Suche löschen...
Erzgebirgischer Volksfreund : 26.06.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-186906268
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-18690626
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-18690626
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1869
- Monat1869-06
- Tag1869-06-26
- Monat1869-06
- Jahr1869
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 26.06.1869
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
SSO TagsSgefchichte. Die »eugewählte Kammer in Frankreich, oder wie sie in Frankreich heißt: „der Gesetzgebende Körper" wird den 28. Juni, da- erste Mal zus-unmentreten. Lie Session soll aber, wie mehre gut unterrichtete pariser Zeitungen versichern, durchaus nur den Prüfungen der Wahlen gelten und soll außerdem für jetzt der neuen Sammer kein Gesetz zur Berathung vorgelegt werden. Sobald die Kammer d»S Geschäft der Wahl- Prüfungen vollendet hat, soll sie wieder entlassen werden. Welches sind nun aber eigentlich die Elemente dieser neuen Kammer? Denn nunmehr, nachdem die Wahlen seit Wochen beendigt sind, läßt sich doch diese Frage ziemlich richtig beantworten. Französische Zeitungen geben auf diese Frage folgende Antwort: Fünfzehn bis zwanzig radikale Demokraten, 91 bis 92 OppositionS-Deputirte, eine Menge von Candidaten, die uur durch die neutrale Haltung der Regierung durchgingen und die sich selber dem Glauben zumigen, daß sie nur ihrem eigenen Verdienste den Erfolg verdan ken; eine allerdings immer noch bedeutende, aber laue, unschlüssige Majorität, deren meiste Mitglieder sich vor ihren Wählern als unabhängige Liberale auö- sitgeben haben: dies sind die Elemente der neuen Kammer, die am 28. Juni rhre erste Sitzung halten wird. ES ist also gar keinen Augenblick zweifelhaft, die Oppositionspartei in der neugewählten Kammer ist fast dreimal so stark, als in der vorigen, und das will schon etwas bedeuten. Dazu kommt aber noch der äußerst wichtige Umstand: Hinter dieser nationalen Vertretung steht ein unruhiges, ungedul diges, enttäuschtes Land, eine gelangweilte, der Neuerung begierige Jugend und mehr als 3 Millionen Wähler, die durch ihre Abstimmung ihre opposi tionelle Stimmung kundgegeben haben und nur durch eine sehr schwache Ma jorität besiegt worden sind. Dies ist der Hintergrund der parlamentarischen Wahlstätte, auf der nun über die Prüfung der Vollmachten entschieden wer den wird. Diese Prüfung wird eine langwierige, aufgeregte und heftige werden, und vielleicht setzt gerade auf diesen Umstand die Regierung ihre Hoffnung, noch einmal eine fest geschloffene und durch die gegen sie gerichteten Angriffe in ihrer Ergebenheit bestärkte Majorität um sich schaaren zu können. Allein wäre selbst diese Hoffnung begründet, so wäre darum die Gefahr noch nicht beseitigt. Die Nation ist kräftiger geworben seit achtzehn Jahren, während die persönliche Regierung gealtert hat Diese soll und muß sich nunmehr ver jüngen, während jene sich fortwährend noch ein System gefallen lassen soll, deck sie längst entwachsen ist. ES ist, al- sollte ein kräftiger Bengel noch immer da- Flügelkleid der ersten Jahre tragen. Zeug und Nähte reißen, und eS gilt jetzt, ihm sofort ein passende- Gewand zu geben. Darum ruft wol selbst der Günstling der Tuilerien, Herr L. DuvernoiS, auf den Rath seine- anfänglichen Gönner-, deS Schneiders Dusautoy, ganz erschrocken aus: „Nur weites Maß nehmen I" Andere freilich finden, daß man bereits zu viel nachgegeben und daß man die gegenwärtlge Lage nur dem Uebermaß der ge währten Freiheit zu verdanken hat. WaS wir zeither schon wiederholt ausgesprochen haben, daß die kaiserliche Regierung durch den Ausfall der Wahlen in arge Verlegenheit gesetzt worden ist, damit hat eS seine volle Richtigkeit. Wird sie sich mit Klugheit au- die ser Verlegenheit zu ziehen wissen? Von einem Nachgcben, von einem Einlen- ken in freiheitliche Bahnen Seiten der Regierung soll freilich keine Rede sein, daS hat ja ein Handschreiben des Kaisers an einen seiner warmen Anhän ger erst vor wenig Tagen ganz entschieden und fest ausgesprochen. Der Kaiser will auf seinem Systeme beharren, er will dem Verlangen der Fort schrittspartei keine Zugeständnisse machen. Und doch hatte man das allgemein gehofft. Der Kaiser muß also andere Mittel und Wege im Sinne haben, wodurch er die erstarkte Opposition und die Unzufriedenheit im Lande zuban- nen gedenkt, und man wirft deshalb allgemein in Frankreich die Frage aus: Wird die Regierung nicht aus allen ihren Verlegenheiten sich dadurch heraus- zureißen suchen, daß sie die öffentliche Stimmung gegen Außen kehrt? ES ließen sich allerdings Anhaltspunkte genug auffinden, daß der Kaiser mit sol chen Gedanken umgeht. Die rasche Organisation der mobilen Nationalgarde, deren neue Uniformen in allen Straßen leuchten, die unbestreitbaren und un bestrittenen militärischen Vorbereitungen und noch mehr die sofortige Einberu fung der Kammer — dies Alles scheint anzudeuten, daß man doch vielleicht zu jenem alten Nothbehclfe der im Innern beklemmten Negierungen seine Zuflucht nehmen könnte, um sich der schärferen Beaufsichtigung deS Volkes zu entziehen. Ist übrigens die Verlegenheit der Regierung groß, so ist darum die der Opposition deS gesetzgebenden Körpers nicht viel geringer. Die gesunde Ein sicht der Bevölkerung hat gesiegt, indem sie ThierS, JuleS Favre und Gar- nier-PageS gewählt Hal. Allein diese selber verhehlen sich nicht länger, und JuleS Favre hat eS bereits offen tingestanden, daß ihre Wähler nunmehr eine ganz andere, viel schärfer ausgeprägte Haltung, als Jeder von ihnen früher beobachtet, erwarten. WaS die Herren Gambetta und Bancel anbelangt, die, mag man sagen, was man will, zu maßvollen Anschauungen sich bekennen, so werden sie Mühe haben, die Rolle stürmischer VolkStrilmnen, die man von ihnen erwartet, auf die Dauer durchzuführen. Man hat sie gewählt, um dem Bestehenden gleichsam den Gnadenstoß zu versetzen, und die Verhältnisse, die stärker find als ihre Anstrengungen, werden eS ihnen über kurz oder lang unmöglich machen, ihre Mandanten zufriedenzustellen, wenn sie den relativ ge mäßigten Ideen, die in ihren politischen Temperamenten liegen, getreu blei ben wollen. Man mag also den Zustand der Dinge in Frankreich, wie er durch die Neuwahlen geschaffen worden ist, betrachten wie man will, so ist er we nig erquicklich, wenig beruhigend. Die kaiserliche Regierung ist in Verlegen heit und muß auf Auswege sinnen, um die Geister zu bannen, und da» Volk ist in eine Art Aufregung versetzt worden, hofft und wünscht, ja verlangt eine Aenderung seiner Lage, ohne daß eS sich ganz klar bewußt ist, wie und wo durch durchgreifende Hülfe gebracht werden soll. Da» Ungestüm deS franzö sischen Volkes, einmal angefacht, wird aber wachsen und wachsen und die Lage der Regierung wird dadurch immer mißlicher. Wie diese Zustände