Suche löschen...
Weißeritz-Zeitung : 15.01.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193201159
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19320115
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19320115
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1932
- Monat1932-01
- Tag1932-01-15
- Monat1932-01
- Jahr1932
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 15.01.1932
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
sör Wd«lmr, Berlin. 15. Januar Auf einer Versammlung der Landvolkpartei in Peine sprach der Reichsparteiführer des Deutschen Landvolkes (Christlich-Nationale Bauern- und Landvolkpartei) v. Hau- enscyild-Tscheidt über die politischen Tagesfragen. Er führte u. a. aus: Das deutsche Landvolk habe sich für eine Wiederwahl des Generalfeldmarschall» von Hindenburg durch Volkswahl ausgesprochen, und au den Reichspräsidenten die Bitte ge richtet. dem deutschen Volke das Opfer der Weiterführung seine» verantwortungsvollen Amtes zu bringen. 2m augen blicklichen Zeitpunkt den Reichstag einzuberufen, müsse da« deutsche Landvolk aus nationalem Verantwortungsgefühl ablehnen. Der Reichskanzler habe sein Nein gegenüber jeder wei teren Tributzahlung unmißverständlich ausgesprochen und dürfte sich der Tragweite dieser Willensäußerung voll be wußt sein. Zu den agrarpolitischen Fragen forderte der Redner, daß die durch die Notverordnungen den landwirt schaftlichen Betrieben gebrachte Hilfe folgerichtig ausgebaut und erweitert werde, wobei der Norden, Westen und Sü den besonders ins Auge zu fassen seien. Friär Kampl gegen Briining Rücktritt Vorbedingung der Wiederwahl Hindenburgs. Lindau im Bodensee, 15. Januar. An einer nationalsozialistischen Massenversammlung sprach der frühere thüringische Innenminister Dr. Frick. Er verglich die Erklärung Brünings zur Tributfrage und deren vorauszusehendes Ergebnis in Lausanne mit dem Schicksal der deutsch-österreichischen Zollunion unter Curtius und folgert«, daß Brüning aus Lausanne nur eine Niederlage nach Hause bringen werde. wenn die Regierung dann noch nicht zurücktrete, sei die RelchsprSsidentenwahl der äußerste Zeitpunkt für den Sturz Brüning», denn die Rallonalsozialisten seien nicht geneigt, di« Zentrumsdiktalur Brünings auch nur einen Tag länger W ertragen, al» e» unbedingt notwendig sei. Al» stärkste Partei Deutschlands hätten sie den Anspruch darauf, daß der Reichspräsident au» ihren Reihen gewählt werde. Alles da» gelte aber nur unter der Voraussetzung, daß Brüning noch weiter am Ruder bleiben wolle. Etwas anderes sei es, wenn sich diese Sachlage ändere, denn dann könnten die Nationalsozialisten ruhig abwarten. Wenn durch die Aktion Brünings die Würde und das An sehen des Reichspräsidenten geschädigt worden seien, so hät ten nicht die nationale Opposition, sondern die Gegenspieler die Schuld daran. Mr eine Mmoanle? Layton: „Deutschland kann etwas zahlen". London, 15. Januar Sir Walter Layton sprach auf einem Essen über die gegenwärtige finanzielle Lage der Welt. Er betonte, daß die Schuldenfrage hauptsächlich dafür verantwortlich sei, daß der gegenwärtige Tiefstand des Welthandels das aanze wirt schaftliche System der Welt zu zerstören drohe. Uebergehend auf die gegenwärtige Lage Deutschlands wies er darauf hin, daß die Gold-Reserven der Reichsbank so gering seien, daß die Zahlungsfähigkeit der Reichsbank im raschen Abneh men begriffen sei. Wenn es wahr sei, so sagte Sir Walter Layton, daß das wirtschlaftliche Leben und