künstlerischen Mitteln aus. Ja, wir dürfen sagen: Die Möglich keit, konkret-realistisch Gesehenes und künstlerisch-Erlebtes zu ver binden, hat die Fotografie sogar vor der Malerei voraus. Sie wird ihr einerseits von der Beziehung, die der Mensch der Gegenwart zur Außenwelt hat, gleichsam abgefordert, anderseits aber auch von der fotografischen Kamera, diesem wunderbaren Präzisionsinstrument, an geboten. Umgekehrt wird der Malerei — außer natürlich, wenn sie noch gewisse, von ihr noch nicht an die Fotografie abgegebene illustrative Funktionen erfüllt — heute mit Recht vorgeworfen, daß sie mit einem „malerischen Abfotografieren“ eines Gegenstandes sich selbst untreu wird und der Fotografie ins Handwerk pfuscht. Um das Gemeinte verständlicher zu machen, möchte ich auf einen erst in den letzten 30—40 Jahren entwickelten und heute durch Ver feinerung der fotografischen Mittel (Kamera-Verschlüsse, Güte der Ob jektive, Sensibilität des Aufnahmematerials, Elektronenblitz usw.) zu höchster Meisterschaft gekommenen Zweig der Fotografie hinweisen: die Tierfotograf! e. 4 ) Sie ist gleichzeitig ein Beispiel dafür, wie große, überragende Leistungen in der Fotografie heute nur von Spezia listen, also von denen zu erwarten sind, die sich einem Zweig der Foto grafierkunst, dem aber gründlich, d. h. nicht nur bei völliger Beherr schung der technischen Hilfsmittel und -Verfahren, sondern ebenso vollkommener Kenntnis der aufzunehmenden Modelle und ihrer Lebensgewohnheiten hingeben. Ja selbst in dem geschlossenen, von wenigen Könnern beherrschten Gebiet der Tier fotografie hat sich — wie in dem mächtig angewachsenen Gebiet der Zoologie auch — noch eine, die Leistungen weiter steigernde Arbeits teilung vollzogen, weil man erschöpfend mehrere, in ihren Lebens gewohnheiten von einander stark abweichende Tiergruppen ebenso wenig kennen wie fotograflieren kann. So gibt es Großwild-, Klein säuger-, Amphibien-, Mollusken-, Wassergeflügel-, Singvögel-, Insekten fotografen, und nur bei den älteren Pionieren, wie Rudolf Zimmer mann, Herm. Fischer, Herb. Ecke und anderen, finden wir, daß sie sich — meist nacheinander, selten gleichzeitig — verschiedenen Tier gruppen gewidmet haben. Bei den Tiermalern, die übrigens auch illu strativ stark zugunsten der Tierfotografen in den Hintergrund getreten sind, ist es ganz ähnlich. Die Fotografie kann der „Spezialisierung“ heute schon deshalb nicht entraten, weil jede Gegenstandsgruppe (Landschaft, Architektur und Plastik, Pflanze und Tier, Porträt, Technik usw.) nicht nur überdurch schnittliches technisches Können, sondern überragende, auf intimer Kenntnis beruhende Einsicht in die zu fotografierenden Gegenstände und ihre Mannigfaltigkeit voraussetzt. 4) Vergl. hierzu des Verfassers Aufsatz: Rudolf Zimmermann, ein Pionier der deutschen Tierfotografie. (Urania, Jg. 1955, Heft 8, S. 306—311). 15