Dresdner Journal : 03.02.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190202032
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- Parlamentsperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-02
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- Dresdner Journal : 03.02.1902
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v<iu,«ftret», Vet» Bezüge durch dl« G«si»äfttße»» t»»erß«lH Dr«d«x »^0 Bi. (einschl. fiotraguaa), durch die im Deutschen Reiche » M. ftuttschlitßlich Beft.llgeld) vierteljährlich Ntv-elu« Nummern »0 Pf Wird gurücksenduna der für die Echriftleitung bestimmte», «der von dieser nicht ein. geforderten Beiträge bean« ftnucht, so ist da« Postgeld beizufügen Dresdner Mnrnal Hrrau-gegeb«n von der Künigl. Expedition de- Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraß» 20. — Fern spr.-Anschluß Nr. 1282. Grscheinen« Werttag« nach« » Uh». NntKndiinng-gtdNstr««, Die Zeile kleiner Schrift d« 7 «al gespaltenen Ankündi gung».Seite oder deren Rau» »o Pf Bei Tabellen- »nd Ziffern sah « Pf Aufschlag für dir Zeile Untenn Re» daktiontstrich (Lingesandt) di« Textzeile mittler Kchnst »der deren Raum bO Pf Gebühren - Ermäßigung b«i üsterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bG mittag« 1« Uhr für d« nach mittag« erscheinend» Nummer ^27 1902 Montag, den 3. Februar nachmittags Amtlicher Teil. Ee. Majestät der König haben Allerguädigst zu genehmigen geruht, daß der Geheime Bergrath Brunnemann in Dresden, Direktor der Königl. Porzellanmanufaktur zu Meißen a. D., das ihm von dem Präsidenten der französischen Republik verliehene OffizierSkreuz de- Ordens der Ehrenlegion annehme und anlege. Gn»e»«««ge«, Versetzungen rc. im öffevtl. Dienste. -m »efchtft«»eretche»t«vrtntftertu»»derKt««uze». Bei der Poft - Berwaltung ist ernannt worden: Schreckenbach, zeither Poftsekrrtär, al« Ober Postdirektion»- sekreiär in Leipzig. nichtamtlicher Teil. Deutschlands Interessen in Liberia. LSL6. Vor einiger Zeit las man in den Blättern, daß endlich auch Deutschland in Liberia durch einen Berufskonsul vertreten sein werde. Ter Umstand, daß der zu diesem Posten ausersehene Herr längere Zeit in Nordamerika, und zwar in Gegenden mit zahlreicher farbiger Bevölkerung seines Amtes ge waltet hat läßt, wie die Mitteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft hervorheben, von vornherein darauf schließen, daß die Wahl auf eine Persönlich keit gefallen ist, die mit dem Verkehr mit mehr oder weniger zivilisierten bez. gebildeten Farbigen vertraut ist. Und das ist fehr gut! Der Liberianer wird sehr oft unterschätzt; das Wort „Nigger", das durch die amerikanischen Sklavenhalter zu so trauriger Be rühmtheit gelangt ist, haftet eben in den Augen un verständiger Leute, die den Neger nicht verstehen, ihn einerseits überschätzen und anderseits unter schätzen, auch den Nachkommen der „Nigger" bez. Sklaven, wie schließlich jedem Farbigen noch an. Liberia und seine gemischte Bevölkerung ist in mehrfacher Hinsicht für uns Deutsche von größter Bedeutung: der Handel ist vorwiegend in den Händen einer ganzen Reihe größerer und kleinerer deutscher Firmen, der Post- und Passagierverkehr wird zum größten Teile von deutschen Dampfern besorgt. Was unS aber Liberia vor allem so wichtig mach», da- sind seine Eingeborenen, die streng zu unterscheiden sind von den Liberianern, die sich au- befreiten Sklaven aus allen möglichen Gegenden Amerikas und Afrikas, unter ihnen auch zahlreiche Mischlinge, und den nicht sehr zahlreichen Ein geborenen zusammensetzen, die europäische Tracht angenommen haben und sich zum Christentum be kennen. Eine ungehinderte, womöglich von der Regierung der Republik unterstützte Anwerbung bei den im liberianischen Staatsgebiete wohnenden Kru, Vey, Bassa und Grebo ist für unsere westafrikanischen Kolonien von enormer Bedeutung und rechtfertigte schon allein die Berufung eines BerufSkonsuls, der keine eigenen kaufmännischen Interessen wahr- zunehmen hat. Den gelegentlichen Räubereien der Kruneger an der südlichen Hälfte der Liberiaküste wird diese Er nennung wohl keinen Abbruch thun; an diesen räuberischen Exzessen sind aber die Liberianer und die liberianische Regierung nur insofern schuld, als der so junge Staat noch nicht die Kraft hat, auch jene mit einer widerstrebenden Bevö.kerung besetzten, weit entlegenen Gebiete wirklich zu behaupten. Kunst und Wissenschaft. Residenztheater. — Am 1. Februar: „Die Fee Caprice". Lustspiel in drei Akten von Oskar Blumen thal (Zum ersten Male ) Mit dem alljährlich wiederkehrenden Gastspiel von Frl Jenny Groß au« Berlin, der sich diesmal auch ihr künstlerischer Kommilitone Herr Adolf Klein vom Berliner Lessing-Theater gesellt hat, hat da» neueste Stück von Oskar Blumenthal „Die Fee Caprice" Einzug und natürlich siegreichen Einzug im Residenztheater ge halten Die Mode de« BerülustspielS, die dem bi« zum Einfältigen ausschließlichen Kultu« der pikanten Prosa auf der Bühne gefolgt ist, muß ihren Höhepunkt noch nicht erreicht haben, wenn rin den Geschmack«pul« de« großen Publikum« so wohl beobachtender Schriftsteller, wie Blumenthal, mit den Herren Fulda und Schönthan- Koppel in Wettlauf tritt. Nicht, al« ob ihm die« schwer fallen könnte. O«kar Blumenthal hat immer sehr hübsch, klipp und klar in« Ohr klingende Verse geschrieben und auf der Grenze zwischen Bonmot und Epigramm oft und arrn scharmützelt. Aber seine Bezrehung zur Durchschnitt«- ftmimung de« großen Publikum« war allezeit so enß, daß er vorzeiten die Romantiker, die da» Bedürfni» nach dem Reiz und Klang de» Verse» auch im Lustspiel »erspürten oder zu verspüren meinten, lieber in lustigen wohlgereimten Sprüchen verspottet, al» ihnen nach- gedichtet hätte. Nun hat'» ihn doch angewondelt den Leuten zu zeigen, daß er auch dichten und selbst in diesem Spiel — für mehr al« Spiel wird er « nicht halten — immer noch «in gut T«il beweglicher, witziger und bühueuerfahrenrr sein kann, al« alle Konkurrenten von der Reuromantik Gerechterwrise muß man hinzusügen, daß der Ber- fasier der „Fee Caprice" die Konsequenzen seine« Ent- Der Versuch ist oft gemacht worden; anfänglich besetzte Liberia thatsächlich einige Hafenplätze, er richtete Garnisonen und Zollämter — nur schade, daß England seine Unterthanen, die sich weigerten, Zoll zu zahlen, beschützte, die liberianischen Schiffe wegnahm und obendrein eine hohe Buhe ve>langte und leider auch erhielt. Ohne die unendlichen, sehr hoch gegriffenen Schadenzahlungen an Eng länder und leider auch andere Europäer hätte Liberia heute wahrscheinlich nicht den dritten Teil seiner Schulden. Daß Liberia den Willen hat und möglicherweise auch die Mittel besitz», wirklich vorgekommene schwere Schädigungen durch die Kruneger und andere Küsten stämme schwer zu bestrafen, wird durch die zahl reichen bewaffneten, manchmal gemeinsam mrt den Kriegsschiffen der Mächte unternommenen Straf expeditionen bewiesen. Deutschland- Vertreter in Liberia stand bisher im Range den Vertretern auch kleinerer Staaten nach, (die Vereinigten Staaten haben einen Gesandten), die fast nicht« zu schützen haben; so hatte früher Belgien einen Generalkonsul. Daß diese» ent sprechend den großen Interessen Deutschlands und entsprechend der Machtstellung Deutschland» nun anders geworden ist, wird jeden erfreuen, dem die Hebung Deutschlands und Liberias am Herzen liegt. Bezüglich wirtschaftlicher Fragen in Liberia ist — ohne die