Suche löschen...
Weißeritz-Zeitung : 30.08.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-191908301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19190830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19190830
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1919
- Monat1919-08
- Tag1919-08-30
- Monat1919-08
- Jahr1919
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 30.08.1919
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
i «...— E ' ** Ter Masfenmöt-cr von Falbenhage«. Die Ber ¬ liner Kriminalpolizei erforscht immer noch eingehend das Vorleben des Massenmörders Schlimm,n aus Span dau. Nach den bisherigen Ermittelungen sind Schu mann bisher zehn Raubmorde, etwa dreißig Raub« überfalle und zahlreiche Einbrüche und Brandstiftun gen nachgewiesen worden. Die Ueberfallenen, die ihm gegenübcrgestellt wurden, erkennen ihn mit aller Be stimmtheit als den Räuber. Die meisten von ihnen sind von Schumann in den Abendstunden überfallen worden, während sie im Falkenhagener See badeten. Fünf Personen, darunter die Gattin eines Proku« risten aus Charlottenburg, sind dabei von dem Räu ber durch Revolverschüsse schwer verletzt worden. Auch des Mordes an dem Gemeindewächter Engel aus Fal kenhagen ist der Verhaftete bereits überführt. Ferner soll, nach Annahme der Polizei, Schumann die Morde, kurz nacheinander an zwei Straßenmädchen in Span dau verübt worden sind, begangen haben. Er bestrei tet dies, hat sich aber auch in dieser Sache bereits in große Widersprüche verwickelt. Schumann hat sich vor einigen Monaten in Spandau verheiratet und seinen ganzen Lebensunterhalt in den letzten Jahrein nur durch Raub und Plünderungen bestritten. " Ein Kampf zwischen Habicht und Eichhörnchen, kin eigentümlicher Kampf zwischen Habicht und Eichhörnchen wurde dieser Tage — so schreibt man dem chwedischen Blatt „Sozial-Dcmokraten" — bet Oesters- är beobachtet. Ter Habicht hatte seine Fänge in das kichhörnchen geschlagen, aber dieses ließ sich nicht ohne »eiteres fressen. Es entwickelte sich ein Kampf um leben und Tod, der damit endete, daß sowohl der -abtcht als auch das Eichhörnchen daran starben. Der schwer zerbissene Habicht hatte seine Fänge tief in das Eichhörnchen versenkt, und es war schwer, die bei den toten Tiere von einander zu trennen. " Ein deutsches Flirgerstückchen. Am Tegernsee haben die bayerischen Fliegerhelden Udet und Grein zugunsten der Kriegsgefangenen Schauflüge veran staltet. Zuletzt vollzog Oberleutnant Grein einen Sturz flug aus 30 Meter Höhe, geriet aber mit dem Pro peller in die über den See führende 10 Meter hohe elektrische Hochspannung, die er über dem grünen Was serspiegel nicht sah und vor der er auch nicht gewarnt worden war. Trotz des furchtbaren Aufpralls, bei dem der Motor einige Meter des Hochspannungskabels um sich wickelte, ritz der Führer in großer Geistesgegen wart sein Fahrzeug noch in Horizontallage hoch, nach dem er sich schon während des Sturzes losgeschnallt hatte, sprang dann aus dem Flugzeug in den See und schwamm den herbeieilenden rettenden Booten ent gegen, während der Apparat in den See sauste. * Tie Franzosenherrschaft im Saargebiet. Es wird von Tag zu Tag, von Woche zu Woche klarer, wohin die Absichten der französischen Militärbefehls haber im Saarstaate ziehen: sie wollen, noch bevor der Friedensvertrag ratifiziert ist, vollendete Tatsache schaffen. In letzter Zeit haben wieder zahlreiche Aus weisungen stattgefunden. Besonders aufgeräumt wurde unter den Polizeibeamten. Nicht weniger als 17 Polizei- und Kriminalkommissare, Oberwachtmeister und Wachtmeister der Stadt Saarbrücken haben den Ausweisungsbefehl des Generals Andlauer in der Tasche. Bis 10. September müssen sie ihre Dienst stelle verlassen haben. Auch in Privatbetrieben (Zei tungen) beschäftigte Personen sind ausgewiesen wor den, weil die Redakteure aus ihrer treudeutschen Ge sinnung kein Hehl machten. Die Auflösung aller Arbeiter- und Angestelltenausschüsse hat unter der Arbeiterschaft große Erbitterung wachge rufen. Seit dem 21. August streiken etwa 20 000 Ar beiter auf der Burbacher Hütte, dem Gußstahlwerk Saarbrücken, der Waggonfabrik, der Hüttenwerke in Dillingen usw. Bisher ist es trotz aller scharfen Maß nahmen der französischen Militärbehörde nicht gelun gen, den Streik beizulegen. Auch unter der Arbeiter schaft der Staatsbetriebe gärt es; ein großer Teil der Beamtenschaft übt bereits passive Resistenz. , > „ . * * Kartoffelrau-ziige auf Rittergütern. In der letzten Zeit mehren sich die Kartoffeldiebstähle auf den Gütern und der weiteren Umgebung Bertins in be denklichem Maße. Kürzlich wurde auf einem Gute in der Nähe Berlins das Mitglied des Arbeiterrats von Niederschöneweide, Alfred Bix, verhaftet, weil er 20 Zentner Kartoffeln aus einem Haferschlag gestohlen hatte. Bier Zentner hatte er in dem Haferschlag ver steckt, die übrigen waren bereits weggebracht worden. Brans in einem Gefangenenlager. Im Ge fangenenlager Groß-Breesen bei Guben brannten nachts zwei große Krankenbaracken ab. Zahlreiche In sassen konnten nur durch mutiges Eingreifen der deut schen Wachmannschaft gerettet werden. Der Schaden ist beträchtlich. * * Hcimtchrcnde Kriegsgefangene ans Australien. Ter nächste Transport der aus Australien heimkeh renden Zivilgesangenen befindet sich auf dem Dampfer „Trasosmontos". Tas Schiff ist mit 1800 Passagie ren ain 9. Juli abgefahren, am 8. August von Tur ban weitergefahren und wird voraussichtlich am 30. August in Rotterdam eintreffen. Es handelt sich wahr scheinlich in der Hauptsache um Gefangene, die wäh rend der Jahre 1913—1916 interniert worden wa ren. Außerdem befinden sich alle Deutschen an Bord, die ursprünglich in den verschiedenen Staaten inter niert waren und erst später in das allgemeine Kon zentrationslager überführt wurden. * * Nntcrschlagungc» -ei der Deutschen Bank. Die Deutsche Bank teilt mit, daß, durch den Vorsteher - einer ihrer Berliner Vorort-Tepositenkassen Unterschla gungen durch Fälschungen verübt worden sind. Er hat eingestandenermaßen die unterschlagene Summe sowie das Vermögen seiner Frau durch Spiel und Wetten auf der Rennbahn durchgebracht. Der Betrag der Unterschlagungen dürfte sich ans etwa 400 000 Mart beziffern. Ter Vorsteher ist verhaftet worden. ** Vereitelte Wasfeuschic-ung. Durch einen Ber liner Polizeikommissar wurden in einem Mindener Hotel drei Schieber sestgenommen, die beabsichtigten, 60 000 Gewehre der Heeresverwaltung an Beauftragt« der polnischen Negierung zu verkaufen, und zwar mit Hilfe von Berliner Mittelspersonen. Die Verhaf« tcteil- Md dzr ZLUükkldwebel Metzer tzom Mindener Vroekuivkon lür älv luüllslrto Ustert Artilleriedepot und die Kaufleute Brandt au- Pader born und Wasserflug aus Berlin. Bet dem Geschäft handelt es sich um einen Gewinn von über zwei Millionen Mark für die Beteiligten. Nach ihrer Ver nehmung bei der Polizeibehörde wurden die Verhaf teten nach Berlin transportiert. ** Klageerhebnugen ehemaliger Bundesfürsten. Ter Zürst von Waldeck-Pyrmont hat die Vergleichsvor- chläge der Landesvertretung abgelehnt und in der §raae der Abfindung für Domänen, Waldungen und Schlösser die gerichtliche Klage angestrengt — Der wühere Herzog Karl Eduard von Kob urgund Gotha trengte bet dem Gothaer Landgericht eine Klage gegen >en Volksstaat Gotha auf Herausgabe seines durch Zandesgesetz beschlagnahmten Vermögens an Ter Her zog hatte seinerzeit eine Abfindung in Höhe von iü Millionen MaS abgelehnt. Daraus hatte der Land- ag die Beschlagnahme des gesamten, fideikommissa- ckschen Besitzes des ehemaligen Herzögshauses be- chlossen. > " Arbcitöaufmchme in den Hamburger Banken. Die Bankangestellten haben der Aufforderung der Zen tralstreikleitung Folge geleistet und die Arbeit bedin gungslos wieder ausgenommen. Der Streik hat zu lange gedauert, um sie Widerstandskraft der'Ange stellten nicht zu zermürben, so daß von Tag zu Tag mchr Arbeitswillige sich in den Banken einfanden. Diejenigen Bankangestellten, die sich erst am Montag wieder zur Arbeit gemeldet haben, mußten vor ihrem Wiedereintritt einen Revers unterschreiben, daß ihr Angestelltenverhältnis keine Fortsetzung des früheren darstellt, sondern neu beginnt. Daraus ergibt sich, daß auch die bisherigen Betriebsausschüsse nicht mehr weiter bestehen, sondern daß Neuwahlen stattfinden müssen. Die Streikführer meinen, es bestehe infolge dieser Ver hältnisse so viel Bitterkeit, daß es in kurzem zu einer neuen Explosion kommen müsse. * Beschlagnahme holländischer Goldguld n. 30 000 holländische Goldgulden im Gewicht von >45 Pfund, die seinerzeit der Gefreite Adolf Brotzen nach Polen schmuggeln wollte, wurden von der Strafkammer in Thorn zugunsten der Staatskasse eingezogen. Das Strafverfahren gegen Brotzen mußte infolge des Am nestieerlassen eingestellt werden. Die beschlagnahmten Goldmünzen werden der Reichsbank zugeführt. * * Haseuarveiterstreik in Marseille. In der fran zösischen Hafenstadt Marseille ruht die Arbeit im Ha fen vollkommen, so daß selbst eingetroffene Gemttse- ladungen nichr entladen werden konnten. Ter Präfekt soll den Unternehmern vorgeschlagen haben, Arbei ter aus den Kolonien kommen zu lassen. Kleine Nachrichten. - Im Hafen von Rotterdam ist der Dampfer „St. Denis" mit 400 kranken und verwundeten deutschen Kriegsge fangenen aus Doover (Eng'and) eingetroffen. Die Wei terreise nach Deutschland erfolgte mittels Lazarettzuges. * Die Dessauer Gasanstalt stellte infolge deS Kohlen mangels die Gasabgabe an die Stadt gänzlich ein. - Bei einem Einbruch in ein Berliner Schuhwaren- und Seidenhaus wurde für 250 000 Mark Seide gestohlen. * Die Eisengießerei und Maschinenfabrik A. G. Bautzen kündig! die völlige Stillegung des Werkes an, wenn es nicht gelingt, durch erhöhte Arbeitsleistungen in kurzer Zeit einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schassen. * Am Wiener Nordwestbahnhof wurden 800 Tsche chen, die in Sokoltracht zu einem Fest nach Znaim fahren wollten, von Deutschen, die aus Böhmen geflüchtet waren, bedroht und zum Teil an der Abreise gehindert. Der deutsch-österreichische Bevollmächtigte in Prag hat dem Mi nisterpräsidenten Tusar das Bedauern seiner Negierung ausgesprochen. , „ , ' ' Ter amerikanische Stahlkönig Carnegie hat em Vermögen von 250 Millionen hinterlassen. Als er sich im Jahre 1901 von den Geschäften zurückzog, besaß er 3'/s Milliarden. - * Post- und Telegraphenanwärter werden künftig, soweit sie in den Reichspostbetrieb eingestellt wer den, ohne weiteres damit lebenslänglich angestellt. , Scherz und Ernst. ' tk. An?-a« des drahtlosen Verkehrs. Tie ..Deutsche Vcrkeyrszeitung" macht interessante Mitteilungen über Pläne der Neichspostverwaltung zum Ausbau des drahtlosen Funkenverkehrs innerhalb Deutschlands. Es ist zunächst eine funkentelegraphische Verbindung zwi schen Berlin und den größeren Städten Deutschlands als sogenannten Leitstellen und ferner zwischen diesen Leitstellen und kleineren Funkenstellen der dazu gehö rigen Bezirke geplant. Ferner aber sollen Empfangs stellen für Funksprüche aus Berlin errichtet werden. Diese Einrichtung wird besondere Bedeutung für die Presse erlangen. Es wird dann möglich sein, gleich lautende Telegramme, die bisher unzählige Male durch gegeben werden mußten, auf die einfachste Weise durch einmalige Aufgabe von Berlin aus über ganz Deutsch land zu verbreiten. Die Redaktionen sollen ihre eige nen funkentelegraphischen Empfangsapparate erhalten. Alle diese Pläne befinden sich aber noch durchaus im ersten Stadium der Erwägung. Vorläufig ist der tech nische Teil der Frage noch nicht völlig gelöst. Äwei Welten. Roman von I. Marret. (13. Fortsetzung.) „Nein, gewiß, nicht; seien Sie dessen überzeugt; ich mag Sie gerne leiden, Francois, sogar sehr gerne! Als wir nach Frankreich reisten, ist das Wiedersehen mit Ihnen auch mein erster Gedanke gewesen. Schla gen Sie denn eine herzliche und freimütige Freund schaft wie jene, die uns vereint, für nichts an? Lassen wir die anderen reden und Ihre Kommentare ab- geben, wenn sie das belustigt, ich Weitze daß viel ge sprochen wird, wir aber sind vollkommen im Klaren, woran wir uns zu halten haben. Keine Menschen- seele braucht zu erfahren, Welcker psychologischen Stu dien wir uns für die Dauer einer Stunde hingegeben haben. Ich will keine andere Erinnerung an unser Gespräch bewahren, als ein stolzes und freundschaft liches Empfinden; sind Sie damit einverstanden, lieber Vetter?" Francois hob das Haupt empor, er blickte seiner Kusine lange Wd einigermaßen bettMt in die. Augen. „Einverstanden, Lüch," entgegnete er ernst, „Mv güben Sie mir die Versicherung, daß Sie mir diese schwesterlichen Gefühle immer bewahren werden." „Immer, Sie mögen dessen gewiß sein!" Sie bot ihm die Hand, welche er zärtlich drückte, dann fügte sie lachend hinzu: »Ich Hätte aber doch gerne hinter einer spani schen Wand Ihrem Gespräch mit Ihrer Mutter - zu hören mögen, wenn ich auf Ihren Antrag mit einem Jawort geantwortet hätte!" „Meine Mutter betet Sie an!" rief Francois leb haft. „Sie haben ihr Herz im Sturm erobert!" „Als Nichte vielleicht — und ich bin darüber seHv glücklich, als Schwiegertochter aber, da würdet ich ihr weniger willkommen sein. O, da kommt Frank. Nun können wir im Restaurant frühstücken; ich wollte es Ihnen nicht gleich eingestehen, aber ganz offen und ehrlich gesagt, habe ich einen fürchterlichen Hunger." Frank entschuldigte sich, daß er so spät komme. „Es ist nicht meine Schuld! Susie wollte mit dir sprechen, und da sie nur mich fand, begnügte sie sich mit diesem Lückenbüßer und hat mich nicht mehr losge lassen ; sie hängt mit Beharrlichkeit an den Ideen, die sie nun einmal erfaßt, und bis zur Ausführung derselben ist dann bei ihr kein weiter Weg!" „Du magst uns das alles bet Tisch auseinander- setzen, lieber Frank!" Francois war es sehr angenehm, daß er nicht viel zu reden brauchte, und es genügte, wenn er da und dort ein Wort hineinwars; die Leichtigkeit, mit welcher Luch plauderte und lachte, bereitete ihm einigen Ver druß, denn er sagte sich, daß, selbst wenn sie ihn auch nicht liebe, sie doch einigermaßen bewegt hätte sein müssen. Es ließ sich doch nicht in Abrede stellen, so meinte er wenigstens, daß selbst die besten Frauen geborene Schauspielerinnen sind. Erst nachdem man ein ziemlich lauschiges Plätzchen in einer entlegenen Ecke gefunden hatte, raffte sich Francois auf, um heiter zu scheinen und rief dann lächelnd: „Nun, lieber Frank, so erzähle uns doch von den Anschauungen Fräulein Susies, sie will sich wohl an die Spitze einer Schar von Frauen stellen, in welcher unaufhörlich geredet wird, und bildet sich dabei ein, nur aus solche Art den Begriff der Aesthettk auf Erden sestzuhakten." „Nein, das Aesthetische spielt Wohl eine Rolle bei ihren Plänen, aber nur in indirekter Weise. Vor einigen Jahren ist von einer jungen, sehr vorneh men Dame in einem der armen Stadtteile von Chikago eine Institution gegründet worden, die sie in Parts nachahmen möchte." „Was in Chikago gelang, würde vielleicht in unserer skeptischen und spottlusttgen Well von weniger günstigen Resultaten gekrönt sein." „Wenn Meine Freundin Susie sich darum kümmert, wird die Sache gelingen," entgegnete Luch mit Ueber- zeugung; „ich stelle mich von Herzen an ihre Seite. Ihre Idee ist, wie du ganz richtig bemerkst, Frank, nicht erst heute ins Leben gerufen, wir sprachen schon oftmals davon; die Laster der weiblichen arbeitenden Klasse sind ihrem Herzes nahe gegangen, sie weiß, wie häufig sowohl die kleine Arbeiterin als auch die Studentin der Medizin sich aus Verzweiflung des Mor gens oder des Abends mit Kohlengas töten; sie möchte diesen armen, mittellosen Mädchen ein Heim, einen Sammelplatz gründen, wo sie gut genährt werden und menschenwürdig wohnen, wo aber auch die Seele gleich dem Körper Trost und Stütze finden soll. Hullhouse, das Heim, welches sie nachahmen will, ist auf folgende Art ins Leben gerufen worden: Eine Frau von Herz mietete, unterstützt von einer Freundin, ein hübsches Haus. Sie trachtete darnach, arme Mädchen und Frauen dorthin zu ziehen, denselben Beistand zu bieten, mit ihnen zu plaudern, sie spornte sie dazu an, ein anständiges Leben zu führen und weckte den in ihrer Seele schlummernden intellektuellen Funken. Bald wußte sie das kleine Häuschen an sich zu bringen, ein zweites und drittes hinzuzusügen; all das geschah ohne Geräusch, ohne daß die Reklametrommel gerührt wurde. Jetzt haben diese Arbeiterinnen ein großar tiges Heim, in dem sie auf gemeinsame Kosten leben und abwechselnd den Haushalt führen. Das alles aber ist nur der sekundäre Vorteil des Werkes, das geschaffen wurde. In einem großen, speziell zu diesem Zwecke erbauten Saale halten Unioersitätsprofessoren und auch wohlunterrichtete, beredte Frauen des Abends Porträge äber alle nur möglichen Gegenstände. Der große Saal erweist sich oftmals als unzureichend, Männer gesellen sich zu den Frauen im Hörsaale, deren Eifer und In teresse geradezu außergewöhnlich sind. Es offenbart sich ihnen eine neue Welt, und sie erkennen dankbar an, daß man ihnen dieselbe öffnete. Die Musik reißt alle am meisten hin, und es werden infolgedessen häufig Konzerte gegeben. Viele dieser jungen Mädchen, die in Geschäften als Verkäuferinnen, als Abschreiberinnen, als Kassiererinnen oder Buchhalterinnen verwendet werden, andere, die den Unterricht in den Volksschulen besorgen, legen im Klaviersptel geradezu staunens werte Probestücke an den Tag. Die Leute aus der vor nehmen Welt interessieren ffich für diese Schöpfung, die ganz außergewöhnliche Proportionen angenommen hat. Man veranstaltet Feste und Theateraufführungen, deren Retnerträgnis .dem wohltätigen Zweck dieses Unternehmens zugeführt wird; kurzum, fnan bereitet den vielen jungen Mädchen, die diesen Begriff niemals kennen lernten, gern ein wenig Freude." „Und das Geld?" fragte Francois in skeptischem Tone. „Ich glaube nicht, daß ein bescheidenes Ver mögen, so gut verwaltet es auch sein mag, den unge heuren Kosten einer so weitverzweigten Wohltätigkeit genügen kann." («»rtletzun, fo'gt.) Gparkaffe LippoM»««»-. »<wedMon«.KtimV«n: Sonnabend, bi» - Ahr, an allen Wcrltar en V-y dir 12 Uhr und 2—4 Uhr. Erprdlt>on«1agc: An allen Wochcniagen bis Freitag von 8 bl» 1 und 3—5 Ubr^Sam^end» »an 8—L Uhr
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite