Dresdner Journal : 12.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188807128
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18880712
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-12
- Monat1888-07
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- Dresdner Journal : 12.07.1888
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W 160. S«»U»Prot», IU»rU«k »» 4 >t»rk 40 I»L liiui»o»«r»: tv kt. Loiob« tritt kovt- »ä 8t»»»p«I»u»<rbl»^ tri«». L»t4»<ltFvi»^»^«bilt»rvo, S^lr äs» L«tii» »i»or »»»p»tt«»«» 2«I» ll«»« Sokritt itv?L Virtvr äi» Lellv 50 kl. v«i k»d«UvL lmä 2tL»r»«t» votvpr. AuLoblaE. Lr»aN»1»«»« l^tivt» mit ita«»»tuov äsr 8<>LQ a»ä k«»rt»8« »doiul». k»ra»pr»«t> Xn«rUa»«: lir. 1804. Donnerstag, den 12. Mi, abends. DresdnerZourml. ^ür die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Otto Banck, Professor der Litteratur. und Kunstgeschichte. 1888. L»u»d»» vo» LnNa»al^»g«» »«vLrt», Louu»1«ouLr ä« vr«aQ« sovnutt»; M»»d«rU >«rU» Vi« - L«ip«tM L«^I >r—l»a ^r»»t1«re ». ».! /laa«»—<o»n -s ko-i«r, N«rU» -Vi«» N»»K»U- rr»»-L«ipi1, ». L-ti iita««: ?»rt» Lo»««» kr»»t1arr ». N Zi—ix F 6o.,- »«rllm S»rUt>: S. LtM«e» ZV«c4/oi-»,' N»»L«,«r: 6 Üo4U«t«-,- N»U, «. I.I F. t 0o. N »ruaexeder» Lüoi^I. Lxpväitioa äs» Orv»äuvr ^oanutt». Orvsäau, 2vu»^«r»trlui»s >0. ksru»prvvL-^L»cUu«r Ur. 1LV5. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Obergendarm a. D. Klebeck in Schwarzen berg da- AlbrechtSkreuz zu verleihen. Verordnung, die Franti rung der an die Organe der Berufs, genofsenschaften sowie an die Vorstände von Krankenkassen zu richtenden Postsendungen be treffend; vom 9. Juni 1888. Zur Erläuterung der Verordnung, den Wegfall der Portofreiheit betreffend, vom 14. December 1869 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 335) und der Verordnung, die Frankirung der Packet- und Werth- sendungen betreffend, vom 31. März 1874 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 35) wird hierdurch be stimmt, daß die für den amtlichen Verkehr zwischen öffentlichen Behörden, Beamten, Kasfenstellen u. f. w. geltenden Vorschriften wegen der Frankirung von Post sendungen auch den Organen (Vorständen, SectionS- vorständen, Vertrauensmännern und Beauftragten) der auf Grund der UvfallversicherungSgesetze gebildeten BerufSgenvsfenfchaften fowie den Vorständen der Orts-, Betriebs-, Bau-, Jnnungr- und Knappschafts-Kranken kassen und den mit der Verwaltung der Gemeinde krankenversicherung betrauten Organen gegenüber An wendung zu leiden haben. Dresden, den 9. Juli 1888. Die Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, des Innern, des Cultus und öffentlichen Unterrichts, der Justiz und der Finanzen. Für den Minister: v. Nostitz-Wallwitz, von Watzdorf. v. Abeken. v. Gerber. Frhr. von Köunrritz. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichterr. Paris, 11 Juli. (W. T. B.) Der Deputierte Pyat hat darauf verzichtet in der Kammer wegen der Beschlagnahme deS vom Grafen von Paris an die MaireS gerichteten Briefes eine Inter pellation einzubringen. — In der Budgetkom- Mission erklärte der Kivanzministrr Peytral be züglich deS Kredits von 67 Millionen für die Be festigung der Häfen, daß er augenblicklich noch keine besondere Vorlage für diese Ausgabe machen könne und schlug vor, dieselbe provisorisch auf dir schwe bende Schuld zu übertragen. Die Kommission beschloß ihre Ansicht vorznbehalten, bis die Re gierung sich über den finanziellen Plan zur Her- beischaffung dieses nenen außerordentlichen Budgets für die Marine schlüssig gemacht haben würde. Dresden, 12. Juli. Aus Norwegen. Im norwegischen Parlamente, dem Storlhing, kam eS dieser Tage zu einer großen politischen Debatte, die um so beachtenswerter ist, als sie den Beweis liefert, daß man in dem skandinavischen Reiche mit seiner parlamentarischen Regierungsform ähnlichen Zu ständen entgegengeht, wie in Frankreich, wo die poli tische Verwirrung gegenwärtig in höchster Blüte steht. Wie bereits gemeldet wurde, machte vor dem am 7. d. MtS. erfolgten Schluß des StorthingS die radikale Linke den Versuch, durch ein allgemeines Mißtrauens votum gegen die Regierung den Sturz des Mini steriums Sverdrup herbeizuführen. Der von dem Vorsitzenden der Kammer, Rektor Steen, geführten radikalen Opposition gelang ihr Vorhaben zwar zu nächst noch nicht, denn auf Vorschlag des Abg. Jaa- bäk wurde der Beschluß gefaßt, das vorgeschlagene Mißtrauensvotum nicht zur Verhandlung gelangen zu lassen. Indessen waren sowohl die Debatte selbst als auch daS Ergebnis der Abstimmung nicht derartig, daß das Ministerium Sverdrup darin ein besonderes Vertrauensvotum erblicken könnte. 50 Abgeordnete stimmten für den Steenfchen Antrag, 64 dagegen. Aber von diesen 64 gehörten 29 der Rechten an,' deren vollständiger Mangel an Zutrauen zu dem Ministerium im Laufe der Verhandlung offen aus gesprochen wurde. Die Stellung deS letzteren erscheint sonach als eine sehr bedenkliche, da es bei der Zu sammensetzung der Parteien ganz im Belieben der Rechten liegt, die Regierung zu stürzen oder aufrecht zu halten. Sehr treffend werden diese mißliche Lage oeS Ministeriums Sverdrup sowie die Ursachen der selben in einem „Zur Lage in Norwegen" über schriebenen Aufsatze der „Hamb. Nachr." beleuchtet, welchem wir das Nachstehende entnehmen: »Johann Sverdrup, der einstige Abgott der nor wegischen Demokratie, hat das Schicksal so mancher ans Ruder gelangten Demagogen gehabt, er hat einer seits selbst eingesehen, daß doch mancher Punkt seines bisherigen Programms nicht realisierbar sei, und er hat andererseits erleben müssen, daß die Ultras seiner Partei von Jahr zu Jahr radikaler geworden. So ist der Abstand zwischen ihm und diesen Ultras, die sich die reine Linke nennen, jetzt ein ziemlich beträcht licher, und die Folge ist eine große Unzufriedenheit im Lager der radikalen Opposition. Was die Ziele dieser, iu letzter Zeit immer kecker hervortretenden Opposition eigentlich sind, ob die Republik, ob die Durchführung gewiffer sozialdemokratischer Probleme, läßt sich wohl schwer angeben. Jedenfalls aber hat man mit Recht gesagt, daß die Verfassung und Re gierungszustände unter dem Ministerium Sverdrup bis an einen Punkt gelangt seien, von dem keine weitere Verrückung nach links möglich sei, ohne daß die Krone zur Erde falle. Ist doch der frühere Wunsch Sverdrups — die Alleinherrschaft des Storthing mit einem König als „dekorativer Figur — bereis in Er füllung gegangen. Was der König!. Gewalt nach dem 20. Juni 1884 noch übrig geblieben, ist kaum mehr, als was dem Präsidenten einer norwegischen Republik zugestanden werden müßte. Ja man hat sogar schon vom Königreich Norwegen gesagt, es sei „die beste der Republiken". Zum Glück ist indes die reine Linke gegenwärtig noch nicht stark genug, um ihren Willen gegen den der eigentlichen Regierungspartei — der gemäßigten Linken — und der Rechten durchzusetzen. Das hat das Ende der drei Ministerkrisen, welche Norwegen im Laufe des letzten Jahres erlebt, und das hat auch jetzt wieder die Verhandlung über das vom Rektor Steen beantragte Mißtrauensvotum gezeigt. Die beiden ersten Ministerkrisen waren dadurch ins Leben gerufen, daß die reine Linke einzelne Mitglieder des Kabinetts zu bewegen wußte, unter fehr durchsichtigem Vorwande dem Ministerpräsidenten Opposition zu machen. Im ersten Falle wurde die Krisis wieder beigelegt oder richtiger noch für einige Zeit hinauS- geschoben, im zweiten aber ward den mehr oder weni ger mit der reinen Linken sympathisierenden Ministern die erbetene Entlassung gewährt, und an ihre Stelle traten andere, der reinen Linken nicht genehme Per sönlichkeiten. War dies eine direkte Niederlage der Linien, so gestaltete sich ferner auch die dritte, vor noch nicht langer Zeit erfolgte Ministerkrisis, zu einer solchen. Allerdings kann man vielleicht sagen, daß dieselbe eigentlich noch nicht beendet sei, denn der Posten des Gtaatsministers Richter ist nur provisorisch wieder besetzt und die Entlassung des Staatsrates Sören sen ist noch gar nicht bewilligt; doch ist klar, daß eine auch nur teilweise Besetzung der Minister posten im Sinne der reinen Linken jetzt eben sowenig erfolgen wird wie früher, überdies aber hat der Vertrauensbruch, den Björnstjerne Björnson be ging, als er ein ausdrücklich nicht für die Öffentlich keit bestimmtes Schreiben Richters publizierte, ein Vorgehen, durch das er den Selbstmord dieses seines ehemaligen Freundes veranlaßte, einen tiefen Schatten auf die Fraktion der reinen Linken und insbesondere auf ihren so viel bewunderten radikalen Dichter-Politiker geworfen. Nach alledem hätte die reine Linke wohl gut ge- than, in den letzten Tagen der nun beendeten Stor- thingsession zu schweigen oder wenigstens nicht mit neuen, aussichtslosen Angriffen hervorzutreten. Doch hat sie dies nicht über sich zu bringen vermocht. Noch einmal wollte sie den ihr verhaßten Sverdrup ins Gebet nehmen und dem ganzen Lande gegenüber als einen Abtrünnigen und Verräter brandmarken, und zu diesem Zweck brachte sie dann das Mißtrauensvotum in Vorschlag. Rektor Steen, wie der Däne Berg einer jener radikalen Pädagogen, die in der Politik schon so viel Unheil angerichtet haben, hielt eine lange An klagerede, deren Quintessenz war: das einst vom Lande mit so großem Enthusiasmus begrüßte Ministerium Sverdrup habe den Erwartungen der Nation nicht entsprochen. Sverdrup antwortete darauf in einer ebenso langen Rede, in der er, so gut er vermochte, auf alle einzelnen ihm gemachten Vor würfe antwortete. Bemerkenswert war insbesondere, daß er sagte, die Rekonstruktion der Regierung an läßlich der oben erwähnten Ministerkrisen sei mit Schwierigkeiten verbunden gewesen; in einem Mini sterium der „Reinen" aber dürften Miuisterkrifen nicht in'euum, foudern iu allen Jahren permanent werden. Er räume ein, daß das Ministerium vou der Rechten nur „geduldet" fei, aber daS geschehe aus Rücksichten gegen das Vaterland, da keine Gruppe stark genug fei. eine Regierung mit parlamentarischer Majorität zu bilden. — Diese Worte kennzeichnen die gegenwärtige Situation. Das Resultat der mehrtägigen Verhandlung im Storthing war, wie eingangs schon erwähnt worden, eine Ablehnung des Mißtrauensvotums durch die sich aus der gemäßigten Linken und der Rechten zusammen setzende Mehrheit der Versammlung, wobei >edoch von verschiedenen Seiten betont ward, daß man nicht eigent lich ein Vertrauensvotum zu geben beabsichtige. „Meine Partei'^, so erläuterte Stang, der Führer der Konser vativen, seine Stellung zur Sache, „meine Partei hat kein Interesse daran, jetzt schon daS Ministerium Sver drup zu stürzen, die bevorstehenden Wahlen werden schon über das Schicksal desselben entscheiden." Die Nieder lage der reinen Linken ist also immerhin nur ein recht schwacher Erfolg für Sverdrup. Er, die Rechte und die reine Linke, sie hoffen jetzt alle auf die Wah len, mit wieviel Recht, das muß das Resultat der selben zeigen. Jedenfalls aber hängt von diesen Wahlen viel ab und der Wablkampf wird daher ein sehr hef tiger werden. Lagesgeschichte. * Dresden, 12. Juli. Nach eingegangenen Nach richten sind Ihre König!. Majestäten am 10. Juli 12 Uhr mittags in bestem Wohlsein in Stockholm eingetroffen. — Die Abfahrt von Kopenhagen erfolgte am 9. Juli 6 Uhr abends mit Sr. Majestät deS Königs von Dänemark Dampfjacht „Danebrog". Die gesamte königliche Familie war zur Verabschiedung von Ihren Majestäten am Bord des Schiffes. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen falutierten die Forts und die in Parade ausgestellten Kömgsschlffe. Der „Danebrog" wurde von der Panzerbatterie bis Malmö begleitet. Lie See war vollkommen ruhig. Nach zweistündiger Fahrt erfolgte die Ankunft in Malmö, woselbst sich zur Begrüßung Ihrer Majestäten der deutsche Geschäftsträger am königlichen dänischen Hofe, Prinz Lichnowsky, sowie die zur Begleitung komman dierten Herren Oberst Graf v. Rosen vom Leibgarde regiment und Premierlieutenant Nydaeus vom Garde husarenregiment eingefunden hatten. Am Landungs plätze war eine Schwadron des in Malmö garnijo- nierenden Regiments Kronprinzhufaren in Parade aufgestellt. Die Abfahrt erfolgte mittelst HofextrazugS 9 Uhr abends. Auf Station Gnesta hatte sich zur Be grüßung Ihrer Königl. Majestäten Se. König!. Hoheit der Kronprinz von Schweden eingefunden, auch traf dort der befehligte Ehrendienst ein und zwar bei Sr. Majestät dem Könige, außer den beiden bereits genannten Herren, der General Graf Lagerberg und bei Ihrer Majestät der Königin der Oberkammerherr Graf Löwenhaupt, die Palastdame Gräfin Gylden- Stolpe, fowie noch ein Königl. Kammerherr. Nach eingenommenem Frühstück in Gnesta wurde die Reise bis Stockholm fortgesetzt. Auf dem Bahn hofe dafelbst ertönte die sächsische Nationalhymne. Se. Majestät der König von Schweden betrat nach Ein lauf des Zuges mtt Ihrer Königl. Hoheit der Frau Kronprinzessin von Schweden den königlichen Salonwagen zur Begrüßung. Hierauf schritten die Königlichen Majestäten die Front der ausgestellten Ehrenkompagnie ab und bestiegen dann die zur Ab fahrt nach dem königlichen Schlöffe bereit stehenden Equipagen, in deren erster die beiden Königlichen Majestäten von Schweden und Sachsen und deren zweiter Ihre Majestät die Königin von Sachsen und die Frau Kronprinzessin sowie der Kronprinz vou Schweden Platz nahmen. Den königlichen Zug er öffnete eine Eskadron Gardereiter und es schloß den selben eine Eskadron Dragoner. Im königlichen Schlöffe zu Stockholm erfolgte der Empfang der allerhöchsten Herrfchaften durch Ihre Majestät die Königin von Schweden. Hieran schloß sich der Empfang der Staatsminister und Hofchargen u. f. w. Nach eingenommenem Frühstück fuhren die Majestäten nach Schloß Rosenthal, der gegenwärtigen Residenz Ihrer Majestät der Königin von Schweden. Von da werden sich die allerhöchsten Herrschaften nach Schloß Drottvingholm begeben, um dort Aufenthalt zu nehmen, und zwar nach den vorläufigen Dis positionen bis Sonntag den 15. d. Mts. Die Straßen Stockholms, welche der königliche Zug berührte, waren reich mit Flaggen geschmückt und von einer dichten, die Majestäten enthusiastisch be grüßenden Menschenmenge besetzt. Bei der Abfahrt zum Schloß ertönten Salutschüsse. — DaS Wetter war günstig. * Berlin, 11. Juli. Se. Majestät der Kaiser konferierte gestern mit dem Minister des Königlichen Hauses v. Wedell-PieSdorf. Um H2 Uhr nahmen die Kaiserl. Majestäten im Marmorpalais daS Diner ge meinsam mit Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Georg von Sachsen, Ihren Hoheiten dem Herzog und der Feuilleton. Die Rittmristerin. Novelle von Berthold Paul Förster. (Schluß- Nun kam die Reihe des Verstummens und Er staunens aber an die Rittmeisterin, und mit forschen den Blicken schaute sie den noch immer Lachenden an. Dann aber schoß es ihr plötzlich heiß in die alten Augen, und mit einer Behendigkeit, welche man der alten wohlgenährten Dame kaum zugetraut hätte, sprang sie von der Bank empor und eilte auf den jungen Mann zu. Sie faßte ihn rund um und küßte ihn wiederholt auf Mund und Wangen. „Mein lieber, guter Junge", rief sie, , bist Du end lich da — o, Gott, wie ich mich freue. Sia, endlich, endlich! Wie geht'S Deiner Mutter, wie geht eS der guten alten Seele? Kurt, mein Junge, war machst Du — wie siehst Du denn eigentlich aus — laß Dich einmal ordentlich anfehen — hab'Dich so ewig lange nicht gesehen!" Bei diesen Worten schob sie ihn etwas zurück und nahm seinen Kopf zwischen beide Hände. „Vortrefflich — vortrefflich! Junge, wenn Du die Uniform angezogen hättest — ach, so — nein, das daS meinte ich nicht, Tütendreherchen; ich wollte Dich vielmehr fragen, ob Du „sie" schon gesehen und ge sprochen hast?" „Wen denn, Tante?" fragte Kurt lächelnd. „Thue nur nicht fo lammfromm, Du Schlingel! Wen denn, fragt er — nun „sie", „sie"! „In der That, Tante", entgegnete er jetzt ganz er staunt, „ich weiß wirklich nicht, wen Du meinst." „Wen denn anders, als Deinen Schatz, das Gustel!" rief die Alte triumphierend. „Was sagst Du?" fragte er hastig und alles Blut trat aus feinem Gesichte. „Gustchen — Gustchcn Her bert ist hier — und Du kennst sie?" „Na, und ob ich sie kenne! Geh', laufe — es ist alles gut — mach' daß Du fortkommst, Junge, und hole Dir Dein Glück!" rief die Rittmeisterin. „Tante — um Gottes Willen — ich verstehe noch immer nicht —" „Ach, larifari", unterbrach sie ihn, „ist auch gar nicht nötig. Mach' nur, daß Du sortkommst und tröste mir das arme Ding; kommst gerade wie gerufen. Wirst sie schon zu finden wissen — das Wie und Wo? ist Deine Sache, und nun Marsch vorwärts!" Wie Kurt sich aber zum Gehen wandte, hielt sie ihn am Arme fest und sagte: „Wenn'» in Ordnung ist, dann telegraphierst Du Deiner Mutter, damit sie sofort kommt, und nun laufe — laufe —" Bei diesen Worten schob sie ihn von sich; doch wie er einige Schritte gegangen war, ries sie ihn zurück: ,Höre, mein guter Junge, bist am Ende sehr hung rig und durstig —" „O nein — durchaus nicht, Tante!" entgegnete er. „Nicht? Natürlich nicht — versteht sich von selbst — aber so mach' doch, daß Du fortkommst. Rein, warte — warte noch einen Augenblick. Was wollte ich Dir doch noch sagen — was war's denn gleich? Ja, so! Das sage ich Dir, Kurt, daß Du mir nicht wieder vor die Augen kommst ohne das Gustel! Hast Du mich verstanden?!" Lachend schloß er sie in die Arme, dann eilte er fort. ,He — he, Junge, Kurt!" rief sie ihm nach. „Der Bengel hört nicht — na, laß ihn laufen, laß ihn laufen. Was wollte ich denn eigentlich noch von ihm? Nun, eS fällt mir wohl noch wieder ein. So, und jetzt komm. Muz! Ob Du hörst, Canaille! Muz — Muzl! Ja, so! Ach, du lieber Gott, die arme Kreatur sitzt ja allein zu Hause. Armes Tierchen, armeS Tierchen! Na, nur stille, nur stille, ich komme schon. Gott, die Freude — Muz — Kurt — Gust chen I Und sie meinte, ich hätte ihr den alten grieS- grämlichen Burschen weggeschnappt. Na, ich danke — ich danke!" aber erhob sie ihren Kopf, und indem sie ihre Thränen trocknete, sagte sie mit abgewandtem Gesichte: „Augustin, wir sind der Rittmeisterin so vielen und großen Dank schuldig, und statt dessen habe ich sie gekränkt, bitter gekränkt — ich will zu ihr gehen." „Soll ich mitgehen, Hanne?" fragte er kleinlaut. Mit einer herben Erwiderung auf den Lippen wandte sich die erzürnte Frau zu ihm; wie sie ihm aber in fein bleiches, gramvolles Gesicht blickte und in die tiefliegenden Augen, welche so flehend auf sie gerichtet waren, da mußte sie wieder mit ihren Thrä- nen kämpfen. In diesem Augenblick empfand sie, was Herbert durchlebt und durchlitten hatte, und in ihrem Herzen erwachte die alte treue Liebe, die so gerne vergiebt. Aber es ist ein ewig wahres Schriftwort, daS da heißt „eS ist schwer gegen den Stachel zu löcken", und dieser Stachel, daß der eigene Vater dar Lebensglück ihres Kindes hatte opfern wollen, saß tief, tief in ihrer Brust — nein, sie konnte das versöhnende Wort nicht über die Lippen bringen, sie konnte eS nicht. Wie ein flüchtiger Sonnenstrahl entschwand die bessere Regung ihres Herzen- und scharf und frostigsagte sie: „Thue, was Du willst." Er schlug die Augen zu Boden und langsam sank der alte graue Kopf aus seine schweratmende Brust herab. Frau Hanna ging allein. Mit eiligen Schritten stieg sie die Treppe hinab und trat bald darauf in das Zimmer der Ritt meisterin. Diese saß in einem großen Lehnstuhl am Fenster und die goldenen Lichter der untergehenden Sonne spielten m ihrem grauen Haar und über ihr gute- 7. Es war keine beneidenswerte Lage, in der Augustin Herbert sich befand. Die Vorwürfe, zu denen seine Frau sich ihm gegenüber berechtigt glaubte, konnte er zwar getrost belächeln, aber die einzige Rechtfertigung, mit welcher er jene Borwürfe widerlegen konnte, lag schwer, zentnerschwer auf seinem schuldigen Gewissen. Doch blieb ihm keine W^hl: um die Gattin zu be ruhigen, mußte er die Entrüstung der Mutter herauf beschwören. So stand er, ein kläglicher Odysseus, zwischen Scylla und Charybdi». Frau Herbert hörte seine reuige Beichte an, ohne ihn zu unterbrechen; doch wie er geendigt hatte, ver- barg sie ihr Gesicht und weinte bitteruch. Endlich
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