Dresdner Journal : 06.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190510069
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19051006
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19051006
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- Saxonica
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- Ausgabe
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
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- Monat1905-10
- Tag1905-10-06
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- Dresdner Journal : 06.10.1905
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vezusSPreiS: Beim Bezuae durch dir ch«ichtstsst«tke innerkat» pre»»««» 2,50 M (rinschl. ZutragnnqV durch die im Deurfchen Reich« » M. (auSschlieftücb Bestell geld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Ps. Wird Zurücksenduna der für die Schriftleitung bestimmten, aber von dieser nicht ein« geforderten Beiträge denn» sprucht, so ist das Postgeld beizuftlgen. Dres-nn W Journal. Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheinen: Werktags nachm. 5 Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Ankündigungsgrbülnrn: Die Zeile kleiner Schrisl der 7 mal gespaltenen Ankündi- gungs Seite oder deren Raum 20 Pf. Bei Tabellen- und Zisscrnsatz b Pf Ausschlag für die Zeile Unten» Re- daktion-strich (Eingesandt) oie Textzcile mittler Schrift oder deren Raum so Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bis mittags 12 Uhr für die nach mittags erscheinende Nummer. Freitag, den 6. Oktober nachmittags. LW5. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Ober'tmarschall Grafen Vitzthum v. Eck- -ädt, Exzellenz, auf Lichtenwalde zum Präsidenten der Ersten Kammer des einberufenen ordentlichen Landtags zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Markthelfer Eckert bei der Firma Moritz Ruhl in Leipzig das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Die Paßk arten für das Jahr 1906 haben chamois Unterdrück. Die beim Jahresschluß ungebrauchten, unver dorbenen Paßkartenvordrucke von 1905 sind von den Paßbehörden behrfs Umtausches bei der spätestens am 1. Oktober 1906 zu bewirkenden Bestellung neuer Vordrucke an das Gendarmerie-Wirtschaftsdepot ein zusenden. Der Bezugspreis ist an dem der Be stellung beizufügendcn Geldbeträge zu kürzen. Nach dem 1. Oktober 1906 findet weder dieser Umtausch, noch eine Bezugspreiserstattung statt. Dresden, 4. Oktober 1905. 7934 Ministerium des Innern. (Bchördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) nichtamtlicher Teil. Der Streik in der berliner LlektriMtsindukrie. Angesichts des Umfangs, den der Machtkampf in der Berliner Elektrizitätsindustrie nachgerade erlangt hat, mag es von Interesse fein, sich dessen Anfänge noch einmal zu vergegenwärtigen. Am 9. September traten auf dem Wernerwerk der Gesellschaft Siemens u. Halske die Schraubendreher mit der Forderung hervor, die Löhne und Akkordsätze durchweg um 15 Proz. zu erhöhen. In dem bereits am 11. Sep tember zusammengetretenen Arbeiterausschuß wurden von dem Werkstattsleiter die Gründe ausführlich dargelegt, welche die Bewilligung der Forderungen ausschlossen. Als diese gleichwohl nicht zurückgezogen wurden, wurde das Verlangen dem in dem Werke der genannten Gesellschaft zum Zwecke der Be ratung über Arbeiterfragen eingesetzten Betriebs- ausschusse unterbreitet Dieser vermochte zwar die Berechtigung eines Anspruchs auf Lohnerhöhung nicht anzuerkennen, sprach aber gleichwohl im Inter esse der Aufrechterhaltung eines guten und freund lichen Verhältnisses zu den Arbeitern die Bereit willigkeit aus, eine Lohnerhöhung von durchschnittlich 5 Proz. eintreten zu lassen und zwar in der Art, daß diese Lohnerhöhung vorzugsweise den minder gut gelohnten Arbeitern zugute kommen sollte. Während die mit den besten Akkorden bedachten Ar beiter keine Erhöhung erhalten sollten, hätten so die am wenigsten gut gestellten eine solche von 7H Proz. erlangen können. Dieser Beschluß wurde am 16. September dem Arbeiterausschuß mitgcteilt und eingehend erläutert, aber die Arbeiter, die schon vor her unter Streikandrohung auf eine Beschleunigung der Entschließung gedrängt hatten, erklärten sich mit dem Zugeständnis der Gesellschaft nicht befriedigt und beschlossen ohne Verzug in den Streik einzu treten. Der Beschluß wurde denn auch so ausgeführt, daß bereits am nächsten Morgen 180 Schrauben ¬ dreher einfach von der Arbeit wcgblieben. Damit war von den Arbeitern der Weg der Verhandlungen verlassen, der Weg der Gewalt beschritten und dem Arbeitgeber offen der Krieg erklärt Daß die Gesell schaften den ihnen fo hingeworfenen Handschuh auf nehmen mußten, wenn sie sich nicht der Gefahr aus setzten wollten, daß immer aufs neue der Versuch unternommen wurde, ihnen Zugeständnisse abzutrotzen, ist selbstverständlich Es dient zum deutlichen Beweise dafür, in wie hohem Maße in diesem Falle die darauf beschlossene Aussperrung der Arbeiter in den beteiligten Werken ein Akt der Notwehr war, daß selbst die Delegierten des Metallarbeiterverbands zur Annahme der Zugeständnisse der Verwaltungen und in einer späteren Versammlung wiederum zum Frieden rieten. Hierbei mag auch der Anteil der Schuld erörtert werden, die den sozialdemokratischen Metallarbeiterverbaud an dem jetzigen großen Kampf trifft. Seine Vertreter haben zwar, wie bereits er wähnt wurde, in den späteren Stadien zum Frieden gemahnt, aber es unterliegt keinem Zweifel, daß die ganze Bewegung direkt und indirekt von dem Metall- arbeiterverbande geschürt worden war. Darauf weist die Tatsache hin, daß es sich in beiden Fällen um verhältnismäßig kleine Klassen von Arbeitern handelt, deren Arbeitseinstellung jedoch den Stillstand des ganzen Werkes zur Folge haben mußte. Auf diese Weise wurde der Streikdrohung, mit der von An fang an gearbeitet wurde, ciu starker Nachdruck ge geben und zugleich die Durchführung eines etwaigen Streikbeschlusses wesentlich erleichtert. Dieser sorg sam ausgeklügelte Plan läßt den Zusammenhang mit der Leitung des Metallarbeiterverbands deutlich er kennen. Zugleich aber sind von dieser Seite zweifel los die Arbeiter planmäßig gegen die Arbeitgeber verhetzt und in die Stimmung versetzt worden, daß sie in diesen ihre schwersten Gegner zu er blicken hätten. Nur so ist es erklärlich, daß bei den Verhandlungen in dem Arbeiterausschusse behauptet werden konnte, die Arbeiter seien so erbittert, daß sie schwerlich auch nur noch einige Tage zu warten geneigt sein würden. Ob nun die Mahnung der Leitung des Metallarbeiter verbands ernst gemeint war, oder ob man darin nur ein Manöver zu erblicken hat, um den Verband für den Fall schwerer Schädigung der Arbeiter diesen gegenüber weiß zu waschen, jedenfalls erging es der Leitung dieses Verbands genau so, wie der Siebener kommission im westfälischen BergarbeiteranSstande. Die von außen geschürte Erregung unter den Arbeitern war so groß, daß diese im entscheidenden Moment der Leitung der Organisation nicht mehr folgten. Die einfache Sachdarstellung zeigt mit der wünschens werten Deutlichkeit, welche verhängnisvolle Rolle der sozialdemokratische Metallarbeiterverbaud in dem vor liegenden Falle gespielt hat, und die öffentliche Meinung wird darüber nicht im unklaren sein können, wer in Wirklichkeit die Schuld daran trägt, daß so viele Arbeiter jetzt arbeitslos geworden sind und vielleicht noch eine größere Zahl demnächst arbeitslos werden wird. Tagesgeschichte. Dresden, 6. Oktober. Des ungünstigen Wetters wegen sind die Königlichen Jagden in Rchcfeld abgebrochen worden. Sc. Majestät der König wird mit den Prinzen söhnen Rehefeld nach der heutigen Mittagstafel verlassen und ins Hoslager Pillnitz zurückkehren. Kunst und Wissenschaft. Königl. Schauspielhaus. Am 5. d. M: „Klein Dorrit''. Lustspiel in drei Akten (nach Dickens) von Franz v. Schönthan. (Zum erstenmal.) Wer die Werke von Charles Dickens gelesen hat, erinnert sich gewiß noch mit Ergötzen der Erzählung von der „Kleinen Dorrit", jenes tapferen Mädchens, das im Marshalsea-Gefängnis geboren wurde, in dem ihr Vater 25 Jahre als Schuldgefangener gesessen hat, bis ihm plötzlich durch das Zufallen eines großen Ver mögens die Freiheit wiedergegcben wird. Die Erzählung wurde von Dickens geschrieben, um durch sie die Wider sinnigkeit der englischen Gesetzgebung zu geißeln, Schuldner gefangen zu halten, die voraussichtlich niemals im Leben ihre Schulden bezahlen können. Daneben wendete sich Dickens in seiner Erzählung mit Schärfe gegen das um ständliche und unpraktische Verfahren, da« zu seiner Zeit in England bei der Behandlung öffentlicher Angelegen heiten im Schwange war. Und schließlich sollte die Er zählung auch die Macht des Geldes in ihren Wirkungen auf die Menschen schildern. Der Dickenssche Stoff ist von Franz v. Schönthan als Idee zu einem Lustspiel benutzt worden, allerdings nur in seinen äußeren Umrissen, ohne die Zugabe des Spottes und der geißelnden Satire, aus denen heraus Dickens feine Erzählung schrieb. Daraus ergibt sich schon, woran das Werr krankt: an einer Verblüffung dcS poetischen Gedankens gegenüber dem farbenfrohen, in bunten Lichtern glitzernden Original. Was von ihm übrig geblieben ist, ist zum großen Teile eine Art von dramatisiertem Gartenlaubenroman, in dem die Sentimentalität überwiegt. Eü darf billig bezweifelt werden, ob der Stoff, wenn er seines satirischen Charakters entkleidet wird, überhaupt zur dramaruchen Bearbeitung verwertet werden kann; uns will scheinen, daß man ihm in diesem Falle auch das dramatische Rückgrat nehme. Es ist der Arbeit Schönthans ganz gewiß nachzurühmen, daß sie die Dickenssche Idee ge fällig vorträgt und mit theatralischem Geschick Situationen und Episoden in die Handlung verflicht, die von guter lustspielmäßigcr Wirkung sind; aber damit allein ists ja beim Lustspiel, wenn cs interessieren soll, nicht getan. Da darf man denn doch eine fesselndere Art des Handlungsaufbaues erwarten, als sie in „Klein-Dorrit" wahrzunehcmen ist, der Konflikt muß in größerer dramatischer Steigerung zum Ausdruck gebracht werden, als cs hier geschieht, und die Figurenzcichnung wie die Dialogführung muß kraftvoller vor sich gehen, als in diesem Stücke. Mit Grazie und Anmut allein ist da nicht auszukommcn. Kennt man nun gar eine Erzählung wie „Klein-Dorrit" mit all ihren fast unnachahmlichen Vorzügen, aber auch mit ihrem großen, kaum überwind- lichcn Mangel für den dramatischen Dichter: der rein epischen Artung, so muß man sich wundern, daß ein Schriftsteller dasjenige Moment in ihr, das ihren Charakter bestimmt, das satirische, nur so nebenher zur Wirkung kommen läßt. Von Dickens Geist ist in dem Werke kaum etwas zu spüren; die im Originale so reich gegliederte, farbige Handlung verblaßt in der Schönthanschen Bearbeitung zu einer mehr oder minder larmoyanten Mädchen- und Liebesgeschichte und die Figuren verlieren ohne Ausnahme all' jenen charakteristi schen Reiz, den sie bei Dickens haben. Gegenüber diesen grundlegenden Mängeln macht sich ein breiter Dialog be merkbar, der nur da und dort in lebhaftere Bewegung kommt, im übrigen aber nicht« anderes im Gefolge hat, als eine Verschleppung der Handlung. Der Erfolg, den das Werk gestern bei seiner hie sigen Erstausführung fand, ist wohl zumeist der ganz Deutsches Reich. Berlin. Die Abreise der Kaiserlichen Familie vom Bahnhof Groß-Nominten ist auf morgen Sonn abend vormittags '^10 Uhr festgesetzt worden Am heutigen Freitaq werden die Kaiserlichen Automobile, die in Nominten Verwendung fanden, nach Königsberg- Pi llau verladen, wo am Nachmittag die Kaiserjacht „Hohenzollern" und ^das Depeschenboot „Sleipner" zur Aufnahme bez Weiterfahrt des KaiserpaalS nach Schloß Glücksburg eintreffen werden Die Ankunft Sr Majestät des Kaisers in Königsberg zum Besuche Seines 3. Grenadierregiments erfolgt am morgigen Sonnabend kurz nach 12 Uhr mittags. Ob Ihre Majestät die Kaiserin und die Prinzessin-Tochter ebenfalls in der alten Krönungsstadt Aufenthalt nehmen werden, steht noch nicht fest. — Der Bundesrat überwies in seiner gestrigen ersten Sitzung nach der Sommerpause den Gesetzentwurf wegen Sicherung der Bauforderungen den zuständigen Ausschüssen. — Der Gesetzentwurf, betreffend die Ausgabe von Reichsbanknoten zu 50 und 20 M, ist be kanntlich in der vorigen Tagung des Reichstags nicht mehr zur Verabschiedung gelangt. Aus den sehr bemerkens werten Ausführungen, die der Reichsbankpräsident vr. Koch in der jüngsten Nummer des „Bankarchivs" über das Thema veröffentlicht, geht hervor, daß der Gesetz entwurf in der nächsten Tagung des Reichstags ver mutlich in unveränderter Gestalt wieder vorgelegt werden wird. — Zu den vielerlei Vorlagen, die den Reichstag in seiner nächsten Tagung beschäftigen werden, wird auch eine Novelle zum Gesetz über den Servistarif und die Klafseneinteilung der Orte gehören In den letzten Jahren hat sich der Reichstag mit Vorlagen ähn lichen Inhalts in verhältnismäßig rascher Aufeinander folge zu beschäftigen gehabt Während nach dem Ablauf der Geltung der Bestimmung des Ouartierleistungsacsetzes vom Jahre 1868, wonach Servistaris und Ortsklaffen einteilung vom Jahre 1872 ab alle fünf Jahre einer Revision unterworfen werden sollten, das Servistarifgesetz von 1887 diese Reoisionsfrist auf zehn Jahre ausgedehnt hatte, wurde in der Novelle vom Jahre 1897 wieder vorgeschrieben, daß die nächste Revision ausnahmsweise nach fünf Jahren zu erfolgen hätte, und die Novelle vom Jahre 1902 sah sogar eine Umgestaltung der Orts klaffeneinteilung nach zwei Jahren vor Diese ist auch im Gesetz vom 6. Juli 1904 vorgenommen worden, das letztere Hai aber gleichzeitig bestimmt, daß die nächste Umgestal tung sowohl des Servistarifs wie der Ortsklasseneinteilung nach zwei Jahren zu erfolgen habe. Die Frist, die damit gegeben worden ist, ist also demnächst abgelaufen. An dem Entwurf zu der betreffenden Novelle wird bereits an den zuständigen reichsbehördlichen Stellen seit längerer Zeit gearbeitet. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß er schon zu den Vorlagen gehören wird, die dem Reichs tage bald nach seinem Zusammentritt zugehen werden Denn ebenso langwierig wie sich die Beratungen über die Materie im Reichstage zu gestalten pflegen, ebenso mühsam sind die Vorarbeiten für die Fertigstellung der Servistarifgesetzentwürfe. Es wird wohl das Jahr 1906 herankommen, ehe die Vorlage dem Reichstage wird unterbreitet werden können. Unter diesen Umständen ist auch die Aussicht, daß die Novelle schon vor dem 1. April 1906 wird verabschiedet werden können, gering. Sicher aber ist trotzdem, daß die Wirkung der neuen Bestimmungen mit diesem Zeitpunkte einlreten wird, da eine gesetzliche Anordnung nach dieser Richtung bereits im Gesetze vom Jahre 1904 gegeben worden ist. — Der Vorstand des Kyffhäuserbunds der deutschen Landeskrieger-Verbände hat die von der 6 Vertreterversammlung des Bundes beschlossene Sympatiekundgebung für unserem Afrika kämpfen den Truppen gestern an den Reichskanzler abgeschickt. — Es ist gestern an leitender Stelle bereits von der Unterredung Kenntnis genommen worden, die der Reichs kanzler Fürst v. Bülow auch einem Mitarbeiter dcS „Temps" betreffs der Haltung der deutschen Politik in dcr marokkanischen Anaeleqenheit qewäbrt bat Das „Wölfische ausgezeichneten Darstellung zuzu'chrciben, die es fand, und an der Frau Gasny als Trägerin der Titelrolle, Hr. Stahl als Arthur Clennam und Hr Fischer als William Dorrit hervorragend beteiligt waren. Jeder dieser drei Künstler bot eine in sich so völlig abgerundete, bei Frau Gasny nur durch einen etwas zu starken Auf trag von Sentimentalität gering beeinträchtigte dar stellerische Leistung dar, daß man mit größerem Ver gnügen den Vorgängen auf dcr Bühne folgen konnte, als dies sonst der Fall gewesen wäre. Es war eine geradezu liebevolle Sorgfalt über die Darstellung des Werkes ausgebreitct worden, die sich für den Zuschauer ebenso erfreulich bemerkbar machte in der Rollen besetzung, wie in dcr Inszenierung. Nennen wir neben den oben envähnten Künstlern noch mit Lob die Damen Diacono und Scrda und die Herren Mehnert, Ge bühr, Ren«, Wierth, sowie den kleinen Curt Ricken, dcr die ziemlich umfängliche Aufgabe, die dem kleinen Dick in dem Stücke zufällt, mit ebensoviel Mut wie Geschick erfüllte, so darf auch des Hrn Regisseur Erd mann nicht vergessen werden, dem das Verdienst der Einstudierung und vortrefflich gelungenen Ausführung gebührt. W. Dg». Wissenschaft. * Aus Paris wird berichtet: Die Internationale Tuberkulosevereinigung eröffnete gestern die vierte Tuberkulosckonfercnz unter Vorsitz des Prof Brouardel-Paris, als Generalsekretär fungierte Prof, vr. Pannwitz Berlin. An dcr Konferenz sind 21 Länder beteiligt Deutscherseits sind die Professoren vr. Leyden, vr. Fraenkel und vr. Behring an wesend Eine Organisation mit dem Sitz der Verwal tung in Berlin wurde durch neues Statut einstimmig angenommen. — Prof. Behring teilte gestern, wie der „Berl. Lokalanz." meldet, einiges über sein neues Tuber Bureau" verbreitet jetzt die folgende ausführliche Dar stellung dieses Gesprächs Fürst v. Bülow erklärte: „Ich betrachte das eben ge troffene Abkommen als ein erfreuliches Ereignis im Leben der beiden Völker, denn es macht einer Periode deS Miß trauens ein Ende, die ich immer für bedauerlich gehalten habe Ich war glücklich, festzustellen, daß die Anschauungen des Hrn. Rouvier bezüglich der zu beobachtenden Grundsätze in Übereinstimmung mit den meinigen standen. Ich hoffe, daß derselbe Einklang sich auch aus der Konferenz kundgeben wird Ich bin der Ansicht, daß diese Konferenz, weit ent fernt davon, uns zu entzweien, dazu beitragen soll, uns zu nähern. Für diese Annäherung ist allerdings eine Be dingung notwendig, man muß sich im französischen Publikum darüber klar werden, daß jene Politik, die Deutschland zu isolieren trachtete, der Vergangenheit angehörl, daß diese Bahn heute sür immer ausgegebcn ist Ich hege die Zuversicht, daß dem so sein wird und deshalb habe ich mit dem soeben unter zeichneten Abkommen einen großen Beweis unsere- versöhn lichen Geistes gegeben. Ich habe nur den einen Wunsch, daß die französische Politik aus und nach der Konferenz mir ge stattet, diese Politik des guten Einvernehmens sortzusetzen, wie sie allein zweier großer Nachbarvölker würdig ist, die beide wesentliche Faktoren der Zivilisation sind." Auf die Bemerkung des Redakteurs des „Temps", daß in Frankreich die Kundgebungen zur deutschen Politik, insbesondere die Schritte des Grasen Tattenbach Mißtrauen hervorgerusen haben, entgegnete Fürst Bülow: „Daß man diesen Eindruck empfangen hat, ist auch mir bekannt; ich bedaure dies, aber ich gebe Ihnen mein Wort als Ehrenmann, daß auf unserer Seite niemals der geringste Hintergedanke vorhanden war Ich wiederhole das lediglich, um den bedauerlichen Mißverständnissen ein Ende zu machen, übrigens haben wir dies bei den beendeten Verhandlungen bewiesen." Auf die Äußerung des Interviewers, in Frankreich herrsche die Besorgnis, daß Deutschland entgegen der Bismarckschen Tradition nunmehr die koloniale Aus dehnung Frankreichs behindern, daß man in Berlin Frank reich in eine antienglische Politik hineinziehen und dazu vermittels einer deutsch-russischen Annäherung zwingen wolle, erwiderte dcr Reichskanzler: „Alle diese Beunruhigungen sind unbegründet Ja, es ist wahr, daß Fürst Bismarck häufig die Berechtigung der fran zösischen Kolonialpolitik anerkannt hat, und ich selbst habe eines Tages im Reichstage erklärt, daß cs weder in Asrika noch in Asien einen Punkt gebe, wo unsere Interessen aufeinander- stoßen, aber diese Kolonialpolitik darf nicht wie in der Marokkosache die Gelegenheit zu einem üblen Vorgehen gegen Deutschland bilden. Vorausgesetzt, daß die französische Kolonial politik unsere wachsenden Handelsinteressen und unsere Würde, die wir noch höher stellen, respektiert, werden wir Frankreich nicht bloß nicht behindern, sondern nötigenfalls in Marokko und anderwärts unterstützen. Was den zweiten Grund des Mißtrauens anlangt, so weiß ich, daß cs Leute gibt, die einen Krieg zwischen England und Deutschland als etwas not wendiges prophezeien Ich sage, daß es eine Albernheit ist, diesen Krieg als unvermeidlich anzukündigen. Deutschland und England würden einander zu viel Unheil antun. Sie werden diesen Versuch nicht machen Und wenn ich auch die Heftigkeit der Zeilungspolcmiken und die Nervosität des Publikums nicht verkenne, so behaupte ich doch, daß die Regie rungen in London wie in Berlin sich zu sehr ihrer Verant wortlichkeit bewußt sind, als daß sie sich durch derartige Heftig keit beeinflussen ließen. Frankreich kann da übrigens eine nützliche Rolle spielen, indem es die Gemüter beruhigt anstatt aufzustacheln. Die internationale Soliditarität ist zu tief greifend, als daß man sich schmeicheln könnte, der tertius ^auckong zu sein. Wenn zwischen England und Deutschland Voreingenommenheiten vorhanden sind, so werden diese früher oder später schwinden. Frankreich kann mithelfen, sie zu zerstreuen. Sein Beispiel zeigt, daß es immer mög lich ist, sich mit England zu versöhnen. Was Rußland anlangt, so stehen wir zu Ihrem Verbündeten in den denkbar besten Beziehungen Tas ist eine natürliche tra ditionelle Situation. Warum sollten Sie daran Anstoß nehmen? Haben wir jemals am französisch-russischen Blind nis Anstoß genommen? Hatte dieses Bündnis uns gegen über jemals den aggressiven Charakter, den man, ich weiß nicht, warum, gewissen Annäherungen zugeschrieben Hal, die, ohne den Wert eines Bündnisses zu besitzen, viel beun ruhigender schienen? Ein doppeltes System von Allianzen, die beide friedlich sind, sichert das Gleichgewicht Europas. Diesen Allianzen könnten und sollten sich Freundschaften beigesellen. Sie stehen mit Italien gut; nichts kann besser sein. Wir stehen mit Rußland gut Vortrefflich! Man dars nur der französisch-italienischen Annäherung keinen antideutschen und tulofehellmlNet mü. Wider Erwarten machte Deyrmg die mit Spannung erwarteten Eröffnungen über seine Arbeiten zur Auffindung eines Tuberkuloseheilmittels nicht dem hier tagenden Tuberkulosekongreffe, sondern einem Aussragcr. Diesem sagte Behring: „Meine Ar beiten sind beendet: ich glaube, das Mittel zur Ver hütung dcr Tuberkulose sowie zu deren Heilung gefunden zu haben Es handelt sich nicht um ein Serum, auch nicht um Impfung. Im August 1906 werde ich in der Lage sein den Ärzten dieses Mittel, dessen Zusammen setzung eine Zeitlang mein Geheimnis bleiben wird, zu übergeben. Ich bin meiner Sache vollkommen sicher; die Kranken dürfen hoffen Roux und Mctschnikow sind cingcweiht. Zu einer Mitteilung an den Kongreß fühle ich mich aus verschiedenen Gründen nicht veranlaßt." Noch erklärte Behring, daß er für seine Studien alles veraus gabte, was er während der letzten Jahre erworben habe. Ferner hob dcr Gelehrte hervor, daß er sich Sr Majestät dem Deutschen Kaiser tief verpflichtet fühle, weil der Monarch durch die in Marburg geschaffene Situation die Möglichkeit gab, den Kampf gegen die verheerende Krankheit aufzunehmen und zu diesem Ende zu führen Mehrere nichtdcutschc hervorragende Kollegen Behrings, die kein Hehl aus ihrer Verstimmung machen, daß Behring nicht im Kongresse gesprochen, äußern sich skeptisch, weil schon aus den Naturforschertagen in Madrid, Lübeck, Wien und Berlin analoge Versprechungen Behrings Vorlagen, die bis heute unerfüllt blieben, und weil Behrings neueste Versuche mit dcr Immunisierung der Säuglinge den Hoffnungcn keineswegs entsprechen hätten. Immerhin sei Behrings wissenschaftlicher Rang so hoch, daß seine Forschungen stets interessieren werden — Präsident Loubet wohnte gestern nachmittag der Einweihungsfeier für das Sanatorium Montigny im Departement Nord bei; das Sanatorium wurde mit einem Kostenaufwande von 3 Mill. Fres erbaut, die aus
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