot der Ein fuhr von Schweinen und Schweinefleisch ame rikanischen Ursprungs lautet: 8 1. Die Einsuhr von Schweinen und Schweinefleisch einschließlich der Speckseilen, sowie von Würsten aller Art ist dis aus Weitere» verboten 8 ü. Der Veichkanzler wird ermächtigt, Ausnahmen vom Lerbot unter Anwendung der erforderlichen Eontrolemaßregeln zu gestatten. 8 » Die Verordnung vom Sb. Jun» l88o, betreffend da» Verbot der Einsuhr von Schweinefleisch und Würsten au« Amerika, ist ausgehoben. 8 «- Die gegenwärtige Veroronung tritt 30 Tage nach ihrer Verkündigung in «rast. Der Verordnung sind ausführliche Motive bei gefügt, in welchen eS u. A. heißt: Die Verordnung deS Jahre- 1880, welche die Einfuhr von Schwelne- fieifch und Würsten aus Amerika verbot, habe sich als ungenügender Schutz gegen die Einfuhr von trichinösem Fleisch erwiesen. Die Hauptgefahr bestehe in der Ein fuhr trichinöser Schweine und darin, daß die mikros kopische Fleischbeschau in den Einfuhrhäfen ungenügend sei, was daraus hervorgehe, daß bei der später» aber maligen Beschau im Binnenlande viele Thiere als trichinös befunden worden, welche die Beschauer im Einfuhrhafen al- trichinenfrei passiren ließen. Der schlimmste Uebelstand aber sei die ungenügende thier ärztliche Lontrole in Amerika selbst, sowie die That- sache, daß die Trichinose bei den amerikanischen Schwei nen überhaupt stärker auftrete, als in Deutschland. Während in Deutschland selbst in dem ungünstigen Jahre 1880 nur 0,oes Procent der untersuchten Schweine trichinös war, komme auf 100 amerika nische bereits 4,68 bi» 16 Procent trichinöser Schweine. Die Gefahr der Erkrankung nach dem Genuß von Schweinefleisch sei also bei diesen weit größer, al» bei den von Schweinen heimischen Ursprungs. — Der Ausschuß deS BundeSrathS für Rech nungswesen, die vereinigten Ausschüsse desselben für da» Landheer und die Festungen, für daS Seewesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für RechnungSwefen, sowie der Ausschuß für Justizwesen hielten heute Sitzungen. — Dem Abgeordnetenhaus« kostete die am Sonnabend begonnene Debatte über den Forstetat heute noch mehr al- volle zwei Stunden. Die Linke setzte ihre Bemühungen fort, die Frage der Holzzölle zu einer Principienfrage über Schutzzoll und Freihandel zu machen, bi- diesen Bemühungen durch den Abg. vr. Windthorst ein Ziel gesetzt wurde, der auS- führte, daß diese Frage lediglich im Reichstage erörtert werden könne. Die Einnahmen und Ausgaben deS ForstetatS wurden darauf unverändert genehmigt. Eine wesentlich technische Debatte entspann sich bei dem Etat der Gestütverwaltung; die Abgg. Seer (Bromberg), Dirichlet, v. Rauchhaupt brachten provin zielle Wünsche zum Vortrag; der Minister der land- wirthschaftlichen Angelegenheiten griff wiederholt in die Debatte ein. Auch hier erfolgte schließlich die un verkürzte Bewilligung der Einnahmen, sowie deS Or- dmariumS und de» Extraordinariums der Au-gaben, über welche- letztere Abg. Stengel namens der Budget commission berichtete. Die Etat-de-.Reichsanzeigers* und der Landesvermessung, sowie de« Ministeriums de» AuSwärtigen wurden ohne erhebliche Debatte genehmigt. Nächste Sitzung morgen. — Seit Jahren sind die Be- mühungen der Postverwaltung darauf gerichtet, daS Verfahren der Einziehung von Geldbeträgen durch Postaufträge, welches während feines 11jährigen Bestehens in Deutschland sich so mächtig entwickel: und so nutzbringend erwiesen hat, auch auf den Ver kehr mit Oesterreich auSzudehnen. Obwohl diese Ab- und indem er