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Weißeritz-Zeitung : 23.05.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-192505237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19250523
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19250523
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1925
- Monat1925-05
- Tag1925-05-23
- Monat1925-05
- Jahr1925
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 23.05.1925
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galt es noch etwas, aus guter Familie zu sein, angesehene und geachtete Verwandle zu Haden, in der Hierarchie der Menschheit etwas geworden zu sein; — das wirkte gewiß nicht immer ehrlich und gut, aber für die Familie war es nützlich und vorteilhaft, für den Zusammenhang der Nation war es von Wert. Nur mehr Klugheit und sozialen Sinn hätten die Angesehenen haben und beweisen müssen, und es wäre keine allgemeine Deklassierung für sie eingetreten, die durch keine entsprechende Höherklassierung der Auf- stclgcnden voll ersetzt worden ist. So glühend man die Be freiung sozial unterdrückter Menschen Hptheitzen und jeden Dünkel der Geburt oder des Geldes verabscheuen muh — die wahren Werte, die sich an eine geburtliche oder durch Bildung erworbene Tradition knüpfen, sind für den Bestand des Familienlebens, soll es über das primitivste geschlecht liche Zusammenlaufen hinausgehen, unerlählich. Auch eine gewisse wirtschaftliche Macht, Besitz und Ver mögen, gehören zum Zusammenhalt von Familien. Der Staat hat in seinem Unglück alle Lebensarbeit der ernstesten Volkskreise enteignet und dafür den klassenlosen Geschäfte machern Gelegenheit gegeben, ihr Haupt emporzuheben. Aber diese taten es jeweils nur für sich und hatten keine Familie — waren auch nicht in der Lage, Familienwerle zu schaffen. Nach Artikel 155 der Neichsverfassung werden die Fomiliengüter zerschlagen — und bei allem abbauenden Bemühen findet man dennoch keinen Ersah für das, was da zerstört wird; der gebundene Besitz schien ein Unrecht gegenüber den Enterbten und war doch das Mitkelstück für den Erhalt des Familiensinnes und seiner Kraft, wie jedes Erbrecht es ist, das ein Gut in einer Hand bleiben läßt, damit es nicht — zerschlagen — alle Familienglieder von der väterlichen Scholle vertreibe und klassenlos mache. Das alles mögen unabänderliche Zeichen unserer Zeit sein — geradeso wie die selbständigen jungen Mädchen mit Hausschlüssel, die ihrer Mutter keine Rechenschaft über ihren Ausgang geben, oder wie die Herren Söhne, die ihren Vater nur zu treffen wünschen, wenn sie Geld brauchen — aber eine Auflösung der nationalen Kraft, wie sie von dem deutschen Gemütsleben nicht ohne schwerste Gefahren ge schieden werden kann, bedeutet das alles gewiß. Familien stolz, Familiensinn, Familienzusammenhalt sind mehr und mehr geschwunden. Durch Mahnungen zur Umkehr ist nicht zu helfen — vielleicht durch tiefere Erkenntnisse vom Zu sammenhang der Nachkommenschaft mit den ältesten Vor fahren, also von der Macht der Vererbungsgesetze, von der Kraft und Gewalt des Erbgutes. Eine Famillenforschung, für die ein Interesse geweckt würde, könnte (ganz allmählich!) das deutsche Volk wieder zur Besinnung kommen lassen — zu einer Besinnung an die Zeiten, als man die Frauen ehrte, Vater und Mutter ehrte, Äamm und Sippe ehrte und durch solche Ehrung groß und glücklich wurde. Der Taumel von Tanz und Flirt, und was es sonst noch an mondänen Selbst täuschungen gibt, vermag jene Besinnung nur immer weiter htnauszuschieden, ein Eindruck, der durch Statistik, Literatur- Hinweise, Beispiele und Erfahrungen voll begründet wird. Völker mit einer Jahrtausende alten Geschichte — wie Chinesen und Juden — lehrten uns trotz ihrer wechselnden und ost unglücklichen Schicksale, daß es der Familien zusammenhalt ist, der sie vor dem Untergang bewahrt und -er sie ewig leben läßt. Für den Deutschen spielt, gemäß feinem Natlonalcharakter, die Schätzung der Frau die aus schlaggebende Rolle, wenn er den Familiensinn sich be wahren oder zurückerobern will, und die sexuelle Frage ist -er Schlüssel zu dem Tor der Ewigkeit eines Volkes. Diese für das Leben eines Volkes so dringend notwendige Schätzung der Frau droht, so sehr wir Einzelne von ihnen durch Kleiderluxus, Theaterfreuden und schöne Wohnungen verehren, doch im ganzen betrachtet, vor der Not der wirt schaftlichen Sorge, der Wohnung, der Geld- und Industrie wirtschaft, zu versinken, weil der Mann sein Gemütsleben ganz an das Geschäftliche hingegeben hat und von wirklicher Sorge für die Erhaltung und Wahrung der Volkskraft im allgemeinen nicht viel versteht. Denn statt tiefgehender biologischer Einsicht in die Kräfte des Soziallebens frönt -er Kaufmann, und nicht nur er, auch mancher, der sich Wissenschaftler nennt, einer krassen Anbetung des Tech nischen, des Mechanischen, des Formalen und Aeußerlichen — und Volk und Familie gehen dabei trotz glänzender technischer Erfolge langsam aber sicher zugrunde. Aus Stadt und Land. * * Mord und Selbstmordversuch eines Fabrikdirek- tors. In Berlin-Schmargendorf hat der im 48. Le bensjahre stehende Kommerzienrat Dr. Alfred Kühn, offenbar in einem Anfall geistiger Umnachtung, sein« Frau und gleich darauf sich selbst niedergeschossen. In schwer verletztem Zustande wurden beide ins Kranken haus gebracht. * Regierungsrat Bartels aus der Hast entlassen dem Verdacht der Bestechung und der Ur kundenfälschung fett etwa sechs Monaten in Unter- suchungshaft befindliche ehemalige Leiter des Frem- denamtes des Berliner Polizeipräsidiums, Regterungs- rat Bartels, ist, wie jetzt bekannt wird, vor etwa drei Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen worden Die Voruntersuchung gegen Regierungsrat Bartels ist abgeschlossen und von der Staatsanwaltschaft die Er- yevung der Anklage wegen Urkundenfälschung, Be- trug und wegen passiver Bestechung beantragt worden Bartels wird beschuldigt, Maßnahmen in seiner amt- Uchen Stellung vorgenommen zu haben, zu denen er von Holzmann angestiftet worden ist. ** Warnung vor „A. W. Stapper in Amsterdam" Diese Firma überschwemmt seit einiger Zeit Deutsch land mit Prospekten eines „Goldregens". Der erst« Teilnehmer erhält gegen Einsendung von 4 holländi- fchen Gulden (7 Reichsmark! vier weiße Karten. Dies« soll er innerhalb 14 Tagen das Stück zu 1 Gulden einzeln verkaufen. Jeder Käufer soll dann die ge- kaufte Karte und drei holländische Gulden an Stapper senden. Dafür bekommt er 4 neue Karten anderer Farbe, mit denen er eS nun ebenso machen soll wt« en, nicht erfüllt. er gerade Sonntags oder Festtags einzutreten braucht. Die Wetterankündtgungen, nach denen der Mai vorwie gend kühl und naß sein soll, und auch die des famosen hundertjährigen Kalenders, haben sich wieder einmal ^lonial» und Nebersee-Ausstellung. »veitsgemeiilschaft und der Bund en veranstalten anläßlich der Ta- wr Ausländsdeutschen Ende August ->ber in Berlin die „Deutsche Kolo- e-Ausstelluna". Auf dieser sollen sämtliche für die Bedürfnisse der Kolonien in Frage kommenden Industriezweige vertreten sein,' anderer seits sollen alle in den Kolonien