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Dresdner Journal : 09.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189701092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-09
- Monat1897-01
- Jahr1897
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- Dresdner Journal : 09.01.1897
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vei«,«i»rrt»: Für Dresden vierteljährlich: s Mark 50 Ps, bei den Kaiser- »ich deuischen Postanstalten viertekiührlich » Mark; außer halb ve« Deutschen Reiche- Post« mid Sttnipelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Grfchetue«: Täglich mit Ausnahme der Soun- und Feiertage abends. Fernspr -Anschluß: Nr1LS5 Dresdner Journal. «ukündtguugSgrdutzre»: Für den Naum einer gelpal- tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf. Unter „Eingesandt' die Zeile 50 M. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal» Dresden, Zwingerstr. so Fernspr.-Anschluß: Nr1Lvä ^§6. Sonnabend, den 9. Januar, abends. 1897. Amtlicher Teil. Dresden, 9. Januar. Se. Königl. Hoheit der Herzog Robert von Württemberg ist heute Vor mittag 9 Uhr 55 Minuten in Dresden eingetroffen und hat im Prinzlichen PalaiS Parkstraße Wohnung genommen Dresden» 7. Januar. Se. Majestät der König haben dem in den Ruhestand getretenen Grenzaufseher Bierke in WeigSdorf das Allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht. WeKanntincrchung, betreffend den freiwilligen Eintritt zum zwei-, drei- oder vierjährigen aktiven Militärdienst. l. Jeder junge Mann kann schon nach vollendetem l7. Lebensjahre freiwillig zum aktiven Dienst im stehenden Heere oder in der Marine ein treten, falls er die nöthige moralische und körperliche Befähigung hat. 2. Wer sich freiwillig zu zwei-, drei- oder vier jährigem aktiven Dienst bei einem Truppentheil melden will, hat vorerst bei dem Civilvorsitzen- den der Ersatz Kommission seines Aufenthalts ortes die Erlaubniß zur Meldung nachzusuchen. 3. Der Civilvorsitzende der Ersatz Kommission giebt , seine Erlaubniß durch Ertheilung eines Melde scheins. Die Ertheilung des Meldescheines ist ab hängig zu machen: a) von der Einwilligung des Vaters oder des Vormundes, d) von der obrigkeitlichen Bescheinigung, daß der zum freiwilligen Dienst sich Meldende durch Civilverhälinisse nicht gebunden ist und sich untadelhaft geführt hat. 4. Die mit Meldeschein versehenen jungen Leute haben sich ihrer Annahme wegen unter Vor legung ihres Meldescheines an den Komman deur des Truppentheils zu wenden, oei welchem sic dienen wollen. Hat der Kommandeur kein Bedenken gegen die Annahme, so veranlaßt er ihre körperliche Untersuchung und entscheidet über ihre An nahme. 5. Die Annahme erfolgt durch Ertheilung eines Annahmescheines. 6. Die Einstellung von Freiwilligen findet nur in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. März, in der Regel am Rekruten-Eiustellungs- termin (im Oktober) und nur insoweit statt, als Stellen verfügbar sind. Außerhalb der angegebenen Zeit dürfen nur Freiwillige, welche auf Beförderung zum Offizier dienen wollen, oder welche in ein Militär-Musikkorps ein zutreten wünschen, eingestellt werden. Hierbei ist darauf aufmerksam zu machen, daß t ie mit Meldeschein versehenen jungen Leute, ganz besonders aber die, welche zum drei- oder vierjährigen aktiven Dienst bei der Kavallerie eintreten wollen, vorzugsweise dann Aussicht auf Annahme haben, wenn sie sich, bei sonstiger Brauchbarkeit, bis 3 l. März melden, aber nicht zu sofortiger Einstellung, sondern zur Einstellung am nächsten Rekruten Einstellunqstermin. Wenn keine Stellen offen sind, oder Frei willige mit Rücksicht auf die Zeit ihrer Meldung nicht eingestellt werden dürfen, so können die Freiwilligen angenommen und nach Abnahme ihres Meldescheines bis zu ihrer Einberufung vorläufig in die Heimath beurlaubt werden. 7. Den mit Meldefchein versehenen jungen Leuten steht die Wahl des Truppentheils, bei welchem sie dienen wollen, frei. Außerdem haben sie den Vortheil, ihrer Militärpflicht zeitiger ge nügen und sich im Falle des Verbleibens in der oktiven Armee und Erreichens der Unter offiziers-Charge bei fortgesetzt guter Führung den Anspruch auf den CivilversorgungSschein bereits vor vollendetem 32. Lebensjahre erwerben zu können. 8 Mannschaften der Kavallerie und der reitenden Feldartillerie, welche im stehenden Heere drei Jahre aktiv gedient haben, dienen in der Land wehr I. Aufgebots nur drei statt fünf Jahre. Dasselbe gilt auch für Mannschaften der Kavallerie, welche sich freiwillig zn einer vier jährigen aktiven Dienstzeit verpflichten und diese Verpflichtung erfüllt haben. 9. Diejenigen Mannschaften, welche bei der Kavallerie freiwillig vier Jahre akiiv gedient haben, werden zu Uebungen während des Reserveverhältnisses in der Regel nicht hcrangezogen, ebenso wird die Landwehr-Kavallerie im Frieden zu Uebungen nickt einberufen. 10. Militärpflichtigen, welche sich im Musterungs- Termine freiwillig zur Aushebung melden, er wächst dagegen hieraus ein besonderes Recht auf die Auswahl der Waffengattung oder des Truppentheils nicht. Alle Amtsblätter werden um Abdruck dieser Be kanntmachung ersucht. Dresden, den 8. Januar 1897. Kriegs-Ministerium. von der Planitz. Arnold Wckattnlrncrchung. Die Versicherungsanstalt „Pensions-Kasse des Ver eins für Handlungs-Commis von 1858 (Kaufmännischer Verein) in Hamburg" ist zum Betriebe der Alters-, Invaliden-, Wittwen- und Waiien-Versicherung für Mitglieder des Vereins und deren Angehörige im Königreiche Sachsen mit dem Sitze in Leipzig gemäß den 88 2—4 der Verordnung vom 16. September 1856 zugelafsen worden. Auf Grund von 8 6 dieser Verordnung wird dies zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 31. Dezember 1896. Ministerium des Juneru, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. 24s Vodel. Edelmann (»rntttnnngcn, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Departement »er Finanzen, u) Kreis und Bc zirtssteuerverwaltung. Befördert: ter Bezirksstcuer sekretär Brendel in TrcSden zum Bezirkssteuerinspektor in Marienberg; zu BureauassistenUn die Exvedicmen Jacobi in Leipzig bei der Bezirkssteuereinnahme daselbst, Köther in Zwickau bei der Bezirkssteuercinnahme Dresden. — Angestellt als Expedienten: Hunger bei der Bezirkssteuereinnahme Zittau, Hönicke bei der Bezirkssteuereinnahme Oschatz Fritzsche bei der Bezirkssteuereinnahme Borna, Birthum b,i ter Bezirkssteuereinnahme Plauen, Welzel bei der Bczirksstcuer- cinnahme Schwarzenberg, Schwarz bei der Bezirkestcuer- einnahme Pirna — Versetzt: die Expedienten Höhne in Zittau zur Bezirkssteuereinnabmc Leipzig, Schreiber in Pirna zur Bezirkssteuercinnahme Trcsccn, Kiebitz in Plauen zur Bezirkssteuereinnahme Leipzig, Schuster in Schwarzenberg zur BezirkSsteuereinuahmeZwickau. — Entlassen auf Ansuchen: die Expedienten Gruhl in Leipzig und Fest in Zwickau — Pensioniert: der BezirkssteuerinspeUor Fritzs ch e in Marien berg. dcr Burcauassistent Noack in Drcsd.n. b) Technisches Personal der Steuerverwaltuug Befördert: der Geometer Bruhm zum Bermesfungsassistenlcn. — Versetzt: de Bermessunosiugenieure Opitz von Großcn- Lunst und Wissenschaft. K. Hosthcatcr. — Altstadt. — Am 8 d. Mts : Viertes Symphoniekonzert der König! musikalischen Kapelle. Das von Hrn. Hagen geleitete Konzert brachte zwischen zwei wohlbekannten Tonwerken von Schumann und Haydn als Novität eine Komposition Anton DvorakS, die freilich nach der Opuszahl 78 schon vor zehn oder fünfzehn Jahren entstanden sein muß: Symphonische Variationen über ein Originalthema für großes Orchester. Es sind 27 Veränderungen, viele davon phantasievoll mannig faltig und reizend erfunden, harmonisch und instrumental fein auSaeführt, auch kontrapunklisch behend mit Kunst und mit Luft behandelt, aber zum größeren Teil mehr nach der leichten Seite des Empfindens hin und mit besonderem Vergnügen an flotten Rhythmen variiert, sodaß gedanklich bedeutende Eindrücke gegenüber regsam untcrhaltlichen Wirkungen stark in der Minderheit bleiben Immerhin bewundert man die Fülle und Frische der Gestaltungen, die sich an da» ziemlich nüchterne O-äur-Thema anknüpfen und die namentlich während der zweiten Hälfte der Variationen, worin der harmonische Sah reiner und schöner und der instrumentale Ausdruck klangvoller ist als in den ersten Veränderungen, in reichen Fluß kommen und darin bi« zu dem schwungvoll gegliederten Finale verharren Die Koni-l Kapelle brachte da« Werk mit freiem, rhythmisch fein abgestustem Dorttag zu bester Geltung; Komposition und Ausführung wurden von den Hörern sehr beifällig ausgenommen Die beiden bekannten Musikschöpfungen waren die so genannte kleine Symphonie op. 52 von Schumann, deren Ouvertüre und Scherzo zu den lieben«würdigsten und wirksamsten -Hervorbringungen de« Meisters im romantisch- phantastischen Genre gehören, und Haydn« B-ckur-Sym- phonie, die letzte der berühmten englischen Symphonien in der maßgebenden Breitkopf u. Härtelschen Parnlurausgabe. Die Vorführung des Schumannschen Scherzos bildete eine besonders prächtige Leistung dcr Kapelle, deren Holzbläser sich im Trio durch die weiche Tonschönheit ihres Spiels hervorthaten P. „Die Poggenpuhls." Ein neuer Roman von Theodor Fontane „Tie Poggenpuhls" (Berlin, F. Fontane K Comp) ist soeben in zweiter Auslage erschienen, hat also bereits Verbreitung im Publikum gewonnen Er schließt nicht nur, wie bei diesem bedeutenden Schriftsteller ohne weiteres voraus- zusetzen ist, ein Stück wirklichen Lebens und vorzüglicher Beobachtung in sich ein, er hat auch nach zwei Seiten hin eine allgemeine Bedeutung, die ihn mit den gewichtigsten Fragen in der Litteratur der Gegenwart verknüpft Als Roman auf die vielberühm'e und vielmißbrauchte „Spann ung" hin angesehen, zeigt er sich von dcr gröhtdenkbaren Schlichtheit, und wer gewöhnt ist, seine Phantasie durch Abenteuer kitzeln zu lasten, kann vermutlich dem einfachen Lebensbilde garnichts abgewinnen VJenn gefragt wird, was in dem Roman vorgehe, so muß die Antwort lauten: Der Besuch eines jungen Offiziers bei seiner in Berlin lebenden und sich mit schmaler Einnahme durchdrückenden Familie — Mutter und drei Schwestern — das Zu sammentreffen dieses Besuchs mit einem kurzen Berliner Aufenthalt des in Schlesien lebenden Onkels General major a. D v Poggenpuhl. „Onkel Eberhard" läßt, nachdem er mit dem Neffen Leo und seinen Nichten eine Vorstellung der Wildenbruchschen „Ouitzows" be sucht und in einem Restaurant der Charlottenstraße soupiert hat, den „Rest"' eine« neuen Hundertmarkscheines in den Händen de« glücklichen Lieutenant«, der andern TagS nach Thorn zurück muß, und nimmt eine der drei Nichten, Sophie v. Poggenpuhl, nach seinem schlesischen Gute Adam«dorf mit Sophie malt dort Bilder für eine Dorf ¬ hain nach Dresden, Philipp von Zwickau nach Großenhain, Prasst von Dresden nach Zwickau. Bei der Verwaltung der StaatSeisenbahnen sind ernannt worden: Kühn, zeiiher Stationsassistent ll. Kl als Stationsassistent l. Klasse in Pommritz, Freiherr ü Byrn nnd Sickert, zeither Expeditiont-HilsSai beiter, als StationSastiftenten II. Kl. in Leipzig I und Dürrhennersdors; die MäääranwSrter Bretschneider und Theinert, zeiiher Diätisten, alsStaiion»- assistenten II Kl in Stauchitz und Ebersbach; Förster, zeither Diätist, als Packer in Boitersreuth; Findeisen und KeNig, zeither Vorarbeiter, als Bahnwärter sür die Linie Waldheim Kriebcthal Departement de» Kultus und öffentlichen Unterrichts. Erledigt: die 3 ständige Lehrerstelle in Technitz b/Döbeln. Kollator: die oberste Schulbehörde; Einkommen außer freier Wohnung 1024 M.; Bcwerbungsgesuchc sind bis zum 24 Januar bei kem König! BezirlSschulinspektor in Döb.ln, Schulrai Mus hacke, einzureichev Zu besetzen: die Schulstclle zu Schkorditz b Grimma Kollator: das Köiiigl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen der Stelle außer freier Wohnung im SchulhauS und Äartengenuß: 1000 M vom Schuldienst, 3 M. vom Kirchendicnst, 72 M. sür Fortbildungsschulunlerricht, 36 M. sur Sommerturnen und 150 M. (ausdiel Alterszulagc in Anrechnung kommende) persönliche Zulage Gesuche sind unter Beifügung sämtlicher Zeugnisse bis zum 23 Januar bei dem König!. Bezirlsschulinfpektoc Schulrat Schütze in Grimma emzureichen. — Sofort zu besetzen: die 2 ständige mehrer stelle an der 7klaisigen Schule zu Altmittweida Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen: 100 a M Gehalt, 72 M. sür Fortbildungsschule und Amtswohnung Gesuche sind unter Beisügung sämtlicher Zeugnisse bis in die neueste Zeit bis zum 30. Januar bei dem König!. Bezirksjchulinspcklor Schulrat Or Böhme in Rochlitzeinzurcicheu. — Zu Ostern zu besetzen: die 2.ständige Lehrerstelle an dcr Kllassigen Schule zu Markersdorf b. Burgstädt Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen: iooo M Gehalt und Amtswohnung, sowie 36 M sür Turnen Ge suche sind unterBeisüguiigsämtlicherZeugnisse bis in diencuesteZeit bis zum 15 Februar bei dem König! BezirlSschulinspektor Schulrat I)r. Böhme in Rochlitz einzüreichcn; — die zweite ständige Lehrerstelle an der Kllassigen Schule zu Wechsel burg Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1050 M. Gehalt und 120 M. Logisgeld, sowie 72 M. Fortbildungsschulhonorar und 36 M sür das Turnen. Gesuche sind unter Beisügung sämtlicher Zeugnisse bis in die neueste Zeit bis zuni 15 Februar bei dem König! Bezirksjchul- inspcltor Schulrat Dr Böhme in Rochlitz einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Ter streik Ler preußischen Produktenbörse» dauert unverändert fort und die Hoffnung, daß die an den Produktenbörsen von Berlin, Stettin, Halle, Köln und Braunschweig beteiligten Getreidehändler m neuen Börsengesetze wenigstens eine ehrliche Probe gönnen würden, hat sich nicht erfüllt. Die Betreffen den verharren in ihrem schroffen Gegensätze zu den gesetzlichen Bestimmungen und setzen den Handel in Getreide in sogenannten „freien Vereinigungen" fort. Erfreulich ist es wenigstens, daß dem Beispiele der obengenannten Produktenbörsen die anderen Produkten börsen Deutschlands nicht alle gefolgt sind. So haben n. a. bekanntlich die Breslauer Produktenbändler be schlossen, von der Börse nicht fernzublriben, und noch andere Börsen haben ebenso gehandelt. Man scheint es also an anderen Orten Deutschlands doch sür rich tiger zu halten, sich dem Gesetz zu unterwerfen und erst abzuwarten, ob denn durch die Beaufsichtigung der Börsen und durch die Mitwirkung von Land wirten bei der Preisfeststellung die befürchteten Nach teile für den reellen Getreidehandel in der That eiiitreten würden oder nicht. Sollten in der That Störungen und Hindernisse für das berechtigte Ge schäft sich bemerkbar machen, dann würde es an der Zeit sein, eine Revision des Gesetzes anzurcgcn Alle Einsichtigen würden dann gewiß bereit sein, an dcr Abstellung der Mängel mitzuhelfen. Ta aber den streikenden Produktenbörsen irgendwelche Erfahrungen über die Wirksamkeit des Gesetzes nicht zur Verfügung stehen und sich aller Widerstand nur auf Vermut ungen stützen kann, so ersckeint ihr Verhalten als ein durchaus ungerechtfertigtes und übereiltes. Die strei kenden Getreidebörsen lassen sich auch gar nicht darauf ein, ihre Beschlüsse fachlich zu begründen. Sie be tonen einzig und allein den „Ehrenpunkt" und erklären, die Mitwirkung der Landwirtschaft bei der Preis bestimmung als eine „Ehreukränkung", nachdem Ver treter der „Agrarier" den gesamten deulschen Getreide handel bei Gelegenheit der Beratung des Börsengesetzes aufs Ärgste verunglimpft hätten. Dadurch hat mau ganz selbstverständlich der Unterstellung Raum ge geben, die starke Betonung des Ehrenstaiidpunktcs solle nur dazu dienen, den Umstand zu maskieren, daß man sich in Wirklichkeit davor scheue und scheuen müsse, anderen Elememcn als den Hadituös der Börie eimn Einblick in deren Treiben zu gewähren. Die agrarisch gesinnten Blätter behaupten solches natürlich auch ohne Einschränkung, wählend auf der andern Seite die freisinnige Presse sich der streikenden Produkten börsen mit aller Kraft annimmt und mit einer wahren Berserkerwut über die „Agraner" herfällt. Inzwischen ist die Berliner Produktenbörse vcr ödet, sie besitzt nicht einmal einen Vorstand, außer den von der Regierung ernannten fünf Herren, die den Kreisen der Landwirtschaft angehvren. Bei den Vorstandswahlen ist nur ein „weißer" Zettel abge geben worden und die Ernennung von drei Mit gliedern durch das Kollegium der Ältesten der Berliner Kaufmannschaft ist an der Ablehnung der gewählten Mitglieder gescheitert. Und inzwischen führen die Berliner Getreidehändler ihre Geschäfte in der von ihnen neu begründeten „freien Vereinigung" in einem anderen Lokale ruhig weiter Es finden täglich Abschlüsse statt, sowohl in effektiver Ware, als auch auf Handels rechtliche Lieferung, nnd die Berliner Blätter bringen täglich Börsenberichte und Preisnotierungen. Es be steht also ganz unzweifelhaft eine neue Produkten börse, welche nur iu einem anderen Lokale und unter einer anderen Firma arbeitet. Der ganze Unter schied soll nach freisinniger Doktrin nur darin be stehen, daß die Umsätze keine „börsenmäßigen" sind, sondern auf „handelsrechtlicher Grundlage" beruhen. Daß solche Zustände einfach ein Hohn aus die Ge setze sind und ein sich täglich wiederholendes Lächer lichmachc» der Regierung bedeuten, ist ohne weiteres ktar und Abhilfe muß hier auf die eine oder andere Weise geschaffen werden. Bietet sich wirklich keine Handhabe, die neuen Vereinigungen als „Börsen" auf zufassen, so muß eben eine Ergänzung des Börsen gesetzes mit Hitfe der gesetzgebenden Faktoren vor genommen werden. Insbesondere erscheint es uns auch unangemessen, darauf zu warten, bis die Herren von der Produktenbörse selbst wieder zurücktehren werden. Daß dies bald geschehen werde, wird ja vielseitig angenommen Tas Aushilfsmittel der „freien Vereinigungen", sagt man, könne gar nicht auf die Tauer sich bewähren; der Widerstand werde nach nnd nach von selbst er lahmen, zumal Differenzen mit den Steuerbehörden — wegen der Umsatzsteuer — entstehen würden. So wenig glänzend auch ein solcher Ausgang für die streikenden Börsenherren sein und so wenig er der mit so großer Ostentation betonten Wahrung der „Ehre" entsprechen würde, würden sich doch die Streikenden rühmen können, eine Zeit lang dem Ge setze ein „Schnippchen" geschlagen zu haben, und darum müßten unseres Erachtens die Maschen des Gesetzes, da sie eben offenbar ein Durchschlüpfin ge statten, enger gestellt werden. pttnßischcn Ltaatshaushaltsktat für sind di« Einnahmen des Siaales uns 2046031 385 M, die Ausgaben im Ocdinnrium aus 1 955 855 020 M , im Extca- ordinarium aus 90 176 356 M. verau chUgt. Gegenüber den Veranschlagungen sur das lausende Etatsjahr zeigt, wenn die tirche, vom Januar bis zum September werden zwischen Bertin unv Thorn, zwischen Berlin und Adamsdors ver schiedene Briese gewechselt, im September erkältet sich der Generalmajor bei der Heimfahrt von einem Sedanseste und stirbt Die Damen dcr Familie Poggenpuhl kommen zur Bestattung des Schwagers und Onkels nach Adams- dors, die Witwe des Generals überweist ein bescheidenes Kapital an Schwägerin und Nichten, und die Poggenpuhls kehren nach Berlin in die alten Verhältnisse mit neuer Zuversicht und froher Hoffnung auf die Zukunft der beiden im Regiment von Trzebiatowski dienenden Lieutenants (von denen wir den älteren, Wendelin, gar nicht zu sehen erhalten und ihn doch lebendig vor uns sehen) zurück. Das ist die Erfindung, die Handlung, in der also der Wert und Reiz des Buches nicht liegen kann Der Hauptwert liegt nach unserem Gefühl vor allem in dcr wirklichen LcbenskcnntniS des Verfassers, in dem warmen Anteil, den er an bescheidenen, aber unter den Einflüssen besonderer Überlieferungen und besonderer Lebens bedingungen stehenden Existenzen nimmt Es ist hundert mal gesagt worden und auch immer wiederholt worden, daß Fontane durch den Vollbesitz aller Eindrücke und Einzelheiten de« rcichshauptstädtischcn Lebens alle modernen litterarischen Eroberer und vermeinten Schildere! dieses Lebens weit hinter sich läßt Auch in den „Poggenpuhls" legt er aufs neue die Fähigkeit an den Tag, die Licht- und Schattenseiten von Charakteren und Zuständen treu wicderzugeben, die das jüngste Deutschland ohne feineres UnterfcheidungSvermögen im allgemeinen nur satirisch und karikierend zu malen weiß. Die wunderliche Mischung idealer und materieller Motive in der Lebenshaltung der armen Adelsfamilie, die Bravheit und Licoenswürdigkeit, die durch ihr Gehaben di« aus da« Verhältnis zu dem alten Hausmädchen Friederike hindurchgeht, alles tritt fo greifbar deutlich vor un«, erweckt den Eindruck so strenger und unbedingter Wahrheit, daß man dabei aufatmen kann Denn schließlich sind, bei allem Individuellen, bi» in die kleinsten Züge, die Poqgenpuhls doch Typen und stehen für das Schicksal und die menschlichen Eigenschaften von Tausenden; sie stellen eine neue Widerlegung der flachen Lüge von der hoffnungslosen Korruption der oberen und nnttleren Lebensschichten dar Völlig untendcnziös, hat diele Erzählung oder Sittenschilderung das Verdienst, die Individualität und das individuelle Schicksal nicht bloß im Zigeunertum zu suchen und zu finden Sie enthält eine Fülle von Beobachtungen, die nachdenklich stimmen können; Prachtstücke sind unter andern das Zusammentreffen und das Gespräch der Poggenpuhls mit dem zum Schau spieler Manfred verwandelten Herrn v. Klessentin oder das Gespräch der Schwestern Therese und Manon von Poggenpuhl im Park von Adamsdorf oder endlich die letzte, die Tiefen einer vom Leben wundgeriebenen Menschen seele erschließende Szene zwischen der Majorin von Poggen puhl und ihren Töchtern „Die Poggenpuhls" heißen ein Roman, sie sind im Grunde nur Szenen zu einem Roman, selbst wenn man die Forderung, daß der Roman ein Weltbild sein soll, ausgiebt und die Episode an die Stelle des Epos treten läßt Die Abneigung gegen das gewaltsam Komponierte, Unnatürliche, hat sich allmählich zu einer Gleichgiltigkeit gegen die natürliche Folge, dic natürlichen Beziehungen der LebenSverhältnisie und Schicksale, gegen die Komposition über haupt gesteigert, ohne die doch der Roman schließlich un denkbar ist Auch Fontane Hilst sich damit, daß er in die Vergangenheit zurück- in die Zukunft hinausweisend Ab- schlüffe und Möglichkeiten andeutet, die in seiner Erzählung fehlen. Warum aber soll die erzählende Litteratur auf alle die Erscheinungen verzichten, in denen natürliche Ent wicklungen, ja tiefere Gesetze des Leben« in ungesuchter Konsequenz und Deutlichkeit zu Tage treten, warum den SenfationS-Feuilleton« und den Gericht«zeitunqen die zu sammenhängenden Handlungen überlasten? E« ist nicht die leiseste Notwendigkeit vorhanden, die Ursächlichkeit und die künstlerische Steigerung, soweit sie der natürlichen
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