Dresdner Journal : 01.10.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188410019
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18841001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18841001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-10
- Tag1884-10-01
- Monat1884-10
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- Dresdner Journal : 01.10.1884
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^«30 MMwoch, d«i"I. October. 1884. Dns-mrÄMmal Verantwortliche Redaetton: Oberredaeteur Rudolf Günther w Dresde». Lüllisl. Lxpeckiüoo 6«. Vr»«ckovr lournul», I)r«»ckso, Lvioisoritr»»»« Iso. SO. Lu—»luUd 6», ckvut«oli«o tritt?oit- rmä 8t«mp«1»u»cdtH^ duuiu. Lagesgeschichte. * Berlin, 29. September. Der Legationssecretär der hiesigen chinesischen Gesandtschaft, Tsien-Teh- Pei, hat, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mittheilt, gestern Nachmittags Berlin verlassen, um sich über morgen (Mittwoch) in Triest nach Shanghai einzu schiffen. Das ganze Gesandtschaftspersonal, Li-Fong- Pao an der Spitze, gab dem Scheidenden das Geleite, daneben eine mehr als bOköpfige Gesellschaft von Berliner Freunden und Freundinnen, Letztere mit mächtigen BlumenbouquetS, deren lebhafter Austausch der letzten gegenseitigen Herzensergüsse und Freund schaftsversicherungen die Neugierde des reffenden Warte- publicumS immer mehr anfachte. — In den betheilig- teu Kreisen wird es mit Interesse und Genugthuung vernommen werden, daß der am 20. Mai 1875 ab geschlossenen, damals nach langen, schwierigen Verhand lungen wesentlich unter der Mitwirkung und dem Ein flüsse Deutschlands zu Stande gekommenen inter nationalen Meterconvention, welche die Regelung und Verwaltung der wissenschaftlichen Grundlagen des metrischen Maß- und GewichtsfystemS unter allen Lulturvölkern bezweckt, nunmehr auch England durch eine dem gegenwärtig in Paris versammelten inter nationalen Maß- und Gewichtscomitv abgegebene förm liche Erklärung beigetreten ist. — Die Reichsregierung beschäftigt sich jetzt vorwiegend mit den deutschen l» x»»»«» Lstvi»«! ILdrUod: . ... 18 Kurb MuNcd: 4 SO kk. Lümoln« Knuunoru: 10 kt Abonnements - Einladung. Auf da» mit heutiger Nr. beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Jour nals" werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), fir »»-Wirts bei den betreffenden Postanstalten. Königl. Expedition -es Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Dresden, 30. September. Mit morgen sind 5 Jahre verflossen seit dem Inkrafttreten einer Reihe von Gesetzen, die in ihrer Gcsammtheit zum förderlichen innern Ausbau des deutschen Reiches mitzuwirken bestimmt sind. Am 1. October 1879 traten nämlich die neuen deutschem Justizgesetze, und zwar das GerichtSverfassungsgesetz vom 27. Januar, die Livilproceßordnung vom 30. Ja nuar, die Strafproceßordnung vom 1. Februar und die Konkursordnung vom 10. Februar 1877 in Kraft, wodurch die für die betreffenden Gebiete des Rechts und die Justizorganisation bisher bestehenden landrechtlichen Bestimmungen aufgehoben wurden. Es wird also seit jenem Zeitpunkte im ganzen deutschen Reiche an gleichmäßig organisirten Gerichten deutsches Eivil- und Strafproceßrecht geübt, wie schon früher das Strafrecht einheitlich in ganz Deutfchland nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuche gepflegt wurde; ebenso hat die neue Konkursordnung ein allgemeines Konkursrecht für Deutschland geschaffen. Gleichzeitig mit diesen Gesetzen sind die Rechtsanwaltsordnung vom I. Juli 1878, die