die wirtschaft liche Tätigkeit der Welt um 20 bis 25 v. H. oder sogar noch mehr zusammengeschrumpft sei, und daß die Welt mit einer vollständigen Zerstörung ihrer Wirtschaft bedroht werde, dann müsse so rasch wie möglich mit dem Wiederaufbau be gonnen werden. Es sei ganz klar, daß kein Kapitalzustrom wieder herbeigeführt werden könne, solange die Gefahr be stehe, daß die gegenwärtige Lag« wiederkehre. Layton erörterte dann die deutsche Erklärung der Zah- lungsunfähigkeit und sagte, es fei klar, daß Deutschland etwas zahlen könne, wenn ein Plan ferliggestellt wer- den könne, unter dem der zerstörende Einfluß der Tribute während der Depressionszeit aufgehoben werde, und der so aufgebaut werde, daß er keine schlimmen Folgen habe. Ls sei wichtig, daß eine Vereinbarung getroffen werde, die einen Wiederaufbau ermögliche, da die Welt nicht mehr zwölf Monate lang warten könne. Lin wirtschaftlicher Wie deraufbau ohne eine Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland sei nicht möglich. Eine solche Vereinbarung könne aber nur zustande kommen, wenn sie mit der Zustimmung und Unterstützung der Hitler-Partei erfolge. Layton begründete die Auffassung, Deutschland könne doch etwas bezahlen, damit, daß bei einer Streichung sämt licher Kriegsschulden und Tribute Deutschland verhältnis mäßig am günstigsten wegkomme, weil es mit der gering sten inneren Schuld belastet sei. Deutschland sehe sich dann nur einer inneren Schuld von 500 Millionen Pfund gegen über, was ein« Belastung von 8 Pfund je Kopf der Bevölke rung bedeute, während Frankreich eine solche von 65 Pfund je Kopf und England sogar eine solche von 150 Pfund je Kopf haben werde. Der deutsche Standpunkt, so führte Layton weiter aus, daß säintliä-e Tribute und Kriegsschul den gestrichen werden müßten, sei in erster Linie politisch. Es müsse eine Vereinbarung, am besten unter der Führung Frankreichs, getroffen werden, die die Tribute auf ein Min destmaß herabsetze. Ein Moratorium sei «ine schlechte Sache. Ein zweijähriges Moratorium sei noch schlechter als ein einjähriges, da es länger dauer«. Eine «ndgültia« Lösung müsse sofort gefunden werden. Eine Lücke in der Beweissührung Die Begründung ist vom Standpunkt des Engländers vielleicht zu verstehen. Er vergißt aber, daß die Inflation uns zwar von den inneren Schulden befreit, daß sie aber gleichzeitig die deutschen Einzeloermögen aufgezehrt hat. Sir Walter Layton vergißt, daß das deutsche Volk also heute völlig verarmt ist, während es in Enaland und Frankreich auch heute noch immer sehr beträchtliche Prioatvermögen gibt. relephoMümase? London, 15. Januar. Der politische Korrespondent des „Star" stellt die Le- hauptung aus, die verfrühte Veröffentlichung der Erklärung Dr. Brünings sei aus das Abhören eines Televbonaesprächs > zwischen der britischen Botschaft in Berlin und London zurück- zusühren, in dem die Mitteilungen de» Relch»kanzler an den englischen Botschafter nach London übermittelt wurden, nie mand wisse genau, wo die Belauschung des Gespräches statt- saud. Dieser oder jener halte e» sür möglich, daß ein Hiller- ageul oder ein Telephonbeamter mit Sympathien für die ; Nationalsozialisten eine Niederschrift des Gespräche« besorgte. ElMlM wünscht KElM« London, 15. Januar. Das halbamtlich« Reuter-Büro meldet: Obwohl es unter I den gegenwärtigen Verhältnissen nicht so aussieht, al« ob , eine endgültige Regelung der Reparationsfrage erfolaen > könnte, würde doch, wie man zu wissen glaubt, die englisch ! Regierung mit einer Zwischenlösung allein nicht zusrievßft - sein, die nur darauf hinausläuft, daß man auf der Stelle mar- ' schiert. Die zuständigen amtlichen britischen Kreise unterstützen ! einigermaßen die Ansicht, daß ein langfristiges Morato- j rium nicht genüge. Es wäre besser, wenn man jetzt ! keine endgültigen Regelungen erlangen könne, einen Ver- s gleich zu schließen, der die Endlösung beschleunigt, anstatt sie ; zu vertagen. Man glaubt zu wissen daß die englische Regierung es vorziehen würde, wenn die Kriegsschuldenfrage in Lausanne nicht erörtert würde und sich die Konferenz einzig und allein auf das Reparationsproblem beschränken würde. . Frankreichs Borschlas Lin völlig unannehmbarer Ausweg. Pari«, 15. Januar. Erklärungen amtlicher französischer kreise bestätigen, daß französischerseits in den Besprechungen mit dem eng lischen Finanzsachverständigen Leith Rok eine Lösung vor geschlagen worden ist, nach der Deutschland ein Zahlungs aufschub von zwei Jahren für die geschützten Zahlungen ge währt werden soll. Die ungeschützten Zahlungen sollten kommerzialisiert in Obligationen der Reichsbahn auf den Markt gebracht werden. Sie sollten erst vom Jahre 1SZ4 ab in den Verkehr kommen. L» wird amtlicherseits betont, daß diese vorgeschlagene Lösung nicht der endgültlae vor- schlag der französischen Regierung gewesen sei. Wachsender Widerstand in London Die „Financial Times" meldet, daß sich in London der > Widerstand gegen die französischen Pläne, di« ungeschützten Tributzahlungen durch Eisenbahn-Obligationen abzudecken, verstärke. Man dürfe nicht vergessen, daß die Eisenbahn be reits für die Zahlungen der Hounganleihe verpfändet sei, so daß die Leistungsfähigkeit der Reichsbahn durch neu« Obligationen nicht erhöht werde. Man erkenne immer mehr, daß es wenig Zwecke habe, für die Tribulzahlungen mit werten in Deutschland selbst zu rechnen. Wichtiger seien die werte, die erzeugt und an die Gläubigermächte überwiesen werden könnten. Immobi les Kapital könne nicht zur Lösung der gegenwärtigen Pro bleme beitragen. Schorle Mahnahmen der Schweiz im Zahlungsverkehr mit Oesterreich und Ungarn Bern, 15. Januar. Zur Durchführung der mit mehreren Ländern getroffe nen Devisenabkommen beschloß der Bundesrat u. a., daß Schweizer Firmen, die aus Oesterreich oder Ungarn Waren einführen, von heute ab verpflichtet sind, die Zahlungen da für an die Schweizerische Rationalbank zu leisten. Auch Ue- berweisungen von einer schweizerischen Postscheckrechnung in diese Länder können nur durch die Schweizerische Rational bank erfolgen. Ardeitslömvle in Schweden Stockholm, 15. Januar. Der Arbeitgeberverband hat beschlossen, die Arbeiter in den Eisenhütten und den Maschinenfabriken auszusperren, wenn bis zum 24. Januar in dem schwebenden Lohnstreil keine Einigung zustande kommt. Von einer Aussperrung würden rund 90 000 Arbeiter betroffen werden. Eroher Walsen- und Svreagstoss-Fund Hagen, 15. Januar. Wie das Polizeipräsidium mitteilt, wurde von Beam- ! len des Polizeipräsidiums in der Sunderlohstraße ein ver- ! steckles Sprengstoff, und Wassenlager ausgehoben. Gesun- ! den wurden über 1 Zentner Sprengstoff, 770 Sprengkap- s sein, eine Menge Gewehre und Pistolen sowie Munition, i Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Die polizei- j liche Untersuchung ist noch im Gange Schwere Explosion bei velbohrungen Schlotheim (Thüringen), 15. Januar. Bei einer der Oelbohrungen, die in der Schachtanlage Volkenroda in Men- leroda vorgenommen werden, ereignete sich in der Rächt eine Explosion. Lin neunzehnjähriger Bergmann wurde so fort gelötet, drei weitere Bergleute wurden zum Teil schwer verletzt. Die in den Schacht eingefahrene Belegschaft, die sich in unmittelbarer Rähe des Lxplosionsherdes befand, konnte durch einen Schwesterschacht ausfahren. Der ausgebrochene Brand wird durch Abdämmen er stickt. Alsdann wird der Betrieb wicderaufgenommen wer de» können. Auf d«n zu Volkenroda gehörigen Pöthen- Schächten geht der Betrieb ununterbrochen weiter. Rorbiidersak aul einen Juwelier s Berlin, 15 Januar. Lin schwerer Raubübersall wurde ! morgens von Autoräubern aus das Juweliergeschäst von Hüsselmann in Lichtenberg verübt. Die Verbrecher schlugen die Scheibe ein, bedrohten den Inhaber mit Pistolen und raubten für 10 000 Mark Brillantringe. Die Räuber spran gen in ihr wartende» Anto zurück. Der Führer batte stän dig den Motor laufen lallen. Auf die lauten Rufe de» Juwe- lier» eitlen zwar einige Passanten den Rändern nach, koan- len sie aber nicht einholen. Lin Vierkatsch« ergrlst einen Lasten mit Flaschen und schlenderte lbm nach den Nagen. Lr traf nur die rechte Türseile. Die Räuber entkamen. Merglmg deutscher Mhlmdhmun, Das führende konservative Blatt in London hat von einem nach Sibirien transportierten deutschen Kolonisten «inen über die russisch« Grenze geschmuggelten Bries er halten, der ein düsteres Bild von den furchtbaren Schicksalen deutscher Kolonisten gibt, die mit Weib und Kind aus ihren Dörfern g«rissen und nach Sibirien „versetzt" worden sind. Der vor sechs Wochen geschriebene Brief enthält natürlich keine Ortsangaben. Der vermittelnde Sonderkorrespondent der Zeitung «rklärt jedoch feierlich, daß er für die Echtheit des Schreibens jede Garantie übernimmt: . . Wir müssen unser Leben, umgeben von Eis feldern und unpassierbaren Wäldern, verbringen und be schließen, während andere in Gefängnissen verf<nll«n oder sich in Höhlen oder hohlen Bäumen verborgen halten. Von den Gefangenen hören wir nichts mehr. Man muß nicht denken, daß wir mehr als andere Russen leiden. (Die Bauern haben sich sämtlich bei ihrer Einwanderung in Rußland naturalisieren lassen.) Wir leben im Rorden als Opfer des weißen Todes. Es st seltsam, daß bisher niemand gewagt hat, das schreck liche Los der Frauen und der unschuldigen Kinder zu erleichtern. Der einzige Trost für uns deutsche Bauern liegt in unserem festen Glauben an die göttliche Ge rechtigkeit. Warum sind wir denn in die Verbannung geschickt worden? — Weil wir unserem Gott treu bleiben und nicht zu den kommunistischen, der Menschheit so unwürdigen Ideen her absinken wollen. Unser Leben war «in Leb«n der Arbeit, aber wir wollen nicht in die Kollektivfarmen gehen und unseren Glauben aufgeben. Die Welt vergißt, daß der Kommunismus nicht nur auf wirtschaftlicher Grundlage, son dern auch auf Atheismus aufgebaut ist mit einer Haltung aegenüber Frauen und Kindern und einem vollständigen Aufgeben der Persönlichkeit, deren Anerkennung wir deut schen Kolonist«» verweigern. wir haben keine Ahnung, unter welcher besonderen Anttage wir in die Verbannung geschickt worden sind. Im letzten Juli erschienen sie plötzlich in unserem Dorf und gaben einfach den Befehl, daß jede lebende Seele in zwanzig Minuten im Zug« sein müsse. Wir konnten nichts mit uns nehmen. Meine Schwester mußte barfuß mit, denn ihre Schuhe befanden sich gerade in Reparatur. Wir wußten nicht, wohin man uns bringen würde, warum und für welche Zeitdauer. Man brachte uns nach Sibirien, und unsere Leiden während unserer Fahrt überstiegen jede Be schreibung. In diesem sibirischen Dorf leben wir in Ba racken. Wir sind alle schwach — und wir wissen, was dies Wort bedeutet. Alle Männer und alle Frauen müssen vom frühen Morgen bis zum späten Abend arbeiten. Für uns gibt es nichts in der Art eines Acht-Stunden-Tages. Unser Lohn besteht pro Tag aus einem Teller Gemüsesuppe ohne jedes Fleischstückchen und einem halben Pfund von alten, sauren Brot. Wir leiden alle schrecklichen Hunger. In unserer Umgebung gab es etwa 7000 Familien, aber von ihnen sterben ungefähr zehn an jeden» Tag. Dann kom men „sie" mit einem Wagen, werfen die Toten auf ihn und karren sie fort ohne ein Wort und ohne Zeremonie. Unsere deutschen Dörfer sind alle zerstört, die Einwohner deportiert, in das Gefängnis geworfen und erschossen. Rur die Wertlosen sind übriggeblieben. Richt weit von uns find viele andere deutsche Kolonisten, Verbannte gleich uns, eingelroffen. Sie haben uns erzählt, daß unsere Heimstätten niedergerissen worden sind, um Viehställe zu bauen. In ihrer bisherigen Heimat im Süden herrschten schreckliche Verhältnisse, und jede Hoffnung auf Rettung sei verschwun den. viele Dörfer ständen verödet und es sei die Absicht der Sowjets, die deutschen Kolonisten gänzlich auszurollen, da keine Aussicht bestehe, sie zum Kommunismus zu bekehren. Die hiesigen Behörden sagen gerade heraus, daß die öffent- liche Meinung der Welt sich erheben würde, wenn sie alle deutschen Kolonisten in Massen erschießen würden. Daher würden sie dorthin gebracht, wo sie unlergehen müßten. Betet für uns, und möge Gott uns helfen." Wilhelm Kienzl Zum 75. Geburtstag am 17. Januar. Unter de» Opernkomponisten kann man recht häufig in bezug auf ihre Schaffenskraft und Schöpfertätigkeit ganz entgegengesetzte Naturen feststellen. Hier das Genie mit einer Schafsensfülle von elementarer Wucht, deren zahlreiche Schöpfungen die gleiche Wertgeltung für alle Zeiten zu be halten scheinen, wie Mozart, Wagner, Verdi. Dort wieder um leuchtet eine einmalige hervorragende Opernkompo sition gleich einem strahlenden Meteor auf. hinter dem das übrige Schaffen des gleichen Komponisten gleichsam in der Nacht verschwindet. So lebt von Leoncavallo nur „Der Bajazzo", von Bizet „Carmen" und von Kienzl „Der Eoan- gelimann." Heut« lebt Kienzl in Wien als Präsident der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Verleger, in Fachkreisen verehrt und geliebt, aber der Laie hat ihn vergessen, und kennt nur seinen „Eoangelimann", den keiner vergißt, der ihn je gesehen hat. Kienzl, der am 17. I nuar seinen 75. Geburtstag feiert, verdient die dankbarsten Glückwünsche seiner Freunde, denn „Der Eoangelimann" ist eine von ihm selbstaedichtete Volksoper, deren inniger, gemütvoller Melodienfluß, ge adelt durch Wagn«rsche Einflüsse im besten Sinne des Wor tes, ans Herz greift und edelste Regungen erweckt. Kienzl, der im Jahre 1857 in Waizenkirchen in Ober österreich geboren wurde, brachte auch das fast allen öster reichischen Komponisten eigene gemütvolle Element mct. Noch ist „Der Eoangelimann" ein Musterbeispiel für die gesunde Volksoper, denn vieles, was sich sonst Volksoper nennt, verliert sich bereits ins leichtere Gebi«t d«r Operette. So wie wir wünschen, daß das Volkslied nicht vom Schla ger verdrängt wird, so möge auch das Meisterwerk Kienzls niemals von der Operette überwuchert werden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder