Dresdner Journal : 13.05.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-05-13
- Sprache
- Deutsch
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189005139
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- LDP: Zeitungen
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1890
- Monat1890-05
- Tag1890-05-13
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- Dresdner Journal : 13.05.1890
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O10S. Dienstag, den 13. Mai, abends. 1890 vr««a«o vi«r4«IM»rUok 2 00?L, d«i L«» N»ü«rl. äsu1»c-«o ko»t»»it»lt«» viortsl- jiLrUotr S »o—«rl»»Id ä«, ä-vketwa L«oL«« tritt ?o«t- au<i 8t»wp«I«i»ol»l»x vü»»». Lü»««lo« ^umwsrv: 10 kk. ^»nn>alro»»»rvdnnr«», kür äso 8»ruo vm« ^—p»It«oe» 2«ü« Irlsü»« SoNrik 20 kt. Vvt«r „Lu»^v«u»<tt" Li« 2«1« -0 kt. L«i 1»k«Itso - «Qä 2m«ru»»t» onttpr. ^uk»oNI»b Lr»vN«1»«L» IRbNoN mit äsr 80m»- u. k«isrt»G« »d«»ä». I^r. INS. Dres-nerImMÄ. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Otto Banck, Professor ber (itteratur. und Kunstgeschichte. ttaaall»« r»> »aeir»rt», Lra^cirtett«-, Lovuui«ionLr äs« vre«äL«r lourv»!«; L«,dsrM 2«rU» Vi»a N—l Sr«»I»i> knuiLlarl «. N.! Laa«en«t«n l- I^oAi«», 2«rU»-Vt»»-N»MdiuU- kr»T L«tx«iU-rr»LLtarr «. U.-Nüncki»! ^o«e,' v«rt» LoLäo» N«rU2 krTL^Illrl «. u Da«-« <O Do.» 2«U»! /«vattäenctant, Nr—I«a: La-at-,- L««»—: 0. Le-U«t«r, L»U« «. «.: F. Darct <F 60 Nvraoixvdsrr Lvvizl. Lrpsäitioo äs« Or«ä»sr ^ouriua». Oroiäe», 2vill^«r«tr. 20. kvriuprset»Kr. 128b. Nichtamtlicher Leit. Kekegraphische WacHrichten. Berlin, 13. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Au- Sansibar wird berichtet, daß Major Wiß mann am 1v. Mai Lindi nach vorangegangenem Bombardement durch die deutschen Kriegsschiffe erobert hat. Hamburg, 13. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Heute nacht um ^1 Uhr wurde iufolgr eines Streik- der Gasarbeiter die öffentliche GaSbe- leuchtuna eingestellt. BiS dahin hatte da- GaS aur notdürftia gebrannt. Biele Läden wurden früher geschlossen. Die Direktion der Gasanstalt fordert die Konsumenten auf, im Kalle plötzlichen Erlöschen- die Hähne sorgsam zu schließen. Im Stadttheater teilte der Regisseur mit, es sei, falls die Beleuchtung plötzlich versagen würde, für ge nügenden Ersatz gesorgt. Dre-den, 13 Mai Der Prozeß Panitza. AuS der von der bulgarischen Regierung vorge nommenen Veröffentlichung der Anklageschrift gegen den Major Panitza hat man keineswegs den Ein druck gewonnen, als ob die Anklage gegen den genann ten Offizier auf besonders starken Füßen ruhe und als ob es gelingen werde, durch den Prozeß den an geblichen russischen Auftraggebern einen so gewaltigen Schlag zu versetzen, wie man in Bulgarien zu hoffen scheint. Jedenfalls bedürfen die Vermutungen und Andeutungen, in denen sich die Anklageschrift bewegt, noch großer Erhärtung durch den Verlauf des Pro- zesseS, ehe auch andere Leute als die bulgarischen Richter — deren Urteilsspruch ja schon mehr oder weniger fertig ist — die Thatsache werden als be wiesen ansehen können, daß die russische Regierung und ^'cht vielmehr nur einige abenteuerliche Privat personen bei der Verschwörungsangelegenheit ihre Hände im Spiel gehabt haben. Zweifellos wird aber der Verlauf deS Prozesses a»ch bei uns mit großem Interesse verfolgt werden. ES sei daher im Nachstehenden eine Auslassung der „Bulgarie" mitgeteilt — welches Blatt ebenso wie die anderen bulgarischen Offiziösen bisher Schweigen über die Vorbereitungen deS Prozesses beobachtet hatte — in der die gegenwärtige