Sächsische Dorfzeitung : 14.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480520429-189312144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480520429-18931214
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480520429-18931214
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Dorfzeitung
- Jahr1893
- Monat1893-12
- Tag1893-12-14
- Monat1893-12
- Jahr1893
-
1
-
2
-
3
-
4
-
5
-
6
-
7
-
8
- Titel
- Sächsische Dorfzeitung : 14.12.1893
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Expe» u. Redaktion Dre»tze»-Reustavi k. Meißner Gasse 4. Lie Zeitung erscheint Lteufta,, B»»«erft«, und «„»aßen» früh. A»«»e»e»tS- drei»: Berteljährl. M IM A» beziehen durch di« kaiserlichen Post- „stalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung tn» Hau» erhebt die Paft noch eine G«. bthr von 85 Psg. Sächsische Verheilung, Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShaupttnannschastw Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmi»« Müller in Dresden. Inserate wtrdrn bis Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommra und kosten: dietspaltZeile 15Psg. Unter Eingesandt: 30 Psg. Inserate«, AnnahmesteSen: Die Arnoldische Buchhandlnna, Jnvalidendank. Haasenstein LBogler, Rudolf Moste, G. L. Daube « Eo. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., ». Sohl, «esiels^ .s u. s. w. Ar. 147. Donnerstag, den 14. Dezember 1893. 55. Jahrgang. Feuilleton Schwere Kämpfe. Roman von I. v. Brun-Barnow. l3. Fortsetzung.) „Das kann sein," gab die weiche, seelevvolle Stimme der jungen Künstlerin zu; „dennoch will ich lieber brav als weltklug sein. Sie selbst sprechen mir Talent nicht ab und ich danke Ihnen für diese Er munterung. Ich verspreche Ihnen, alle Kräfte aufzu- dieten, diese- Talent zu seiner Entfaltung zu bringen und ich habe soviel Vertrauen zu der Gerechtigkeit unsere- Direktor- wie zu der de» Publikum», daß diese mir die Anerkennung für tüchtige Leistungen nicht ver. sagen werden." Diese Unterhaltung, die vielleicht noch weiter ge führt wordeo wäre, wurde durch Ferani unterbrochen. Er verlieh seinen Luuscherposten und zeigte durch sein Hervortreten an, daß er alle» gehört habe. Da- junge Mädchen trat hocherrölhend zur Seite und verschwand in ihrer Garderobe. Herr Reichfels, ein früherer Fabri- kant und jetzt im Ruhestände, ein MLcen der Kunst, zog sich in den Schatten der Koulissen zurück und ver mied eine Begegnung mit Ferani. Von diesem Abend an war Feram'S Geschick ent schieden. Nicht die Bühne allein fesselte ihn, sondern auch zwei klare, unschuldvolle Mädchen äugen, in welche er dort blicken konnte. Er, der in der Welt der Ideale lebte, dessen Herz von Stolz und Selbstvertrauen er füllt war, warb um die Liebe Marie Verena'» und Politische Weltscha«. Deutsches Sketch. Da» jüngste Dynamit- Attentat, besten Schauplatz die französische Deputirten- kammer war, hat begreiflicher Werse auch in Deutsch land bedeutende Erregung hervorgerufeu. Auch diese» neueste Bubenstück trägt den Eharakter der meisten anarchistischen Verbrechen, der darin besteht, daß nicht die Vernichtung bestimmter Persönlichkeiten, von deren Beseitigung die Thäter irgend einen Gewinn für ihre Sache erwarten, da- Ziel ist, sondern dah e» sich ganz allgemein um die Befriedigung de» Haste- gegen die bestehende Ordnung und um die Verbreitung von Schrecken und Angst unter den Volk-klassen, welche diese Ordnung aufrecht erhalten wollen, handelt. DaS FieSchi'sche Attentat vom Jahre 1835 auf den König Ludwig Philipp von Frankreich wurde, obwohl e- nicht anarchistischen