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Dresdner Journal : 29.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190210298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021029
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-29
- Monat1902-10
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 29.10.1902
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Erste Beilage zu 252 des Dresdner Journals. Mittwoch, 29. Oktober 1902, nachm. Deutscher Reichstag. 20S. Sitzung, Dien»tag, den «8. Oktober, 12 Uhr. Am Tische de- BundeSratS: Staatssekretär vr. Graf »Pvsadow-ky-Wehner. Präsident Graf BaÜestrem eröffnet die Sitzung bei schwachbesetztem Hause. Die zweite Beratung der Zolltarisvorlage wird fortgesetzt bet den Vieh- und Fleischzöllen. », Abg Gras Sanitz (kauf.): Dem Aba. vr Müller-Sagan ist eS nur sehr wenig gelungen, die Kritik, die Abg. Bebel an den Tierörzten übte, zu mildern, in einzelnen Punkten hat er sogar noch schwerere Vorwürfe erhoben AuS meiner langen Praxi- kann ich seststellen, daß mir nicht ein einziger Fall be kannt ist, in dem auch nur der Verdacht entstehen konnte, als habe der KreiStierarzt seine Pflicht nicht gelhan. Ich kann den Städten bei dem jetzigen Fleischmangel nur den Rat geben, mit der Beseitigung der Schlachtsteuer vorzugrhen ES ,st mir unverständlich, daß dahingehende Anträge in Städten wie Breslau abgelehnt werden konnten. Bei der Höhe der Fleischpreise muß man auch berücksichtigen, welche hohen Lasten der Landwirtschaft für sozialpolitische Zwecke auferlegt sind. Eicher ist weiter, daß der Zwischenhandel ungewöhnlich die Flrischpreise in die Höhe getrieben hat In München hat ein sehr agrarseindliches MagistralSmitglied erklärt, daß Un wesen der Kommissionsgeschäfte trage die Schuld an der Perteuerung des Fleisches in München. Durch den Kmg der Kommissionäre werde das Vieh künstlich sera gehalten. Auch der Obermeister der Münchner Echlächterinnung hat am 2s September diese Ausführungen für zutreffend erklärt. Fleischmangel herrscht jetzt in ganz Europa und besonder- in England. Das kommt daher, daß ia Australien eine so große Dürre geherrscht hat und infolge dessen die Ausfuhr von dort nach England ganz außerordent lich zurückgegangen ist. England muß daher seinen Bedarf in Europa selbst decken Das wirkt natürlich auch auf den deutschen Markt Eine Beseitigung der Sperren würde nach meiner Ansicht keine Verbilligung der Fleischpreise herbei- führen, denn durch die Einsuhr werden nur Seuchen ins Land gebracht und die Preise steigen danach erst recht. (Sehr richtig! recht-; Lachen links.) Der Abg Bebel sagt, der kleine Bauer müsse Korn zukausen, er habe von den Viehzöllen keinen Vorteil. Ja, wovon lebt er denn eigentlich? (Sehr gut! rechts.) Die Herren von der Linken verweisen immer aus Dänemark. Dänemark hat aber die radikalste Biehsperre, die man sich denken kann. Die Quaranlänemaßregeln sind so streng, daß kein Rindvieh nach Dänemark eingesührt werden kann Eine solche Sperre wirkt viel besser als alle Zölle! — Für eine Reform des Bürsengesetzes einzutreten, wie uns der Abg. vr Pachnicke mahnte, haben wir im jetzigen Zeitpunkte am allerwenigsten Neigung. Die Linke verlangt bei jeder Ge legenheit billiges Brot, billiges Fleisch und hohen Lohn. Alle diese drei Wünsche sind zu gleicher Zeit nicht erfüllbar. Ich sage Ihnen mit dem Reichskanzler: Auf den Preis des Brotes kommt es weniger an, als auf den Verdienst des Arbeiters. Beifall rechts.) Abg. Depken (nl.): Die Gründe, die für die Kommissions- befchlüsse geltend gemacht werden, haben uns nicht dazu be kehren können, diesen unsere Zustimmung zu geben. Mit demselben Rechte wie bei den Viehzöllen könnte man überall Mindestzölle fordern. Die Sätze der Regierungsvorlage, die im wesentlichen nur einen Stückzoll fordern, bedeuten schon eine große Erhöhung. Die Kommission hat die hohen Mindestzölle und außerdem eine Berechnung nach Gewicht eingesührt. Beidem stimmen wir nicht zu. Vor drei Jahr zehnten hatte unsere Landwirtschaft eine ganz andere Grund lage Früher herrschte das Rindfleisch vor, jetzt herrscht das Schweinefleisch vor. Zum Teil ist dieser größere Verbrauch von Schweinefleisch durch die Abwanderung der arbeitenden Bevölkerung in die Städte entstanden. Unsere Gesetzgebung hat sich seit dem 1. Januar 189S in betreff der Zulassung von Vieh und Fleisch über unsere Grenzen nach keiner Richtung geändert. Die Grenzsperre kann also die Fleisch teuerung nicht verursacht haben. Wenn wir laxere Be stimmungen einführen, dann setzen wir uns großen Gefahren aus Selbst die sofortige Abschlachtun^ giebt uns keine Sicherheit gegen die Einschleppung von weuchen. Wir sind deshalb für eine Aenderung dieser Bestimmungen nicht zu haben Die Schweinezucht liegt im Deutschen Reiche vor zugsweise in den Händen der kleinen und kleinsten Besitzer. Ich freue mich, daß der Abg. Bebel die Notlage der Land wirtschaft anerkennt Wenn man anerkennt, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisfe in den letzten Jahrzehnten vollständig geändert haben, muß man auch zur Schaf fung eines neuen Tarifes Mitwirken. Nach meiner neulichen Rede über den Pferdezoll hat die .Deutsche Tages zeitung", geschrieben, ich hätte mich für die Zölle erklärt, soweit cs der Reichskanzler erlaubt habe. (Heiterkeit.) Davon kann natürlich keine Rede sein; ich habe meine Ansicht nach bester Ueberzeugung ausgesprochen. Heute, im Donner des Parteihaders, möchte ich die feste Hoffnung aussprechen, daß sich der wahre Patriotismus, der stets bestrebt ist, die Einzel- staaien gebührend zu berücksichtigen, demnächst doch noch als Blitzableiter bei dem schweren Wetter bewahren wird Ich hoffe, daß solche Gedanken wenn nicht in diesem Reichstage, so doch im nächsten wie befruchtender Regen wirken werden. (Bcikall bei den Natioualliberalcn.) Abg. vr Zwick (srs. Vp ): Auch wir sind für eineGrenz- fpcrre, wo die Gefahr einer Scucheneinschlcppung besteht, nur wollen wir nicht den Nachweis, daß ein ganzes Land fcuchen srei ist. Bei Oesterreich und Rußland z. B. wäre das kaum möglich Nur wenn der Nachweis einer Seuche in der Nähe einer Grenze geführt worden ist, soll diese Grenze gesperrt werden: wo keine Seuche herrscht, soll die Grenze offen sein. Eie wünschen teures Brot, teures Fleisch und hohen Arbeits ¬ lohn, wir sind für Handelsverträge, die eine gewiße Stetigkeit im wirtschaftlichen Leben gewähren Dann Haden der Arbeiter hohe Löhne und seine Kaufkraft kommt schließlich auch der Landwirtschaft zu Bule Jedenfalls stimmen dir Interessen der Kleinbauern und die der Großgrundbesitzer in dieser Frage nicht überein. Die Herren sagen, eine Steigerung der Fleisch preise um 10 Pfennig sür daS Pfund sei unerheblich Der Arbeiter mit seiner Familie empfindet diese Preissteigerung aber schon sehr schwer, und um so schwerer, als der Fleisch verbrauch bei ihm eigentlich noch nicht auf der Höhe drS Bedarfs steht. Die mangelhafte Flrischernährung muß eine schwächere Arbeitergeneration zur Folge haben. Es ist von Autoritäten nachgewirsen worden, daß die Konservierung durch Borsäure dem Fleisch nicht nur nicht schadet, 'sondern ihm sogar einen guten Geschmack verleiht. Auch daS schweselsaure Natron soll schädlich sein und dabei exemplifiziert man nicht auf die Aerzte, die Erfahrungen ge sammelt haben könnten, sondern aus einen einzigen Danziger SanitätSrat. Borax und Borsäure haben aus den Magen eine noch geringere Wirkung, als etwa doppelkohlensaures Natron, und dies bekannte Mittel wird doch wohl niemand für schädlich erklären wollen Weder im Jnlande noch im Auslande hat sich Borsäure al- schädlich erwiesen. Man hätte da- Verbot wenigsten- so lange hinau-schieben sollen, bi- weitere Versuche vorliegen. Thatsächlich stehen sich die Gut achten sogar de- Gesundheitsamtes in verschiedenen Jahren einander diametral gegenüber und zu ganz anderen Ergeb nissen als das jüngste Gutachten des Gesundheitsamtes kam Liebreich bei seinen auf Virchows Veranlassung gemachten Versuchen am eigenen Körper, die ebensowenig schadeten, wie Diners mit borsäurehaltigem Fleisch, die er gab. (Heiterkeit.) DaS Gesundheitsamt berust sich auf ein Gutachten des preußischen Medizinalkollegiums, veröffentlicht dies aber nicht, so daß man auch keine Kritik daran üben kann. Es berief sich auf die Ernährung von Tieren mit Borsäure in so großen Mengen, daß ganz naturgemäß eine Schädigung des Viehes eintreten müßte. Von der Anwendung so großer Mengen redet natürlich kein Mensch. Bor dem Erlasse eines so folge- schweren Verbots hätte man alle wissenschaftlichen Autoritäten genügend berücksichtigen müssen. Selbstverständlich bedeutet dieses Verbot die Aushebung der ganzen Einfuhr von zu bereitetem Fleisch. Sie haben die Absicht, auch hierdurch die Fleischpreise für die Verbraucher zu erhöhen, wie Sie es durch die erhöhten Biehzölle wollen. Diese Interessen einzelner auf Kosten der Allgemeinheit zu schützen, das wollen und können wir nicht mitmachen, und darum bin ich gegen das Verbot der Fleischkonservierung durch Borsäure. ^Beifall links.) Abg Dcgitz (Soz.) hält dem Abg. Grasen Kanitz gegen über die Behauptung aufrecht, daß die preußischen Tierärzte zum großen Teil abhängig von den Agrariern seien. Meine Freunde sind in allen Kommunen sür die Beseitigung der Schlachtsteuer eingetretcn. Auf eine Verständigung mit der Regierung hofft vr. Spahn noch immer aus Grund der Kommissionsbeschlüsse. Eine solche Verständigung aber ist unmöglich. Der Umsall des Zentrums würde sich aber erst nach den Neuwahlen vollziehen, sonst laufen ihm bei den Wahlen nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Bauern fort. Es ist gar nicht einzusehen, was die ganze Rederei hier im Reichstage noch sür einen Zweck hat. (Ironische Ruse: Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Es ist wiederholt von einer Aenderung unserer Geschäftsordnung gesprochen worden. Nun, so leicht ist das hier nicht, und auch in der bayrischen Kammer hat die Aenderung der Geschäftsordnung dem Zentrum schon große Schwierigkeiten bereite» Eigentlich wäre es also das Beste, die Bude zuzumachen und das grau same Spiel zu beenden. Wir bestehen trotzdem aus gründ licher Durchberatung Dazu fehlt aber die Zeit bis zum Juni. Sie ^rechts) sagen, cs habe niemand ein Recht, bc sonders billiges Brot und Fleisch zu essen. Ich sage, niemand hat ein Recht, die notwendigsten Lebensmittel im Preise wesentlich über den Weltmarktpreis zu heben! Man will das aber thun zum Besten der Agrarier im Osten, wo noch halb asiatische Zustände herrschen, wie sie der Trakehner Prozeß enthüllt Hirt. Sprechen Sie (recht-) wenigstens nicht von Gerechtigkeit, von Religion und Christentum im Zusammen hange mit dem Zolltarif! Das Zentrum muß gegen die Vorlage stimmen, wenn es seinen Versprechungen seinen Wählern gegenüber treu bleiben will, denn es hat immer sich gegen eine stärkere Belastung des Volkes durch indirekte Steuern ausgesprochen. Der preußische Landwirt schaftsminister weiß in seinem eigenen Ressort nicht Bescheid. Das hat sich gezeigt, als von der Milchpantscherei die Rede war, die auf einem seiner eigenen Güler vorgekommen ist. Kein Wunder, daß er jetzt auch nichts von den hohen Fleisch- Preisen weiß, die seit Monaten bestehen. Der Minister hat freilich wichtigere Dinge zu thun, er Hal ja dafür zu sorgen, daß sür die Kaiserliche Tafel der Schweinebralen rechtzeitig gestellt wird. Der Abg. Gamp hat uns den Rat gegeben, den höheren Preisen durch Gründung von Konsumvereinen zu begegnen. Wenn wir das aber thun, so legen die Be hörden diesen Vereinen alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg. Namentlich die sächsische Regierung, die an der Spitze der Brotwuchercr steht, macht den Konsumvereinen das Leben so sauer wie möglich. Die Agrarier wollen durch die höheren Zölle höhere Vieh- und Fleischpreise erzielen, und sie werden sie zunächst unzweifelhaft erhalten. Aber dann folgt eine so erhebliche Verminderung des Konsums, daß die Laudwirtschast von den höheren Preisen keinen Vorteil mehr hat. Wir wer den alles ablehnen (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär des Innern Vr. Gras v. PssadowSkh: Aus psychologischen Gründen ist cs mir zweifelhaft, ob das Haus fachlichen Ausführungen Gehör schenken wird. Meine Ausführungen in der Kommission kann ich nicht gut wieder holen. Niemand kann voraussagen, wie die Zollsätze aus die Jnlandpreise wirken werden; niemand kann sagen, wie die Entwicklung im Jnlande sein wird und welche neuen Länder- Der Kampf ums Glück. Erzählung von Eufemia v. Adlersfeld-Ballestrem. 2L (Fortsetzung.) Aber wie kam denn der Vogel auf den Theetisch, rin augenscheinlich sehr alter Rabe, der auf dem Rande saß und erst mit dem einen, dann mit dem andern Auge eingehend den Inhalt der Schüsseln betrachtete. Jetzt nahm er ein Stück Zucker aus der offenen, silbernen Schale, ließ es achtlos wieder fallen und bemächtigte sich eines Stücks Geflügel, mit dem er sich fo hastig umdrehte, daß es herab aus den Teppich fiel. Da schüttelte das Tier sein etwas ruppiges Gefieder, sagte laut und deutlich: „Peter ist ein Lump!" und flog schwerfällig seinem Raube nach. Wahrhaftig, Sir Donald hörte cs ihn so deutlich sagen, daß er es unmöglich geträumt haben konnte, ganz unmöglich! Um sich dessen zu vergewissern, ließ^er den Blick jetzt seitwärts, dem Kamin szu gleiten, (und da saß in cinein niederen Sessel seine Frau und war eingcschlafcn. Auf ihren» Schoß lag eine Zeitung, in der sie aber nicht ge lesen haben mochte, denn sie war noch halb zu- sammengefaltet so, daß er den Titel ganz gut er kennen konnte: „Edinburgher Nachrichten. Nummer l. Den 1. Januar 1901." „Tas ist ja gar nicht möglich. Ich träume noch!" murmelte Sir Donald und sein Blick blieb auf Elisabeths Antlitz haften. Herrgott, wie blaß, wie übernächtig und abgespannt waren diese sonst so weichen, jungen Züge, wie schmal war das sonst so schöne Lval des Gesichts, und um den lieblichen Mund, welcher Leidcnszug! Ja, war sie denn krank? Seit wann? Aus Bangen um ihn? Eine schreckliche, bittere Angst um die geliebte Frau krampfte sich mit cincmmale in sein Herz. Warum lehnte sic dort so blaß, so farblos in dein Stuhle? War sie tot? „Elisabeth!" rief er und richtete sich halb auf. Da schlug sic die Augcn auf. — Himmlischer Vater, was war das für eine Veränderung in ihrem Gesichte! Ein Strahl von Glück und Freude brach aus ihren Augcn, ein jähes Rot flog über ihr blasses Gesicht und mit einer einzigen Be wegung war sie neben ihm und umklammerte seinen Hals. „Donald, Geliebter! Gott sei gelobt und ge priesen!" lachte und schluchzte sic. „Elisabeth!" murmelte er, noch immer halb be nommen; er wüßte nicht, wie ihn» war. Da schrie der Rabe, der seinen Raub vertilgt hatte, „Gerade aus, Mac Latrine!" und Sir Donald zuckte zusammen. „Warum ist der Vogel hier?" rief er sich auf richtend „Tas ist ja der Rabe von Granny Mordax!" „Er war's", erwiderte Elisabeth, ohne ihre Arme von seinem Halse zu lösen. „Aber Granny Mordax ist am Sylvesterabend um sieben Uhr gestorben, und da ich den Vogel gern habe, weil er das alte Feld gcschrei deines, unseres Hauses sagen kann, so hab' ich ihn zu mir genommen." „Granny Mordax tot!" wiederholte Sir Donald. Gott hab' sie selig! Aber was sprichst du vom Syl- vesterabcnd? Der einunddreißigste Dezember ist heut und eS ist noch nicht Mittag!" „Mittag ist vorbei, Donald, und heute haben wir den zweiten Januar!" strecken dem Getreidebau erfchlossen werden Aber der Zoll wird zunächst die Preist auf ihrer Höhe erhalten Ich nehme keinen Anstand, mich aus einen sozialdemokratischen Schrift steller zu berufen Meine Herren, der Abg Schippel stellt fest, daß kein Zolltarif im Stande gewesen ist, da- Sinken der Betreidepreisr zu hindern (Hört, hört!) Meine Herren, ich glaube, wenn ich einen konservativen Schriftsteller zitiert hätte, hätte man seine Glaubwürdigkeit «»gezweifelt Seit 1879 ist die Fracht von Chicago nach Southampton um »4 Mark gefallen. (Hört, hört! recht») Wenn wir jetzt vor- geschlagen haben, der Landwirtschaft einen höheren Getrcide- zoll zu gewähren, so ist da- so, als ob sich die Transport kosten gar nicht verringert hätten, und angesicht- der Erhöhung der Produktionskosten geben wir einen Weizenzoll von 2 Mark mehr Ich gebe zu, daß der Laudwirtschast außerordentlich geholfen wäre, wenn sie 400000 Arbeiter mehr hätte, aber da- ist der eirenlns vitiosu», daß die Arbeiter in die Städte wandern', daß die Landwirte keine Arbeiter bekommen können. (Hvrt,hört! richt».) Mit jedem rapiden Aufschwünge derJndustrie ist ein Rückschlag sür die Landwirtschaft verbunden. Keine polizeiliche» Mittel werden auf die Dauer erreichen, daß der Landwirtschaft die Arbeiter erhalten werden. (Sehr richtig!) Nur die Gewährung gleicher Bedingungen, wie sie die Industrie arbeiter haben, kann der Landwirtschaft die nötigen Arbeiter erhalten. (Sehr richtig!) Aber hohe Löhne und niedrige Produttenprcist sind ein Unding (Sehr richtig! recht-.) Die Produktionskosten sind in den letzten Jahren in ungeheueren Prozentsätzen gestiegen. Es ist auf England und seine gün stige Landwirtschaft hingewiesen worden Meine Herren, ent weder verstehe ich von der Landwirtschaft nichts oder die Herren kennen England nicht. In England ist der Boden keine Einnahmequelle, sondern ein Luxusgegenstand. Weile Gebiete dienen der Jagd (Sehr richtig! recht-.) In Eng land hat sich die Latisundienwirtschast in entsetzlicher Weise entwickelt. (Sehr richtig! rechts.) 2,8 Prozent der englischen Besitzer haben die Hälfte des englischen Bodens. Diese Be- wegung datiert nicht auS der Zeit der Kornzölle. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Sehr richtig! rechts ) Sie hat sich weiter entwickelt. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten) Unser Kleinbesitz muß weiter verstärkt werden (Sehr richtig! rechts.) Ich hoffe, daß auch in anderen Provinzen An- siedelungskommissioncn errichtet werden. Aber das ist ein Irrtum, zu glauben, daß der kleine Besitz weniger Interesse an den Zöllen habe, als der Großbesitz. (Sehr richtig! recht» ) Wir müssen zwar den Großgrundbesitz, der nicht gehalten werden kann, aufteilen; aber wir müssen diesen Klein besitz dem Auslande gegenüber schützen. (Zurus des Abg. Bebel: Dänemark!) Dänemark hat ein feuchtes Klima und eignet sich ganz anders zur Viehzucht, wie unser Land. Die Erfolge der dänischen Viehzucht können Sie auf dem märkischen Boden nicht erzielen. Man konnte da rüber zweifelhaft sein, ob eine Fleischbeschau eingesührt werden sollte oder nicht. Die allgemeine Meinung war dafür, daß wir aus sanitären Gründen sie einsührtcn. (Sehr richtig! rechts.) Wenn wir das inländische Fleisch untersuchen, muß auch vas eingeführtc untersucht werden, cs mußten dieselben Kamelen für das eingeführtc Fleisch geschaffen werden. (Sehr richtig! rechts.) Die Kamelen sind schon geringer, weil wir nicht das lebende Stück Vieh untersuchen können Folgerichtig mußte auch da- Fleisch von der Einfuhr ansgeschlosfen werden, dessen Untersuchung unmöglich ist. (Sehr richtig! rechts.) Die Einfuhr von Lunce, Leber u. s. w., die verboten ist, macht Prozent des Fleischverbrauches aus. Dies kann nicht von irgend einem Einfluß sein aus die Ernährung unseres Volles. Ich habe mich gefreut, daß von sozialdemokratischer Seite an erkannt ist, daß sich die Levenswcise der Arbeiter gehoben hat. Früher bestritten das die Herren. Diesem gesteigerten LebenS- stande muß Rechnung getragen wcidcn, nicht auf dem Wege, den Sie (nach links) wollen. Es giebt zwei Wege. Man könnte die Grenzen ganz öffnen, aber dann würden die Krank heiten in ungeheurem Maße steigen, und es müßte so viel Vieh getötet werden, daß die Entschädigung dafür große Sunuuen verschlingen würde, die die Bichbesitzer zu zahlen hätten. Es ist mir fraglich, ob nicht dadurch das Fleisch noch mehr verteuert werden würde. Ich kann aus meiner Er fahrung als Landwirt mitteilen, daß wir ganze Ställe töten mußten. Tötung und die Absperrung von Ställen bringt aber Störungen in den ganzen Betrieb, die viele Landwirte nicht überstehen können. Wir müsscn alle Mittel anwenden, um, so weit möglich, unseren Vieh- und Pserdcbestand, der einen Wert von 7', Milliarden hat, zu schützen. In Mannheim ist in jünster Zeit die Maul- und Klauenseuche ausgebrochcn, wahrscheinlich infolge Einfuhr österreichischen BieheS. (Hört, hört! rechts.) Alle Körperschaften, die wir über die Borsäure gehört haben, haben festgestellt, Borsäure ist schädlich und muß verboten werden. (Sehr richtig! rechts.) Man sagt, kleine Mengen sind unschädlich; ist aber der Zusatz erlaubt, so giebt es kein Mittel, die verwendete Menge zu prüfen. Selbst die Gegner des Verbotes geben doch zu, daß Borsäure in größeren Mengen schädlich ist. Andere Staaten sind uns mit dem Verbote voran gegangen, z. B. die Schweiz; auch in Amerika sind solche Ver bote ergangen. Daß 's Gelehrte giebt, die anderer Ansicht sind, ist in Deutschland immer so. Das ist der Stolz der Wissenschaft, weiter zu forschen und nicht stehen zu bleiben. Wenn wir im Bundesrat aus eine Entscheidung warten sollen, bis alle Gelehrten einig sind, müßten wir warten, bis Ostern aus Pfingsten sällt. (Heiterkeit) Es ist behauptet worden, im wirtschaftlichen Ausschüsse sei ein Gerstcnzoll von 4 M und ein Doppeltarif ausgestellt worden Das ist nicht der Fall. Mehrheitsbeschlüsse winden dort nicht gefaßt Es wurden die Grenzen des autonomen und des MindcstzolleS fixiert. Die Regierungen haben sich dort auf kein System sestgclegt, die Fragen sind nur akademisch erörtert worden. Ein Doppeltarif kann unter Umständen sehr vorteilhaft sein, aber die Mindcst- zölle dürfen nicht so bemessen werden, daß sic einen Zoll krieg mit aller Welt in Aussicht stellen. Tie Mindestsätze, „Elisabeth — wie ist das möglich?" „Weil di» bis heut geschlafen hast, Geliebter! Und nun bist du erwacht zu neuem Leben, zu neuem Glück Begreifst du's noch nicht? Sich der Sonnenschein — trübe war der Himmel, grau und schwer, als du dich hier niederlegtcst, den Tod erwartend auf Grund der Prophezeiung! Sie hat getrogen und die Sonne lacht dir nun. Tic Hundertjährige war gestorben, ehe das Jahr ganz zu Ende gegangen ist Tu hast feinen An bruch erlebt und überlebt und bist heil an Leib und Seele aus der Krisis hcrvorgcgangen. Begreifst du's nun?" „Ich traue meinen Lhrcn nicht, Elisabeth!" „Nun, so traue dem Zeugnis deiner Augen! Sich' diese Zeitung — sic ist vom gestrigen Tage ihr Leitartikel ist ein Grnß an das neue Jahr und das neue Jahrhundert. Mit Glockenklang und Kanonendonner haben wir das alte Jahr zu Grabe getragen —' so beginnt der Artikel. Tie Zeitung aber ist eben gekommen und mit ihr ein Brief, dort liegt er. Sichst du den Poststempel: ,Erster Januar neunzchnhundcrteins'? Bist du nun überzeugt?" Sir Donald erhob sich und reckte seine Glieder, durch die der Strom des Lebens laut pulsierte. „Es ist wie ein Traum", sagte er. „Wie war's denn möglich, daß ich so lange schlief?" Elisabeth faltete die Hände in ihrem Schoß und holte tief Atem „Daran bin ich schuld", erwiderte sie dann fest. „Sieh, Donald, ich wußte, wie cs cndcn mußte mit dir — im besten Falle in der Nacht dcs Wahnsinns, in den dich die Furcht vor dem Tode getrieben hätte, ehe das Jahr zu Ende war. Und da hab' die wir eingestellt haben, sind heftig angegriffen worden Dem Hrn Reichskanzier war es von vornherein von Wichtig keit, za erfahren, wie weit er Geneigtheit bekunden dürfe, mit den Zöllen herunterzugehen Eine Reihe von Sätzen sind lediglich Kompensationsobjekte, die sich ändern werden; trotzdem richten sich die Angriffe gegen die Sätze, al» ob sie endgiltig wären Man hat gesagt, sallS der Tarif scheitere, solle man die bestehenden Verträge verlängern oder auf Grund de- autonomen Tarife- neue Verträge schließen Unsere Stellung mit dem autonomen Taris ist eher ungünstiger geworden. »4 Staaten, mit denen »vir im BertragSverhält- niS stehen, haben die Sätze ihre» Tarife- erhöht. (Hört, hört! recht-.) Mein Vorgänger v Marschall hat bereit- vor Jahren erklärt, der alte Zolltarif sei keine geeignete Unterlage zum Abschluß neuer Handelsverträge. Die Gefahr von Zollkon flikten ist viel größer, al» wenn wir einen neuen Tarif auf stellen. Ich habe immer einem Zollkriege mit Amerika ent- gegengrarbeitet und das Handelsprovisorium mit England befürwortet. Unser Zolltarif stammt auS dem Jahre 1878. Wenn Sie uns mit diesem alten Taris in Vertrag-Verhand lungen schicken, so ist die- dasselbe, wie wenn Sie unser Heer mit dem Kuhfuß von 1818 bewaffnen. (Heiterkeit.) Bismarck hat die Verantwortung aus sich genommen, sein Ziel zu er reichen (Unruhe links. Zuruf: Machen Sie es so!) 'Ich kann den Mehrheitsparteien nur den Rat geben, um die» Werk zu Stande zu bringen, von ihren weitergehenden For derungen abzugehen Sie sind nicht realisirbar Man muß die Interessen aller Bevölkerungsklaffen in Betracht ziehen. Darum nehmen Sie die Regierungsvorlage an. Die Re gierung ist fo weit gegangen, als sie kann. Tas Jahr 1908 wird ein kritisches für die Landwirtschaft sein; wird da» Zollschiff scheitern, so wird nicht so bald ein Minister eS wagen, das Schiff diesen Klippen irgend zu nähern. Die warnende Schrift steht an der Wand; man braucht kein Daniel zu sein, um sie zu lesen und zu deuten. (Beifall ) Abg. Trimborn (Z.): ES ist sestgestellt worden, daß in Cöln der Fleischverbrauch zurückgegangen ist und daß eine Preissteigerung sür Schweine stattgesunden hat Darum hat die städtische Verwaltung beschlossen, an den Reichskanzler die Bitte zu richten, unter Anwendung aller Vorsichtsmaßregeln die Grenze zu öffnen Ich habe diesem Beschlusse zugestimmt, ohne meinem prinzipiellen Standpunkte etwas zu vergeben, weil alle sanitären Maßregeln getroffen werden sollen. «^Glocke des Präsidenten.) Präsident Gras Balleftrem: Ich bitte um Ruhe Abg. Trimborn (forlsahrend): Als Sladtverordneter habe ich die städtischen Interessen zu vertreten, als Reichs tagsabgeordneter die allgemeinen politischen Interessen Der Abg Kanitz Hal schon gesagt, Zoll und Grenzsperre sind ver schiedene Dinge. Das wissen auch Sie (zu den Sozialdemo kraten) (Zuruf des Abg. Bebel: Nein!j Nun, dann muß ich es Ihnen klar machen (Heiterkeit), aber passen Sie auch ordentlich aus (Heiterkeit). Man kann sehr wohlauf Vereinen Seite für Oesfnung der Grenze und auf der anderen für einen erhöhten Zollschutz eintreten Ich hoffe, daß Sie das jetzt verstanden haben. (Heiterkeit.) Der Landwirtschaft ist viel besser gedient mit einer Oeffnung der Grenze unter Beobachtung der sanitären Maßnahmen und einem hohen Zollschutze, als mit dem heutigen Zustande der Sperre und unzureichenden Zöllen Landwirte, mit denen ich gesprochen habe, haben mir erklärt, eS liegt uns nicht soviel an einem kleinen Unterschiede im Zollsatz, als an dauernden Zuständen. Der Nachdruck, mit dem sich die Regierung gegen die Mindestzölle wehrt, macht erst recht vorsichtig und mahnt, die Viehzölle zu binden Gegenüber den heutigen Prcifen und den Durchschnittspreisen der Normaljahre wird der Zoll keine Steigerung bewirken. Die Grenzsperre be steht seit 1896 und während dieser Sperrzeit haben sich die Preise in gleicher Höhe gehalten. Die Sperre wirkt aber prohibitiv, sie wirkt viel einschneidender. als die Zölle. Ich bin der Ueberzeugung, daß die heimische Produktion von Speck und Schmalz nicht ausreicht. Deshalb haben wir hier keine Mindcstzölle festgesetzt und nur einer geringen Erhöhung gegen die Regierungsvorlage zugestimntt. Schon die letzten Wahlen haben unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten statt gefunden und der Zentrumsturm ist verjüngt, verschönert (schallende Heiterkeit) aus ihnen hervorgegangen. Der Abg Bebel scheint mir nicht aus dem Rahmen der städtischen Inter essen hcrauszukommen. Der Freihandel sührt zu allgemeinem Ruin, und den größten Schaden davon hat die Arbeiterschaft (Sehr richtig! im Zentrum ) Wenn unser Volk in einer Rede — ich behaupte nicht, daß es eine Parlamentsrede ist — hört, daß von Mördern und Wucherern gesprochen wird, wird cs sich vons olchen Leuten abwenden. Ter Abg Bebel Hal keinen anderen Wunsch, als Cöln der Sozialdemokratie zu erobern, aber wenn er im Sinne seiner Sonnabendrede diesem Ziele enlgegenarbcitet, wird es noch lange dauern, bis die rote Fahne aus dem Dome zu Cöln flattert. (Lebhafter Beisall im Zentrum.) Abg Haase (Soz): Man sagt, cs ist nicht nachwciSbar, daß der Zoll eine Preiserhöhung bewirkt; aber eS muß doch zugegeben werden, daß der Inlandspreis jetzt um so niedriger wäre, als der Zoll beträgt. Wenn Graf Pofadowskq meint, man könne nicht absehen, welche Faktoren aus dem Weltmärkte einwirken werden, dann sollte man um so mehr zurückhalten, den Inlandspreis künstlich zu heben und den Lebensunterhalt der Arbeiter zu verteuern Es ist geradezu unverantwortlich, angesichts der Fleischnot Flcifchwucher zu treiben. Wenn Sie die Futtermittel verteuern, werden Cie über Jahr und Tag erleben, daß die Produktion an Vieh zurückgeht Das Lied, daß die Zölle im Interesse der Arbeiter und insbesondere der Landarbeiter angenommen werden müßten, sang heute Graf Posadowsky wieder Die Landarbeiter find es aber vor allem, welche die Schweinezucht betreiben. Es kommt dem Arbeiter nicht so sehr aus einen Pfennig Lohn an, als aus soziale Gleichstellung; die Landarbeiter wollen vor allem das Koalitionsrccht, die Aushebung der Gesindcordnung (Sehr ich denn gewagt, was nur eine Liebe wie die meine wagen konnte: ich habe den Schleier des Schlafes über dich gebreitet, und unter diesem künstlichen Schlafe blühte das Leben und neue Gesundheit und Kraft für dich ans. Während dn so mit Leib und Seele mein Gefangener warst, verwandelte sich das alte Jahr in das nene, wich der düstere Bann der Prophezeiung von dir nnd deinem Hause. Du bist gerettet; doch nicht nur du, sondern dein besseres Ich, deine Seele mit dir, und sic wird und muß nun gesunden von den Spuren der letzten schrecklichen Zeit. Ich hab's gewagt und habe gewonnen, denn du lebst!" Sir Donald sah wie ein Träumender auf sie herab und in seinen Augcn begann es eigen zn schimmern. „Tu hast das gethan?" fragte er leise. „Tu bist das im staube gewesen, das? Und wenn ich nun nicht mehr aufwachtc, wenn das Mittel zn gut cinschlüfcrte, was daun?" Elisabeth kannte so gut den Klang seiner Stimme — aber diesen hatte sic noch nie gehört. Das Blut wich ihr wieder aus dein Gesicht, und blaß bis auf die Lippen, aber mutig und fest gab sic Antwort: „Tie Frage hat mir auch Doktor Chetwynd vor gelegt, den ich um das Schlafmittel gebeten habe — damals als ich nach London reiste. Aber ich mußte es trotzdem wagen — ich mußte! Es drückte mir das Herz ab, dich so in geistige Nacht versinken, vielleicht gar dich sterben zu sehen, ohne einen Finger zu rühren Wenn ich dir sagen sollte, welche Kämpfe mich das gekostet hat, ich könnte es nicht. Erlaß es mir —" (Schluß folgt)
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