zugleich stets aufs Neue das Haar und die Hände der Todten streichelte, und obwohl ihm da- Sprechen Mühe machte, so schien eS doch wieder sein Herz zu erleichtern, daß er mit voller Offenheit über sein Verhältniß zu der Verstorbenen reden konnte. Hermann aber hörte ihm mit tiefer Rührung zu. WaS einem Andern vielleicht barok und seltsam erschienen wäre: die wunderliche Gestalt, der groteske Kopf de» Verwachsenen neben der Leiche de» jungen Mädchens, seine mit den Lauten krampshaften Schmerze- untermischten Enthüllungen — ihm trieb da» Alle- nur die Thränen in die Augen. ES währte eine geraume Weile, ehe er sich loS- zureißen vermochte, und als er endlich gegangen war, da hatte Karl Müller daS Gefühl, eS habe Niemand außer ihm ein solches Recht, an dieser Stelle zu weilen, al» der Doctor Hermann v. Gerstein; al» möchte er selbst auch Niemanden so gern den Anblick der Todten gönnen al» ihm. —> ES war schon Abend geworden, als Hermann seinen Fuß wieder an» Ufer setzte, und sein erster Gang war jetzt nach dem Hause seiner Verwandten. Verweinten AugeS trat ihm hier die Commerzien- räthin entgegen und reichte ihm die Hand. .Oskar ist sehr krank — er phantasirtl* sagte sie. .Der Arzt will, er soll N'cht gestört werden ich hab« aber auch Virginie gesprochen * sie stockte, dann aber fiel sie ihm plötzlich um den Hals. .O, Hermann, ich habe mir jetzt Manches klar gemacht — auch aus Otkar'S eigenen Reden — sag mir j^tzt nur da» Eine, daß Du vergeben kannst!* .Mutter*, sagte er bewegt, .e» war ja uur ein sicht in Wien von vornherein die vollste Zustimmung fand, haben sich ihrer Ausführung bisher doch noch immer Hinderniffe entgrgengestellt. Neuerdings aber ist, wie die.Nordd. Allg. Ztg.' schreibt, ein erster wichtiger Schritt zum Ziele insofern geschehen, al» e» der österreichischen Postverwaltung gelungen ist, eine Verständigung mit der Postverwaltung von Ungarn zu erzielen, kraft welcher da» Postauftrag«- verfahren vom 1. November dr. I». ab für den mnern Verkehr der österreich-ungarischen Monarchie zur Einführung gelangt ist. Nach diesem Vorgänge läßt sich mit Zuversicht erwarten, daß die Vortheile der Einrichtung in nicht ferner Zeit auch dem Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn werden zugewendrt werden. Von welcher Bedeutung die Sache ist, mag daraus erhellen, daß im Jahre 1880 inner halb Deutschland», sowie im Verkehr von Deutschland mit Belgien, Frankreich, Helgoland und der Schweiz über 3^ Millionen PvstaustragSbriefe besördert und rund 329 Millionen Mark darauf eingezogen worden sind. Frankfurt a. M., 27. November. Ein Privat telegramm der „Voss. Ztg.* meldet: Bei den heutigen Stadtverordnetenwahlen siegte die sortschnttlich- demokratijche Liste glänzend; die NationalUberalen er litten eine vollständige Niederlage. Gewählt sind 15 Demokratisch-Fortschrittliche, 2 Gemeinsame, 1 Natio nalliberaler; 6 Stichwahlen, wobei die Demokratisch- Fortschrittlichen einen großen Vorsprung haben. -5. Wien, 27. November. Bekanntlich hat der ge wesene Präsident deS Abgeordnetenhauses, Graf Eoronini, sich schon während der vergangenen ReichS- rathssession mit der Idee getragen, aus jenen Ele menten deS Abgeordnetenhauses, welche ihrer Gesin nung nach weder mit der Linken, noch mit der Rechten de» Reichsrathe» sympathisirten, einen selbstständigen Cmb zu bilden, welcher zwischen den beiden genannten Parteien eine Art Mittelstellung einnehmeu sollte. Infolge der eingctretenen Vertagung des Hause- erlitt jedoch die Constituirung dieses Clubs eine Unter brechung. Nunmehr sind aber die bezüglichen Ver handlungen so weit gediehen, daß der neue Club bei Wiederaufnahme der Verhandlungen de- ReichSratheS am 5. December schon in Action treten kann. Der selbe zählt bisher 23 Mitglieder, darunter die Mehr zahl der Abgeordneten des Küstenlandes, 2 Südtiroler, 3 Ruthenen, 4 Vertreter deS mährischen Großgrund besitzes, dann einzelne Abgeordnete aus Dalmatien und der Bukowina. Wie der bereits veröffentlichten Pro- grammskizze der neuen Fraclion zu entnehmen ist, will dieselbe in wirthschastlichen Fragen die Action der Re gierung unterstützen, in nationalen Fragen einen objec- tiven Standpunkt einnehmen, endlich in politischen und confejsionellen Angelegenheiten eine zwar konservative, aber keineswegs clericale oder reaktionäre Haltung be obachten. Erwägt man nun, daß die Rechte deS Ab geordnetenhauses durch die Secession der Fraction Lien bacher eine wenn auch nicht bedeutende, doch mit Rück sicht auf die Begabung Lienbacher'S immerhin empfind liche Schwächung erlitten hat, daß ferner nicht weniger als 21 Abgeordnete auf Grund der in den letzten Wochen vorgenommenen Ersatzwahl neu in daS HauS eintreten, dann wird man die Spannung gerechtfertigt finden, mit welcher unfere politischen Kreise der Ent- Wickelung der parlamentarischen Verhältnisse im bevor stehenden SessionSadschnitte entgegensetzen. Unter allen Umständen dürfte die Fraction Coronini berufen sein, bei gar mancher wichtigen Abstimmung als Zünglein an der Wage zu figuriren. Wenn die Auflösung deS gegenwärtigen Abgeordnetenhauses und die Aus schreibung der Neuwahlen auf Grund deS kürzlich sanctionirten Wahlgesetze« erfolgen werde, ist zwar noch nicht bestimmt, doch gilt allseitig der eben be ginnende SeffionSabschnitt al« der letzte, den daS Ab geordnetenhaus in seiner gegenwärtigen Zusammen setzung abhalten wird. Prag, 27. November. (Reichenb. Ztg.) Bei den heutigen Ergänzungswahlen in das Stadtver« ordnetencollegium drangen auch im Josefstädter Bezirke die Candidaten de- tschechischen VertrauenSmänner- comitö- durch. Die Prager Stadtvertretung erscheint hiermit vollständig tschechisirt, Die Wahlbetheiligung war im Allgemeinen eine geringe. Der Exminister Jireczek erhielt auf der Neustadt 350, dessen jung- tschechischer Gegencandidat Professor Stolba 242 Stimmen. — Im großen Ausschüsse des Scharf- schützencorpS, welcher heute Abend- eine Sitzung hielt, wurde über die Petition mehrerer ultratschechischer Agitatoren um Einführung der tschechischen Commando- sprache zur einfachen Tagesordnung übergegangen. Fiebertraum. Wenn er vergangen ist, werden wir uns als Brüder wieder finden.* Er küßte die schluchzende Frau und sprach ihr liebevoll zu, bis er sie beruhigt glauben durfte; dann aber ging er, denn er fühlte jetzt, daß seine eigene Kraft wirklich an ihrem Ende war. — Bei ihr jedoch brach der Kummer ihrer Seele nun recht aus, als sie sich allein sah. Sie sank zur Erde nieder und drückte ihr Haupt gegen die Polster de» Sitzes, den Hermann kaum erst verlassen hatte. „Vergieb auch du, mein Gott* betete sie, „vergieb eS, daß ich die Geschicke der Herzen zu lenken suchte, daß ich einzugreifen wagte in deine Bestimmungen!* Drei Tage später ward auf dem Friedhose der Stadt die Beerdigung de» jungen Mädchens begangen, da» drüben auf der Insel gestorben war. Der ein zige Bruder, den die Tobte gehabt hatte, weilte fern; e» war ihm geschrieben worden, daß er die Rückkehr wieder wagen dürfe, aber ihm mochte da» eigene Be wußtsein sagen, daß e» sicherer sür ihn sei, wenn er in dem fremden Lande bliebe: so gab kein Anver- wandter der Leiche da» Geleit. Dafür schritten dicht hinter dem Sarge de» jungen Mädchen» Karl Müller und Hermann v. Gerstein. — Und al» jener Sarg, den Virginien'» Hand mit einem Kranze umwunden hatte, hinabgesenkt worden war in die Gruft, da stan den beide Männer mehrere Minuten lang still in sich gekehrt neben einander; dann reichten sie sich noch ein Mal die Hand in schweigendem Vrrständniß. — E» folgten nach diesem Tage noch Wochen voll Sorce und banger Bekümmernih. Der Sturz in da» Wasser nach jener leidenschaftlichen, furchtbaren Er- Hitzung hatte Oskar'» Constitution allzu sehr erschüt- Partt, 27. November. (Tel.) Der Präsident der Republik, GrLvy, wird heute die Irade«-Union-Dele- girten (Vertreter englischer Arbeitervereine, welche für da» Zustandekommen de« Lanaltunnel« agittren) em pfangen; dieselben werden. Nachmittag« Lessep« einen Besuch abstatten. — Da e« infolge der übertriebenen Forderungen der Regierung von Madagaskar für jetzt unmöglich scheint, ein Einvernehmen zwischen dieser und der französischen Regierung zu erzielen, so sind die madagassischen Gesandten heute Vormittag nach London abgereist. — DaS Journal „France* veröffentlicht einen Artikel deS Deputirten Farcy, in welchem dieser seine Behauptung über den Plau Gam- betta'S, event. den General Lampenon als Präsi denten der Republik ernzusetzen, aufrecht erhält. DaS Complot fei Madame Adam entdeckt worden, und diese habe Farcy au-ersehen, eS zu enthüllen. — 3 deS in der Kathedrale von St. DeniS begangenen Dieb stahl- verdächtige Personen sind verhaftet worden. — Wie der Telegraph aus Nizza meldet, wurde durch das Platzen einer Dynamitpratrone, welche an den Eingang zu den Spieljälen von Monte-Carlo gelegt war, gestern Abend ein Aufseher verwundet. Ein al» der That verdächtiger Italiener wurde in Haft genommen. Bern, 27. November. Der „Bund* berichtet über Demonstrationen Folgende»: Nachdem gestern Abend da» für die freisinnige Partei ungünstige Ab- ftrmmungsresultat bekannt geworden und sich der Jubel in den Versammlungslokalen dcr Gegner sehr bemerkbar machte, schaarte sich em Häuflein Liberaler der Stadt B»rn, namenilich Studenten und junge Kaufleute, zusammen, um in demonstrativer Weise ihre Meinung ebenfalls kundzugeben. Eine etwas dis harmonische Ovation vor dem „Gasthofzum Schlüssel*, wo daS Bernlsche ReserendumScomrlö versammelt war, verlies ohne weitere Störung. Dagegen war die zweite Aufführung vor dem „Casino*, wo die Hoch- conservativen tagten, mit einigen Compllkationen be gleitet. Daselbst sammelte sich eine beträchtliche Men schenmasse, deren erregte Stimmung durch das Ein greifen der mit blankem Säbel auftretenden Stadtpolirei noch erhöht wurde. Nur dem energischen Einschreiten de» Großrath» Ott und deS Fürsprecher- Hofer ist e« zu verdanken, daß die Leute auseinander gingen und die gegnerische Versammlung nicht weiter gestört wurde. Immerhin sollen Einige verwundet worden sein. Stockholm, 27. November. (Tel.) Der Wortlaut deS Toaste», welchen der König bei dem Galadiner aus den Großherzog und die Großherzogin von Baden ausbrachte, ist der solgende: .Ew königl. Hoheit lieber Bruder und Beiler! Die Er eignisse dieser Tage dürsten ganz besonder« dazu geeignet sein, manche erhebende Bedanken zu erwecken. Bor Kurzem durch Gotie« Gnade von todeSgesährlicher Krankheit gerettet und, zur Freude eine« treuen Bolle», vollständig »iederhergeftellt, sind Ew. tönigl. Hoheit, um der Ausnahme de» ersten Enkel» in den heiligen Tausbund beizuwohnen, nun zu diesem sernen nordischen Land gekommen; diese» selbe Land, welche» da» Baterland Ihrer erhabenen Mutter, sowie deren Borväter war und die Hermath der geliebten Tochter geworden; und Sie stehen jetzt innerhalb der Mauern diese» Schlosse», wo, sowohl Ihre verewigte Frau Mutter, als deren eben geborener Urenkel da» Licht der Welt zum ersten Mal geschaut I Wer mag nicht hierin ein ne>e« Heugniß erkennen, wie die Fügungen Gotte» der Menschen obchsteS Gul, wie die Macht der Liebe da« schönste Bermächlniß der Geschichte ist. Königl. Hoheit I Liebe Schwester und Lousinel L» ist der Königin und mir ein Brdürsnrß unserer Herzen, au«zu- sprechen, wie sehr Ihr Ausenthalt in unserm Lande und iu unserm Familienkreise un» hoch beglückt hat. Ausrichtig dankbar blicken wir zurück aus die eben erlebte bedeutung-volle Zeit mit ihren Sorgen und Freuden, durch welche, wie wir zu hoffen wagen, da» Baad treuer verwandt- schastlicher Liebe, da» un» bereit» vorher verbunden, noch enger befestigt worden istl Aus da» Wohl Ihrer königl. Hoheiten dr» Großherzog» und der Großherzogin von Baden!' Riga, 27. November. (Tel.) Gutem Vernehmen nach hat der Gouverneur von Livland, Baron v. Uexkyll-Gyllenband, feinen Adfchied erbeten und erhalten. Sofia, 27. November. Man telegraphirt der „Allg. Ztg.*: Der Redacteur de» Journal» „Svetlina* wurde wegen eine» Artikel», der geeignet fei, die Manneszucht im Heere zu lockern und die Ruhe und Sicherheit de» Lande» zu untergraben, in Anllagezustand versetzt und daS Erscheinen de» Blatte» auf 4 Monate suspendirt. Konstantinopel, 27. November. (Tel.) Der Her zog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin beabsichtigt morgen von hier wieder abzureisen. Der Sultan verlieh dem Herzog den Osmamehorden I. Klaffe. tert: eine schwere Krankheit, die ihn in manchen Mo menten bi» an den Rand de- Grabes brachte, war die Folge. — Es gab Zeiten, wo Hermann an sein Lager treten, neben demselben weilen durfte, ohne daß nur ein fchwacheS Ahnen von seiner Nähe in Oskar'» Bewußtsein gedrungen wäre, und dann wieder hatte er sich ängstlich fern zu halten, damit sein Anblick keine Erinnerung, kein peinliches Empfinden oder wohl gar eine neue leidenschaftliche Erregung in der Brust de» Kranken wecke. — Er empfing dann nur Nach richten über den Letztern durch den Mund seiner Pflegemutter, die unausgesetzt die Wartung ihre» Soh- ne» besorgte, seine Fieberphantasie überwachte und ihm leise und milde zusprach, sobald sich nur ein Schimmer de» auflebenden Bewußtsein» zeigte. (Fortsetzung solgt.) Orffentliche Vorträge. Der Naturforscher und Astronom Rudolf Falb, welcher durch feine im Interesse der Wissenschaften auSgeführten Reisen bereit- rühm lich in weitem Kreise bekannt ist, hielt zu Dresden im Saale der Börsenhalle vor zahlreicher Zuhörerschaft einen Vortrag über Weltentstehung und Welt untergang. Die Frage, wa» früher gewesen sei, der Raum, die Zeit, der Stoff oder die bewegende Kraft, wurde vom Vortragenden, nach Besprechung der gegen seitigen Beziehungen dieser Vorstellungen, al» nicht zu beantwortende bezeichnet, und die Ewigkeit de» Stoffe», der Kraft, de» Raume» und der Zeit, welche zur Möglichkeit der Bewegung erforderlich sind, al» noth- wendige Voraussetzung angenommen. Der Stoff im unendlichen Raume in verschiedenen Mengen ange sammelt, hat die denkbar schnellste Molecularbevegung
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