Sachlage des Prozesses wie folgt geschildert wird: Es ist festgestellt, daß die Affaire bis zum Jahre 1887 zurückreicht. Panitza befand sich damals in Rustschuk, wo auch der russische Reserveoffizier Por- fina Kalobkow wohnte. Herr Williamow, der russische Gesandtschaftssekretär in Bukarest, bediente sich des letzteren, um Panitza zu einer Zusammenkunft nach Giurgewo einzuladen. Von dieser Unterredung an fand ein fortgesetzter Briefwechsel zwischen Panitza und der russischen Gesandtschaft in Bukarest statt, welcher den Zweck hatte, eine Revolution in Bulgarien hervorzu rufen. Im Jahre 1888 wurde nach dem Tode Willi- amows der Dragoman derselben Gesandtschaft, Jakobson, beauftragt, die Korrespondenz mit Panitza weiterzuführen. Am 23. Juni 1889 schrieb dieser, sobald die Sache „ernsthaft" werde, würde man den Chef des asiatischen Departements um die Herausgabe der erforderlichen Geldmittel ersuchen. Bis Mitte deS Jahre- 1^89 war der russische Offizier Kalobkow in Rustschuk der Beauftragte; sobald aber nähere Unterhandlungen mit Panitza nötig waren, diente als Vertrauensmann zwischen beiden ein gewisser Boni Georgiew; später diente hierzu der Besitzer des Hotels Vitosch, Namens Feuilleton. Die wUde Rose. Line Erzählung. »o (Fortsetzung.) Jetzt schien eS Lothar an der Zeit, zu reden. „Sie irren, Herr v. ZachinSky, Regina ist meine Braut I" „Junger Mann, Sie ersparen sich also nicht die Beschämung, die Frage von mir zu kören, welche Aus sicht haben Sie, eine Frau zu ernähren?" „Mein Kopf und meine Hände werden mir diese Aussicht eröffnen." — ,Lider nennen Sie die Sache beim richtigen Namen, die Spekulation auf Reginas Vermögen", lachte ZachinSky höhnisch Lothar trat heftig auf ZachinSky zu. „Abenteurer wie ein ZachinSky, sind solcher Speku lationen wohl fähig, ich aber nicht I" Regina stellte sich zwischen beide Männer. „Lothar", sagte sie mit ironischen Blicken auf ZachinSky, „beruhigen Sie sich! Verdient wohl ein Mann wie mein Herr Vormund eine solche Erregung? Genügt e» Ihnen nicht, daß ich noch einmal sage, ich bin Ihre Brant, und wenn ich Herrn v. ZachinSky nicht mehr zum Vormund habe, werde ich Ihre Frau?" „Aber bi- dahin werde ich Dich aus einem Hause entfernen, in dem ein solch unerfreulicher, ja ehren rühriger Akt sich ereignen konnte. Vergiß nicht, daß ich Gewalt über Dich Habel" Theodor Arnaudow, in dessen Lokal auch mehrmals Zusammenkünfte der Verschworenen abgehalten wurden. Mehrfach hat Panitza auch direkt mit Kalobkow chiff rierte Briefe gewechselt. Bei dem letzteren wurden nunmehr dreizehn Briefe von Jacobson vorgefunden, deren Inhalt die Teilhaberschaft der russischen Behör den an dem Komplott im Übermaß nachweist. Sieben weitere Briefe beweisen, daß Jacobson und Kalobkow im vollen Einverständnis mit Hrn. Hitrowo gehandelt haben Erhärtet wird dieser Beweis durch die Aus sagen der Hauptangeklagten: Panitza, Hauptmann Tschawdarow, Unterlieutenant Rizow und den Reserve offizier Najorow. Drei Briefe Jacobsons an Ka lobkow, datiert vom 17. Februar, 18. und 23. Juni 1889, lassen die Annahme, daß die Verschwörung dem Chef des asiatischen Departements, Zenowjew, und selbst noch höher stehenden russischen Staatsbeamten bekannt war und sogar von ihnen ermutigt wurde, als völlig gerechtfertigt erscheinen. Während dieser geheimen Vorarveit Pamyas und seiner Genossen arbeiteten auch Zankow und sein Schwiegersohn Ludo- kanow eifrig an einer Verschwörung. Dieselben schrieben chiffrierte Briefe an Pantelei Kessinow, welcher seinerseits bald in Beziehungen zu Panitza trat. Die Verschworenen beabsichtigten nichts weniger als die Entthronung deS Prinzen Ferdinand und den Sturz deS Ministeriums Stambulow. Sobald dies Ziel erreicht sei, sollte Rußland den General Domon- towitsch nach Sofia entsenden, um die Regierung in die Hand zu nehmen. Drei Kandidaten, darunter ein slawischer Prinz, waren russischerseits für den bulga rischen Thron m Aussicht genommen. Der Plan der Verschwörer war folgender: Der russische Fürst Dolgo ruki erschien in Sofia mit dem Auftrag, dort zu bleiben; Prinz Ferdinand besuchte zur selben Zeit Wien und Pans. Bei seiner Rückkehr sollte die Ehren compagnie am Bahnhof von den Truppenteilen der verschworenen Offiziere gewählt werden, wobei der Kommandeur der Compagnie sofort dem Prinzen seine Entthronung mitteilen und die anwesenden Minister verhaften lassen sollte. Dieser Handstreich glückte be kanntlich nicht. Hierauf machten die Verschworenen verschiedene Versuche, den Kommandanten der Garni son, sowie einige andere höhere Offiziere auf ihre Seite zu ziehen, worüber vollgiltige Beweise vorliegen. Bezeugt wird auch, daß Panitza mehrmals erklärte, er werde in der Uniform eine- gemeinen Soldaten in das prinzliche Palais eindringen und selbst Hand an den Prinzen Ferdinand legen. — Die „Bulgarie" fügt schließlich hinzu, die zur öffentlichen Verhandlung kommenden Einzelheiten des Prozesses würden jeden Gegner Bulgariens zum Schweigen nötigen. Mit welchen Gedanken man in Wien und Rom, nicht minder am goldenen Horn den Prozeß verfolgen dürste, da- schildern die „Münch Neuest. Nachr." nicht unzutreffend, wenn sie schreiben: Der Wunsch, das schwergeprüfte Bulgarien nach Thunlichkeit gegen die Wiederkehr ähnlicher Gefahren, wie der nun abgewendeten, zu sichern, muß verstärkt zur Geltung kommen. Daß dieser Wunsch in Rom und in Wien schon seit geraumer Zeit offen und ohne übertriebene Rücksichtnahme auf fremde Empfindlichkeiten zum Ausdrucke gebracht ward, ist bekannt und durch den Inhalt des italienischen Grünbuches dokumentarisch erhärtet. Das Wiener Kabinett hat sich mit aller Ent schiedenheit für die Opportunität einer förmlichen Regel ung der staatsrechtlichen Verhältnisse Bulgariens aus gesprochen, bevor Major Panitza noch die ersten Vor bereitungen zu der kleinen Überraschung traf, welche er dem Prinzen Ferdinand, vielleicht auch den friedlich gesinn ten Mächten bereiten wollte, und die Aufdeckung eines Anschlages, welcher ernste Störungen in dem Wetter winkel Europas Hervorrufen konnte, muß den Wunsch der österreichischen und der italienischen Regierung „Wie, ehrenrühriger Akt in meinem Hause? Und das wagt ein Mensch wie Sie hier zu sagen?" schrie jetzt der Herr Hauptmann, der nebst Frau und sämt lichen Kindern, durch den lauten Wortwechsel herbei gelockt, gerade eintrat, als ZachinSky diese Worte sprach. „Sie wagen so zu sprechen ?" fuhr der alte Herr fort und richtete sich in seiner ganzen Größe vor dem kirschrot gewordenen ZachinSky auf. „Herr, Sie verlasfen augenblicklich mein HauS! Sehe ich Sie noch fünf Minuten länger in diesem Zimmer, so führe ich Sie zur Thürl" ,Lch verlasse dieses Haus nur in Begleitung meines Mündels, welches ich in einem unschicklichen LiebeS- verkehr mit Ihrem Sohne betroffen habe. Mein Mündel wird niemals Frau Merlitz werden", knirschte ZachinSky. „WaS soll das? WaS sind das für Reden? Lothar, Regina sprecht I" rief der Herr Hauptmann. „Papa", sagte Lothar, „der Herr Vormund hat Regina eine schriftliche Liebeserklärung gemacht, empört darüber hat sie meinem Drängen nachgegeben und versprochen, wenn ich mir eine Existenz gegründet, die Meinige zu werden. Da kam dieser Herr hinzu, um uns diese Scene zu bereiten." „Ah so, ich verstehe schon, weil er also selbst die wilde Rose pflücken wollte!" „Herr Hauptmann!" „Glauben Sie, guter Herr, ich habe Ihr Plänchen nicht schon längst durchschaut? Kinder, das freut mich, daß Ihr dem Herrn Vormund da ein Schnippchen schlagt! Kommt her, hier habt Ihr meinen Segen!" nach Beseitigung aller anormalen Einzelheiten in der Situation Bulgariens verstärken. Trotzdem 'ist^— wie immer sich auch die Ergebnisse des Prozesses in Sofia gestalten mögen — ein spontanes Hervortreten deS einen oder deS anderen Kabinetts zu Gunsten der bulgarischen Forderungen nicht möglich, weil man da durch die scharsbegrenzte vertragsmäßige Grundlage verlassen würde, auf welche die Haltung der Freunde Bulgariens gegründet bleiben muß. Eine Anregung zur förmlichen Klärung der ibulga- rischen Verhältnisse kann korrekt nur von der Pforte ausgehen. Will die bulgarische Regierung — wie man als wahrscheinlich bezeichnet — die Ent hüllungen deS Prozesses Panitza benützen, um die An erkennung des Prinzen Ferdinand als eine im Interesse der Ruhe auf der Balkanhalbinsel und der Konsolidierung Bulgariens wünschenswerte Maßnahme neuerlich auf die Tagesordnung zu bringen, so muß sie sich hierzu vor allem des Beistandes der Pforte versichern. Bisher war eine Initiative der Türkei in dieser Richtung nicht zu erreichen. Sollten aber die Einzelheiten, die nun vor dem Gerichte in Sofia zur Sprache kommen werden, die Pforte zu der Ansicht be kehren, daß auch ihr eigener Vorteil durch die Sicherung der heutigen Lage Bulgariens gewahrt würde, so könnte der Anschlag Panitzas, wahrlich gegen den Willen der Urheber, den Anlaß zu einer für die Regierung des Fürstentums entscheidenden günstigen Wendung bilden. Daß man in Wien und Rom auf einen Anttag der Pforte zur Anerkennung des Prinzen Ferdinand schreiten würde, ohne eine einhellige Ent schließung aller Mächte abzuwarten, steht außer Zweifel." Lagesgeschichte. Dre-den, 13. Mai. Über den Aufenthalt Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Friedrich August in Konstantinopel und den Empfang durch Se. Majestät den Sultan gelegentlich des Selamliks am 9. Mai wird uns folgendes mitgeteilt: Gegen 12 Uhr mittags begab Se. Königl. Hoheit Sich mit Seinem Gefolge, geleitet von dem für die Dauer Seiner Anwesenheit in Konstantinopel Ihm zugeteilten Flügeladjutanten Sr. Majestät des Sul tan-, Chefyk Bey, in Hofgalawagen nach dem der Hamidie-Moschee gegenüber gelegenen, anläßlich der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm II. neuerbauten Kiosk, woselbst sich von seiten der deut schen Botschaft in Vertretung des abwesenden Hrn. Botschafters der Botschaftsrat Hr. v Winckler, sowie der erste Dragoman Hr. Testa eingefunden hatten. Se. Königl. Hoheit sah von hier aus die Auffahrt Sr. Majestät des Sultans nach genannter Moschee und die längs der Straße in Parade stehenden Trup pen, etwa 20 schwache Bataillone Fußtruppen und 4 Regimenter Kavallerie, befehligt von Riza Pascha, Kommandeur der 1. Division des in Konstantinopel stehenden Armeecorps. Zu Ehren der Anwesenheit des Prinzen ließ Se. Majestät der Sultan nach beendigtem Gebet die Trup pen zum Vorbeimarsch antreten und dieselben defi lierten unter Ausführung der Ehrenerweisung zunächst an Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen und sodann bei Sr. Majestät dem Sultan vorbei, Allerhöchstwelcher an einem Fenster der Moschee stand. Der von 1 bis j-3 Uhr dauernde Vorbeimarsch fand unter ganz besonderen Schwierigkeiten statt, da die Truppen an der Mauer des Parkes von Jildiz entlang kommend, die sehr steile Straße hinab an Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen und dann erst nach einer Schwenkung durch ein auf den Platz vor der Moschee führendes Thor an Sr. Majestät dem Sultan vorbei marschieren mußten. Die Fußtruppen defilierten in „Aber Rudolf!" ließ sich die Stimme der gnädigen Frau vernehmen. „Was thust Du?" Die Dame stand noch ganz betäubt von dem, was sie hören und sehen mutzte. „Eleonore, komm auch Du her. Jetzt ist es nicht mehr möglich, gegen die Liebe der Kinder etwas ein zuwenden. Hast Du gehört, wie verächtlich Herr von ZachinSky sagte, sein Mündel werde niemals Frau Merlitz?" DaS Auge der Dame flammte hell auf, als sie stolz entgegnete: „Herr von ZachinSky kann uns nicht beleidigen!" „Ich weiß nicht, gnädige Frau, wer hier der Be leidigte sein würde. Ich sage Ihnen noch einmal, Regina Felding wird nie Frau Merlitz!" Wiederum fuhr Rudolf auf Aber seine Mutter hielt ihn zurück. „Ich habe schon einmal gesagt, Rudolf, ein Za chinSky ist nicht der Mann, der uns zu beleidigen vermag. Ich bereue tief, mich so in diesem Menschen getäuscht zu haben. Und Du, Regina, fasse mein Be nehmen nicht als ein verletzendes auf. Ich habe Dich lieb, und — wenn Lothar Dich wirklich von ganzem Herzen liebt, nun — so sollst Du auch meine wirk liche liebe Tochter sein!" „Bravo! Weib, gutes Weib, dafür sollst Du einen Kuß haben. Komm her!" Damit umfaßte der Herr Hauptmann seine Frau und Regina zu gleicher Zeit und küßte beide ab wechselnd auf Mund und Wangen. Zwei Tage später herrschte in dem kleinen Hause in der Vorstadt eine noch feierlichere Stimmung. Der WeihnachtSbaum brannte auf dem Tisch, und Fritz SekttonSkolonne, die Kavallerie in Abmärschen zu dreien im Trabe. Die Haltung der Truppen war eine vorzügliche undH umsomehr anzuerkennen, da die Leute infolge deS zur Zeit fallenden FastenmonateS Ramazan seit früh 4 Uhr weder Speise noch Trank zu sich genommen hatten. Se. Majestät der Sultan begab Sich nunmehr, den von 2 Kladmber Schimmelhengsten, einem Ge schenk deS Kaisers von Österreich, gezogenen halb offenen Wagen selber lenkend, nach Jildiz Kiosk zurück und empfing dort Se. Königl. Hoheit den Prinzen, Höchstwelcher durch den Oberzeremonienmeister Munir Pascha dahin geführt wurde. Se. Majestät empfing den Prinzen an der obersten Stufe der in den Kiosk führenden Treppe, umgeben von seinem großen Gefolge und geleitete Höchstdenselben in einen der prächtig ein gerichteten Salons. Die von Sr. Majestät dem Sul tan m türkischer Sprache geführte, etwa 20 Minuten dauernde Unterhaltung mit Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen wurde durch den Oberzeremonienmeister Munir Pascha vermittelt und in Französisch übertragen. Se. Majestät erkundigte sich im Laufe des Gespräches nach dem Befinden Sr. Majestät des Königs von Sachsen und gab seiner großen Freude Ausdruck, in Sr. Königl. Hoheit einen Neffen Sr. Majestät und ein Glied des sächsischen Königshauses begrüßen zu können. Hieraus erfolgte die Vorstellung der beiderseitigen Gefolge. Nachdem Se. Königl. Hoheit der Prinz sich ver abschiedet hatte, fuhr Höchstderselbe an dem im Park gelegenen Tschadyr Kiosk vor, um dort den Gegen besuch Sr. Majestät des Sultans zu empfangen. Tschadyr Kiosk wurde bei Gelegenheit des Besuches Sr. Majestät des Kaisers von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Heinrich von Preußen bewohnt und bietet einen herrlichen Durchblick durch die Bäume des ParkeS auf den Bosporus und Skutari Vor dem Kiosk war eine Abteilung der Palastgarden in Gala aufgestellt. Unmittelbar nach Ankunft Sr. Königl. Hoheit deS Prinzen erschien der Oberzeremonienmeister Munir Pascha und überbrachte dem Prinzen den von Sr. Majestät dem Sultan Höchstdemselben verliehenen Os- manie-Orden 1. Klasse, sowie Auszeichnungen für das Gefolge Sr. Königl. Hoheit. Kurze Zeit darauf fuhr Se. Majestät der Sultan an dem Kiosk vor und wurde am Fuß der Treppe von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen empfangen, welcher die soeben erhaltenen Ordensinsignien angelegt hatte. Se. Majestät der Sultan trug außer dem Großkordon des JmtiazordenS noch den Stern zum Schwarzen Adlerorden in Brillanten. Der Gegenbesuch Sr. Majestät dauerte etwa eine Viertelstunde und hatte Allerhöchstderselbe hierbei die Gnade, Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen zur Ausfüh rung eines beabsichtigten Ausfluges nach Brussa eine seiner Dampfjachts zur Verfügung zu stellen. Se. Majestät der Sultan verabschiedete sich hier auf und Se. Königl. Hoheit der Prinz kehrte in Sein Absteigequartier, Hotel Royal, zurück. Dresden, 13. Mai. Heute früh 5 Uhr ist das bei dem Schwurgerichte zu Chemnitz am 14. März dieses Jahres gegen den Handarbeiter Johann Schnee berger aus Weska in Böhmen wegen Mordes er gangene Todesurteil hier mittelst Fallschwerts voll streckt worden. Dresden, 13. Mai. Das soeben hier eingegangene 15. Stück des Reichsgesetzblattes enthält: Nr. 1898) Verordnung behufs Übertragung der Befugnisse des ehemaligen Landeshauptmanns auf den Kaiserlichen Kommissar für das Schutzgebiet der Neu-Gumea- Kompagnie vom 6. Mai 1890, sowie Nr. 1899) Be kanntmachung vom 9. Mai 189>», betreffend den An theil der Reichsbank an dem Gesammtbettage des steuerfreien ungedeckten Notenumlaufs. ging mit Trompete und Helm umher, jeden jubelnd fragend, ob er nicht schon wie ein General aussehe. Etwas entfernter vom Tisch stand die glückliche Antonie an der Seite Holbecks. Ein Wunder war ge schehen! Die gnädige Frau hatte sich erweichen lassen und Holbeck zum Weihnachtsabend eingeladen. Etwas reservierter als das erste Paar stand Re gina neben Lothar und unterhielt sich angelegentlicher mit dem Herrn Hauptmann, als es Lothar nötig er schien; denn jedesmal, wenn sie mit dem Vater sprach, entzog sie, wie selbstvergessen, dem Bräutigam ihre Hand, auf die er immer wieder fahndete. DeS Mädchens Herz war aber auch nicht so heiter, wie es den Anschein hatte. Wohl war sie seit ihrer plötzlichen Verlobung bis zur Stunde von ZachinSky unbehelligt geblieben; durch Liese erfuhr sie nur, er sei nach Jlsebach gefahren. Sein Dortbleiben wäre für sie auch kein Kummer ge wesen, hätte sie nur erst HanS begrüßen können, der seit Jahren an keinem Weihnachtsabend in der Mer- litzschen Familie gefehlt. Für diesen Abend war der Treue sonst weit her gekommen, wenn's auch nur für einige Stunden war, um seinen Liebling begrüßen zu können. Alle hatten den Müllerburschen lieb gewonnen, allen war er ein gern gesehnter Gast, die gnädige Frau mit einge- schlossen. Seine aufrichtige Trauer über den Tod seine- Meisters, sein stilles, anspruchsloses Wesen hatten auch auf die Dame tiefen Eindruck gemacht; sie verfehlte nie, bei der Bescheerung neben Reginas Geschenk für Han- eine kleine Gabe au- eigenen Mitteln beizu legen.
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