Gebührenordnung für Rechts anwälte vom 7. Juli 1879, das Gerichtskostengefetz vom 18. Juni 1878, die Gebührenordnung für Ge richtsvollzieher vom 24. Juni 1878 und die Gebühren ordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878 in Kraft getreten. Was also die Gerichtsverfassung, den ordentlichen bürgerlichen und den Slrafproceß, sowie das Konkurs recht anbetrifft, so bildet der 1. October 1879 den Beginn eines neuen Zeitabschnitts. Es fehlt zum Abschlusse der Neubildung der deutschen Rechtsverhält nisse nur noch das deutsche bürgerliche Gesetzbuch, dem wir aber auch in nicht allzu ferner Zeit entgegenfehen dürfen; hat ja doch die zur Berathung eine- Lnt- für äs» kaum gespult«»«» JO kL Not« „Lingsnuickt" äia Avils bv kk. L« ludollvo- uuck AiLsrusat» KO A LlBvksi»»» , mElivk »it Aunurtun« ä«r 8oun- uuck Adauck, kür 6«» svIb«Lckvu 1^. Iu»er»tv»»no»l>w« »uüwLrl»! L«tx»t»: H Lranckrtettee, Oo»amü«0LLr cts« Dr»«1o«r ^ourv»I>; LamdurU Isrll» - Vi«» - N»»«l >r.,l»a kroLUVrt ». N.: //aa»en«t«n ck Vo-lee, N«°lt»-Vt«» N«->diuA- rr*U -L.tp*1r kr»»kt»rt «. >.-NL»-d«»: Lu<t. >«rN»: Nr«»«»: L Le^tott«,- Nr«U»u: T LtanAvn « Lneean Nr»»Ilt»rt ». H ! L ttuoktmocklung; SSrUt«: tt. N»»»»««r: 6. N»rt» N«rU» Nr»»ttiirr «. N.- »r«u,»r»: Ka-L« 60 , Uamdai,: Amtlicher Lheil. Dresden, 30. September. Se. Majestät der König sind gestern Abend 8 Uhr 4b Min. nach Wien gereist. Dresden, 30. September. Se. Majestät der König haben dem Senätspräsidenten bei dem Oberlandes gericht, Appellationsgerichtspräsidenten Eduard Ferdi nand Noßky und dem Vorstande des Amtsgerichts Roßwein, Amtsrichter Eduard Moritz Erdenberger, die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand mit der gesetzlichen Pension unter Belassung ihres Titels und Ranges zu bewilligen Allergnädigst geruht. Dresden, 30. September. Se. Majestät der König haben den Landgerichtspräsidenten Karl Edmund Werner in Leipzig zum Senatspräsidenten bei dem Oberlandesgericht, den Oberlandesgerichtsrath Heinrich Rudolf Schurig unter Verleihung des Ranges in der zweiten Clafse der Hofrangordnung zum Präsi denten des Landgerichts Leipzig, die LandgerichtLdirek- toren I)r. Otto Eduard Noack in Chemnitz und vr. Paul Alfred Wiefand in Bautzen zu Räthen bei dem Oberlandesgericht, den LandgerichtSrath Heinrich Theo- dor Krause in Chemnitz zum Landgerichtsdirektor bei dem Landgericht Chemnitz, den LandgerichtSrath Gustav Heinrich Exner in Dresden zum Landgerichtsdirektor bei dem Landgericht Bautzen, den Amtsrichter vr. Paul Fahnert in Crimmitschau zum Ratb bei dem Land gericht Bautzen, den Assessor Franz Laver Suchanek in Dresden zum Rath bei dem Landgericht Dresden, die Assessoren Erhard August Höffner und vr. Julius Alfred Franze in Leipzig zu Räthen bei dem Land gericht Leipzig, den Asseffor Paul Anton Clauß in Ehrenfriedersdorf zum Amtsrichter in Wildenfels, den Asseffor Heinrich Emil Eisold in Zittau zum Amts richter in Zittau, den Assessor vr. Georg August Frauenstein in Zwickau zum Rath bei dem Land gericht Chemnitz und den Assessor Friedrich Hermann Kautzsch in Zwickau zum Rath bei dem Landgericht Zwickau zu ernennen Allergnädigst geruht. Dresden, 30. September. Mit Genehmigung Sr. Majestät des Königs ist der LandgerichtSrath Karl Otto von Wolf in Bautzen an das Landgericht Dresden, der Amtsrichter Friedrich Wilhelm Busse in Scheibenberg an das Amtsgericht Treuen, der Amtsrichter Heinrich Adolf Wähner in Wildenfels an das Amtsgericht Ehrenfriedersdorf, der Amtsrichter Otto Flach in Stollberg an das Amtsgericht Crim mitschau und der Amtsrichter vr. Ernst Alwin Erd mann Kaden in Treuen an das Amtsgericht Roß wein versetzt worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den bisherigen Bürgermeister zu Dresden, Ge heimen Justizrath vr. Rüger, unter Belassung seines Titel- und Ranges zum ersten Rath bei der Brand- versicherungS-Commission zu ernennen. Lompetenz, beziehungsweise den Berufungsgerichten ist für gewisse Partechandlungen die Einreichung eines Schriftsätze- unerläßlich, was aber wohl im innern Zusammenhänge mit dem bei diesen Gerichten vorge- schriebenen AnwaltSzwange steht. Der Richter tritt jetzt zur bessern und freiem Beurtheilung der Streit sache oder des einem Angeklagten zur Last gelegten Verbrechen» oder Vergehens oder einer Uebertretung mit den Parteien in direkten mündlichen Verkehr und hat die freie Beweiswürdigung, d. h. es steht ihm frei, kraft feiner Eigenschaft als Richter, jedes Beweismittel auf seinen innern Gehalt und damit seinen Werth zu prüfen. DaS neue Konkursrecht andererseits bringt eine Reihe von Verbesserungen sowohl in Be zug auf die Sicherheit der Gläubiger, als auch de- GemeinschuldnerS und seiner Ehefrau, die all- seittg anerkannt werden. Wenn die- im Allgemeinen die Vorzüge der neuen Gesetzgebung sind, so sind doch auch wegen Abänderung derselben mehrfach Wünfche sowohl aus weiteren Kreisen, wie aus denen der Fach leute laut geworden. ES sei hierbei an das Fehlen der Berufungsinstanz von den Strafkammern der Land gerichte und der Schwurgerichte, ferner an die Vor vereidung der Zeugen im Strasprocesfe erinnert. Auch bei den Kostengesetzen hatten sich Unzuträglichkeiten herausgestellt, die theilweise schon durch abändernde Novellen bei Seite geschafft wurden. Trotz Alledem läßt sich aber im Allgemeinen mit Rech? die Behaup tung aufstellen, daß die neuen Reichsjustizgesetze in allen Schichten der Bevölkerung mit Befriedigung aus genommen und in Anwendung gebracht worden sind, daß ihre Erfolge fchon jetzt die Gewähr für ein voll ständiges Verschmelzen mit dem Volksleben bieten. Da man aber darauf mit Sicherheit rechnen kann, fv darf man mit Fug und Recht davon sprechen, daß sich die neue Gesetzgebung bis jetzt bewährt hat und es auch in Zukunft thun wird; denn gerade in dem Hm- einleben des Volkes in ein Gefetz liegt ja eben der Werth des letztern. Gefchieht es nicht, so kann man auch mit Bestimmtheit annehmen, daß das Gesetz nicht so ist, wie es sein soll. Nach Verlauf von weiteren Zeitabschnitten wird sich die Güte und Vortheilhaftig- keit der neuen Gesetzgebung in noch reicherm Maße herausgestellt haben, um so mehr, als anzunehmen ist, daß dann durch die Gesetzgebung etwaigen berechtigten Wünschen wird Rechnung getragen worden sein. wurfeS desselben tagende Commission schon ein be deutende- Theil ihrer Arbeit hinter sich. Wenn nun mit dem 1. October d. I. seit der Einführung der neuen Justizgesetze ein Zeitraum von 5 Jahren ver- gangen ist, so bietet dieser Umstand Gelegenheit zu der Frage: „Haben sich die neuen Gesetze bewährt, ist DaS erreicht worden, wa- der Gesetzgeber hat erreichen wollen?" Wer wollte einem Gesetze, an dessen Wiege er steht, so ohne Weiteres eine glückliche und segens reiche Zukunft vorhersagen? Da» ist überhaupt gar nicht möglich. Wohl wird jeder Gesetzgeber stets die beste Absicht mit Dem verbinden, was er zum Gesetze machen will; er wird mit menschlicher Berechnung alle Factoren in Erwägung ziehen, die für oder wider das selbe sprechen; kurz er wird stet» ein guter Vater seines Kinde» sein. Und doch, wie oft ist alle diese liebende Fürsorge umsonst: da» Kind hat innere Fehler, die sich erst mit dem Heranwachsen Herausstellen, mögen sie nun organische oder die Folge äußerer Zustände sein. Dies ist die eine Möglichkeit; die andere aber ist die, daß das Gesetz von vorn herein ein Mißgriff zu sein scheint, daß eS üble Folgen hat, wo das Gegentheil beabsichtigt ist. Aber nach Verlauf einer geraumen Zeit ändert sich die Sachlage; die Menschen und die Verhältnisse haben sich dem Gesetze gemäß geändert, das Gesetz hört auf, Wunden zu fchlagen, vielmehr fängt es an, die früheren Schäden zu heilen; mit einem Worte die Zweckmäßigkeit des Gesetzes tritt mehr und mehr zu Tage, und jeder Billigdenkende ist erfreut, daß dies fo ist. Deshalb sollte auch ein Ge setz niemals nach dem ersten Eindrücke beurtheilt wer den; denn wie auf der einen Seite der Gesetzgeber mit weitem Blicke die Verhältnisse, die Menschen und die Zeit überschaut und danach sein Gesetz berechnet haben kann in guter Gewißheit auf den endlichen guten Erfolg seines bewußten Strebens, so kann er auf der andern Seite mit dem besten Willen dennoch in einer Täuschung befangen sein, die erst im Laufe der Zeit klar wird und dann einer aus Grund der gemachten Erfahrungen beruhenden einsichtsvollen Ab änderung bedarf, die in diesem Falle nie ausbleiben wird. Wie lange jene Zeit zu währen hat, bis man zu einer Kritik über ein bestehendes Gesetz schreiten kann, das läßt sich ja wohl kaum mit Zahlen an geben; vielmehr werden da das Gesetz selbst und vor allen Dingen die von ihm betroffenen Verhältnisse in Betracht gezogen werden müssen. Man darf aber nun wohl nach 5 Jahren die Frage aufwerfen: ob die neuen Justizgesetze des deutschen Reiches der Bevölke rung von Nutzen gewesen sind, ob sie sich bewährt haben. Kann man zaudern, diese Frage mit „Ja" zu beantworten? Wohl nichtl Den Beweis zur Beantwortung dieser Frage in zustimmendem Sinne bringen die thatsächlichen Ver hältnisse mit sich. Bis zur Einführung der neuen Justizorganisation gab es in Deutschland beinahe ebenso viele verschiedene Civil- und Strasproceßordnungen und Gesetze, betreffend die Zahlungsunfähigkeit eines GemeinschuldnerS, wie verschiedene Staaten. Und im Allgemeinen war es mit der Gerichtsverfassung nicht viel anders. Das Verfahren war fast durchgängig schriftlich und in den Rahmen der Jnstructionsmaxime eingezwängt; keine giltige Handlung konnte vor Ge richt von den Parteien anders als durch einen Schrift satz vorgenommen werden, und der Richter hatte sich bezüglich des Beweises an die ihm gesetzlich streng vorgeschriebenen Grundsätze zu halten. Die Folge da von war, daß der Richter nur in sehr beschränktem Maße mit der Partei in directen Verkehr treten konnte, was auf die schnelle Erledigung der anhängigen Sache gewiß nicht ohne Einfluß blieb. Wie anders ist eS heute! Vor allen Gerichten gilt als Princip das mündliche Verfahren und die freie Beweiswürdigung de» Richters; nur vor den Gerichten mit größerer Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Wien, Dienstag, 3«. September, Mittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Kaiser ist heute Morgens aus Gödöllö hier eiagetroffen und em pfing auf dem Penzinger Bahnhofe Se. königl. Hoheit den Prinzen Leopold von Bayern, dann auf dem Nordwestbahnhofe, wo eine Ehrencompagnie ausgestellt war, Se. Majestät den König vou Sachsen und Se. königl Hoheit den Prinze» Wil helm von Preußen. Auch der deutsche Botschafter Prinz Reuß, der sächsische Gesandte v. Hellborg der LanbeScommandirende und der Statthalter waren anwesend. Nach herzlicher Begrüßung ge- leitete der Monarch die von der Bevölkerung leb haft begrüßten Gäste nach Schönbrunn. Buda-Pest, Dienstag, 30. September. (Lei. d. Dresdn. Journ.) Das Amtsblatt pnblicirt eine Bekanntmachung des Aivaazministers, welche dir restlichen noch circulireuden Sprocentiaen Reuten- titres für den 15. Januar 1885 kündigt. Kairo, Dienstag, 3«. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bis jetzt gingen dem Finanz ministerium 60000 Pfund aus den speeiell für die Verwaltung der Staatsschuld bestimmte» Ein- nahmen zu. Man glaubt, die Einnahmen dieser Art würden biS zum 25. Oktober 350000 Pfund betragen. Nach einer Meldung auS „Reutrr's Office" heißt e», der Lord Northbrook werde gegen Ende October seine Mission beendet haben und dann nach England zurückkehren. Mexico, DienStag, 30. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Eine bei Pachuca niedergegangene Wasserhose zerstörte eine Amalgamirfabrik, wobei eine bedeutende Quantität Silber verloren ging und 30 Personen ihr Leben eiubüßtea. Feuilleton. sledigirt von Otto Banck. A. Hoftheater. — Altstadt. — Am 29. Septem ber: „Der Traum ein Leben". Dramatisches Märchen in 4 Aufzügen von Franz Grillparzer. Musik von Rudolf Zwicker. (Neu einstudirt.) Diese hier sehr lange Zeit nicht gegebene Dichtung wurde zunächst nach Grillparzer'- Tode von Wien aus wieder in Anregung gebracht und zum Repertoireleben erweckt, auch für deutsche Bühnen. Obgleich diesseits der österreichischen Grenze die Wärme für den Ver fasser, welchen die Wiener patriotisch liebenswürdig zu den größten Llassikern rechnen, weit minder hochgradig ist, so hat doch auch das Publicum im deutschen Reiche für den geistvollen, oft so fein poetisch gestimmten Autor und zugleich für den edel selbstlofen, literarisch reservirten Charakter Grillparzer Sympathie und hohe Achtung. Sein Streben geht immer auf das Heben und gediegene Ausbringen des allgemeinen, sittlich wirkenden JdeenfchatzeS aus, und wir begegnen in ihm stets mit Genugthuung den Feind des hohlen Scheines und der materiellen Speculation, diefer Erniedrigungen der modernen Literatur. So kann man denn den Entschluß unserer Regie, anch auf dieses Grillparzerlche Stück zurückzugreifen, nur billigen und muß sich freuen über den diesem respectadcln Versuche zugewandten Fleiß im Einstudiren und in der würdigen Ausstattung. Die quantitativ lehr reichlich au-gefallene Rudolf Zwicker °sche Musik- degleitung würde vielleicht den Eindruck de- Ganzen besser belebt und unterstützt haben, wenn ihr Verfertiger minder delicat gewesen wäre, sich der Dichtung gegen über durch Geist und Melodie hervorzudrängen Mäßig keit ist dort nicht immer dankbar, wo sie mit Un vermögen gleichartig wirkt. Die poetische Idee, daß auch der Traum im bild lichen Sinne ein Stück unsers Seelenlebens sei, in dem er aus unseren geheimen Wünschen hervorgeht und nach unseren Vorzügen und Fehlern, nach unserm Maß von Kraft oder Schwäche verläuft und insofern dem altgriechischen Philosophenspruch: „Lerne Dich selbst kennen", dienstbar sein kann — diese Idee mo- tivirte die pikante Umkehr von Calderon's Titel „DaS Leben ein Traum" und ließ den Dichter zur Erläute rung jenes Satzes auf die romantische, märchenhafte Art und Weife der fymbolisirenden Dramen der Spanier zurückgreifen Es konnte dabei nicht fehlen, daß der Autor dem Gewagten seiner Aufgabe einen schweren Tribut zahlen mußte; denn während es sich in dem unvergleichlichen Werke Calderon's darum han delt, einer einzigen Person die Vorgänge der Wirk lichkeit als Traum erscheinen zu lassen, mußte hier der Traum einer einzelnen Person dem ganzen Publicum al» eine Wirklichkeit vorgeführt werden. Dieses Gegenständlichmachen von Traumgebilden führt zu der bedenklichen Confequenz, da» Luftige schwer, das Flüchtige lang und breit, da» Phantastische realistisch und somit prosaischer und minder wahr scheinlich wirken zu lassen: ein Ensemble, bei welchem dem Autor die nöthige durchsichtige Klarheit de» Sym bolischen verloren gegangen ist. Daß diese Realisi- rung eine interessante Aufgabe für die Maschinerie- künste und die gefammte Polytechnik der modernen Bühne bildet, kann als glänzender materieller Ge winn für jenen idealen Verlust nicht entschädigen. Ebenso bleibt uns eine entsprechende Befriedigung die im Stück gegebene moralische Lehre schuldig: daß ein charakterschwacher und wenig begabter Jüngling, der eben in seinem ehrgeizigen Traume mit seiner Thal- kraft und Moral bankrott gemacht hat, daraus den glücklicherweise nicht allgemein giltigen demüthigen Schluß zieht, eS sei das Beste, möglichst rasch die in ihn verliebte Jungfrau zu heirathen und die Welt mit weiter keinen Ansprüchen zu behelligen. Ueber diesen gemüthlichen, gewiß für die Jung frau höchst angenehmen Schluß ist eS deshalb schwer, mit guter Stimmung hinwegzukommen, weil der ge bildete Geist zu ökonomisch zu sein pflegt, um dem Traume eines Dutzendjüngling», der schlank gewachsen und ruhmsüchtig, aber weiter nichts ist, ein stunden langes Interesse zu widmen. Hat indeß an und für sich schon ein so verdienter Poet, wie Grillparzer, für die allgemeine Theilnahme und für die Erlaudniß zu kühnen Versuchen vor An dern einen Freibrief voraus, so wird auch bei uns die brillante Ausstattung und Jnscenirung seines Märchens eine nachhaltige Anziehungskraft auf das Publicum auSüben. Die Darstellung, bei der Frl. Berg in der kleinen charakteristisch gespielten Rolle des alten dämonischen Weibes da» Beste leistete, ist durchweg sehr leicht. Man hat sich nur davor zu hüten, nicht zu breit in das rhetorische Declamiren zu verfallen, um nicht vom schwebend Traumhaften zu massig in da» Didaktische hinüberzuführen. Die Fräulein Breier und v. Olüh können in den Rollen Mirza und Gülnare von dieser Regel ebenso viel Vortheil ziehen, als Hr. Mal kow sky in seiner wilden, vollblütigen, doch thaten- armen Rustanrolle. Hr. Porth spielte den König recht brav und Hr. Grube erfreute mich in der baroken Partie des MoriSkenfclaven durch lebendige Sprungkraft des Tempos. Otto Banck. Freda.*) Bon E. Lameron. Autorisirte Uebersetzung au» dem Englischen von August Frenzel. Lapitel I. Bella » Plänchen. Ich, Fnederike Clifford, zwanzig Jahre alt, fchlank, von frischer Farbe, mit grauen Augen, etwas Stumpf nase, kastanienbraunem, einfach geflochtenem und zu einem schlichten Knoten geschlungenem Haar — stehe am Fenster und trommle ungeduldig auf den Scheiben. MrS. Thistleby und ich sind den ganzen Nach mittag schon an das Zimmer gebannt und lange er tragen eS Frauen, auch die besten Freundinnen, nicht, ohne Abwechselung oder ernste Beschäftigung bei einander zu bleiben. Unsere — Bella'S und meine — Laune ist deshalb auch nicht die beste. Die Abenddämmerung kommt; eS ist nahezu sechs Uhr. Meine Freundin, die am Clavier Platz genommen hat, spielt sehr resolut einen Walzer von Strauß. ") Nachdruck verboten
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