enden werden — wer weiß daS? Allein daß sie nicht lange andauern können, daß möglichst bald eine Aenderung eintreten muß, da- ist klar. Deutschland. Preußen. Berlin, 20. Juni. Einen Begriff von der entsetzlichen Höhe deS ostprtußischen RothstandtS erhält man jetzt erst au- einer Zusam menstellung der Geburt-« und Gterbelisten für den Regierungsbezirk König-, berg. Der durchschnittliche Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle be trug bis zum KriegSjahre 1866 jährlich 16,572, und zwar im Jahre 18SS volle 16,641 Köpfe. Im Jahre 1866 sank er auf 3072 Köpfe herab; hatte doch der Krieg, außer den Verlusten auf dem Schlachtfelds, noch 9055 Men- schenverluste durch die Cholera im Gefolge. Im nächsten, durch auffällig zahlreiche Eheschließungen ausgezeichneten Jahre stieg der Ueberschuß der Ge burten nur auf 11,672 Köpfe. In Folge der Trauungen durfte man sür 1868 einen Ueberschuß von wenigstens 20,000 Geburten erwarten; in Folge deS NothstandeS aber starben 2329 Menschen mehr, als geboren wurden. DaS KriegSjahr hat also dem Einen Regierungsbezirke etwa 14,000, daS Nothjahr gegen 20,000 Menschenleben gekostet. Run ist der Königsberger Bezirk nicht so schwer betroffen worden, wie der Gumbinner, und die Hun gersnot!) hat sich bis nach Westpreußen und Pommern ausgedehnt. Wir dür fen darum annehmen, daß der Nothstand, dessen Existenz die Officiösen so be harrlich abgeleugnet haben, der einen preußischen Provinz fünfzigtausend Men schenleben gekostet hat. Fünfzigtausrnd Menschenleben kurz nach den durch den Krieg verursachten Verlusten! Oesterreich Au- Szege bin wird mitgetheilt, daß während deS orcanmäßigen, von Hagel begleiteten Sturmwindes, der in der dortigen Gegend wüthete, ein Ar beiter auf einer Station der Alföldbahn sei» Leben einbüßte. Als eS näm lich zu hageln begann, kroch er unter einen auf den Schienen stehenden klei nen Wagen. Bald darauf trieb der Sturm einen Kohlenwagen von HorgoS daher, welch» auf diesen Wagen stieß. Die Räder gingen nun über den Ar beiter, der sofort todt war. Der Hagel hat übrigens nicht bloS die Felder und Weingärten verwüstet; denn von einer Schasheerde, die das Unwetter auf freiem Felde überraschte, haben die Schloßen 150 Schafe erschlagen. Auf einer Szegediner Tanya gingen circa 100 Stück Enten auf ähnliche Weise zu Grunde. Spanien Madrid, 19. Juni. Gestern begab sich der neuernannte Regent in seinem Privatwagen in die CorteSsitzung, um den Eid auf die Verfassung zu leisten. Kanonenschüsse signalisirten der Bevölkerung deu seierlichen Akt. Die meisten Straßen der Hauptstadt waren feierlich geschmückt; die Zuhörerräume im Sitzungssaale waren überfüllt; daS ganze diplomatische Corps war an wesend. Beim Eintritt Serrano'S erhob sich daS ganze Hau». Nur der Präsident Rivero blieb auf seinem Platzt. Der Regent nahm neben ihm Platz. Er sah bleich und aufgeregt auS. Der Präsident nahm ihm den Eid mit folgenden Worten ab: „Schwören Sie die Verfassung der spanischen Na tion von 1869 und die Gesetze deS Lande- zu halten und über ihre Ausfüh rung zu wachen, schwören Sie bei allen Ihren Handlungen nichts als die Freiheit und daS Wohl der Ration im Auge zu Haden?" Serrano kniete nie der und erwidetre mit vor Aufregung zitternder Stimme: „Ich schwöre eS; und wenn ich jemals daS Gegentheil von dem, was ich beschworen, thun würde, so soll man mir nicht gehorchen, und alles was ich im Widerspruche mit der Verfassung und den Gesetzen thue, soll null und nichtig sein." Die Aufregung deS Regenten war so stark, daß er zusammenbrach, ehe er geendet hatte, und daS vor ihm liegende Papier zu Rache ziehen mußte, da ihm da- G-dächtniß versagt hatte. Präsident Rivero erwiderte: „Wenn Sie so han deln, wird Gott und daS Land Sie belohnen; wenn sie anders handeln, wer den Sie zur Rechenschaft gezogen werden." Dann wendete sich der Präsi dent an die Versammlung und sagte: „Die constituirenden CorteS sind Zeu gen von dem Eide, den der Regent soeben auf die Verfassung geleistet hat." Nunmehr erhov sich Serrano, nahm wieder neben den Präsidenten Platz und verlas folgende Rede: „Meine Herren Deputirten: Mit Gründung der constitutionellen Gewalt, die Sie mir anzuvertraucn geruht haben, und welche ich mit Dankbarkeit an» nehme, beginnt eine neue Aera sür die Septemberrevolution. Die Periode der großen Gefahren ist zu Ende, die Epoche der Reorganisation beginnt, während welcher wir nicht zu fürchten haben, eS sei denn unsere eigene Un geduld, unsere Ueberlreibungen und unser gegenseitiges Mißtrauen. Wir ha ben damit angefangen, den schweren Stein hinwegzuheben, der auf Spanien lastete, und uns dann unter monarchischer Form, die aber von republikani schen Institutionen umgeben ist, constituirt. Heute ist der Augenblick gekom men, daS Errungene zu entwickeln und zu befestigen und die Autorität, wel che die Aegide aller Rechte und da- Bollwerk sür alle sociale Interessen ist, zu stärken, indem wir zugleich unsere diplomatischen Beziehungen mit den an deren Mächten enger knüpfen. Die Aufgabe ist schwierig für meine persön lichen Kräfte, allein was mir Vertrauen gibt aus einen glücklichen AuSgang, daS ist Ihre hohe Weisheit, die formelle Zustimmung der Land- und See- Armee, der erprobte Patriotismus der Bürgermiliz und der weise und edle Geist unseres regenerirten Vaterlandes. Von dem Ehrenposten auS, auf den Sie mich erhoben haben, sehe ick die politischen Parteien nicht, ich sehe nur den Fundamental-Vertrag, der Jedermann verpflichtet, mich zu allererst, den alle Welt respectirt und in Vollziehung setzt, ich sehe unser geliebte- Vater land, welche- sich nach Stabilität und Ruhe sehnt, zugleich aber nach Frei heit und Fortschritt dürstet, und endlich al- höchsten Wunsch in Ausübung meiner Functionen, das baldige Ende eines Interregnum, unter welchem die Constitution aufrichtig und redlich in Ausführung kommen wird, die indivi duellen Rechte sich friedlich und mit Ordnung bethätigen werden und die Frei heit auf die breite Grundlage der moralischen und materiellen Ordnung er richtet werden wird, damit der von den constituirenden CorteS erwählte Mo narch eine glückliche und segensreiche Regierung für daS Vaterland beginne, dem ich alle meine Sorge, alle meine Ergebenheit und mein ganze- Leben geweiht habe." (Sehr gut!) Nach einer kurzen und mit viel Beifall aufgenommenen Antwort deS Prä sidenten der CorteS, Hrn. Rivero, verläßt der Regent unter den enthusiasti schen Rufen: eS lebe der Regent deS KönigSreichS! eS lebe daS Vaterland! eS lebe die Konstitution, die VolkSsouveränität und der Präsident der consti- tuirenden CorteS! den Saal und die Sitzung wird geschloffen. Kaufmann und Soldat. (Fortsetzung.) Beauvert befestigte die Gondel an einen Ring de- Postaments und nach wenigen Minuten waren Beide in dem Dunkel de- Garten» verschwunden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder