Dresdner Journal : 07.07.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-07-07
- Sprache
- Deutsch
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- SLUB Dresden
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- Parlamentsperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1890
- Monat1890-07
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- Dresdner Journal : 07.07.1890
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M154 Montag, den 7. Juli, abends. 1890 v»»ax«pr«l»r kW Vrs»ä«v visrttMkrliok 2 -l»r^ S0 kk, t»i ä«n N»i»«rl. äsuttvksi» ko«t»u»t»It«u vivrttl- MirUeU S I1»rk; »»«»srtrslb «io« äeutovkoa LoieNo« tritt ko»t- »LN 8t«wpoI»u«oNlL8 üii»»u. Lisrelos Nummern: 10 kk. Gullit »Stxllllxs^vkUtlrvnr kür äs» L»um vioor ^b'pltlttoeu 2oil« Irtoiasr kvNrik SO kk. llotor ,,küll^«8»oät " äi« 2«iio bv kk Loi 1'adoIIe»- uvä LiNorviott «ottpr. Lrsodoiaeur ^AßiieN mit ^u»u«t>iv« Nor 8ov»- u. koiortLKS »dsvä». kervsproeN - -L»eklu»s: Ur. 1LVL. DresdnerImmal. Für die Gefamtlettung v«rantw»r1lich: ^ofrat Dtto Banck, Professor der tttteratur- und Kunstgeschichte. roa Liküaülxviixoi» »u»vLri»t : F'r Lowmis»iovLr Ne» I)re«Noor ^ourmU»; L»»d«rU L»rU» Vtre L»»»I kr»»kear» » M.! Laa»«i«te»o «e ko-ler, IorU»-Vt«»-L»»»di»rU- kr»U L»tp»I^ rr»lllll»rt ». lt. NÜLck«»^ Äxci //««»«,- k»ri» LoLckv» LerltL kr«v^k»rt ». N.- : Da«-« «O Oo , L«rU»: /niairNenNant, Lriilio: Fmit La-at-, LiLLovr. (7. Lc/<lt«/er, L»u» ». 6.: Larct «e LÄ Nkrausxedorr Lvoi^I. LxpeNitioo «je» Or«Nver 1ourv»1». vr«»äeo, 2«iox«r»tr. LV. korLsxroeN-^vectNu»»! Lr. 1285. Amtlicher Teil. Dresden, 1. Juli. Se. Majestät der König haben den Ober Ceremonienmeister, Kammerherrn Alfred Freiherrn von Miltitz auf sein unterthänigsteS An suchen von den Funktionen eines Königlichen Cere- monienmeisters unter Belassung seines Titels und Range? zu entheben geruht. Se. Majestät der König haben dem Ober-Post- secretär Karl Konrad Meyer in Freiberg das Ritter kreuz 2. Klasse vom Albrechtsorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben dem Königlichen Kutscher Friedrich Ferdinand Zs check et das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen Allergnädigst geruhet Nichtamtlicher Teil. Hetegvaphische WachrichLerr. Madrid, 7. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ler Ministerrat beschloß, ein Rundschreiben an die Gouverneure der Provinzen zu erlassen, in welchem die Politik dct neuen Kabinetts dargrlegt und den Behörden die Anweisung erteilt werden soll, die Gesetze liberal zu beobachten. Valencia, 7. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der Provinz Valencia ist eine leichte Zunahme der Cholera bemerkbar. In Valencia kamen drei Erkrankungs- und drei Todesfälle, in Gandia elf Erkrankungs- und drei TodcSfälle, in Rotova und mehreren anderen Provinzstädten vereinzelte Fälle vor. London, 7. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Auf Howstreetstation versagten am Sonnabend 13V Schutzleute den Gehorsam wegen der Ver setzung desjenigen Kameraden, welcher die Streik bewegung der Konstabler geleitet hat. Zum Nacht- dienst wurden Ersatzkonstabler herangerogen. Eine Versammlung von Delegierten aller Polizeibezirke beschloß, daß am Montag abend die ganze Lon doner Polizei ausstehen solle, wenn der Minister deS Innern nicht auf daS Gesuch um Solderhöh- ung eine befriedigende Antwort erteilt haben würde. Sofia, 7. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Agence Balcanique" zufolge habe kürzlich in Prouschtitza bei Philippoprl wegen eines Zwistes über Gemeindesachen eine unbedeutende Ruhestörung stattgefunden. Dieselbe hänge durchaus nicht mit der Hinrichtung Panitzas zusammen, überhaupt sei weder vor noch nach der Hinrichtung die Ord nung und Ruhe irgendwo in Bulgarien gestört worden. Belgrad, 6. Juli. (W T B.) Heute hat hier auf Staatskosten und unter sehr großer Teilnahme der Bevölkerung die Beerdigung deS in Prischtina ermordeten Konsuls Marincowic stattgefunden. Ein Beamter des Auswärtigen Amts hielt die Gedächtnisrede für den Verstorbenen und gab dabei dem Wunsche auf Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zur Türkei Ausdruck. Eine Mitteilung deS amtlichen Blattes betont, daß der Aufenthalt König MilanS in Belgrad lediglich die Ausübung der Rechte bezwecke, welche demselben in Bezug auf die Überwachung der Aus bildung seine- SohneS, der dermalen die JahreS- prüfungen ablege, verfassungsmäßig zuständen. Feuilleton. Spätsommer. Erzählung von G. Franke. 10 (Fortsetzung) „Vergessen, Ingeborg," wiederholte er, „wie wir unser selbst vergessen, wenn unS der Schlaf umfängt. Ich habe lange geschlafen, Ingeborg. Doch nun bin ich erwacht! Nun besinne ich mich auf die selige Wirklichkeit! Ich bin ein Mann geworden, während mein Herr so fest schlief, daß es selbst zu träumen vergaß. Und die heiße Mannesliebe, Ingeborg, die mit mir gewachsen ist, gehört Dir, Dir ganz allein!" Er hatte die Anne um sie geschlungen. Sie dul dete es still. Ihr Kopf war leise an seine breite Brust gesunken. Aus den geschlossenen Augen rannen die Thränen noch über die Wangen. Ein glückliches Lächeln lag über dem stolzen Gesicht. „Willst Du mir zu eigen gehören, meine süße Ingeborg s flüsterte er. Noch immer ruhte sie schweigend und selbst vergessen in seinen Armen. Endlich schlug sie die Augen auf, nm sie doch sogleich wieder wie geblendet zu schließen. Das schöne Männerantlitz über ihr leuchtete in der Verklärung der Liebe. Und dazu hatte die Abend sonne, die feurig zwischen den schweren Wolken hin durchbrach, ihn selbst und alles ringsum in glühende Lohe getaucht Wie blankes Gold schimmerte das ärmliche BretterhäuSchen Flammend rot lag es auf eine ungewöhnlich starke Bewegung bemerkbar macht. Man pflegt in Deutschland der Thätigkeit der öster reichischen Landtage — und gewiß mit Unrecht — eine geringe Bedeutung beizulegen, da man die Kompe tenz derselben nur auf die Erledigung von Fragen und Angelegenheiten ausschließlich lokalen Charakters, die jeglicher politischer Bedeutung entbehren, beschränkt glaubt. Namentlich seit der Einführung der direkten Reichsratswahlen, die den Landtagen die Möglichkeit, die Existenz des WienerReichSrates in Frage zu stellen, benom men hatten, hatte man sich an die Geringschätzung der Leistungsfähigkeit der Landtage in politischen Fragen gewöhnt. Nun ist es allerdings wahr, daß der Wirkungskreis derselben fast ausschließlich außerhalb der Arbeitssphäre der das allgemeine Interesse in Anspruch nehmenden politischen gesetzgebenden Körper schaften liegt, und daß ihre Thätigkeit, soweit sie sich streng auf die sachliche Behandlung der in ihre Kompe tenz einschlägigen Aufgaben beschränkt, das Auge der nach großangelegten oder wenigstens scheinbar hochbe deutsamen politischen Ereignissen ausschauenden Politiker dauernd zu fesseln nicht im stände ist — wie ja auch in der That die Thätigkeit der meisten Landtage, wie z. B. des mährischen, oberösterreichischen oder salz- burgischen — während der letzten fünf Jahre nicht ein einziges Mal weitere politische Kreise von sich hatte reden lassen. Und trotzdem haben eS Landtage, wie beispielsweise der böhmische, deren Kompetenz aber auch nicht um eine Haaresbreite größer und ausge dehnter als die der übrigen 16 Landtage ist, von Zeit zu Zeit zu Wege gebracht, daß auch das Ausland mit gespannter Aufmerksamkeit ihre Debatten verfolgte und ihre Be schlüsse als hochbedeutsame politische Akte registrierte. Um diesen Effekt zu erzielen, hatten die handelnden Parteien des Landtages cs nicht nötig, die Kompetenz des letzteren zu überschreiten. Sie erzielten diesen Erfolg lediglich durch eine reichliche Ausnützung der Geschäftsordnung, die im Gegensätze zu der Geschäfts ordnung der russischen ZcmstwoS den Landtagsmit- gliedern die Möglichkeit bietet, Anträge politischen In halts und Charakters zu stellen und dieselben in Form von Gesetzen oder Resolutionen vom Landtage geneh migt zu sehen. Auf diesem Wege gelangen die Land tage, wenn deren Zusammensetzung der Annahme der artiger Anträge günstig ist, zu einer Bedeutsamkeit, die mitunter einen äußerst bedenklichen Einfluß derselben auf die Gesamtpolitik der Wiener Regierung zur Folge hat. Von der schwebenden Ausgleichsaktion im böhmischen Landtage als einer außergewöhnlichen Re- pertoirleistung desselben abgesehen, erinnern wir nur an den vorjährigen jungtschechischen Adreßantrag, dessen Annahme — und diese war unter den obwaltenden Umständen doch kein Ding der Unmöglichkeit — der Stellung des Ministeriums Taaffe möglicherweise große Schwierigkeiten bereitet haben würde. Es folgt daraus, daß Landtage mit national slawischer oder auch nur autonomistischer Mehrheit, deren hochwichtigster Programmpunkt die allseitige Hebung der politischen Bedeutung ihres „engeren die Wahlcampagne, die einigen österreichische!.. tagen die übliche Verjüngung ihrer Arbeitskräfte ver schaffen sollte. Unsere Bemerkung bezüglich der den Wahltagen unmittelbar vorangegangenen geringgradigen Auflegung der Gemüter erfährt in ihrer Richtigkeit keinen Abbruch durch die Thatsache, daß gegenwärtig, wo die Ergebnisse der weit wichtigsten Wahlgänge in Mähren, Schlesien und Steiermark bereits vorliegen, sich in den weitesten Kreisen der öffentlichen Meinung Schlesien von nun an eine etwas veränderte Physiog nomie haben werden. Die seitherige deutsche Mehr heit deS mährischen Landtages ist durch das Wahl resultat um drei neue Stimmen verstärkt worden, so daß sie von nun an statt wie bisher über Ü6 Stimmen (mit Einschluß der 8 Stimmen der „Mittel partei") nunmehr über 59 gegen 41 Stimmen der mährischen Tschechen verfügen wird. Doch gilt die in den Spalten der deutsch-österreichischen Presse wahr nehmbare Freude der Deutschen nicht so sehr den in der Städtekurie wieder erlangten 3 Mandaten, als vielmehr dem Umstande^ daß die deutsche Partei in Mähren, infolge dieser Wahlsiege auch unabhängig von den 8 Stimmen der Mittelpartei, die seither die Thätigkeit des Landtages im regierungsfreundlichen Sinne beeinflußte, die Mehrheit im Landtage bilden wird. Die an und für sich so unansehnliche Ver stärkung der deutschen Landtagspartei hat also zur un mittelbaren Folge, daß letztere in ihren zukünftigen Beschlüssen der Regierung gegenüber jene Unabhängig keit erlangt hat, die die deutschen Landtagsmehrheiten in Niederösterreich, Steiermark, Kärnthen besitzen, während die Mittelpartei, die allerdings mit der deut schen Partei seither meist Hand in Hand gegangen ist, den ihr von der Regierung vorgezelchneten Beruf des „Züngleins auf der Wage" eingebüßt hat. Daß die Organe der dentschen Partei ihren Wahl- ersolg bejubeln, ist natürlich, jedoch nur soweit diese Jubelfreude dem über das Tschechcntum in Mähren erfochtenen Siege gilt. Eine gegen das bestehende System gerichtete Ausnützung des Wahlresultatcs dürfte doch auf Schwierigkeiten stoßen, da die Regierung jederzeit von dem verfassungsmäßigen Rechte, unbe quemen Landtagsbeschlüssen gegenüber die Nichtsank tionierung durch den Kaiser zu erwirken, Gebrauch machen kann. Im übrigen haben sich ja die Deutsch liberalen in allen Landtagen, wo sie seither die Mehr heit besaßen, in jeder Beziehung — also sowohl der Regierung gegenüber, als auch in Bezug auf die be- rcchtigten Ansprüche der nationalen Gegenparteien — maßvoll und korrekt verhalten, so daß etwaige Über schwenglichkeiten ihrer national-politischen Bestrebungen außer aller Wahrscheinlichkeit liegen. Was nun die Veränderungen anbetrifft, die das Wahlresultat in den Reihen der tschechischen Landtags abgeordneten bewirkt hatte, so scheint uns der Sieges taumel, in den sich die jungtschcchischen und pansla- wististhen Blätter angesichts der Wahl der 7 „oppo sitionellen" Kandidaten hineingeredet haben, verfrüht, wenn nicht geradezu sinnlos zu sein. Zweifelsohne hat die alttschcchische Partei einen Niedergang ihres Einflusses auf die mährischen konnationalen Volks massen zu verzeichnen. Die Niederlage des Führers der mährischen Tschechen, des Hofrates v. Meznik, und außerdem noch eines halben Dutzends Kandidaten des alttschechischen Wahlkomitees läßt den seitherigen Be sitzstand der alttschechischen Partei in Mähren sowohl in materieller, als auch in moralischer Beziehung als tief erschüttert erscheinen. Soweit hätten die Jung tschechen alle Ursache, sich über die erlittenen Schlappen Dresden, 7. Juli. Vaterlandes" ist, thatsächlich in dieser Bestrebung nicht behindert sind, und daß demnach Landtag-Wahlen, die Die Ergebnisse der Landtag-Wahlen in über die Frage der nationalen Mehrheit entscheiden, Österreich. auch außerhalb der österreichischen Lande volle Auf ¬ merksamkeit verdienen, sofern das Ergebnis derselben Vor wenigen Tagen erwähnten wir an dieser Stelle auf die Stellung des jeweiligen Ministeriums nicht Wahlcampagne, die einigen österreichischen Land- ohne Einfluß ist. Bei den soeben teilweise zum Ab schluß gelangten Landtagswahlen war es von vorn herein nicht zweifelhaft, daß das Ergebnis derselben an der summarischen Zusammensetzung der LandtagS- mehrheiten wesentlich nichts ändern dürfte —, daher auch die verhältnismäßig geringe Wahlbewegung und Aufregung vor den Wahlen. Indes erwies sich dasselbe dennoch von der Art, daß die Landtage von Mähren und den Fichtenstämmen und unzählige Diamanten blitzten an dem hängenden schwarzen Haar der Tannen. Dem langen Kampf war ein seliger Friede gefolgt. * * * Sie waren ein glückliches Paar. Die tiefe Inner lichkeit ihres mit voll gereiftem Gefühl geschlossenen Liebesbundes ersetzte, ja überbot weitaus den SinneS- taumel einer jugendlichen Leidenschaft. Im Leid geprüft und echt befunden, schien ihre Liebe die Ge währ eines lebenslangen, sicheren Glückes zu bieten. Der herbe Reif, den Jahre unbefriedigten Sehnens, verletzten Stolzes über die Seele der Frau gebreitet, er war an den wannen Strahlen des späten Liebes glückes dahingeschmolzen. Ihr ganzes Wesen war weiche, fast demütige Hingebung. Der lange zurück gestaute Liebesrcichtum eines verschwenderisch begabten, kraftvollen Herzens strömte nun ungehemmt auf den Mann über, dem dies Gefühl gehört, seit es zuerst in der Kinderbrust geknospet. In ßer stolzen Wahrhaftigkeit ihrer Natur hatte sie ihm rückhaltsloS gebeichtet. Er allein war dem mutterlosen, tiefernsten, vereinsamten Kinde, für dessen Herzensbedürfnisse der soldatisch strenge Vater kein Fünkchen des Verständnisses besessen, der Inbegriff alles Schönen, Guten, Liebenswerten gewesen. In unverstandenem, leidenschaftlichen Sehnen hatte sie an seinem Bilde gehangen, das ihrem fleudenarmen, jungen Leben wie ein schöner Stern aufgegangen. Mit gerührtem Erstaunen hörte er aut ihren, Munde, wie sie gläubig und bedingungslos ihm ver traut, wie die Verheißungen jenes berauschenden Fest abends in ihr nachgeklungen und di« unerschütterliche Gewißheit in ihr befestigt, daß er einst kommen und seine Versprechungen wonnige Wirklichkeit werden müßten Sie hatte vergebens gehofft. Und da sie dessen inne wurde, da nach langen, verzweifelten Kämpfen doch die trostlose Gewißheit ihres Irrtums Siegerin blieb, hatten Stolz und Bitterkeit allmählich jede an dere Regung in ihr überwuchert. Das schöne, vielumworbene Mädchen war innerlich bettelarm, in tiefster Seele verwundet und gedemütigt. Was sie zum höchsten Glück berechtigte, die seltene Tiefe und Kraft ihres Gefühls, die alles auf einen Wurf setzte, es war ihr zum Fluch geworden. Von dem besten der Menschen betrogen, fand sie nicht wieder den Mut zu glauben. Ihr Vertrauen in die ganze Menschheit war erschüttert und vergiftet. In verletzender Form wies sie jede Annäherung von sich ab. Nach des Vaters Pensionierung folgte sie diesem mit stiller Resignation in die kleine Stadt, wo ihr auch die geistigen Genüsse versagt blieben, an denen sie sich bisher noch aufgcrichtet. So war ihr zuletzt nichts geblieben für die ver zehrende Liebcsskhnsucht ihrer Natur, als das treue Geschöpf, das mit blinder, todesverachtender Hingebung ihre Liebe vergalt. ES war ihrem mißleiteten Ge fühl eine trotzige Wollust gewesen, den Menschen zu zeigen, daß sie ihrer nicht bedürfe und in stolzer Selbstgenügsamkeit an der Treue eines Tieres Be friedigung fände „Ich will Dir die bösen Jahre gut machen, Inge borg!" batte Viktor nach diesem Bekenntnis mit heißer Leidenschaft geflüstert. „Gott Lob! Noch ist eS Zeit! ihrer Gegner zu freuen. Wenn jedoch die jungtschechi schen und panslawistischen Preßpolitiker noch weiter gehen und die Wahlsiege der Kandidaten der sogenann ten „vereinigten Oppositionspartei", zu deren Ele menten auch die mährischen Jnngtschcchen und Panslawisten sich zählen, al- ihre eigenen Er rungenschaften verzeichnen und bejubeln, so ist eS eine offenkundige Fälschung deS wahren That- bestandes. In Wirklichkeit sind die gewählten 7 Oppositionskandidaten Angehörige der mährischen Bauernpartei, die sich zwar von der jungtschechischen und panslawistischen Presse als Bundesgenossen rekla mieren und anpreisen läßt, im übrigen jedoch mit dem Jungtschechentum und den panslawistischen Schreiern, die in Wirklichkeit in Mähren über keinen nennenswerten Anhang versügen, nichts gemein hat. Als mehr oder weniger verschämte Träger der „sla wischen Idee" im Brünner Landtage galten bisher nur die beiden katholischen Geistlichen Weber und Wurm, von denen ersterer als Kandidat der alt tschechischen Partei gewählt wurde, letzterer jedoch dem alttschechischen Kandidaten Stetka in seinem eigenen Wahlbezirke Platz machen mußte. Auf diese Weise kann man mit mehr Recht von einer Niederlage der mährischen Panslawisten als von ihrem Siege sprechen. Bezüglich deS angeblichen jungtschechischen Couleurs der mährischen Bauernpartei genügt zur vollständigen Zerstörung dieser Fiktion der Hinweis darauf, daß wäh rend die Führung des Jungtschechentums in Böhmen sich ausschließlich in den Händen der Vertreter der intelligenten BerufSklassen befindet, die mährische Bauernpartei in ihrem vorjährigen „Manifeste" das Losungswort, daß die Interessen des Bauernstandes in den gesetzgebenden Körperschaften ausschließlich nur von Bauern selbst vertreten werden sollen, gegeben und demselben durch die Wahl ihrer dem Bauern stände angehörigen Kandidaten auch thatsächlich Kraft verliehen hatte. Während nun in Mähren die Tschechen drei Mandate an die Deutschen verloren haben, gelang cs ihnen, diesen Verlust durch eine rührige Wahl agitation in Schlesien wettzumachen Im letzten schlesischen Landtage waren die 280000 slawischen Schlesier nur durch drei in der Kurie der Land gemeinden gewählte Abgeordnete (2 Polen und 1 Tscheche) vertreten. Diesmal brachten es die Tschechen sowohl als auch die Polen auf je 3 Man date, wodurch sie in der Kurie der Lanogemeinden des schlesischen Landtages, die im ganzen 9 Abgeord nete zählt, die Mehrheit erlangt haben. Dieser Wahl sieg verschafft den vereinigten Polen und Tschechen eine Stimme im Landesausschusse und somit auch die Möglichkeit, an der autonomen Führung der Landes- geschäste teil zu nehmen. Wenn auch die schlesischen Polen und Tschechen alle Ursache haben, sich der Wahlerfolge zu freuen, so liegt für die Deutschen kein Grund zur Niedergeschlagen heit und zu Besorgnissen für ihre Zukunft vor. Mit der Thatsache, daß die schlesischen Slawen, die an 45 Proz. der gesamten Bevölkerung bilden, früher oder später sich eine ihrer Zahl und Bedeutung angemessene Vertretung im Landtage erkämpfen würden, mußte man rechnen, während doch die dominierende Stellung der Deutschen unter allen Umständen außer Frage bleibt. Bezüglich des Wahlresultates in Steycrmark haben wir die Thatsache zu verzeichnen, daß die Wahlen an dem seitherigen Besitzstände der drei Parteien: der Deutschliberalen, die über die Mehrheit im Landtage verfügt, — der Deutschkonservativen und slovenischen — keine Änderung bewirkt haben. Für die Regierung und das in Westösterreich gegen wärtig herrschende System ergiebt sich aus den bisher bekannt gewordenen Wahlresultaten nicht der geringste Grund zu der Annahme, daß in der öffentlichen Mei- Mein großes Haus steht öde und leer! Bald wird es sich schmücken, die Herrin zu empfangen!" Da hatte sie leise das Haupt geschüttelt. „Noch nicht, Geliebter!" hatte sie gebeten. „Gedulde Dich, bis mein alter Freund meiner nicht mehr bedarf. Seit er nicht mehr hinausdarf in den Wald, ist er plötzlich alt geworden. Er wird uns nicht lange mehr trennen." Viktor hatte gelacht und siegesgewiß geglaubt ihren Entschluß mit leichter Mühe umstoßen zu können Aber er hatte nicht mit der Zähigkeit ihrer Neigungen gerechnet. Sie bewahrte dem vierfüßigen Freunde ihre Liebe und Dankbarkeit, wie sie ihm ihr Herz durch ein Jahrzehnt bewahrt. Vergebens war seine Bitte, das Tier von sich zu thun. Das edle, stattliche Geschöpf hätte jederzeit einen gütigen Herrn gefunden. „Er hält's nicht aus, Viktor! Es wäre vergebens! Er fände sich doch immer zu mir zurück." Dies war ihre ständige Erwiderung Die scheinbar einiachste Lösung der Frage, Wotan mit der Herrin zugleich in das Waldhaus übersiedeln zu lassen, hatte sich bald genug als unmöglich erwiesen. Sein Kenneraugc sah wohl, daß bei diesem unge zügelten, der vollsten Freiheit gewöhnten Geschöpf der späte Zwang der Dressur aussichtslos sei. Das eigen willige, nur seinen Instinkten folgende Tier seinen eigenen wohlerzogenen Trabanten zuzugescllen, dem berüchtigten Wilderer den Wald zugänglich zu machen, hieße sich selbst einer Verletzung seiner Pflichten schul dig machen. Dies durfte er nimmermehr und so erwartete er von Ingeborgs Liebe, daß sie ihre Neigung zu dem Vierfüßler seinem Glücke zum Opfer bringe. Wohl
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