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Dresdner Journal : 22.08.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188708220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870822
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-08
- Tag1887-08-22
- Monat1887-08
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 22.08.1887
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gcsrllschast für Eplritusverwerttmg, welche am 18. d. Ml», statt- sanden, erhalten, wie wir der „Echtes. Ztg." entnehmen, ein besondere« Jntereffe durch die Mitteilung de« ProsefforS Del» brück, daß der Reich-kanzler Fürst Bismarck habe telegra phieren lassen, er halte da- Unternehmen für ein nützliche- und wünsche demselben gute- Gedeihen, könne sich aber mit Rücksicht aus seine Stellung natürlich nicht persönlich beteiligen. Der Redner teilte ferner mit, daß mit den süddeutschen Epiritu-sabrikanten yegenwärttg Verhandlungen ge pflogen werden, welche einen günstigen Verlaus ver sprächen. Dem ist gegenüber zu halten, daß, wenn da- „Frankf. Journ." recht berichtet ist, da- Vorgehen der nord deutschen Spiritusbrenner in Süddcutschlanb wenig günstige Ausnahme gesunden hat: „Zunächst bemerken wir in süddeut schen Interessentenkreisen eine wohl sehr berechtigle Mißstim mung darüber, daß die Erörterung des Genosfl „schaft-plane- nicht wenigstens zurückgestellt worden ist, bi- die Gesetzgebung in Bayern und Württemberg über den Anschluß an die Steuer- gemeinschast sich ausgesprochen. Ist es auch zweifellos, daß dieser beschlossen wird, so ist e- doch nicht sehr freundnachbarlich von den norddeutschen Interessenten, durch dir Organisation eine- Genossenschaft-wesen- eine materielle Lage zu schaffen, die den noch nicht angeschloffenen süddeutschen Staaten den letzten Rest von Freiheit der gesetzgeberischen, also politischen Ent schließung raubt und auch nachher die süddeutschen Interessenten einem kategorischen Imperativ, sich der Genossenschaft einfach anzuschließen, gegenüberstellt. Wenn heute au- Schlesien, Posen, Sachsen, Pommern rc. bereit- die Nachrichten einlausen, daß dort alle Brenner bereit sind, der SpirituSgenoffenschaft beizu- treten, so ist dies wohl geeignet, auf die späteren Entschließungen der süddeutschen Interessenten von vornherein einen starten Druck au-zuüben. Jedoch erzeugt Druck auch Gegendruck, oder mindestens da- Verlangen, der versuchten Zwang-wirtung auS- zuweichen, und es ist keineswegs ausgeschlossen, daß in diesem Verlangen eine besondere Betrachtung der eigen gearteten süd deutschen Absatz-, Produktions- und Verkehr-verhältnisse zu dem Zwecke beliebt wird, um eine Antwort aus die Frage zu finden, ob eine, von Berlin aus geleitete, und vorwiegend den nord- drutsche.« Interessen dienende Genossenschaft im Reiche genügt, um die gesamtwirtschaftlichen Interessen wirksam zu wahren." An wetteren thatsächlichen Nachrichten über das Fortschreiten des Planes teilen wir folgendes mit: Gestern erklärten zu Magdeburg 180 Brenncrei- interessenten unter dem Vorsitz des Oberamtmanns Osterreich-SiegerSleben fast einstimmig ihren Beitritt zur Aktiengesellschaft. Prof. Oe. Delbrück hielt eine längere Rede und teilte mit, daß größere Händler auch schon ihren Beitritt erklärt. Landrat v. Rauch haupt und Stengel-Staßfurt stellten den Antrag, daß Brenner in dem Aufsichtsrat und dem Direkiorium vertreten fein müßten, damit nicht in volkswirtschaftlich schädlicher Weise die Preise zu Ungunsten des Kon sums der Interessen der Bevölkerung und des Bren nereigewerbes ausgebeutet werden könnten. Dieser Antrag, sowie derjenige, das Aktienkapital auf vierzig Millionen zu erhöhen, wovon den Brennern ein Drit tel ul xui-i verbleiben soll, wurde angenommen. Sprit händler Höhndorf-Magdeburg sprach gegen das Pro jekt, sonst sprachen noch die Herren Untucht aus Magdeburg, Viebenz aus Calvörde und Dietze-Barby. — Von bestunterrichteter Seite wird der „Berliner Börsen-Zeitung" mitgeteilt, daß nach den bisher er folgten Beitrittserklärungen das Zustandekommen der projektierten Aktiengesellschaft für Spiritus- verwertung als unbedingt gesichert zu betrachten sei, und daß deren Konstituierung wahrscheinlich schon vor dem 29. August werde ersolgen können. — Wie das „Franksurter Journal" meldet, werden zu einer Beratung über den Beitritt zur Aktiengesellschaft sür Spiriturverwertung die hessischen Brennereibesitzer am 27. d. Mts. iu Frankfurt, die bayerischen Brennerei- bcsitzer am 25. d. Mts in Regensburg zusammen kommen. Die Proskription derjenigen deutsch-freisinnigen Mitglieder des Konsortiums, welche die Aktiengesell schaft für Spiritusverwertung gründen will, hat bereits begonnen. Die ,Freif.Ztg" schreibt über Hrn. Seydel-Chelchow, ein früheres Mitglied des Abgeord netenhauses: , Unseres Erachtens widerspricht die Be teiligung des Hrn. Seydel dem Programm der frei sinnigen Partei, welches die Monopole und damit auch alle solche dieselben vorbereitenden Schritte ver wirft." Die beiden chinesischen Panzerschiffe sind programmmäßig am Sonnabend, nachmittags 5 Uhr, von Swinemünde nach Portsmouth in See gegangen. Die Direktoren des Vulkan gaben denselben mit einem Spezialdampfer das Geleite bis auf die Rhede. T)er Bericht, welchen der geh. Sanitätsrat Or. Pastor über die öffentliche Gesundheitspflege in unserer Reichshauptstadt verfaßt und veröffentlicht hat, schil dert iu eingehender Weise die bedeutenden Nachteile, welche die inangelhaften Wohnungszustände dem öffentlichen Gesundheitswesen verursachen. Derselbe führt aus, daß der Zufluß von Fremden nach Berlin während des Jahres 1885 denjenigen des Jahres 1884 um mehr denn 54 Proz übertreffe, während sich die kleinen Wohnungen nur unbedeutend vermehrt war, nachdem er sein Glas geleert, still an das Fenster getreten und wischte mit dem Tuche über seine eis kalte Stirn. Vor ihm flimmerten und tanzten die goldenen Sonnenstrahlen auf der Spiegelfläche des Golfes von Neapel und um seine betäubten Ohren schwirrten die glücklichen Stimmen der jungen Paare. Er wollte sich umwenden, glücklich mit den Glück lichen sein — aber noch vermochte er es nicht. Er wußte ja, daß, wenn er es that, der schöne Kopf, der einst in einer dunklen Lebensstunde einige kurze Minuten an seiner Schulter gelehnt, jetzt glück berauscht am Herzen des Mannes lag, den sie liebte. (Ende.) Zur Eharakterzeichnung der Chinese«. Die Verbreitung der betriebsamen Bewohner Chinas, welcher ungezählte Millionen zur Auswanderung be reit hat, nimmt eine immer peinlichere Ausdehnung an, wesentlich in Ostindien. Die Gefahr geht au« den Anlagen und Wesen des Volkes hervor. Kapitän Albrand von der deutschen Bark „Emma Römer", der kürzlich den ostindischen Archipel besuchte, macht folgende Bemerkungen über die Stellung und Bedeutung der Chinesen in jenen Gegenden: Die Chinesen sind ein durchaus tüchtiges und fleißiges Volk. Sie haben großes Geschick in Hand fertigkeiten und sind zu allerlei Dingen brauchbar; für kein Gewerbe zeigen sie jedoch einen ausgepräg teren Sinn, wobl aber für den Handel. Der Chinese ist ebenso sparsam als fleißig, daneben aber äußerst anspruchslos und genügsam, Eigenschaften, die ihm überall sein Fortkommen sichern. Häufig beginnen haben Zwar wird erwähnt, daß die schlimmste und ungesundeste Klasse von Wohnungen, die Kellerwoh nungen, sich während der letzten BeodachtungSzeit ver mindert hätten, dagegen habe das Bewohnen der in den oberste» Stockwerken befindlichen Gelasse und Räume, insbesondere der unmittelbar unter dem Dache gelegenen Wohnungen, außerordentlich an Umfang zu- genommen, was bekanntlich in gejundbeitlchei Bezieh ung nicht weniger unerwünscht ist als die Vermehrung der Kellerwohnungen. Die „Köln. Ztg" bemerkt hier zu: „Es ist ein Zeichen der Zeit, daß seit Jahres frist die Schriften und Stimmen sich Mit jedem Tag mehren, in welchen auf das Wohnungseleud und auf die Ursachen desselben, auf die Mittel zur Hebung und Beseitigung der unserer Zivilisation unwürdigen Zustände aufmerksam gemacht wird. Seiidem vor Jahresfrist der Verein für Sozialpolitik die Sammlung von Gutachten und Berichten veröfsenlichte, welche weit- hinsvbedeutendesAuftehenerregt, seitdem aufberGeneral- versammlung dieses Vereins mit Eiumüiigkeit die Wohnungsfrage als eine der dringlichsten sozialen Fragen unserer Zeit bezeichnet wurde, ist das so überaus wichtige und mit allen Seiten des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens so untrennbar zusammen hängende Problem nicht aus dem Vordergründe der öffentlichen Erörterungen verschwunden Vor kurzem erst hat Pros. Schmotler mit ergreifenden Worten ie Zustände des WohnungselendS in Berlin geschildert, und was die Feder des Nationalökonomcn damals ausführte, wird durch den vorstehend genannten Be richt des Arztes vollinhaltlich bestätigt. Es ist klar, daß durch die zahlreichen, durchaus objektiv gehaltenen Besprechungen die Frage insoweit geklärt ist, daß die praktische Ausführung der gemachten Reiormvorschläge nunmehr in Angriff genommen werden kann. Der Abg. Miquel, der das Verdienst für sich in Anspruch nehmen darf, die Frage wieder seit langer Zeit zum Gegenstände allgemeinen Interesses gemacht zu haben, wollte schon in der vorigen Session des Reichstages einen Antrag auf Erlaß eines ReichswohnungS- gesetzes einbringen; Überhäufung mit dringenden Be rufsgeschäften verhinderte ihn daran, indessen wird das Vorhaben um deswillen nicht unter den Tisch fallen oder all ßiu'-run vertagt werden, denn, wie der Abg Kalle vor einigen Wochen iu der „Gegenwart" erklärt hat, wird die nationalliberale Partei den Antrag aufnehmen, nm die gesetzliche Re gelung der Wohnungsfrage in Fluß zu bringen. . ." Wien, 21. August Heute verläßt der Kaiser das Hoflager zu Ischl und kehrt nach Wien zurück, woselbst er bis Ende des Monats veiweilen wird. Anläßlich seines Geburtstages hat irr Monarch ein neues Ehrenzeichen für die Ritter vom Geiste ge schaffen. Die bisher an Künstler, Schriftsteller nnd Gelehrte verliehene „Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft" wird nunmehr in ein Ehrenzeichen umgewandelt, das nach Art der Kommandeur Kreuze an einem roten Bande um den Hals zu tragen ist. Die Aversseile trägt das Bildnis des Kaisers, die Re versseite die Inschrift: lutivem et urtivu«. Gleich zeitig erhielten mehrere hervorragende österreichische und ungarische Künstler und Gelehrte die neue Aus zeichnung — Gestern morgen rückte die 25. Truppen- division unter dem Befehle des Kronprinzen aus dem Brucker Lager hier ein. Dieselbe war um 7 Uhr abends ausgebrochen nnd erreichte Wien bald nach 5 Uhr morgens, hat also emen forcierten Nachtmarsch von 42 Kilometern in 8 Stunden — die zweistündige Rast abgerechnet — zurückgelegt. — Es wird nun mehr offiziös bestätigt, daß die Anwesenheit der un garischen Minister iu Wien den Beratungen über die Beschaffung der Repetiergewehre galt. Nach un garischen Meldungen wären sür das kommende Jahr 3H Millionen zu diesem Zwecke in das Budget ein- zustellen. Sollte diese Angabe richtig lein, w kann man nur annehmci, daß die Krie sverwaltung einen Teil der ihr bewilligten amerordentlichen Kredite zur Beschaffung der neuen Waffe verwenden will, weil sonst — bei einem Jahresaufwande von nur 3 Mill. — die Beieilung des stehenden Heeres allein gegen lO Jahre in Anspruch nehmen müßte. Die Bewaff nung der beiden Landwehren erfolgt unabhängig von der des stehenden Heeres. — Die alttschechische „Politik" weist den Vorwurf, als hätte sie jemals panslawistische Pro paganda getrieben, mit Entrüstung zurück und läßt ihren uuverfäschten Patriotismus in den schreiendsten Farben leuchten Au dem ganzen Ärgernisse trügen die bösen Jungtschechen die Schuld, welche durch ihr Geschrei die unerfahrene Menge verführen und denen man ein Paroli bieten müsfe. Man wird nicht fehl- gehen mit der Vermutung, daß diese Zerknirschung der Hussiten auf einen Wink von oben herab erfolgte. — Die Delegierten der italienischen Negierung für den Abschluß eines neuen Handelsvertrages zwischen Italien und lüsterreich Ungarn haben während ihres kiesigen Aufenthaltes mit den leitenden Persönlichkeiten Rücksprache genommen und zugleich un allgemeinen den italienischen Standpunkt dargelegt. Man ist in Rom von den besten Absichten erfüllt, hält jedoch dafür, daß nur eine beschränkte Anzahl wichtiger Artikel durch Tarife gebund-n we.den sollen. Der gegenwärtige Vertrag dürfte also unter allen Um ständen eine Einschränkung erfahren. Auch Italien will, wie die meisten anderen Staaten, seine nationale Industrie schützen. Bezüglich des Handelsvertrages mit dem Deutschen Reiche gehen die inst irier'en Mel dungen dahin, daß trotz des Wunsches der österreichi schen und mancher deutschen beteiligten Kreise nach einem Tarifverträge dock nur ein Meiftvegünstigungs- vertrag zu stände kommen wird. Pari«, 20. August. 320 Vertreter des Han dels m>d Gewerbes, namentlich der Spielwarenindustrie, sowie der Presse wohnten in» Konttnentalhvtel dem Festesjen bei, das dem Premierminister und seinen Kollegen gegeben wurde. Von den letzteren waren Fallieres (Inneres), Spuller (Unterricht», de Heredia (Bauten) Barbe (Ackerbau) uud Etienne, der Un!«r- staatssekretär der Kolonien, erschienen. Ter Handels- ministrr Dautresme hatte sich brieflich mit einem „Anfang von Halsbräune" entschuldigt. Desgleichen waren Entschuldigungsbriese von den Vorsitzenden beider Kammern, Le Royer und Floquet, sowie vom früheren Handelsminister Lockroy eingegangen. Die Herren Labie und P^an, Vorsitzende der Musterlagcr- vereine der Goldarbeiter und Spielwarcnmacher richteten Be grüßungsansprachen an den Premier, rühmten sein Verdienst, da- Budget ausgeglichen, Ersparnisse eingesührt und den politi schen Streitigkeiten ein Ziel gesetzt zu haben. Jetzt sei bloß eine Zeit der Ruhe ohne politische Krisen nötig, damit die In dustrie sich wieder hebe Dieselbe sei eine Zeit lang vom Aus land überflügelt worden, habe sich aber nun ebenfalls aus die Herstellung billiger Sachen verlegt, ihr Werkzeug verbessert und bereits einen Teil des verlorenen Feldes zurückerobert Um vollends zu siegen, braucht sie nur innere Bewegungsfreiheit, Beseitigung der bureaukratischen Fesseln Insbesondere bemerkte Lalie, da- seit iw Jahren bestehende Gesetz, das den Feingehalt der Goldwaren regle, entspreche nicht mehr den Verhältnisfen Pean bezeichnete es als einen Ruhm sür de» Premier, daß er, wie Gambetta, dem Handcisstand entsprossen, ein „Krämersohn" sei Darum wisse er die Bedeutung von Handel und Gewerbe sür den Staat zu schätzen und habe dieselben jeder zeit gesördert. Rouvier drückte in seiner Antwortrede seine Befriedigung darüber aus, wieder einmal statt der fieberhaften parlamen tarischen Atmosphäre die ruhigere der Gefchästswelt einzuatmen, und nahni das ihm gespendete Lob dankend an. Ja, er sei ein Krämerjohn, wie Gambetta, und schäme sich dessen nichl. Wie jüngst schon sein Kollege Spuller, daran erinnernd, daß er Handwerkerssohn sei, bemerkt habe, liege in der Laufbahn von Männern, die aus dem Volke hervorgegangcn und bis zur Lei tung des StaateS gelangt seien, eine große Lehre: das sei das Bild der Demokratie. Solche Männer, aus dem Schoße des Volke- hervorgegangen, seien nicht fähig, die Demokratie zu ver raten! (Beifall ) Der Premier ging nun aus die seine Zu hörer besonders angehenden Fragen: die Reform der Muster schutz-, Patent- und Gantgesetzgcbung ein und hoffte, die letztere werde noch in dieser Gejctzgebungsperiode verbessert wer den. Dann sprach er über die Steuerfrage und erinnerte daran, daß die letzte Ministerkrisis über diese Frage au-gebrochen und er nur deshalb die Ministerpräsidcntschaft angenommen, daß er aber sein Versprechen, das Budget ohne neue Steuern auszugleichen und nicht über die Ziffer des vorjährigen Bud gets zu erhöhen, vollkommen crsüllt habe Auch eine Vorlage zur Reform der Verwaltung, zur Verminderung der Präfektur räte, sei von seinem Kollegen des Innern cingebracht worden: das sei doch ein Ansang Die Steuerreform nehme die Re gierung zunächst bei den indirekten Abgaben in Angriff: ein demnächst zu ernennender Ausschuß werde untersuchen, wie die SpirituSbesteuerung zu verbessern und die ärmere Klaffe gegen die Gefahren schädlicher Getränke zu schützen sei Auch eine Reform der Steuererhebung werde im Herbste versuchsweise ein- gcsührt werden, obwohl man an diese große Maschinerie die Hand nur sehr vorsichtig anlegen dürfe Das seien allerdings keine hochpolitischen, philosophischen Re ormen, aber eine nützliche Reform, wie z. B. die Abschaffung der Oktrois, würde das Glück Aller weit mehr fördern als die Trennung von Staat und Kirche. (Beifall; Bazire, Redakteur des„Jntransigeant": „Und das Bündnis mit der Rechten?" Lärm.) „Ich werde gleich auf die Rechte zu sprechen kommen; vorerst sind wir an den direkten Steuern. (Heiterkeit und Beifall.) Ich hege keinen Widerwillen gegen die Reform derselben, aber man muß sich darüber klar sein, was man will. Wollen Sie eine Ein kommensteuer mit Selbsteinschätzung? Ich nicht, und ich glaube damit ein treuer Sohn der Revolution zu sein. Als diese die direkten Steuern schuf, errichtete sie eine wahrhafte Einkommensteuer, begründet aus der sogenannten Theorie der äußern Kennzeichen, ohne daß die geringste Inqui sition in der Wohnung des Steuerzahlers stattsände. Allerdings ist auch aus dieser Grundlage eine Reform vorzunchmen, aber um sie durchzuführcn, ist eme dauernde Regierung nötig. Vor allem ist daher der Bestand der Regierung nötig und ich muß ihn wünschen, sollte ich auch Nutzen daraus ziehen. Unser Kabinett hat seit seinem kurzen Dasein schon mehr Stürme er lebt , als je eines zuvor. Bei unseren« Amtsantritt erklärten wir, wir wollten nur mit der Mehrheit der republikanischen Stimmen regieren Damit verletzten wir, ich gestehe es, die parlamentarische Wahrheit Wir fanden aber jene MehrheitI Von 4iv republikanischen Abgeordneten stimmten nur >70 gegen uns. Auch bei der zweiten Interpellation wiederholten wir unsere Erklärung und hatten dir Mehrheit sür un«. Damals sagte ich: Wir sind keine Kampfregierung! und diese Worte, entstellt und aus dem Zusammenhang gerissen, führt man gegen un- in- Feld. Ich hatte aber gesagt: Wir kämpfen nicht gegen einen Teil der Nationalvertrctung, gegen einen Teil der Nation, und ich hatte hinzugesügt, indem ich meinen Gegner autwortete; „Ihr selbst würdet diesen Kamps nicht führen! Keine Regierung kann es! Die Minister sind nur dazu da, die Geschäfte zu er ledigen und allen die gleiche und gerechte Handhabung der Ge setze zu sichern!" Ich habe daher auch leine Zweideutigkeit zu zerstreuen. Unsere Worte sind stets klar gewesen. Ich will sie für die ehrlichen Republikaner wiederholen, obwohl man sie wiederum falsch auslegen wird. Man hat behauptet, die Monarchisten hätten Einfluß auf den Gang der Regierung er langt, allein aus welcher Thatsache beruht diese Beschuldiaund, vor der uns unsere Vergangenheit sicherftellen sollte? Ob nur srei sind, srägt man uns? Wir sind noch dieselben, die wir früher waren. Wir haben keinem Teile, keiner Persönlichkeit der republika nischen Partei den Krieg erklärt. Wir sind gegen niemand Ver pflichtungen eingegangen, empfangen von niemand Einflüste rungen, sind nieniands Gefangene. Unfere Mehrheit ist nach beiden Seiten offen: einerseits sür die alten Republikaner, von denen wir keine Lossagung, kein Credo verlangen, und anderer seits für die, welche die Republik annehmen und ohne Hinter gedanken in sie einlreten wollen. Die Republik besteht seit >7 Jahren. Wir halten sie sür lcbenSsähig, sie ist stark genug, um keinen Menschen zu sürchten, sie steht über den Parteien wie über den Persönlichkeiten Die Gesahr sür sie läge rn einer Politik, die so tiefe Spaltungen schüft, daß es unmöglich würde, die französische Einigkeit wiederzufinden, an dem Tage, wo c< nötig würde, alle lebendigen Kräfte des Landes aufzuruftn, alle Söhne der Nation zu demselben Aufschwung zu vereinen. Da mit, daß die Regierung eine offene sein soll, wollen wir aber nicht sagen, daß man diejenigen, welche die Republik nicht an erkennen, mitregicren lasse. Nein, tausendmal neinl Nie «st uns derartiges in den Sinn gekommen! Frieden, Gerechtigkeit, freien Genuß der Freiheiten müssen wir Jedermann gewähren, aber wir sind fest entschlossen, der republikanischen Gesetzlichkeit Achtung zu verschaffen und die Fahne der Republik vor Niemand zu senken. Wir haben es bewiesen: es ist noch nicht lange her, daß wir Bürgermeister abgesctzt haben, die einen Thronbewerber be grüßten. Sich einbilden, die Monarchisten könnten Teil an der Regierung erhalten, ist ein schändlicher, abenteuerlicher, chimäri scher Gedanke! Die republikanische Regierung muß aber eine liberale, gegen Alle wohlwollende Regierung, keine Kampsregicr- ung wie die des 2 t. Mai (1873) und des 16 Mai (1878) sein, denn eine solche erträgt das Land nicht. Wir müssen heute die Wähler zurückgewinnen, die >885 sich abgewandt haben, nicht von der Republik — denn sie stimmten sür Vertreter, die sich nicht als Monarchisten, sondern als Konservative vorstellten — sondern von der republikanischen Mehrheft Diese Tausende und nicht den Generalstab, nicht die Führer, müssen wir durch eine liberale allen offene Politik zurückführen. Wir feiern bald die Revolution von I7ni>. Sie, meine Herren, werde«» da zeigen, was der französische Gcwerbcfleiß in einem Jahrhundert voll- biacht hat. Wie groß und schön wäre das Bild, das unsere Nation alsdann böle, wenn wir alle Franzosen versöhnt aus dem Boden der republikanischen Einrichtungen zeigen könnten! Was uns betrifft, so arbeiten wir lediglich an dieser Annäher ung Aller in der Republik und fürs Vaterland! (Lebhafter Beifall) Ter Ausgang der Vei sammlung war völlig ruhig. Au» der Straße riefen 2 oder 3 Personen, nachdem die Minister weggefahren waren, „Es lebe Boulanger!" welcher Ruf jedoch durch „Vivo ttc» vier!" übertönt wurde. Nachdem Hr Rouvier selbst erklärt hat, er könne lediglich seine früheren, in der Kammer gegebenen Dar legungen seiner Politik wiederholen; darf man sich nicht darüber wundern, wenn die radikale Presse mit Übereinstimmung feststellt, daß sich der Premier nur in Aufwärmungen der früheren nichtssagenden und zweideutigen Äußerungen ergangen habe. „Diese Rede haben wir schon zwei mal gehört", schreibt der „Rappel", „gehalten in Beantwortung der Jnterpellanonen, die an die jetzige Regierung gerichtet worden sind. Hr Rouvier ist ein sparsamer Redner: er steckt sich im Gedächtnisse die be reits gebrauchten Sätze und Ausdrücke mit Stecknadeln fest, um sie gelegentlich wieder zu verwenden Wir haben einige von «hnen im Vormarsch erkannt und höflich al- alte Bekannte be grüßt." Der „Radical" bezeichnet die Rede als „eine Prachtaus gabe der beiden früheren, aber ohne Veränderungen noch Ver besserungen." Die „Justice" findet, daß Hr. Rouvier nichts gesagt und daß er insbesondere die Erwartung seiner Freunde, er werde die Unterstützung der Rechten zurückweisen, unerfüllt gelassen. „Was werden sie nun sagen, nachdem sie die verweigerte Er llarung zur Bedingung ihrer' Unterstützung gemacht haben? Werden sie noch eine Rede verlangen? Oder werden sie end lich erkennen, was Jedermann bereit- wußte: daß da- Kabinett von der Gnade der Rechten abhängt und demgemäß handelt?" Die „Lanterne" will gerne glauben, daß Hr. Rouvier die gute Absicht gehabt habe, die Zweideutigkeit, über die sich da- Land beunruhige, zu zerstreuen, all, in es sei ihm die-schwerlich gelungen Seine Rede enthalte sür die in die parlamentarischen Geheimnisse Eingeweihten wohl Anspielungen, die leise auf den Anfang einer Schwenkung nach links hinwiesen, aber die Er klärungen seien so reichlich, daß sie an Deutlichkeit zu wünschen ließen. Tie gestrigen Abendblätter der Linken sprechen sich ebenfalls ungünstig über die Rede aus. „Paris" sagt: „Die Zweideutigkeit war vorhanden und ist durch die Rede nicht zerstreut worden. Ja, wir glauben es, Hr Rouvier «st fest entschlossen, die ihm anvertrauten Schlüffe! die Chinesen ihre Laufbahn mit einem Hausierhandel indem sie persönlich kleine Putzarlikel und billige Kleiderstoffe auf den Straßen und in den Häusern seilbieten. Haben sie etwas vor sich gebracht, so engagieren sie einen Kuli zum Umhertragen ihrer Waaren, um später, so bald sich die Gelegenheit bietet, an irgend einer Straßenecke einen Laden zu eröffnen. Mancher Chinese, der ohne Mittel in die holländische Kolonie kam, hat als Bankier, Großhändler uud viel facher Millionär sein Leben beschlossen. Die reichsten Kaufleute auf Java, Celebes und in Singapur zählen zu den Chinesen. Auf fast allen Inseln des ostindi schen Archipels vermitteln sie den An- und Verkauf von Einfuhrartikeln und den der Landesprodukte Ein Sohn des himmlischen Reiches, der als armer Kuli nach CelcbeS kam, hat dort mit der Zeit fast den ge samten Kaffeehandel aus erster Hand an sich gebracht. Im Jahre 1883 ließ eine holländische Firma «n Makassar einen schönen Dampfer zum Preise von 120 000 Gulden in Europa bauen, um ihn zu Han- delszwecken in den ostindischen Gewässern zu verwenden. DaS Schiff arbeitete jedoch mit fortwährendem Ber lüft, und Ende 1884 ward es für 00000 Gulden an einen Chinesen verkauft. Dieser erzielte gleich in den ersten sechs Monaten mit demselben Schiffe eine Divi dende von 25 Proz. Man wird verwundert fragen: wie war das möglich? Nun, das Geheimnis liegt einmal in den auSgebreiteten Handelsverbindungen der Chinesen, die sich über den ganze» Archipel, Hinter indien, China und selbst bis nach Europa erstrecken, ferner in ihren Geschäft-Prinzipien. Die Chinesen verladen ihre Güter nur in Schiffen, die ihren Lavds- leutrn gehören. So kommt es, daß die schönen hol ländischen Dampfer fast leer laufen und so lauge zu setzen, bis sie in die Hände der Chinesen übergehen, die dann ihrerseits mit großem Geschick reichen Nutzen aus drr Frachtfahrt zu ziehen wissen. Charakteristisch für die Vorliebe der Chinesen zum kaufmännischen Beruf ist ferner die Thatsache, daß das Amt des. Supercargo sich ausnahmslos in ihren eignen Händen befindet, während die Stellen der Kapitäne und Steuer- leute auf ihren Schiffen durchweg von Deutschen oder Engländern besetzt sind. Von den großen europäischen Firmen des Ostens werden die Chinesen gern zu Kassierern verwandt, weil sie sich als ganz besonders brauchbar für diesen Posten erw esen Haden. Auch zu Verkäufern und zu anderen Vertrauensposten werden sie herangezoqen und in diesen Stellungen hoch be soldet. Ein in einem Geschäfte Makassars angestellter Chinese erhält außer seiner Tantli-me etwa 400 Gul den monatlich. In ihrer Lebensweise, in ihren Gewohnheiten und Gebräuchen sind die Chinesen im ganzen sehr konser vativ. Sie leben, wohnen und und kleiden sich auf den Sunda-Jnseln gerade wie 'n ihrem Vaterlandc. Es gehört zu den Ausnahmen, wenn ein Chinese euro päische Sitten auuimmt; unter keinen Umständen aber läßt er von seinem Zopf, der nebenbei bemerkt, noch gar nicht fo alt ist, wie manche glauben, sondern erst der letzten Dynastie seinen Ursprung verdankt. Vor dem Gesetze haben die Chinesen, ebenso wie die Sinios («alayische Mischlinge) dieselben Rechte wie die Euro päer. Auch im geschäftlich« u Verkehr gebietet es die Klugheit, sie als Gentlemen und Freunde zu behandeln. Oft genug sieht mau einen Europäer einem Lhinefen freundschaftlich auf die Schulter klopfen und ihm die Hände drücken, um ihn geneigt zu machen und zum Abschluß irgend eines dem Europäer vorteilhaften Geschäftes zu bestimmen. Der Chinese weiß zwar derartige Freundschaftsbeweise zu wür digen; aber ich fürchte, daß unter lOO Fällen 99mal der schlaue Chinefe es ist, der das vorteilhafte Geschäft abschließt. Kein Europäer wird im allge meinen niit einem Chinesen gesellschaftlich verkehren. Das stare Festhalten der letzter» an den Traditionen und Sitten ihres Volkes zieht eine unüberwindliche Scheidewand zwischen der ältern Kultur Chinas und derjenigen des modernen Europas. Die Chinesen isolieren sich selbst und werden isoliert. An allen Orlen, wo Chinesen in größerer Zahl vertreten sind — und das trifft für den ganzen ostindischen Archipel zu — bewohnen sie ein besonderes Stadtviertel. Sie haben ihre eignen Tempel, ihre eignen Schulen und ihre eignen Häuser, aber nicht allemal ihre eigne Sprache. Chinesen, die in den niederländischen Be- sitzungen geboren sind, sprechen gewöhnlich kein Wort chinesisch, wndern nur malayisch und holländisch. Tie Erlernung der Muttersprache scheint ihnen Gchwierta- leiten zu machen, und im Verkehr ist fu entbehrlich. Lutberfestspiel. Am vorigen Sonnabend fand die erste Aufführung des HanS Herrig'schin Lutherfcft- spiels in der mächtig großen Musikhalle zu Görlitz statt. Die nach Art der Shakespeare'schen Bühne ein gerichtete Doppelbühne enthält einen Vorraum, auf welchen sich die Straßenscenen abspielen, ist vollstän dig dunkel drapiert, und war vorn und an den Seiten prachtvoll durch den Garlenbauverein dekoriert. Bei elektrischer Beleuchtung machten die 7 Meter hohe«
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