finanziellen Verhältnisse de» Staates heute zu berühren — folgendes zu bemerken: Die Ausnutzung Liberias als Planiagengebiet durch Europäer oder Amerikaner dürfte insofern auf Schwierigkeiten stoßen, al» Weiße nicht Bürger des Staates und nicht Grundbesitzer werden dürfen. Dieselben Schwierigkeiten dürften beim Bergbau vor liegen. Ein AuSweg, diesen Schwierigkeiten zu be gegnen, bietet sich durch langfristige Pachten. Die Erzeugnisse, die Liberia liefert, sind folgende: Palmöl, Palmkerne, Kaffee, Kakao, Kautschuk, Pias- sava, Rotholz, Arrowroot, etwas Elfenbein u. a. m. Es könnten aber noch weiterhin auSgeführt werden: Rei», Bananenfaser, Mangrovenrinde, Früchte und vieles andere. Sehr bedauerlich ist eS, daß große Mengen keineswegs tadelloser Leben-mittel aus Amerika und Europa eingeführt werden, die zum größten Teile im Lande selbst erzeugt werden können. Sozialpolitischer Unverstand. Die zweite Beratung des ReichShauShaltsetatS gestaltet sich, sobald der Spezialetat deS ReichSamts des Innern vorgenommeu wird, bereits seit Jahren zu einer ausgedehnten sozialpolitischen Debatte, die von der Sozialdemokratie auf da- eifrigste aui- genutzt wird, um ihre Propaganda zu fördern. Hört man die sozialdemokratischen Redner jahraus jahrein dieselben Vorwürfe über den angeblichen Stillstand der Sozialrefoim, dieselben Behauptungen von mangelnder Fürsorge für die Arbeiterschaft Vor bringen, so gewährt das einen höchst trüben Aus blick auf d e Verständnislosigkeit und Urteilsunfähig keit derjenigen Volksschichten, auf die mit diesen Auslassungen spekuliert wird. Wäre auch nur ein kleiner Teil der sozialdemokratischen Darlegungen richtig, so würde das die Arbeiterschaft sehr empfind lich spüren. Aber die seit dem berühmten Erlasse des hochseligen Kaisers Wilhelm I. vollbrachten sozialpolitischen Reformen, die die Lage der deutschen Arbeiter in so unvergleichlicher Weise verbessert haben, lassen sich durch unbegründete Behauptungen nicht beseitigen. Darum genießt die deutsche Ar beiterschaft alle die daraus entsprungenen reichen Wohlthaten, auch wenn die Sozialdemokratie sich be müht, sie heradzutetzen, sehr gern, wenn sie auch, durch die sozialdemokratischen Agitationen irre- geführt, sich weiger», die große ihr gewidmete Für sorge anzuerkennen oder gar sich dafür dankbar zu erweisen. Leider aber scheint man in d«n Kreisen der Arbeiter recht vergeßlich zu sein, sonst wäre rS un möglich, daß em se z aldemvkratischer Redner wagen könnte, den AuSspiuch zu thun: „DaS Facit der Sozialrefo>m seit l>90, seit den Februar-Erlassen, ist, in großen Zügen charakterisiert, folgendes: nur zwei S egeSzeichen leuchten heraus —: die Zucht- hautvorlagc und die Zwölfrausend-Mark-Affaire. Kann man eine solche Sozialrefoim anders be zeichnen als eine Karikatur auf den Begriff einer wirklichen Sozialreform?" Sollten die Arbeiter wirklich fo vergeßlich sein, daß sie nicht mehr wissen, was gerade im letzten Jahrzehnt auf dem Wege der RerchSgesetzgebung für sie geschehen ist, so wäre daS ein trau'iges Z ichen. Unausgesetzt ist an dem Ausbau der Sozialreform gearbeitet worden, und unser sozialpoliti>ch»S Gebäude steht nun bereits so festqefügt und bewunderungswürdig da, daß vor zwei Jahren auf dem Kongreß zu Paris nicht nur der sozialdemokratische Minister Millerand, sondern auch fast sämtliche Wortführer auswärtiger Arbeiter- Vertretungen eS al- das Ziel ihrer Sozialpolitik erkläiten, zu denselben Zuständen der Sozialreform »u gelangen, deren sich die deutschen Arbeiter er freuen. Ja selbst in der erwähnten RcichStagS- debatte mußte ein sozialdemokratischer Redner zu- geben, datz wir „teilweise etwas bessere Arbeiter- schutzbestimmungen" haben al- andere Länder. Zieht man aber auch noch die ArbeiterversicherungSAesetze in Betracht, so ersieht man, wie unwahr hastig eS ist, von einer „Karikatur" auf eine wirkliche Sozial- rrform zu reden. Die Arbeiter sollten sich die Sache nun endlich einmal klarmachen und einsehen, daß eine Vertretung ihrer Interessen, wie sie jetzt die Sozialdemokratie auLübt, nicht geeignet ist, ihnen zu nützen. Sie sind nun doch einmal auf die Mitwirkung der „bürgerlichen" Parteien und der „bürgerlichen" Re gierung angewiesen, wenn sie etwas erreichen wollen. Die Sozialdemokraten haben zu positiven Ergebnissen der Sozialrefoim so gut wie nichts beigetragen; dafür aber deren ruhigen planmäßigen Fortschritt erschwert. Und woS noch schlimmer ist, die sozial demokratischen Herabfitzungen und Gehässigkeiten haben in der Bevölkerung eine große Unlust, noch weiter auf dem Gebiete der Soziale form Opfer zu bringen, erzeugt. Würde das sozialpolitische Vor gehen nicht als Gewissenspflicht, sondern als bloßes Entgegenkommen, als bloße Bethätigung des Wohl wollens für die Arbeiter empfunden, so würde der jenige Stillstand, von dem die Sozialdemokratie fälschlich spricht, schon längst wirklich eingetreten sein. Allein in Sachen der Sofialreform ist nur das Ge meinwohl, das Gerechtigkeitsgefühl maßgebend, und diesem Umstande haben es die Arbeiter zu verdanken, daß die sozialdemokratischen Entstellungen und Ver dächtigungen nicht für sie recht unangenehme Folgen zeitigen. Immerhin aber ist das sozialdemokratische Vorgehen nur zu sehr geeignet, dem sozialpolitischen Fortschritte Steine in den Weg zu legen. Allein auch auf „bürgerlicher" Seite werden auf sozialpolitischem Gebiete fortgesetzt arge Fehler ge macht; dazu rechnen wir zunächst das auch in diesen Tagen wieder beobachtete Drängen nach einem rascheren Tempo der Sonalreform. Noch liegen dem schtuffes nach der Sette der Erfindung hin vollständig zieht Er führt die Handlung und die Jntrigue auf die einfachsten Linien der alten Komödie zurück Graf Cornel v. Lund erfreut sich einer reizenden jungen Frau, die ein wenig die Caprice hat, ihrem Gemahl da« Leben sauer zu machen und sich den Hof machen zu lasten Mit besonderer Energie geschieht da« letztere von feiten de« düsterlichen weltschmerrlichen Poeten Rolf Eberhard und de« dreist zuversichtlichen Sportsmann» Wendelin v Frick Diese beiden Gesellen hat Graf Cornel abwechselnd im Hause und auf dem Halse, sie schaffen ihm in seinem reizenden Asyl am Genfer See schon Not genug, und nun soll er auch noch drei Wochen nach Genua reisen und die capriziöse Gräfin Marion mit ihren Anbetern all«in lasten In dieser Not rät ihm der welt«rfahr«ne Freund Baron Falkenhagen, da» alte Rezept zu probieren, Gist mit Gegengift au»zugl«chen und den einen Anbeter und Hau«freund zum «ifersüchngen Hüter de» andern zu setzen. Da« gelingt denn nun so ziemlich und der muntere Sportsmann überwacht den elegischen Poeten so gut, daß dieser an der Wand hinauslaufen möchte und zuletzt mit seinem „Unzertrennlichen" so hart aneinandergerät, daß ein« Forderung auf Pistolen unvermeidlich wird. Inzwischen aber ist e« den rührenden Phrasen und tragischen Allüren Rolf Eberhard« doch geglückt, sich »in wrnig in die Herzen aller um den Weg befindlichen Backfische und ein ganz klein wenig auch in da« Herz der Gräfin hineinzudichten Und da hat denn Hr v. Falkenhagen da« uralte Hilfsmittel der Lustspiel« Vorsehungen bereit, einen Brief, durch den der erhabene politische Flüchtling, der nach seinen Erzählungen für di« Freiheit gekämpft hat, al« Angstmeier bezeichne», der sich, «he noch ein Schuß gefallen ist, in einer Rotweinkiste nach der freien Schweiz spedieren ließ, und der einsame ideal entsagende