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Dresdner Journal : 24.01.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188401246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-01
- Tag1884-01-24
- Monat1884-01
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 24.01.1884
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WS» >u« UI» aisprvisr 4««t««L«» L««L«: ^»brliok; .... 18 ^)LbrIicb: 4 L1»rk 80 kk. Liur»!»« ^uuuo«»»: 10 ?t. 4»»—rlr»Id 6e, Usut^ct»«» kaiobvi tritt ko»t- un6 8too»p«l«u»«:lüa<x tü»»a. Io»er»teopr«l,« r ?ür ä«v k»nw süisr ^e,p»Itsiisu ?otitr»il« 20 ?L Vvt«r „Liv^ssLnät" äiv 2eils KO ?k. 8«» 1'»b«Ueo- uvä 21L«rii»i»t» SO Auk»cbl»^. Lnseketitt-w r ^K^tied mit Aunucdm« clsr 8onn- nn<I keikrtl^« Adsocl» tür ciso tul^ncl^n 1^. Donnerstag, den 24. Januar. 1884. Dres-nerIournal. l »»»»»»i > uiti>l«»iiu>v i»u!>»ärt>tr n Unintktett«-, OomwiimouLr äs« Or««1o«r äour»»I»; L«mk»rU N«rU» Vt«» l.«tp^A L«««I >r«,I«a »r»»41i»rt «. N : <S 8«rN» -Vt«» U»»diuU kr»»-I.«ip»t8 rrnkkvri «. > -»»«>»«»: Wo««, S«rUi»: , »r«m«»i L SeWott«, Ir«»!«»: 7. , L«reai« /ZU L'abatS),' rr«»kkm< «. » : L'. ^»«Asr'ieks iiuotikttoäluo^; VSrUr«: A. WÄt«-; S»L»o,«r: O. Se^ü«^, k«r1» 8«rU» kr»Lk1«rt 4 N.- 4t»Ui«rt: Daiid« <t Oü. , S»wb^ Lte»n«r. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. ll«r»«sx«d«rr Tüvi«! Lrpsäitiou äs« Vrk^ovr äourviä», Dresäeo, tlo. 20. Amtlicher Theil. Se. Majestät der König haben dem Postschaffner Johann Gottlieb Knüpfer in Chemnitz daS Allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung. Das Ministerium des Innern hat in Gemäßheit der Bestimmungen in 8 38 de- Gesetze- über die Berichtigung von Wasserläufen rc. vom 1b. August 1855 und 8 4 der dazu erlassenen Ausführungs- Verordnung die Amtshauptmannschaft OelSnitz mit der commisfarijchen Leitung der Ausführung des behufs Regulirung der Elster bei Adorf ausgestellten Fluthdammprojects in Larlsgasse beauftragt. Dresden, am 15. Januar 1884. Ministerium des Innern. v Nostitz Wallwitz. Müller. Nichtamtlicher Theil. Uederlich«: Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Bofsifche Zeitung.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin Wien. Pari- Brüssel. Rom. London. Washington.) Ernennungen, Versetzungen rc. iw östentl. Dientze. Dretdver Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Freiberg. Meißen.) UvglückSfLlle in der Provinz. Vermischte-. Statistik und VolkSwirtbschaft. Feuilleton. TageSkalrvder. Telegraphische Witterungtbericht». Inserate. Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Straßburg i. E , DirnStag, 22. Januar, AbendS. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS LandrsauSschuffeS griff der Abg. Baron Zorn v. Bulach (Sohn) bei der EtatSpofitivn für den Statthalter das in der „Rordd. Allg Ztg." dieser Tage veröffentlichte Interview an, dessen Authen- ticität er bezweifelte. Baron Zorn v. Bulach erklärte, er sei nicht im Namen unzufriedener Beamten aufgetreten und pro- testire gegen eine Zusammenstellung seiner Person mit Antoine, halte aber im Uebrigen seine Behauptungen aufrecht. — Der Staatsfecretär v. Hofmann er widerte, die von dem Statthalter inaugurirte Ver- söhnungSpolitik sei in einem Theile der deutschen FcuiUclon. Siedigirt von Lito Banck. Dit Wandlung d»S Herzen». Novelle von H. S. Waldemar. (Fortsetzung.) II. Aus den Schienen der Eisenbahn, weit draußen vor den Thoren der Stadt, lag unterdessen der Zug regungslos in tiefem Schnee, und die Reisenden hatten sich in den Gedanken gefunden, die Nacht in ihren Wagen zuzubrinaen. In einem Coupe zweiter Classe lag ein junger Mann auf dem Sitze au-gestreckt und blickte bei dem trüben Lichte der kleinen Lampe in einen Brief, den er in der Hand hielt. „Wie sie auf mich warten wird, das arme Keine Närrchen!" murmelte er leise in zärtlichem Tone, „aber wie konnte sie nur glauben, ich würde zu so später Stunde und durch da- heimliche Garten- pförtchen zu ihr kommen, zu welchem sie mir den Weg so genau beschreibt; Ich muß ihr morgen, sobald unser unglücklicher Bahnzug endlich angelangt ist, ein paar Zeilen senden uno chr meinen Besuch zu einer schicklichen Zeit anmelden. Dann werde ich ;a wohl auch die Bekanntschaft der Frau v. Genzburg machen, hoffentlich eine freundliche alte Dame, bei welcher ich meinen Liebling gut aufgehoben weih, bi- ich ihn endlich in mein eracneS Haus einführen darf." Presse al» Schwäche angegriffen worden; da- Land sei aber dem Statthalter dankbar, in dem beruhigen den Bewußtsein, daß nicht nach der Schablone regiert werde und der Statthalter das Land selbst kennen zu lernen suche. Der Abg. Zorn v. Bulach habe gerade getadelt, wa- da» Land billige. Die Rede wäre bedeutungslos geblieben, wenn sie nicht über Elsaß- Lothringen hinaus bekannt geworden wäre; jetzt schlage die vorhin erwähnte Strömung in Deutschland daraus Capital. Wa» das Interview anbelange, so enthalte dasselbe Vieles, was den Anschauungen deS Statthalter- entspreche. Wenn Baron Zorn v. Bulach mit dem Vorwurfe des persönlichen Regiment- meine, daß auf ehrgeizige oder persönliche Wünsche Rücksicht genommen würde, so sei eine solche Behauptung al- grundlos zurückzuweisen, so lange sie nicht durch That- lachen erhärtet werde. — Abg. Köchlin (Mülhausen) erklärte unter allgemeinster Zustimmung des Hause», die Angriffe gegen den Statthalter seien nur als die persönliche Stimmung des Abg. Zorn v. Bulach an zusehen, nicht als die Ansicht des Landesausschusses. Das Land würde dem Statthalter dankbar sein, wenn er in seinem Regiment der Milde fortfahre. — Abg. Zorn v. Bulach erwiderte, er habe nicht von der Person des Statthalters gesprochen, sondern nur von dem System. Er habe die volle Verfassung reclamirt; darin werde das Haus ihm beistimmen. — Der StaatSsecretär v. Hofman« ersucht den Redner, die Frage nicht zu vermischen. Bezüglich der Ver- sasfnng stimme ihm das Haus wie die Regierung zu; das habe aber mit seinen Angriffen nichts zu thun. Nachdem der Abg. Grad noch für die Auf hebung der sogenannten Dictaturparaqraphen ge sprochen, wurde die Debatte geswlossen und der Gegenstand »erlassen. Pari», Dienstag, 22. Januar, AbendS. (W. T. B) Der Senat stellte in seiner heutigen Sitz ung den von der Deputirtenkammer abgelehnten Credit von 3 Millionen KrcS. zur Fortsetzung der Eisenbahnarbeiten am odern Senegal wieder her. Die Deputirtenkammer lehnte den Antrag der Negierung auf gerichtliche Verfolgung deS Depu- tirten Talandirr, Direktors der „K^pudllqn« ck^oioerutiqu« vt soeiule", mit 27V gegen 18V Stimmen ab. Infolge der gestern von der Deputirtenkammer votirtru theilweisen Uebrrnahme deS Budgets der Pariser Polizeipräfectur auf daS Ministerium de» Innern wacht sich unter den Constablern eine ge wisse Erregung geltend. Dieselben protestiren gegen die hinsichtlich drrPenfionSbebingnngrn vor genommenen Veränderungen; doch ist eS diSher weder zu einem Strike, noch zu irgend einem Zwischenfalle gekommen. Seiten deS Ministeriums wird ein anderweiter Entwurf vorbereitet, in welchem den Wünschen d^r Constablrr Rechnung getragen werden soll. Rom, Dienstag, 22. Januar, AbendS (W. T. B.) In der Deputirtenkammer brachte heute der Abg. Bernini eine Interpellation ein wegen der Fischerei im adriatischen Meere und der Er mordung eines Fischers in Spalato. Der Minister behielt.sich vor, deu Zeitpunkt der Beantwortung der Interpellation zu bestimmen. Der Gesetz entwurf, betreffend die Verlängerung der gemisch ten Gerichte in Aegypten, wurde angenommen. Dir ObservationSfrist für die Provenienzen aus Aegypten und den Häfen jenseits des Suez- canalS ist auf 5, rrsp. 3 Tage herabgesetzt worden. Moskau» DienStag, 22. Januar, Abend». (W. T. B.) Der in diesem Jahre zum ersten Male seit der Krönung zusammeutretende Mo», kauer AdelSconvent zur Vornahme der Wahlen Er warf noch einen zärtlichen Blick auf den Brief in seiner Hand, der unter dem verschlungenen Namenszuge H. G. unter einer Adelskrone feine zier liche Schriftzüge zeigte, und führte das Papier an feine Lippen. „Weich' eigenthümliches Parfüm gebraucht meine kleine Braut," sagte er nachdenklich, „mir ist das neu an ihr und doch — es will mir scheinen als wenn der Duft mir bekannt sein müßte, als wenn er mich an etwas gemahnte -" Er ließ die Hand mit dem Blatte finken und blickte sinnend durch die Scheiben hinaus in die un freundliche Nacht, und statt des Schnees sah er plötzlich in ein grünes Gebüsch, das voll weißer Blüthentrauben hing. Und so weiß wie die Blüthen, war das Gewand des schlanken Mädchens, daS vor ihm stand. Eine der Blumen schmückte ihr dunkle» Haar und dunkle Augen blickten ihn lächelnd an. Mit einer schnellen Bewegung richtete sich der junge Mann auf und wandte den Blick vom Fenster, er strich mit der Hand über die Stirn, als wolle er da» unbequeme Traumbild verscheuchen. „Jasmin!" flüsterte er, „ich kenne den Duft. Aber wie kommt Ika dazu?" Und dann dachte er wieder voll Zärtlichkeit an seine Braut, bi» sich seine Augenlider schlossen. Wind und Schnee schlugen an das Wagenfenster, aber der junge Mann schlief, fest in seine Reisedecke gehüllt, und blickte im Traume in eine glückselige Zukunft. Hl. „Ich muß Dir in der That gestehen", sagte der RegierungSrath Lindegg zu seinem Freunde Alexander de» AdrlS für öffentliche Aemter wurde heute von de» Generalgouverneur, Fürsten Dolgorukow, mit einer Ansprache eröffnet. Der Generalgouverneur betonte, daß der Moskauer Adel bei der Ausübung öffentlicher Aemter jederzeit seine traditionelle Loyalität für den Thron und das Vaterland an den Tag gelegt und sich dadurch seine Ehrenstellung unter den übrigen Ständen erworben habe. Wenn auch bei den Wahlen der allgemeinen Stände würdige Mitglieder des Adelsstandes zuweilen übergangen worden seien, so beeinträchtige das doch nicht die Berechtigung des Adels, den Angelegenheiten der allgemeinen Stände gegenüber eine hervorragende Stellung einzunehmen. Der Generalgouverneur rief dem Convent das vom Kaiser dem Adel bei der Krö nung ausgedrückte Vertrauen zu dessen erprobter Er gebenheit ins Gedächtniß und erklärte schließlich, er Hosse zuversichtlich, der Adel werde nach wie vor eine Stütze alles Guten zum Nutzen de- Thrones und der Vaterlandes sein und sich bei den bevorstehenden Wahlen auf der Höhe der staatlichen Bedeutung des Adelsstandes befinden. Hierauf wurde der Entwurf einer Adresse an den Kaiser abgefaßt und verlesen, in welchem den Gefühlen der Liebe, der Ergebenheit und deS Vertrauens zu dem Monarchen Ausdruck gegeben wird. Der Adreßeniwurf wurde von deu Ver sammelten mit enthusiastischen Zurufen begrüßt. Washington, 23. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Der Senar beauftragte die Commission für auswärtige Angelegenheiten, zum Schutze der amerikanischen Interessen gegenüber denjenigen Lindern, welche die Einfuhr de» amerikanischen Fleisches verbieten oder beschränken, gesetzgeberische Maßregeln vorzuberriten. *) Nachdruck verboten. D. Red. Dresden, 23. Januar. In Paris nimmt, der Größe der Weltstadt ent sprechend, auch die scheinbar untergeordnetste Angelegen heit bisweilen riesenhafte Dimensionen an und be reitet der Regierung die größten Verlegenheiten. Dieses gilt auch von einem Erlasse des Seinepräfecten über die Kehrichtabfuhr. Es war bisher in Paris Gitte, die Abfälle der Haushaltung, Küchenüberreste, Papierfetzen, Lumpen, Scherben u. s. w" in der Nacht einfach vor die Hausthüre zu werfen, wo sie dann am frühen Morgen von hierzu bestimmten Wagen abge holt wurden. Vorher aber begaben sich die Chiffon niers, einen großen Tragkorb auf dem Rücken und mit einem eisernen Haken bewaffnet, an die Arbeit und durchwühlten diese Abfallhaufen, um das Werth- vollste herauszusuchen. Es war das gewiß kein ange nehmes Gewerbe; aber es ernährte immerhin viele Tausende von Menschen, die sich in einzelnen Straßen niedergelassen und ganze Lumpensammlerviertel errichtet hatten. Ihre Zahl wird sehr verschieden angegeben und vielfach — man spricht von 30000, ja 50l>00 — entschieden übertrieben. Angenommen aber, daß es nur 2<«0o0 seien, so würde das immerhin eine Menschenmasse bilden, deren Wohl und Wehe für den Staat von Bedeutung ist. Nun hat aber der Seine- präfect Poubelle eine Verfügung erlassen, der zufolge vom 15. d. an die Wirthschaftsabfälle in besonders vorgeschriebene» Behältern, und zwar nach ihrer Be ichafsenheit gesondert xKüchenabfälle, Papier und Lumpen, Glasscherben), vor die Hausthür gesetzt wer den müssen. Die Behälter werden jeden Morgen durch eine Absuhrgeselljchaft geleert; zugleich wird den Chiffonniers unterlagt, in jenen Behältern zu „picken", d. h. das ihnen gut Scheinende herauszusuchen. Da mit ist das Gewerbe der Chiffonniers mit einem v Rothen, „daß es nicht meine Freundschaft für Dich allein war, die mir meine Versetzung hierher wünschens werth machte. Kennst Du hier vielleicht eine verwitt- wete Frau Oberst v. Genzburg?" Der Angeredete fuhr hastig aus seiner bequemen Lage auf dem Sofa empor. „Ob ich sie kenne?" wiederholte er, „natürlich, wie sollte ich nicht? die ganze Stadt kennt sie. Was hast Du mit ihr?" „Mit ihr selbst Nichts", gab der Andere zur Ant wort, „ist Dir auch ihre Gesellschafterin bekannt?" „Ihre Gesellschafterin? nein, so viel ich weiß, besitzt sic eine solche nicht." „Doch, allerdings erst seit kurzer Zeit, ein Fräu lein Salbern." Er sprach den Namen in weichem, liebkosenden Ton. „Ich habe den Namen noch nicht gehört", sagte Rothen, „doch erinnere ich mich jetzt, davon gehört zu haben, daß Frau v. Genzburg von einer Reise ein junges Mädchen mitgebracht hat, da ich die Dame aber noch nirgends gesehen, hatte ich die Thatsachc vergessen." „Das junge Mädchen ist meine Braut", sagte Lindeqg lächelnd. „Deine Braut, Werner?" wiederholte Rothen er staunt, „ich glaubte, das sei — ach, verzeih — natür lich. — Seit wann bist Du verlobt mit ihr?" „Seit fast zwei Jahren." „Und das sagst Du mir erst beute?" Lindegg reichte dem Freunde Vie Hand. „Verzeih, Alexander, daß ich es Dir so lange verschwiegen habe. Meine Braut war damals noch so sehr jung und meine Stellung derartig, daß wir Schlage unterdrückt, und zu den übrigen brodlosen Arbeitern kommen 20 000 neue hinzu. Der Seine- präfect hätte die Zeit zur Ausführung seines DecretS gar nicht ungünstiger wählen können. Das ist aber noch nicht Alles die HauSeigenthümer, oder richtiger deren ausübende Organe, die Concierges (Hausmeister), sind verpflichtet, bei Strafe für die richtige Classifi- cirung der Abfälle in den verfchiedenen Behältern zu sorgen, ob welcher neuen und, wie man gestehen muß, recht unangenehmen Arbeitsauflage eine große Er bitterung herrscht. Dieser Tage hielten nun die Chiffonniers in der Lite Maugay, Rue Marcadet, eine Versammlung, welcher viele Weiber und Kinder anwohnten. Der Chiffonnier Bernard, der den Vor sitz führte, beantragte einen Protest aus gesetzlichem Wege: der Erlaß des Präfecten müsse abgeschafft und verlangt werden, daß der Kehricht wie bisher aus die Straße geworfen werde. Die Lumpensammler könne ein Präfect nicht beseitigen, der 150Frcs. beziehe und selbst unter seinem Erlasse nicht leide; ihm sei es einerlei, ob 3oO"O Personen die Mittel zum Leben entzogen würden. Eine Stimme: „Sie dürfen sagen >00000!" Bernard beantragte schließ lich, über seinen Protest abzustimmen. Nach Bernard s Rede nahm die Versammlung eine Adresse an den Seinepräfecten an. Dieser Protest wurde vorgestern Vormittag- durch eine Deputation dem Seinepräfecten überbracht, welcher jegliche Erleichterung bezüglich der Bestimmungen der Verordnung über Fortschafiung des Kehrichts aus den Häufern gewähren zu wollen ver sprach. Zahlreiche ähnliche Versammlungen wurden seitdem von den Lumpensammlern in anderen Stadt vierteln abgehalten. Die Angelegenheit der Lumpensammler wurde durch diese Demonstrationen mit einem Male zu einer emi nent politischen. Ein Ausschuß der Corporation der Lumpensammler, dessen Mitglieder für diesen Anlaß die eleganteste Toilette gewählt hatten, besuchte einige Redactionen hervorragender Zeitungen („GauloiS", „France", „Temps" u. s. w), wo gegenseitige Reden gehalten, nach französischer Nationalgewohnheit, die nie ihre Rechte verliert, CompUmente ausgelauscht wurden und den Besuchern das Versprechen gegeben wurde, die Pariser Presse werde eine große Subscription zu Gunsten der Lumpensammler eröffnen. Die allgemeine, ungetheilte Sympathie der Pariser für „ihre" Lum pensammler, schreibt der Pariser Correspondent der „Bossischen Zeitung", ist eine curiose Thatsache, die sich nicht aus Nützlichkeitsgründen erklärt. Die Dienste, welche diese Leute der Stadt und ihrer Be völkerung leisten sind nicht größer, als die aller anderen Arbeiter, in Wirklichkeit eher kleiner, weil es sich doch nur um eine Schmarotzerindustrie handelt. Aber sie haben das Glück gehabt, Dichter und Schriftsteller für sich zu interessiren. Die Romantik, welche seltsame Figuren suchte und sich am liebsten mit Existenzen beschäftigte, die außerhalb der ehrbaren bürgerlichen Gesellfchaft und Erwerbsordnung stehen, hat sich des Lumpensammlers bemächtigt, weil er ein Nachtleben führt, mit einer Blendlaterne durch das Dunkel huscht und tagüber in Höhlen schlaft, und sie hat ihm einen Kranz von Poesie um das struppige Haupt gewunden. Gestalten wie „Vireloque", wie Felix Pyat's „Lbiüän- nior ä« Paris", die phantastischen Skizzen von Privat d'Anglemont, die Zeichnungen von Gavarni und Gr«- vin haben den Lumpensammler populär gemacht; die Erinnerung an seine literarische und künstlerische Rolle ist es, welche das große Publicum mit sentimentaler Theilnahme für ihn erfüllt. Das Elend der übrigen Arbeiter, welches gewiß ebenso schlimm ist, wie das der Lumpensammler, rührt die Philister weit weniger; es ist kein malerisches Elend; es ist nicht in so vielen hochgefärbten Schilderungen verbcrrlicht worden: man hat darüber nicht fo viel gelesen. noch lange nicht an eine Hcirath denken konnten, und so kamen wir überein, unser Vcrhältmß geheim zu halten." „Wo bist Du mit dein Fräulein bekannt geworden, Werner?" „Bei Gelegenheit einer Vergnügungsreise lernte ich ihren Vater, den Professor Saldern, bekannt durch seine Schriften über das Leben der alten Griechen, in einem Badeorte kennen, und seine geistreiche Unter haltung, sowie die Lieblichkeit seiner damals kaum dem Kindesalter entwachsenen Tochter fesselten mich in so hohem Grade, daß ich nm ihretwillen meinen Reiseplan änderte und mich zu einem längern Aufent halte in jeneni Badeorte entschloß. Und zwar zu unser Aller Glück; denn das Leiden, welches den Professor an die Heilquelle geführt hatte, verschlimmerte sich dort schnell, und nach einem dreiwöchigen Kranken lager, während welchem ich so glücklich war, ihm und seinem Kinde nützlich sein zu können, starb er in meinen Armen und ließ das arme Mädchen tröst und hilflos zurück. Sie hatte keine Verwandten, die fähig oder Willens gewesen wären, sich ihrer anzunehmen — vor einer Tante, die sich dazu erbot, einer grämlichen alten Person, hatte sie eine unüberwindliche Scheu — und Du kannst Dir denken, daß ich meine Braut, denn das mar sie am Kranken bette lhres Vaters geworden, nicht verlassen konnte Ich brachte sie in das Haus meines alten Freundes Karsten — ja, allerdings", unterbrach er sich, als er jetzt einem raschen Aufblicke in Rothen'S Augen be gegnete, „ein eigenthümliches Zusammentreffen, aber ich wußte keinen andern Ausweg. Dort hat sie sich auch sehr wohl gefühlt wie sie mir schrieb, denn ich
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