und in Uebersee gewonnen Rohstoffe und die für ihre Verwertung und Veredelung benötigten Maschinen und Geräte ge zeigt werden. Da die Tagung des Bundes der Aus ländsdeutschen aus allen Teilen der Welt Ausländs deutsche versammelt, besteht hier für. die Industrie die Möglichkeit, mit einem großen Kreis von wirklichen Interessenten in unmittelbare persönliche Berührung zu kommen. * * Auf einer Autofahrt um» Lebe« gekommen. In der Nähe von Segeberg (Schleswig-Holstein) geriet das Auto eines Frauenarztes aus Hamburg, der seinen Wagen selber steuerte, in einer scharfen Kurve aus einen Steinhaufen. Der Wagen überschlug sich, die Insassen wurden herausgeschleudert. Der 16 jährige Sohn des Besitzers fand seinen Tod. Die Frau des Arztes und eine andere Person wurden schwer verletzt. * " Bo« einem Bullen getötet. Im Kreise Rends burg (Schleswig-Holstein) wurde ein Oberschweizer von einem weidenden Bullen angefallen und getötet. Der Mann wollte Pfingsten wieder heiraten, um seinen vier Kindern wieder eine Mutter zu geben. "* ** Ter «auarbeiterftreik in Rheinland und West fale«. Der vom Westdeutschen Bauarbeiterverband ausgegebenen Streikparole sind die Arbeiter in Köln, Bonn, Solingen, Duisburg, Mülheim, Gelsenkirchen, Essen, Münster und Lüdenscheid in großer Zahl ge folgt. Einzelne Orte sind völlig bestreikt, in ande ren Orten Ist es nur zu Teilstreiks gekommen. * * TaS Hotel auf dem St. Bernhard. Die Mönche auf dem Großen St. Bernhard haben an alle Passanten, die vorsprachen, Speise und Trank unent geltlich abgegeben. Da von den Gästen nur selten eine angemessene Entschädigung für die Bewirtung gegeben wurde und die Mittel des Klosters sehr gering sind, können die Mönche diese Gastfreundschaft nicht mehr ausüben. Jetzt ist den frommen Vätern von der Schweizer Bundesregierung die Erlaubnis zur Er richtung eines Hotelbetriebes ab 1. Juni erteilt worden. "* Tie Ursachen des Eisenbahnunglücks bei Mos kau. Die Ursachen der letzten Eisenbahnkatastrophe bei Moskau sind auf einen schlechten Zustand der Streck« zurückzuführen. Die Gerüchte über einen politischer Anschlag haben sich als unwahr erwiesen. Den Reisen den deS verunglückten Zuges sind viele Sachen vor Bewohnern der umliegenden Dörfer gestohlen worden Sommersprosse» sind für viele Menschen, besonders aber für viele H-rauen und Mädchen sehr unangenehme Begleiterscheinungen der schönen Jah reszeit. Es ist wohl kein Zweifel, -aß diese meist kaum stecknadetkopfgroße» gelblichen Flecken irgend wie mit dem Sonnenlicht, zusammenhängen. Darauf deutet schon der Umstand, daß ihr Lieblingssitz die unbedeckten Hautpartten, wie Hände, Unterarme, be sonders aber die Nasenparticn sind. Doch finden sie sich auch an solchen Körperstellen, die beständig von Kleidung bedeckt sind- ein Beweis, -aß außer dem Sonnenlicht noch andere, uns unbekannte Faktoren bei der Entstehung Mitwirken. Eine gewisse ange- ' borene Neigung ist ebenso bewiesen, wie eine aus- i gesprochene Erblichkeit. Besonders sind es rothaarige Personen, welche in der Regel auch einen sehr lichten Teint haben, die an Sommersprossen leiden, und man wird kaum einen Rotkopf finden, der nicht Sommer sprossen zeigt. Die Entfernung gelingt nur dann, gleichzeitig die obersten Hantfchichten zum Abstößen bringt, zum Beispiel durch Subltmatum- , wenigstens nach Ansicht des Herrn Stapper, die Aus sicht, entweder 2000 holländische Gulden in bar oder ein Fordauto mit allem Zubehör für fünf Personen und 750 Gulden, oder ein Motorrad mit Seitenbei wagen und 500 Gulden oder «inen Salonflügel und 500 Gulden zu bekommen. Aber es darf auch nicht eine einzige Karte unverkauft bleiben, und jeder muß seine vier Karten binnen 14 Tagen verkaufen. Soweit > festgestellt werden konnte, ist weder von dem Gelds i noch von den schönen Sachen noch jemals etwas aus- , gezahlt worden. Es liegt mithin hier zweifellos wieder - ein betrügerisches Unternehmen vor, vor dem nicht i dringend genug gewarnt werden kann. * * Tas Ehrenwort eines Zuchthäuslers. Ein f Arbeiter verbüßte im Zuchthaus in Naugard eine - Strafe. Zu einer neuen Gerichtsverhandlung sollte er nach Berlin gebracht werden. Um seiner Schwester die Schande zu ersparen, bat er, zu dieser Verhand lung Zivilkleider anlegen zu dürfen. Als diese Bitte abgelehnt wurde, brach er aus dem Zuchthause aus, hinterließ aber einen Zettel mit dem Bemerken, daß er sein Verbrecherehrenwort gebe, daß er zu dem bevor stehenden Termin erscheinen würde. Tatsächlich nahm er den Termin wahr in Zivilkleidung und ließ sich nach demselben ruhig abführen. * * Mutter und Mn» erschlage«. In einem Tüm pel in der Nähe von Botzenburg wurde die Leiche einer jüngeren Frau und ihres fünfjährigen Kindes gefun den. Dem Kinde war der Schädel eingeschlagen, auch der Körper der Frau wies gewaltsame Verletzungen aus. Als Mörder steckbrieflich verfolgt wird ein Schnitter, der seit einiger Zeit aus dem Dorfe ver schwunden ist. Tie ctiuvpkage auf den Landstraßen und in den Gassen, besonders hervorgerufen durch den starken Automobilverkehr, ist sehr groß, und ein ergiebiger > Regen tut not, womit ja nicht gesagt sein soll, daß ** Tem» Die Kolonial-, der Auslands! gung des Bund, bis Anfang Set ntal- und Uebc- i oer erpe Käufer. Das wiederholt sich noch fünsmai mit anders gefärbten Karten, so daß im ganzen 409k ! Karten verkauft werden müssen. Ist das geschehen, ; so haben die Teilnehmer ohne große Mühe und Koft schlüge. Die neue Haut ist rein und fleckenlos. Leider aber dauert dieser Zustand nicht lange und bald bil den sich wieder neue Sommersprossen aus. Kleine Nachrichten. * Ler der Infanterie Ferdinand v. Trossel ist im Arter von 38 Jahren in Dessau an Lungenent zündung gestorben. Er kommandierte in der Marneschlacht den linken Flügel der Kluckschen Armee. * Reichskanzler a. D. Marx ist mit Düsseldorfer Pil gern in Rom eingetroffen. * Der Großkaufmann Hermann Klöpfer, AufsichtöratS« Mitglied zahlreicher Gesellschaften, ist an den Folgen eines Autvunfalls gestorben. * Der Hauptschriftleiter der „Ostsee-Zeitung" in Stet tin, Wolfgang Biermer, ist an den schweren Verletzungen verstorben, die er bei einem Motorradunfall erlitten hatte. * Bei einer Flugveranstaltung in Basel wurde ein Bauernknccht auf dem Felde von einem landenden Flug zeug erfaßt und tödlich verletzt. * Auch Südafrika hat jetzt, dem Beispiel Englands folgend, die Goldwährung wieder eingeführt. Der billige Mosel. Eine weinerliche Geschichte von Hedwig Stephan. (Nachdruck verboten.) Felix und Annchen hatten sich gezankt — zum erstenmal seit ihrer Verheiratung! Allerdings war die blonde Anna erst vor vier Monaten aus einem Fräulein Liedke eine Frau Hornemann geworden; aber es gibt ja heutzutage Ehepaare, die sich schon nach vierzehn Tagen wieder scheiden lassen! Jedenfalls — er war nun da, der Zwist, der gräß liche, verderbliche. Annchen saß auf dem Sofa, hatte ihr Taschentuch zu einem ganz kleinen Knuddel zu sammengedreht und -rückte ihn abwechselnd an das rechte und an das linke Auge, und Felix'lief in der Stube umher wie ein Löwe, der auf Futter wartet. Schließlich blieb er vor Anna stehen und sagte dann entschlossen: „Also, Anna — es geht nicht anders! So nimm doch Vernunft an! Bei Schreckhases hat es Wein ge geben, und bei Bäuerleins auch — ich will nun ein mal nicht bei meinen Kollegen für so einen Poplinski gelten, bei dem's bloß Lagerbier gibt!" Anna seufzte und rieb sich mit ihrem Taschentuch die Nase. „Ach, Felix, — meinethalben könntest du ja gern Wein bestellen — aber -er Vater, siehst du! Der sagt so schon immer, wir lebten über unsre Verhältnisse, und du wärst ein Verschwender, und in seiner Ju gend " „Dein alter Herr vergißt eben, daß wir jetzt drei ßig Jahre weiter sind — -aß die Ansprüche sich ge steigert haben — daß — also kurzum — bei unserer Gesellschaft gibt's Wein. Basta. Und wenn es Herrn Maurermeister Liedke nicht paßt, dann soll er zu Hause bleiben." Annchen ivar eine ganz kluge kleine Frau. Sie merkte, momeutan war nichts zu machen, und erwi- dcite daher scheinbar völlig ergeben: „Na, wie du willst, Felix." Als aber die Weinsendung angelangt war — Felix hatte — „nun gerade" — eine nicht ganz bil lige Sorte bestellt — ging sie mit der Rechnung zu ihm hin, legte zärtlich die Arme um seinen Hals und sagte: „Feltxchen — darf ich um etwas bitten?" „Na, lieber wär's mir, wenn nicht!" erwiderte :r, gefühllos, wie alle Männer. „Aber wenn's sein muß — dann bitte!" „Sieh mal, Felix," begann Annchen, „wegen des Weins nämlich und Vaters wegen — nein, du brauchst zarnicht solch Gesicht zu schneiden — ich — ich wollte dich ja bloß fragen, ob ich Vater nicht erzählen dürfte, der Wein wäre billiger — wäre sehr billig — ganz merkwürdig billig — er kostete bloß 70 Pfennig die Flasche dann kann er uns doch nicht vorwerfen, mir wären leichtsinnig!" „Du, Anna — Las ist aber Schwindel!" sagte er treng, und gab sich Lie erdenklichste Mühe, ernsthaft >u bleiben- „Schwindel!" Anna war ganz empört. „So was aennt man doch nicht schwindeln — bas ist bloß ein dißchen Mogelei! Und nicht wahr, Felix — ich darf doch?" „Na — daun mogele meinethalben! Anna gab ihm einen Kuß und zog seelenvergnügt von dannen. Der große Tag, oder vielmehr Abend, kam, die Gäste fanden sich ein — unter ihnen auch Herr Maurermeister Liedke — und es klappte alles ganz vorzüglich. Anna beobachtete ihren Vater, der geladen wl< :tn Pulverfaß in der Mitte -er Tafel thronte, mit jorgenvollen Blicken und blinkte Felix zu, ihm recht ost etnzuschenken, damit er ein bißchen in Stimmung käme. Indes, es half nicht viel, denn kaum war man von Tisch aufgcstanden, als er sich auch schon ziemli^' rücksichtslos einen Weg- zu Annchen bahnte und sie am Aermel in eine Ecke zog. „Nun sage mir bloß, Anna — seid ihr denn ganz und gar —" , „Der Wein ist ja nicht teurer als Bier, Baterle! Wir haben eine ganz billige Quelle entdeckt, die Flasche kostet mit Glas und Steuer bloß 70 Pfennig!" „Stimmt!" sagte Felix' Stimme hinter ihnen. „So einen netten Schwiegersohn kriegst du überhaupt nicht wieder, Vater! Und jetzt widmet euch, bitte, ein biß chen den übrigen Gästen über die Weinsache könnt ihr ja ein andermal sprechen." Darauf legte Anna' nun eigentlich gar keinen Wert, denn das Thema schien ihr endgültig erledigt. Vater Lic-ke aber war anderer Meinung, denn als er sich am nächsten Vormittag zum „Resteressen" etn- sand, und der gute, billige Mosel erwähnt wurde, sagte er nach mehrmaligem Räuspern nachdenklich: „Weißt du, Annchen — eine so schöne Gelegenheit sollte man sich doch nicht entgehen lassen! Mir hat -er Wein gestern ganz vorzüglich geschmeckt - ich
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