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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 01.11.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193211016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19321101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19321101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Enthält Beilage "Fremden- und Kurliste" 93.1932 Nr. 45
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
- Jahr1932
- Monat1932-11
- Tag1932-11-01
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Drittes »latt Ar. 2S« Vicnstag, de« 1. November 1SS2 Die evangelische Schloßkirche Augusts »es Starken in Pillnitz Mit Vorliebe beschäftigt sich unser« Zett mit Erinnerungen an August den Starken. Die Rätsel seines Charakters, die Eigen willigkeit seiner Entschlüsse, der Geschmack sei- ner künstlerischen Schöpfungen locken immer wieder zur Beschäftigung mit seiner Person und seinen Werken. Das liebliche Pillnitz, dem in bcn letzten anderthalb Jahrzehnten seines Lebens seine besondere Lieb« und sein immer mehr gereif ter bau- und gartenkünstlerischer Geschmack galten, verdankt ihm und feinem genialen Landbaumeister Pöppelmann nicht nur die Hauptteile des jetzigen Schlosses, sondern auch die evangelische Schloßkirche, der sich gerade in diesen Tagen nach langem Dornröschenschlaf die Fürsorge der staatlichen und kirchlichen Behörden wieder zuwendet. Stolz und schlicht zugleich grüßt das Sächsisch-Polnische Wappen samt der Krone und Lem Namenszug des katholischen Kurfürsten-Königs über dem früheren Ptllnitzer RittergutSbefitzerfamtlien, deren Gebein« unter der jetzigen Schloßkirche beigesetzt sind. Dies« verstorbenen Vorfahren bezeugen durch Wort und Zeichen ihrer Denk mäler, daß sie im Glauben der Reformation bestanden haben und versinnbildlichen di« »Wolk« von Zeugen*, di« die Gemeinde der Gegenwart umgibt. All« dies« Z«ugnisf« le- b«ndig«n evangelischen Glaubens hat -er katholische Fürst auss sorgfältigst« in die von ihm «rbaut« Schloßkirche bringen laßen unL hat damit der Gemeinde eine Stätte bereitet, an -er sie sich mit vollem Bewußtsein ihres evangelischen Bekenntnisses freuen darf. Wie kam August der Starke dazu, dieses Schatzkästlein einer evangelischen Kirche zu er bauen? Als er Pillnitz übernahm, befand sich dort bereits «ine Schloßkirche, «ine der weni- gen Kirchen in Sachsen, die im 16. Jahrhun dert nach der Reformation von evangelischer Seite gegründet wurden. Christoph von Loß, Jedenfalls fach sich -er Dr«Sdn«r Super- tntendent Valentin Ernst Löscher samt dem Ptllnitzer Gerichtshalter Georg« Christian Freund veranlaßt, unter dem 24. April 1728 an den Fürsten eine Eingabe zu richten, in der unter ausführlicher Darlegung der Geschichte und der Rechtsverhältnisse der Ptllnitzer Kirche ausdrücklich an die Reltgionsdeklara- tionen Augusts erinnert wurde, wonach er alle zum «v.-luth. Gottesdienst in dero Chur und Landen gemachten Stiftungen unverrückt zu handhaben versichert hatte. Man darf wohl an- nehmen, daß Lie Pläne -es Königs nicht erst durch diesen Schritt zur Entscheidung kamen, sondern bereits längere Zeit vorbereitet waren, denn bereits am 11. Mai 1723 befahl er: »Demnach Wir die in dem Garten Ucksers Schlosses zu Pillnitz stehende Kirche abtragen und zu Erbauung einer anderen unweit des Dorfs an -er Weinbergpresse nicht nur einen Platz anweisen, sondern auch von -er abge brochenen Kirche all« Baumaterialien und Ein gebäude nebst dem Altar, Orgel und Glocken zu Behuf der aufzuführenden Kirche abfolgen, und überdies zu Bestreitung -er Baukosten 2600 Thaler aus Unserm Obcrbauamt von den aus Unserer Scatoulle dahin assignierten Gel der zahlen laßen, entschloßen und wegen Zah- Lusnahmen Maj Foerster, Hosterwt» Die Weinbergskirche in Pillnitz von -er Weinbcrgsmaucr aus im Frühlings schmuck. Hauptportal der Kirche samt -en in die gol den« Wetterfahne eingegrabenen fürstlichen Symbolen. Mit wundervoller Feinheit ist -ie Kirche der sie umgebenden Landschaft -es Wein, bergs eingefügt, ob man sie nun von der Elbe, vom Fuße deS Weinbergs oder von -eßen oberer Mauer her betrachtet. Mit Meisterhan sind, gerade wo das Gelände -eS ansteigenden Berges es gebot, Freitreppen und Sakristei an- gesügt, in höchst «igenarttger Weis« muß die Natur selbst zum Schmuck des Gotteshauses beitragen durch die Reben, die an der Son nenwand der Kirche hochgezogen werden, die Fruchtbäume, Lie im Frühling mit ihren Blü- ten, im Herbst mit ihren Früchten Len Zugang und den Hintergrund dieser AnbetungSstätt« erfüllen, und den bei jedem Schritt des Auf- stieges sich weitenden Blick über Las Elbtal samt den Bergen der Sächsischen Schweiz und des Erzgebirges. Schon Lie äußere Anlage die ses Kirchenbaues verrät echten augusteischen Geschmack und will denen, Lie hier ihre An- -acht verrichten, «ine sehr gnädig«, landes- vätcrliche Fürsorge erzeigen — wenngleich auch der Umstand zu denken gibt, daß diese »Schloß- kirche" -ennoch ziemlich weit aus dem Be reiche -es Schlosses hinweggerückt und in allen Stücken nicht imposant, sondern nur anmutig zu wirken bestimmt ist. Imposanter wirkt Las Innere. Hier über rascht in -er Weite des Raumes und unter seiner hohen, flachen, von einem starken Sims unterstrichenen Decke Ler gewaltige Sandstein altar, «in sich dem Barock annäherndes Re naissancekunstwerk, das zwischen weinumkränz, tcn Säulen ganz im Stile der Reformations zeit die Tischgemeinschaft -es Herrn Jesu mit seinen Jüngern beim Eßen des Osterlammes zeigt, um darüber fein Leiden im Garten Gethsemane und seine Auferstehung und An betung durch die Gemeinde der Erlösten -ar- zustelten. Der Altar symbolisiert also Christi Gegenwart in -er Gemeinde im Wort des Evangeliums, während ein davorstehender ge waltiger Taufstein -ie HeilSgewißheit auf die Sakrament« als zweites Unt«rpfan- des in der Christenheit wirkenden Herrn gründen heißt Um die feiernde Gemeind« her stehen an den Wände« Grabstein« von Mitglieder« der des heiligen Römischen Reiches Pf«nnigmeister und kurfürstlich Sächsischer Geh«im«r Rat, erbaute sie für sich und die Seinen zum Haus gottesdienst« und zugleich als Gruftstätt« 1593 bis 1596 und ließ sie als Kirche »Zum heiligen Geist* durch den Dresdner Hofpr«dig«r Poly karp Leyser weihen. Sein« Nachbesitzcr statte- ten sie am Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 mit dem schon beschriebenen Altar und Taufstein aus, während von ihm selbst «ine Glocke mit der Inschrift »Sic transtt gloria mundi* stammt. Di« Familien Loß und Bünau sowie ihnen befreundete Exulanten- familien aus Böhmen ließen über -er Gruft Epitaphien aufstellen, an denen man di« Kunst mehrerer Dresdner Steinmetzenfamilien stu dieren kann. Die Kirche hatte nach einer vor ihrem Abbruch hergestellten Zeichnung spät gotische Fenster, während -ie Türen und der Turm Nenaißanceformen zeigten, die an -ie 1761 zerschossene Dresdner Kreuzkirche erin nerten. Ein Mangel war, daß dieses Gottes haus, das 42 Jahre lang »ohne Borbewußt deS Oberkonsistoriums* einen eignen Schloßpre-t- ger besaß, aber 1638 dem zuständigen Hoster- witzer Pfarramte wieder unterstellt war-, im Hochflutgebiet der Elbe lag, etwa dort, wo sich jetzt -er »Löwenkopf" befin-et. Es ist daher verständlich, -aß der König den Gedanken ihrer Versetzung erwog, zumal sie ihm bei der Durchführung^ seiner Schloßbaupläne im Weg« stan-. Wollte er -ie Anlage der Elbtreppe und des Wasser- und Bcrgpalais durch den geplan ten Speisesaal ergänzen, -er sväter nach -en ihn schmiickenLen Frauenbildnissen den Namen »Bennstempel* empfing, so mußte allerdings bi« Kirche weichen. Es scheinen lebhafte Be sorgnisse auf evangelischer Seite bestanden zu haben, -aß Ler Herrscher »dieses sehr alte und rühmliche fundatum ^Stiftung) der Predigten und Sakramente «inziehen oder abtun" lassen oder wohl gar an seiner Statt «ine Statt« des Römischen Kultus errichten könne. Sicher ist, baß zu Anfang des Jahres 1728 der Vorschlag aufgekommen war, die Hosterwitzer Kirche zu erweitern und sämtliche Amtshan-lungen an dem Schloßversonal, -i« bisher in der Schloss kirche verrichtet worben waren, -er Hoster- witzer Mutterkir-e -uzuwetse«. lung angeregter Gelder an Unsern CabinetS- Minister Gr. v. Wackerbarth Befehl erteilt haben * Schon am 23. Mai 1723 ward demnach die letzte Predigt in der alten Schloßkirche ge halten, worauf am folgenden Tage der Ab- bruch begann und am 24. Juni die Grund- st«inlcgung der neuen im Weinberg erfolgte. Sogleich war- deren Gruftgewölb« fertig, gestellt, so daß am 7. Juli die irdischen lieber- rest« der in der alten Kirche Beigesetzten über- geführt werden konnten. Mit Eifer ward der Bau gefördert, doch nahm die innere Ausschmückung der Kirche, namentlich die Wiederherstellung -es» Altars und der Denkmäler aus dem alten Bau, viel Zeit in Anspruch, so daß -i« Weih« erst am 11. November 1725 vollzogen werden konnte. Die Predigt hielt dabei der Superintendent Löscher, der bekannteste Repräsentant des Luthertums gegenüber dem katholischen Lan desherrn. Er weihte di« Kirche wiederum auf -en Namen »Zum Heiligen Geist". So hat August -er Starke die Schloßkirche für den evangelisch-lutherischen Gottesdienst errichtet, sowohl zum Gebrauche -er Kirch gemeinde Hosterwitz, als zur geistlichen Bc- -ienung der «vangelischen Glieder des kur fürstlichen Hofstaates. , Wahrscheinlich hat er, wie bei all seinen Bauten, auch hier auf die Gestaltung im ein zelnen mancherlei Einfluß geübt,- man kann dies etwa an der Gestaltung des Wappens über dem Südportql erkennen, das viel ein drucksvoller wirkt, As die wenige Jahre zu vor am Wasser- und Bcrgpalais angebrachten WappenbiLder. Davon, -aß George Bähr, wie manche vermuten, an -er Leitung des Baues beteiligt gewesen wäre, hat sich bisher in den Akten keine Andeutung gesunden. Vielmehr ist nachweislich Matthäus Daniel Pöppelmann mit Leitung und Aufsicht -es Baues beauftragt gewesen. Am Aeußeren der Kirche wird sich feit Augusts Z«it im wesentlichen, außer dem An-! bau eines Schuppens an -ie Sakristei und dem Ausbau eines Schornsteines, nur der Anstrich geändert haben: bei dessen Verwitterung haben sich Reste von Inschriften, wohl Sgraffitto.! maleret gezeigt, die hoffentlich in günstigerer! Der Turm wir- repariert. Zeit genauer untersucht werden können. I» Innern dagegen befindet sich sicher nicht alles mehr im ursprünglichen Zustande. Das Ge stühl macht den Eindruck, als sei «s ein knap pes Jahrhundert aU. Di« ober« Empor«, die di« Wirkung Ler Deck« beeinträchtigt, wir- frühestenS 176V «ingebaut worden sein, als in folge -er Erwählung von Pillnitz zum »Som mer. Stjour" deS HofeS das Wach- un- Piouierkommando nach Pillnitz verlegt und für -essen Kirchgang Platz geschaffen werden mußt«. Fast möchte man auch vermuten, -aß nicht nur die Kanzel, an der etliche Stück« fehlen un zu -er ein moderner Aufgang führt, ihren Platz gewechselt hat, sondern auch -aß -ie Epi- taphien, deren Plätze in den äußersten Win- kein der Kirche beinahe den Eindruck einer absichtlichen Verbannung erwecken, dorthin von einer Zeit versetzt wor-en sind, -ie für -ie Vergangenheit und für die Sprache jener sin nigen, andächtigen Grabsteine wenig Wert schätzung besaß. Daß der Totenschild des 1659 verstorbenen Günther v. Bünau, -er nachweis lich 1725 noch reicheren Schmuck als jetzt besaß, damals mit Absicht zwischen den eiserne« Haltestangen des Altars angebracht worden wäre, wo niemand ihn scheu kann, ist voll- endS unwahrscheinlich. Es würde der Pietät, mit der August der Starke -iese Denckmäler in die neue Schloßkirche bringen ließ, wie dem Andenken, das. die Ortsgemeinde den Stifter« der ersten Schloßkirche und dem Bekenntnis -er Väter schuldig ist, sicher entsprechen, wen« -iese wertvollen Erinnerungszeichen ein« wür diger« Aufstellung fänden. Als gegenwärtiger Besitzer der Kirche hat der Staat für -ie Erhaltung der Kirche zu sorgen. Um das Gotteshaus in gebrauchs fähigem Zustande zu erhalten, hat sich di« Landeskirche mit ihm über eine Teilung der Unterhaltskosten geeinigt. Leider ist die finan- zielle Lage so, -aß augenblicklich nur das Not wendigste getan werden kann, um das G«. bäude unter Dach und Fach zu halt«n. Daß dies augenblicklich geschieht, bezeugen die weit hin sichtbaren Gerüst«, die Kirche und Tur» umkleiden. Di« Schloßkirche für -t« Ge meinde -er Gegenwart auch bei Kält« und z« Abendgottes-i«nsten benutzbar zu machen ««- -en ganzen Jnnenraum samt seinen einzelne« Geräten un- Denkmälern würdig wieder her zurichten, muß ein« Aufgabe -er Zukunft blei» den. Fängt -ie Oeffentlichkeit an, nach -er evangelischen Schloßkirch« Augusts des Star ken zu fragen und sie wirklich aufzusuche«, so wird sich wohl auch im Lauf« -er Zeit die Erkenntnis durchsetzen, daß «S «in« Ehren pflicht ist, -iese Stiftung des katholischen Für sten für sein« «vangelisch-lutherischen Lande», linder in angemessener Weise zu pflegen onö zu erhalten. Pfarrer Molwitz - Hosterwitz.
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