Wanderer al« wohlbestallter Familienvater entlarvt wird, der daheim Frau und Kinder im Stiche ge lasten hat Er sollt» tief beschämt davonschleichen, aber da er über Vie gemeinen Vorurteile erhaben ist und sein innere« Gesetz nur von seinem Genius empfängt, so geht er mit großer Pose ab, schießt den radfahrenden und rudernden Hrn v Frick noch einen Fittichlahm und überläßt die Beschämung der Gräfin, deren Gemahl gerade zur rechten Zeit von Genua zurückkehrt. Die schöne Frau wirft sich reumütig in die Arme de« Gatten, und Baron Lothar (v. Falkenhagen) giedt eine Para base zum besten, daß in der Ehe Liebe und Verstand regieren müssen und nicht die Fee Caprice. In der Charakteristik der Gestalten möchte Blumenthal über di« Typen de« Ver«lustspiel« hinausgehen und satirische Schärfe entfalten Namentlich der „Ueber- dichter" Rolf Eberhard, ein Milchdrueer de« polnischen Klavierspieler« au« dem „Probepfeil", der inzwischen Zähne bekommen hat, soll diesem Zwecke dienen Freilich wär'« hübsch, wenn sich da« ganze Geschlecht der er habenen Wortmacher und unechten Weltumwälzer so im Handumdrehen auf einen eiteln kleinen Poseur und Lügenbold zurückführen ließe, aber so wohlfeil ist da« nun leid«r nicht, und di« Sentenzen, mit denen dir Er scheinung abgethan werden soll, fallen unglaublich dürftig und banal au«. Ueberhaupt sind die witzigen Wendungen de« VerSdialog« um ein gut Teil echter, al« di« rrnsten und moralisierenden Stellen, di« sich fast durchgehend al« „Talmi" erweisen Und zwar Talmi der schlimmen Art, eine Weltanschauung, die darauf hinausläust, daß d«r Mensch ein bißchen Vernunft, ein bißchen Anstand und sehr viel Geld haben muß, um da« Dasein äußerst vergnüglich zu führen und zu finden. Doch fällt weder die Charakteristik, noch der ethische Gehalt de« Lustspiel« b«i seiner Wirkung und Auf nahme in« Gewicht, man ergötzt sich an dem raschen Verlaufe, an den guten Einfällen, an der geschickten Verbindung alter Lustspi»lmotive und Gestaltenumriste mit etlichen unzweifelhaft neuen, man lauscht mit einigem Behagen den frischen Versen mit ihren anmutigen Ab- ohnedie- stark belasteten Reichstage unerledigte, aber wichtige sozialpolitische Entwürfe (u. a. die See- mannSordnung) vor; eS wäre also unmöglich, ein rascheres Tempo einzuschlagen. Durch solches Drängen unter stützt man nur die sozialdemokratischen Bemühungen, den Arbeitern weiSzumachen, eS könne weit mehr geschehen, al- geschieht. Noch mehr aber fördert man die sozialdemokratischen B'stiebungen durch daS Verlangen, „da- KoalitionSrecht der Ar beiter auszubauen". Wozu soll denn die schranken lose Koalitionsfreiheit dienen? Sie hat nur den Zweck, die Ziele der Sozialdemokratie zu fördern und die Arbeiterschaft völlig in deren Hände zu überliefern. Die Geweikschaflen sind krasse Klassen kampforganisationen, die dem Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitern aus politischen Beweg gründen entgegenarbeiten sollen. Der sozialdemo kratische Abg Fischer hat erst am Donnerstag den alten Bebelschen Ausspruch wiederholt: „Gewähren Sie den Arbeitern das uneingrschräi kte Koalitions- und Versammlungsrecht, und die deutsche Arbeiter schaft verzichtet auf die ganze Sozialreform." Das würde zwar die Arbeiterschaft nicht thun; allein diese Worte beweisen, wie wertvoll für die Sozial demokratie die Hinwegräumung der letzten Schranken der Koalitionsfreiheit sein würde. Die „bürger lichen" Sozialpolitiker sollten also im Interesse der Arbeiter sich hüten, auf diesem Gebiete den Sozial demokraten in die Hände zu arbeiten. Der Krieq in Südafrika. Die amtliche Veröffentlichung des Notenwechsels zwischen der britischen und der holländischen Regier ung über den FriedenSvermittelungSversuch der l'tzteren steht zwar noch bevor. Immerhin scheinen die überein stimmenden Vermutungen der verschiedenen Zeitungen zutreffend zu sein, wenn sie dahin gehen, daß an dem Scheitern jene- Versuches kaum mehr zu zweifeln sei. Für die Richtigkeit dieser Ausfassung spricht auch der Umstand, daß auf dem Kriegsschau plätze selbst gerade gegenwärtig wieder größere Operationen geplant zu werden scheinen. Nach vorläufig freilich nicht völlig beglaubigten tele graphischen Meldungen au» Kapstadt bereitet Lord Kitchener angeblich solche im großen Stil gegen den äußerst'n Nordwesten Transvaals vor, um dort dem Widerstande der Buren nachdrücklich ent- gcgenzutreten. Diese sollen davon unterrichtet worden sein und bereits ihre Maßregeln ge troffen haben. Kommandant Maritz hat an geblich daS Bufchmannland mit Vorräten aller Art versehen. Im Thale des OlifaniflussrS hätten die Buren reiche Ernten eingeheimst und sendeten jetzt große Mengen Korn nach dem Norden. DaS Buschmannland umfaßt ein ungeheures militärisch unzugängliches Gebiet, und es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, daß sich die Buren dort noch geraume Zeit verteidigen könnten. Ferner liegt eine Meldung des „Reuterschen BureouS" au» Pretoria über Vorgänge im Oranjefreistaate vor, der mög licherweise noch weitere aus diesem Gebiete dem nächst folgen werden. Sie gewinnt dadurch an Interesse, daß Dewet in ihr erwähnt wird. Der Mitteilung zufolge überschritten bei einem Gefechte zwischen englischen Truppen und 50 Buren in der Nähe des Zusammenflusses des Wilge und des Lceuwspruit am 25. v. MtS. 100 Buren von Wessels Kommando den Wilgefluß etwas weiter unterhalb dieser Stelle und stürmten auf die Nach hut der südafrikanischen leichten Reiter ein. 70 Buren, die zu DewetS Kerntruppen gehörten, griffen wech-tungen und wohlaufgefetzttn Schlagreimen, man versteht ganz gut, daß harmlose Zuschauer da« Spiel übe, die Maßen „geistreich" finden, und muß immer die Treffsicherheit de« Schützen rühmen, wenn auch da« Schwarz«, worein getroffen werden soll, ziemlich breit und weithin sichtbar ist. Wahrscheinlich erlebt „Die Fee Caprice" eine längere Folge von Aufführungen Frl Jenny Groß spielt die Gräfin Mrrion mit bekannter, nachgerade etwa» herkömm licher virtuoser Beweglichkeit und capriciöser Anmut in,,«nt- zückenden" Toiletten Hr Klein (Lothar von Falken hagen) zeichnet sich durch vornehm ruhige Haltung und die feinste wirksamste Behandlung de» VerSdialog» vor allen Darstellern au» Die Herren Lebiodkow»ky (Rolf Eberhard) und Witt (Wendelin v Frick) v«r- körperten die beiden feindlichen Bewerber sehr frisch und charakteristisch, auch die Herren Reiter (Graf Cornel) und Friese (Hofrat Menck) sind zu loben Da» Zu sammenspiel entsprach dem wirksamen Fluss« de» Stück» in jeder Beziehung A St Konzerte. Al» Fortsetzung der von Hrn Prof Bernhard Rollfitß im vorigen Winter in den Räumen der Mufikakademi« für Damen in ebenso pietät- wie ver dienstvoller Weise in« Leben gerufenen Robert Volk- maun-Abende veranstaltet« der Direktor de« genannt«» Institut«, Hr Gustav Schumann, am Sonnabend i« Musenhause ein Konzert, dessen Programm gleichfall» »»«schließlich durch Kompositionen dl« berühmten sächsi schen Meisters bestritten wurde Denn obgleich Volk mann« Ruf al« schaffender Künstler ein weitv«rbreitrt«r genannt werden kann, so find doch seine Hauptwerke noch immer nicht so tief und nachhaltig in die mufika» lisch« Welt eingrdrungtn, wie sie e« ihrer Gediegenheit, ihrer Eigenart und hohen Bedeutung halber ohne Zweifel verdienen. Seine Tonschöpfungen erscheinen wi« eine Art musikalischer Ausgleich zwischen Deutschland
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