Dresdner Journal : 06.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188807063
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18880706
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-06
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- Dresdner Journal : 06.07.1888
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M ISS. I» »«««, v«t«u« lU«»«! -lUvUot», . . . . » ILu» XjU»Iick.«N^»o?L 8u»»«lQ« Hmu»»«ri»: rokL u«««»«ldä«ck«»t«u» ksiod« tritt?v«t- a»ä 8t»o»p»l»o«1»1»a di»«. F,ua»älr»»a»a*dtti«'s», k'Lr äs» 8xm> «i»«r b—p»it«»»o 2«t« ^t«>« 3«dri1t »0 kL v»t»r »ät- äi» 2eU« »0 kl. ü»i l'Rksll«» w»ä 2iS«rn«t» «vttpr AaLoUiU. Lr»«ck »>»«», mit X«»»luo» ä«r 8<riu> axi k««rt»G» f»r»»pr««l»-^»«U»«i Kr. 12U5. Frettag, den 6. Juli, abends. 1888. Dres-nerÄMrml. Für die Gesamtleitung verantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, ssrofeffor der Litteratur. und Kunstgeschichte. L»»»d»v v», LuIia»LlLw^«» ««nket», iMtstt« F> 6ov»m1,«oi»»r ä« Orv-to« ^ovri»I», I«rU» Ml«» r^i»«tU- >—1 Ir«l»i>rr»»tt»r» ». ».! /iaa»«n«t«»M F ko-i«r, N»rU»-Ml«-U««d«iU- kn»»-L«1p»1, »nmLIVr» «. ».-IIS--S«: üxi Lto««, ?»rl»-Lo»«« L«rU» re»»1l1att «. ». I)««d« U Oo., »«UL InvtUi-kxjaxt/ »SrUl»: S. LtM«e» ^oeVoi-».- u«»»«r: o LÄta«t«r, u»u« «. »., F. » Oo. S»r»a»x«d«r» Norüzl. Lxpoäitioil äs« Vrmäovr ^ovriml». Vrvsäsll, L vu^srstru«« 20. korQiprevd-^LZsUiu»: Ur. 1285. Amtlicher Lell. Dretden, b. Juli. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Hof- sekretär August Mayer da» von Er. Majestät dem Könige von Italien ihm verliehene Ritterkreuz deS italienischen KronenordenS annehme und trage. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichterr. Berlin, 6. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Ihre Majestäten der König und die Königin von Sachsen find heute morgen 8 Uhr 25 Minuten nach Kopenhagen abgereist. Wiesbaden, 6. Juli. (Tel. d.DreSdn Journ.) Der serbische KriegSmiaister Protitsch und der Bischof Zimitriji find zu Verhandlungen über die Familienangelegenheiten der Königin Natalie von Serbien hier eivgetroffrv. Rom, 5. Juli, abendS. (W. T. B.) Die Depu- tiertenkammer führte heute die Debatte über die betreffs der Eisenbahnen zu ergreifenden Maß regeln zu Ende und erledigte sämtliche Artikel der Vorlage. Die Abstimmung über den ganzen Entwurf erfolgt morgen. Am Schluffe der Sitzung interpellierte der Deputierte Paladini die Regierung darüber, ob die Nachricht, daß in Messina einige Cholerafälle vorgrkommeu seien, begründet sei. Ministerpräsident Crispi erwiderte, die Nachricht sei unwahr; aus den dem Ministerium zugegangenen Berichten gehe hervor» daß der öffent liche Gesundheitszustand im ganzen Königreiche ein vorzüglicher sei. Rom, S. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Tribuns" hält die Nachricht von der drmnächstigru Reise drö Ministerpräsidenten CriSpi nach Deutsch land aufrecht. Lissabon, 5. Juli. (W. T. B.) Der König empfing heute iu feierlicher Audienz den preußische« Generallieutenant v. Grolmann, welcher unter Überreichung eines Handschreibens Sr. Majestät deS Kaisers Wilhelm deffen Thronbesteigung an- Der englische Dampfer „Newevmeu" segelte gestern abend unweit Kap Roca die deutsche Bark „Luise" in den Grund; die Mannschaft deu^Luise" wurde von de« „Newcomrn" gerettet. Christiania, 6. Juli. (D»l.d DreSdn Journ.) DaS Storthing beschloß mit «4 gegen SO Stimme«, daö beantrag Mißtrauensvotum gegeu daS Mmi- strrium nicht zu beraten. St. Petersburg, «. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ) Wie die „Nowosti" erfahren, brvollmäch- tigte die russische Regierung ihre Vertreter bei der Zuckrrkonferenz, die internationale Konvention betreffs Abschaffung der Zuckerausfuhrprämien zu unterzeichnen. Athen, 5. Juli. (W. T. B.) Der preußische Generallieuienant v. Derenthall überreichte dem Könige heute rin eigenhändiges Handschreiben Sr. Majestät des Kaiser» Wilhelm mit der Anzeige von dessen Thronbesteigung. Dresden, 6. Juli. DaS Deutschtum im AuSlande. Es bedarf heute gewiß für niemanden großer Aus führungen, um die Ersprießlichkeit solcher Bestrebungen darzuthun, welche daraus abzielen, daS nationale Be wußtsein eines Volkes nach außen hin auf friedlicher Art wirksam zur Geltung zu bringen. Der Zug der Neuzeit geht dahin, die Staaten auf nationale Grund lage zu stellen, die nationale Idee zur staatSerhalteuden Feuilleton. Die Rittmristeri«. Novelle von Berthold Paul FSrster. (Fortsetzung). Der alten Frau war das Herz so voll Fröhlich keit und Dankgefühl, daß sie sich nach einem Menschen sehnte, dem sie ihr Glück mitteilen konnte. .Sein Leid kann da» Herz in sich vergraben", sagte sie, .und die Einsamkeit ist ostmals eine Wohl- that; aber die Freude duldet- nicht in der engen Brust — die muß hinaus — hinaus — sie ist da» Kind des Lichte» —" .Ra, na", unterbrach sie sich, „wirst wohl ordent lich blümerant, Mathilde! Ach Gott, wenn doch je mand käme, dem ich'» erzählen könnte!" Nun hätte sie sich den Hru. Kohl freilich wieder zurückrufen können; aber grimmig ballte sie die Faust gegen ihn, der in einiger Entfernung auf der Prom- menade, und zwar immer zehn Schritte hinter dem Landgut, auf- und abschlenderte. Nein, dann war ihr der dumme Muz noch lieber, wie jener unreelle, alberne Einfaltspinsel. So ergriff sie denn auch in Erman gelung eines Besseren ihren vierbeinigen Lebensgefahr ten, der behaglich auf einem Stuhle in der Sonne lag und laut fchrie, wie seine Herrin ihn nicht eben zart anpackte und tätschelte. Die dumme Kreatur be griff nicht sogleich, daß e» Liebkosungen waren, welche chm versetzt wurden. Doch wie Muz endlich die gute Absicht dennoch durchfühlte und beständig au der Alten rmporsprang, verstaub da» alberne Tier wieder nicht, »u machen. Wa» einst Macht und Gewalt zuwege- brachten, bewirkt heute die nationale Idee: Ansehen, Stärke und damit im Zusammenhänge Gedeihen eine» Staate». Niemand verkennt heute die Macht de» nationalen Gedanken», welche in Europa binnen kurzer Zeit zwei Großmächte geschaffen und mehrere kleinere Ltaatengebilde im Osten au» Jahrhunderte langer Knechtschaft zu selbstständigem Leben erweckt hat. ES hieße längst anerkannte und jedem geläufige Wahr« heilen auSsprechev, wollten wir länger den Satz be gründen, daß Ansehen und Macht eine- Staate» in geradem Verhältnisse steht zu der Art und Weise, wie seine Angehörigen ihr nationale» Bewußtsein zur Geltung zu bringen wissen. Jedermann weiß e», jedermann erkennt, wie wichtig eS sei, den nationalen Geist zu pflegen, man spricht und schreibt darüber; aber wie steht eS in Wirklichkeit um die Ausführung? Wir glauben nicht, zu schwarz zu malen mit der Be hauptung, daß die Deutschen al» Nation im AuS lande nicht jene» Ansehen genießen, daS ihnen im Ver gleiche zu anderen Völkern gebührt. DaS Deutsche Reich ist geachtet; auch in dem fernsten Erdenwinkcl lebt eine Ehrfurcht einflößende Vorstellung von der Macht des geeinigten Deutsch land», seine Staatsmänner und Feldherrn werden den ersten gleichgestellt, von denen die Geschichtstafeln sprechen. Mit einem Worte: der Deutsche hat allen Grund, auf seine Heimat stolz zu sein und wo immer er hinkommt, kann er unter dem Schutze der Reichsbehörden frei und selbstbewußt auftreten. Aber Hand aufs Herz: Wird daS Gefühl stolzer Genugthuung hierüber ungemischt sein? Wird er finden, daß die Achtung, welche man ihm entgegen- bringt, dem Deutschen schlechtweg und nicht bloS deL Unterthanen des mächtigen Deutschen Kaiser» gilt? Da» wird er nicht. Die Sünden und Unter lassungen von Jahrhunderten sind gutzumachen; eS gilt, die Erinnerungen an jene Zeit zu verwischen, wo ein Deutschland nur dem Namen nach bestand, wo der Deutsche als brauchbarer Jünger der Civilisatron in die Ferne zog, um dort in fremder Art und Sitte auf zugehen. Die Deutschen von heute sind anderer Art als ihre Väter; sie fühlen nicht bloS deutsch, sondern sie handeln auch danach. Zu den heiligsten nationalen Thaten gehört aber auch das Wirken für Verbreitung heimischer Sprache und heimischer Geistesarbeit in der fremde. . - In dieser Beziehung nun haben wir Deutschen leider weniger gethan, als irgend eines der großen Kultur völker. Welche Nation kann sich an geistiger Macht mit der deutschen messen; wo wäre auf wissenschaft lichem Gebiete mehr geleistet worden, als bei uns? Und dennoch wird man finden, daß in der ganzen Welt, ja selbst an den Thoren des deutschen Sprach gebietes französisches, englisches, selbst italienisches Geistesleben den Vorrang haben. Sollen wir an den Orient erinnern, wo die deutschen Geisteshelden kaum dem Namen nach bekannt sind, während jeder franzö sische Dutzendschriftsteller bewundert wird? Geht es an, eine Unempfänglichkeit der Halbgebildeten für die deutschen Geisteswerke anzunehmen, oder wird es nicht richtiger sein, die traurige Ursache darin zu suchen, daß wir bisher uns nicht die Mühe gaben, unserer geistigen Arbeit, vor allem unserer Sprache im Aus- lande Geltung.zu verschaffen? Andere Völker haben ihre Sache besser verstanden. Sie sorgten für die Verbreitung ihrer Sprache; sie scheuten keine Opfer hierfür, wohl wissend, daß es zuerst gilt, zu säen und zu düngen, ehe man die Saat schneiden kann. Es braucht hier nicht angeführt zu werden, wie erfolgreich Franzosen und Engländer für die weiteste Verbreitung ihrer Sprache gesorgt haben und welch große Vorteile ihnen daraus erwachsen. Manche politische Eroberung wurde von langer Hand sicher durch die sprachliche daß seine Herrin über das ewige Anspringen ärgerlich wurde, und hielt daS Schlagen nach ihm fälschlich für Tändelei. Endlich aber lehrte ihn ein wohlgezielter Wurf mit einem Pantoffel den Ernst der Situation begreifen und laut heulend verkroch er sich unter den E Die Rittmeisterin griff wieder nach dem Briefe ihrer Schwester. „Hab' ich's mir nicht gedacht", rief sie, „hab' ich's nicht immer gesagt, daß dieser Kohlkopf ein Schwind ler ist, der sich nur einen reichen Schwiegervater sucht! Sieh, da läuft er nun hinter dem Landgut einher! O, der Elende — aber ich werde ihn couranzenl Hier im Briefe steht'S klar und deutlich: ... Wie die Firma Kohl u. Co. liquidierte, galt der Inhaber, der alte Herr Sohl für sehr reich und war es auch. Später jedoch hat er durch gewagte Spekulationen den größten Teil setneS Vermögens einaebüßt, während sein ein ziger Sohn und Erbe in Wien und Berlin enorme Summen verschwendet haben soll, und gelten die Ver hältnisse bereits feit Jahresfrist für gänzlich zerrüttet. Jnzwi chen machte der junge Kohl hier verschiedene mißglückte Versuche, dem Ruin feiner Familie durch eine reiche Heirat vorzubeugen. Sein Vater war ihm in seinen Bestrebungen dadurch behilflich, daß er, um die Welt über seine Vermögensverhältnisse »u täuschen, ein glänzendes HauS machte, wodurch nicht nur der letzte Rest de» einst so enormen Vermögen», welcher dem alten Herrn vielleicht noch ein bescheidene» Aus kommen gesichert hätte, vergeudet wurde, sondern auch noch bedeutende Schulden entstanden. Seit geraumer Zeit ist der junge Kohl hier verschwunden, und man nimmt allgemein an, daß er anderweitig sein Glück und kulturelle vorbereitet und auch heute noch voll ziehen sich — wir verweisen nur auf Syrien — der artige Prozesse. Braucht eS eine» Hinweises auf die großen wirtschaftlichen Vorteile, welche aus solcher sprachlichen und kulturellen Propaganda sprießen? Jeder denkende Leser wird eS sich übrigens selbst sagen, daß je mehr deutschsprechende Geschöpfe die Erde bevölkern, desto größer die Sympathien und daS Verständnis für deutsches Wesen fein müssen und daß solches nur das Ansehen und mithin die Macht Deutschlands zu erhöhen vermag. Darum wollen wir Deutschen mit unserm guten Patriotismus uns nicht begnügen, sondern ein übrige- für unsere Sprache thun. Jeder in der Fremde lebende Deutsche muß sich al- Sendbote seine» Volkes betrach ten und in diesem Sinne wirken. Alle Deutschen aber sollen werkthätig zusammenhalten und jeder nach Kräf ten Jene unterstützen, welche sich der Pflege der deut schen Sprache in der Ferne widmen. Durch Schulen und Vereine müssen wir vielleicht langsam, aber er folgverheißend die Eroberung der Welt für deutschen Fleiß und deutsche Arbeit vorbereiten. Deutsche Vereine im Auslande bestehen seit langer Zeit. Der älteste ist die 1764 zu Philadelphia ge gründete „Deutsche Gesellschaft", welche auch staatlich anerkannt und mit mancherlei Vorrechten auSgestattet wurde. Seither hat die Zahl solcher Vereinigungen rasch zugenommen. Nach einer, den Stand derselben zu Ende 1883 vorführenden Darstellung gab eS in Amerika 24, England 7, Rußland 5, in der Türkei 1, in Frank reich 4, in der Schweiz 11, in Belgien 2, Italien 7, Spanien 3, Schweden 1, Österreich 2, Ägypten 2 und in Portugal 1 deutsche Vereine. Man kann mit Sicherheit annehmen, daß die Zahl dieser Vereine, welche damals 200V0 Mitglieder umfaßten und über ein Vermögen von rund 9 Millionen geboten, seither gewachsen ist. Bloß 21 darunter erfreuten sich eine- staatlichen Beitrages. Wenn aber auch die Zahl dieser in das Ungemessene stiege, würde e» für die nationale Sache kaum von irgend welcher Bedeutung sein. Fast ausnahmslos sind alle diese im Auslande bestehenden Vereinigungen Deutscher sogenannte HilfS- oder Unter stützungsvereine; in vielen Fällen tritt noch die Auf gabe der Erhaltung eines Krankenhauses hinzu. Nur ganz vereinzelte befassen sie sich mit der Erhaltung und Unterstützung von Schulen So notwendig und segens reich nun auch diese wohlthnende Wirksamkeit im AuSlande sein mag, so läßt eS sich doch nicht in Ab rede stellen, daß viel mehr geschehen könnte. Es wäre allen diesen Vereinen ein leichtes, deutschuationale Propaganda in de- Wortes edelster Bedeutung zu üben und bedürfte eS hierzu nur einer wohldurch dachten einheitlichen Organisation. Namentlich follte eS jeder dieser Vereine sich zur Pflicht machen, eine deutsche Schult ins Leben zu rufen und zu erhalten. Die Wohlthätigkeie ist gewiß eine schöne Sache: wenn man aber andererseits wahrzunehmen Gelegenheit hatte, wie sehr diese Vereine den handwerksmäßigen Bummel und daS Nichtsthun auf Kosten Gutmütiger fördern, wird man nicht umhin können zu wünschen, das ein Teil der VereinSeuikünfte besseren Zwecken zugeführt werde. Übrigens erachten wir eS auch als wohl- thätiges Thun, in halbzivilisiertea Ländern Schulen zu errichten, und wenn solche Wohlthat auch nicht ganz frei ist von selbstsüchtigen Hintergedanken, so wird fie darum nicht minder den Beschenkten zu gute kommen. ES ist übrigens als sicher anzunehmev, daß diese Vereine im Verlaufe der Zeit staatliche Unter stützung, moralischer und pekuniärer Art, erhalten würden. Um gerecht zu sein, müssen wir übrigens feststellen, daß es weder an deutschen Schulen im Auslande völlig fehlt, noch auch an deutschen Sendboten der Kultur. Die protestantischen Missionäre deutscher Zunge sind über den ganzen Erdball verbreitet; doch in der Liebe versuche; wenigstens soll sein Vater in diesen Tagen einem seiner Hauptgläubiger ziemlich be stimmte Andeutungen über die bevorstehende reiche Heirat de- jungen Mannes gemacht haben." Ferner hieß eS noch in dem Briefe: „Weil Dir an diesen Nachrichten, wie Du schreibst, viel gelegen, so schreibe ich Dir sofort, obgleich Kurt, Deiner freundlichen Einladung mit dankbarem Herzen folgend, wenige Stunden später, wie Du diese Zeilen empfängst, bei Dir eintreffen wird. Doch jetzt noch ein Wort über ihn selbst." Hier folgte in dem Schreiben an die Rittmeisterin in der Kürze, was wir bereit» am Anfänge unserer Erzählung über Kurt berichtet haben, und schloß mit den Worten: „Ich weiß zwar nicht, beste Mathilde, wie Du über die Sache denkst; aber zürne meinem armen Jungen nicht gar zu sehr." Wie die Rittmeisterin diese Stelle in dem Briefe ihrer Schwester Leonore gelesen hatte, ließ sie das Blatt langsam finken und sagte mit feierlich klingender Stimme: «Keonore — Du bist ein Schaf!" Wahrscheinlich aber würde sie den Brief noch recht ost gelesen haben, wenn sie nicht zufällig zum Fenster hinausgefehen und sich ihr ein Anblick geboten hätte, welcher ihren Gedanken plötzlich eine andere Richtung gab. Auf der Promenade gewahrte sie ihren jungen Freund, Herrn Kohl, und wie er Augustin Herbert, der vor ihm stand, mit vieler Innigkeit die Hand schüttelte und auf die Schulter pötschelte. „Ra?' fragte fie gedehnt. „Will er den Alten nicht auch umarmen und abküssen?" auch die katholische Geistlichkeit trägt mittelbar zur Verbreitung des Deutschtums bei. Von den dies bezüglichen deutschen katholischen Vereinen nennen wir den Münchner Zionsverein und den dortigen Ludwig»- verein; ferner den rühmlichst bekannten Kölner Verein vom heiligen Grabe, den BonifaciuSverein und in ge wissem Sinne al» auch hierhergehörig den österreichischen Marievverein für Zentralafnka und den Mariä-Em» pfängni-verein zur Unterstützung der katholischen Mis sionen im Oriente. So verdienstlich auch da» Wirken aller dieser Vereinigungen genannt werdeu muß, so leisten sie doch herzlich »venia für die Sache de» Deutschtum». Die religiöse Propaganda ist ihnen erstes und oberstes Gebot, dem alle anderen Ziele weichen müssen. Deutsche Priester im Oriente tragen kein Bedenken, französisch zu lehren, sranzösisch zu predigen, wenn sie es als zweckentsprechend erachten. Niemand kann ihnen daraus einen Vorwurf machen; bei Verfolgung ihrer Thätigkeit stellen sie sich eben demjenigen zur Verfügung, der ihnen die Möglichkeit gewährt, ihrem Berufe obzuliegen. Es ist unS aber nicht bekannt, daß bisher unsererseits etwas gethan worden wäre, um die religiöse Propaganda deutscher Herkunft zu organisieren, von der Heimat aus nach einem einheitlichen Plane zu leiten und dieselbe mit dem Schutze des Reiches zu decken. Die Organisation der französischen katholischen Propaganda ist bekannt lich musterhaft und welche wertvolle Dienste die katho lische Geistlichkeit der französischen Politik geleistet hat, bezeugt ja der Umstand, daß alle französischen Ministerien, selbst die radikalsten, den katholischen Missionären im Osten mit aller Macht in die Hände gearbeitet haben. Die berühmte Bereinigung „Oourrs äs» eeolo« ä'Orisut", welche ausschließlich in Händen der französischen Geistlichkeit sich befindet, gebot im verflossenen Schuljahre über rund 2000 Lehrkräfte, welche an 70000 orientalische Zöglinge entweder un entgeltlich oder doch nur um ein geringe» Schulgeld in französischer Sprache mit spezifisch französischem Lehr stoffe unterrichteten. Man denke doch: 70 000 Orientalen, die von Kindheit auf in französischem Geiste erzogen werden und die als Männer ihre Eigenart ganz ab gestreift haben und zu eifrigen Vorkämpfern der fran zösischen Sache im Oriente werden. Solche Erfolge könnten andere Staaten auch erzielen. Die Grldopfer von Reichswegen sind nicht groß; wa- aber vorerst not thut, ist, daß bei den Deutschen im Auslande das Nationalgefühl kräftig geweckt werde und daß diese Bewegung bei den deutschen Reichsverttetunge« ausgiebigste und für jedermann erkennbare Unter stützung finde. Wir wollen durchaus nicht behaupten, daß die dauernd in der Fremde ansässigen Deutschen des Patriotismus ermangeln, den sie im Gegenteil oft bewiesen haben; gewiß aber ist, daß sie sich viel leichter fremder Säte anschmiegen, auf die Mutter sprache verzichten und sich von den praktischen Er wägungen de» Augenblickes leiten lassen, als man eS Angehörigen anderer Nattonen nachsagen kann. Dies mag wohl daher kommen, weil der deutsch« Aus wanderer bislang ein Wesen ohne Rückgrat war; nun aber ist die Zeit gekommen, daß der Deutsche überall in der Wrl: eine Heimat, nicht bloß eine Zuflucht, finden könne. Wir wiederholen es: es gilt, die vielfachen zer streuten Bestrebungen zu ordnen, zu organisieren und nach einem einheitlichen Plane zu leiten. Die et lichen 70 schon bestehenden, über der ganzen Welt zerstreuten deutschen Hilfsvereine können eine treffliche Grundlage zu einer solchen Organisation abgeben. Es brauchen nur einige patriotisch gesinnte hochstehende Männer zusammenzutreten, welche einen dcutschen Natiovalverein gründen zu dem Zwecke der Pflege und Verbreitung des Deutschtums im AuSlende. In Organisation könnte derselbe dem deutschen Schul- DaS that Kohl nun freilich nicht, sondern entfernte sich in einer ihm von Herbert angedeuteten Richtung, während letzterer langsam in daS HauS zurückkehrte. „WaS soll daS werden?" fragte sich die Ritt meisterin kopfschüttelnd. „Sollte ich mit meinen Neuigkeiten einen Posttag zu spät kommen, oder doch später wie mir lieb wäre! Wenn ich nur daS Gust, chen sprechen könnte; aber seitdem fie heute früh so geisterhaft bleich mit dem Alten vom Harrl herunter kam, habe ich fie nicht gesehen. Ihr Zimmer fand ich verschlossen und zu Tische kam fie auch nicht. Viel leicht finde ich sie jetzt — wäre der Beugel, der Kurt, nur schon Hierl" Noch grübelte sie über ihre gemachten Beobach tungen, welche sie nicht wenig beunruhigten, nach, als Herbert mit seiner Tochter aus der Thür de» Hause» trat und vor dem geöffneten Fenster, hinter welchem die Ritttneisterin lauschte, stehen blieb. „Gehe nur voraus," sagte er mit unsicherer, be klommener Stimme, „ich komme bald nach." Dann beschrieb er dem Mädchen genau den Weg, den sie gehen sollte. Gustchen, welch« bis dahin seinen Worten nm gesenktem Haupte zugehört hatte, erhob jetzt langsam die blauen Augen zu ihrem Vater, und die stumme Frage schnitt ihm tief in da- alte ver blendete Herz; doch er antwortete nicht und hielt da» bleiche Mädchen nicht zurück, wie sie sich mit einem schweren Seufzer von ihm abwandte und die bezeich nete Richtung einschlug. Einen Augenblick sah er seine» Kinde nach und sei« Lippen öffneten sich, al» wolle er fie zurückrufen, dann aber schlich er, al» ob ihm jeder Schritt Schmerzen bereite, in da» Hau». (AxtsttzUIG
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