Ursprünge» war, mit einsr au- 24 Flinten- läufen bestehenden Höllenmaschine verübt, die noth wendigerweise eine schreckliche Verwüstung in der Be- gleitung de- Königs anrichten mußte; in der That wurden der Marschall Mortier und elf andere Personen getödtet, während der König nur leichte Verletzungen erlitt. Ebenso verhielt e< sich bei dem Bomben-Attentat Orfini'S gegen Napoleon lll., dem der Kaiser entging. Der neueste Attentäter in Paris — wir berichten über seine Person unter „Frankreich" — hat ausgesagt, seine Absicht sei gewesen, m erster Reihe den Präsidenten der Depatirtenkammer zu treffen — indeß offenbar nicht darum, weil er einen besonderen Groll gegen Dupuy hegt, sondern weil der Eindruck ein um so größerer ge- wesen wäre, wenn bei einem gegen die Kammer gerichte ten Verbrechen der Präsident derselben da- Leben ein gebüßt hätte. Diese Mordsucht, welche kaum ein be stimmte» Objekt hat, während ihr eigentliche» Ziel, ihr wirklicher Zweck da- Verbrechen selbst und dessen Eindruck auf die bürgerliche Gesellschaft ist, kenn zeichnet in erster Linie den Anarchismus. Bor Kurzem war da- Theater in Barcelona der Schau platz eine- Attentate» und nunmehr die französische Deputirtenkammer; unwillkürlich fragt man sich: wo wird die nächste Bombe platzen? — Auf die andere nahe liegende Frage: wa» sich gegen den Anarchismus thun lasse, wird auch nach dem jüngsten Verbrechen kaum eine befriedigende Antwort ertheilt werden. Die Gesetze über die Fabrikation und den Gebrauch von Spreng stoffen, welche im letzten Jahrzehnte in vielen Staaten ertasten wurden, sind durch die Fortschritte der Chemie in ihrer Wirkung stark beeinträchtigt worden, denn Dynamit und andere Sprengstoffe lassen sich jetzt so leicht Herstellen, daß die Verbrecher sich ihr „Werkzeug" beschaffen können, ohne in die von jenen Gesetzen ge ¬ legten Schlingen zu fallen. Berhältnißmäßig am Meisten steht noch von einer sorgsamen Ueberwachung aller al- verdächtig bekannten Elemente zu erwarten. Diese Ueber wachung muß aber nicht nur durch die Polizei, sondern durch Jedermann erfolgen. Die- ist freilich kein be haglicher Zustand; abereS bleibt schwerlich etwas Andere-, al- eine derartige „stille Bürgerwehr" übrig, seit man riSkiren muß, daß der Nachbar im Theater oder auf der ParlamentStribüne eiae Sardioenbüchse bei sich führt, die statt einer Erfrischung Dynamit ent hält. Ferner ist die Frage, ob e» nicht auch für den Anarchismus eine „Schule deS Verbrechen»" giebt, nicht einfach abzuweisen. Im französischen Ministerrathe finden jetzt Erörterungen darüber statt, ob die Ver herrlichung von Verbrechen und Verbrechern, wie sie in Wort und Schrift neuerdings öffentlich stattfindet, weiter geduldet werden solle. Auch wir in Deutsch land haben keine gesetzliche Bestimmung gegen diesen Unfug; in Berlin werden öffentliche Anarchisten. Ver sammlungen abgehalten, die allerdings bisher einen starken Stich in'- Komifche hatten; aber eS giebt ver lorene Existenzen, an denen diese Komik ohne Wirkung abprallt, während die ungehinderte Predigt de» Anarchie muS sie aufreizt. Wirksam dürfte die bürgerliche Ge sellschaft sieb gegen ihre Feinde, an deren Existenz in ihrer Mitte sie neuerdings wieder so laut erinnert wird, nur dann vertheidigen können, wenn sie ihre Rechen gegen dieselben schließt. So lange in allen Staaten die auf dem Boden deS Gesetzes und der Ordnung stehenden Parteien sich in der jetzigen leidenschaftlichen Art unter einander bekämpfen, besorgen sie die Geschäfte der Revolutionäre aller Grade, denn sie selbst verstärken die Meinung, daß alle- Bestehende werth sei, zu Grunde zu gehen. Auch in Berlin halten die Anarchisten anstandslos öffentliche Versammlungen unter den Augen der Polizei ab. So fand am Sonntag eine solche in den „Kon- kordiensälen" statt, um über „die internationalen Regie. rungSmaaßregeln gegen den Anarchismus" zu diskutlreo. Die Versammlung war von etwa 500 Theilnehmern, darunter auch Frauen, besucht. Die Polizei hatte die umfassendsten VorsichtSmaaßregeln ergriffen und ein größeres Aufgebot von Sicherheitsbeamten in einem Nebeuraume, wie auch in der Nähe des Lokal» unter- gebracht. Im Saale selbst war der Wandelgang und der Aufgang zu den Galerien abgesperrt, ein Polizeileutnant und ein Polizei - Wachtmeister hatten selbst Posto gefaßt. Al» erster Redner sprach der Ciaarrenhändler Herrmann, um etwa Folgendes aus- zuführen: Wenn infolge de- Pariser Attentate- die Regierungen glauben, Maaßregeln gegen den Anarchis mus ergreifen zu sollen, so sei die- thr Recht, wie e- fand Gegenliebe. Obgleich seiner Bewerbung von ver- fchiedenen Seiten die größten Hindernisse entgegen- gestellt wurden, setzte er die Vereinigung mit der Ge, liebten durch und verließ bald darauf mit ihr die Re sidenz, da Beide in der neuen Welt mehr Glück und Erfolg für ihre Talente als im Baterlande erhofften. Dort war eS, wo Marie Sarden und Werner Warnow — denn daß sich unter dem Pseudonym Ferani der Sohn des alten Warnow birgt, werden unsere geehrten Leser unschwer errathen haben — die erste Staffel jener himmelansteigenden Leiter erstiegen, deren schwindelnde Löhe zu erreichen ebenso viel Unter. nehmungSgeist und Unerschrockenheit, wie Ausdauer und Talent erfordert. Trotz der Erfolge, die er mit der Zeit im fremden Welttheile errang, schwieg in Ferani — diesen Namen wollen wir beibehalten — die Sehn sucht nach der Heiwath und nach einer Versöhnung mit seinen Aeltern nicht. Er kehrte, nachdem fast alle seine Briefe unbeantwortet geblieben waren, nach fünf jähriger Abwesenheit in der Hoffnung zurück, ein Wiedersehen wenigsten- mit seiner Mutter zu erzielen. Hier traf ihn kurz nach seiner Rückkehr die erschütternde Nachricht von ihrem Tode. Harry ReichfelS, sein Schwager war eS, der sie ihm persönlich mrttheilte. So grundverschieden der Charakter dieser beiden jungen Männer auch war, so wenig Sympathie sie daher für einander haben konnten, so hielten sie doch fest zu sammen. Ferani sah in seinem Schwager die einzige Verbindung mit dem Aelternhause, mit seiner Familie und Harry Reichst!- hatte andere Gründe, welche ihm riechen, da» verwandtschaftliche Berhältniß auch zu einem freundschaftlichen zu gestalten. Da- war um andererseits da» Recht der Anarchisten sei, ihrerseits Stellung dazu zu nehmen. Da Deutschland aber nicht so von Attentaten erschüttert wird, wte Spanien und Frankreich, so glaube er, daß e- bei uo» auch nicht za allgemeinen Maaßnahmen gegen den Anarchismus kommen werde. Such könne man doch nur diejenigen zur Ver antwortung ziehen, die ein Attentat verüben. Der theoretische Anarchi-mu» habe mit dem TerroriSmu» nichts zu thun; er persönlich verurtheüe denn auch jede- derartige Attentat. Der Anarchismus beruhe auf einem edlen Streben und nur durch fortgesetzte Agitation unter den Arbeitern, sowie durch die Aufklärung derselben könne er zur endlichen Erlösung de- Proletariat- führen. Gegen diefe Ausführungen wandte sich der weit radi kaler gesinnte Buchdrucker Werner, welcher betonte, daß die Versammlung doch nicht dazu einberufen worden sei, nur um zu „jammern." Die Regierung werde kein Sieb anweuden, um die theoretischen und terroristischen Anarchisten von einander zu scheiden, sondern sie gleich- mäßig behandeln. Er wolle die Unachen der Attentate nicht unterluchen, ebensowenig wie die der „schlagenden Wetter" und der Kriege. Verantwortlich für diese Attentate sei die bürgerliche Gesellschaft, welche mindesten» ebenso brutal zu Werke gehe, wie die Terroristen der verschiedenen Länder. Durch Gewaltmaaßregeln werde der Anarchi-mu- ebensowenig unterdrückt werden können, wie die Socialdemokratie. Die Anarchisten würden die Folgen der Attentate tragen müssen; man möge sich daher über die geplanten Maaßnahmen nicht die Köpfe zerbrechen, sondern die- den Regierungen überlasten. Vielleicht wolle man Sibirien mehr bevölkern, uw e» endlich urbar zu machen; aber so wenig wie man durch die Todesstrafe habe Morde verhindern können, so wenig werde man durch andere Maaßnahmen Attentate ver, hindern. Man habe ja da- Socialistengesetz überstanden und so werde man auch ein internationales Anarchisten, gesetz überstehen. Hierauf wurde die Versammlung geschloffen und die Anwesenden verließen ruhig den Saal. Die Polizei hatte sich zum Emschreiten nicht veranlaßt gesehen. In verschiedenen süddeutschen ultramontaneu Blätttrn finden wir einen Artikel, dem wir den nachstehenden PaffuS entnehmen: „Unter dem Fürsten BrSmarck hatte sich im Reiche allmählig auS dem BundeSverhältniffe der Einzelstaaten ein Basallen-Verhältniß zu Preußen herauSgebilret. Kein Einsichtiger ist wohl im Zweifel gewesen, daß nach der Aera BiSmarck der überspannte Bogen gewaltig zurückschoellen werde. Die einzrlstaat- lichen Regierungen waren sich aber kaum hinreichend bewußt gewesen, daß sie durch ihr Verhalten die Herren in Berlin an eine falsche Auffassung des BundeSver- hältnisseS so gewöhnt hatten, daß man dort nicht leicht so erstaunlicher, da eigentlich schon seit ihrer Knaben, reit eine Art Rivalität zwischen Beiden geherrscht hatte, die jedoch nur einseitig war; denn Ferani war viel zu großherzig, um seinen jüngeren Verwandten um irgend etwas zu beneiden. Beide waren auS guter, vermögender Familie, nur mit dem Unterschiede, daß Harry Reichfels, al- er in seinem zwanzigsten Jahre schnell hintereinander seine Aeltern an der Cholera verlor, daS große Vermögen seine- Vaters durch dessen unglückliche Spekulationen bis auf ein Baarvermögen von 30,000 Mark zu sammengeschmolzen sah. Er war bitter enttäuscht, aber klug genug, dlese Enttäuschung am wenigsten seinen reichen Verwandten zu verrathen. Nachdem er, durch da- glänzende Examen seines Vetters angespornt, eben falls daS Abitunentenexamen bestanden hatte, war sein Entschluß gefaßt; er wollte die landwirthschaftliche Lauf bahn einschlagen und bewarb sich um eine Elevenstelle bei seinem Onkel. Er erhielt sie und zeigte sich be- scheiden, tüchtig und arbeitsam. Im Winter, wo dle Arbeiten weniger drängten, verlebte er einige Monate in der Residenz. Wie er hier lebte und war er hier trieb, wußte er sehr geschickt unter dem Namen harm losen Lebensgenüsse- zu verbergen. Sein Onkel, welcher durchaus kein Pedant war und von der Jugend einen mäßigen Genuß der Lebensfreuden sogar verlangte, fand e» ganz natürlich, daß auch er die Freuden der Jugend genoß, wenn er nur sonst in Allem inne Pflicht tyat. Er wußte, daß sein Neffe über die Einkünfte eine- kleinen Vermögen- verfügte und daß er mit diesen sich schon einen kurzen Aufenthalt in der Haupt-' stadt gestatten konnte.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht