«vu-ei,r. zu einer Stunde reinsten isluers, uno - 96 - Unsere -rutsche Heimat. Der „Helle Strand" der Saale wird mehr besungen als besucht, und doch hat das Tal mit dem leise plätschernden Flüßchen, in dem die Rebenhänge mit ihren „Burgen stolz und kühn" sich spiegeln, seine eigene Romantik. Dem Reisenden aber bleibt das Saaletal die Pforte zum Thüringer Land. Naum burg, die größte seiner Städte, ist all bekannt als Wohnsitz von Pensionären. Schön muß sich's hier ausruhen in den schmucken, kleinen Villen inmitten grüner Anlagen und auf den bequemen Spazierwe gen am Auhenrande und über die mäßig bewaldeten Höhen. Von weitem schon ist die Stadt gekennzeichnet durch die schlank auf strebenden gotischen Türme des Domes, von denen der mit Zacken und Durchbruch reich geschmückte nordwest liche der schönste ist. Die Kirche, eine spitz- bogig-gewölbte Pfeiler basilika, entstammt der Übergangszeit vom ro manischen zum gotischen Stil und faßt in ihrem Aufbau beide an sich so verschiedenen Stilarten zu stimmungsvoller Einheit zusammen. In den Schiffen und östlichen Türmen nndet der spätromanische Stil reine Ausprägung, während die feingemeißel ten Verzierungen und kunstvollen Schnitzereien den Einfluß der Gotik kennzeichnen. Hohe Buntfenster und alte Gemälde geben dem, stimmungsvollen Raum die rechte Weihe. Im Schatten der Kirche wahrt das alte, schöne Domgymnasium noch immer seinen guten Ruf als Lehranstalt. — Den Stadtkern bildet der Marktplatz mit guten Geschäften und gepflegten Gast stätten. Unter den ihn umfassenden Ge bäuden ragt die Wenzelkirche auf, mit einer als hervorragend bekannten Orgel und einem Gemälde von Lukas Cranach. Das Rathaus beherbergt die Lepsius- Bibliothek. Auch hält eS für durstige Seelen einen hohen, luftigen Ratskeller offen. Naumburgs neuzeitliche Gebäude fügen sich dem heiteren Laudschaftsbilde prächtig ein. Vor allem verdient das weit angelegteOberlandesgerichtsgebäude einen Besuch. Es schmückt die Saale höhe, von der einst die Neuenburg ins Land schaute. Der Markgraf Hermann von Meißen und sein Bruder Ekkehard hatten sich diese „neue Burg" erbaut; sie gründeten auch die Benediktinerabtei des heil. Georg und das Moritzkloster. Im 11. Jahrhundert wurde der Sitz des Bistums Zeitz dorthin verlegt und Kauf leute um die Burg her um angesiedelt. So entstand die Stadt Naumburg, die unter der Herrschaft der Bischöfe stand und sich rasch zu einer bedeuten den Handelsstadt ent wickelte. Als volkstüm lichste Episode aus der Geschichte Naumburgs wird die Belagerung durch die Hussiten ge" nannt. Am 28. Juli 1432 soll ein Angriff der Hussiten auf Naum burg stattgefundcn ha ben. Der gestrenge Feldherr Prokop soll sich jedoch durch kind liche Bitten veranlaßt gesehen haben, die Be lagerung aufzuheben, ja, er soll die bittenden Kinder sogar reichlich mit Kirschen beschenkt haben. Wenn auch anzunehmen ist, daß der Bericht nicht auf Wahrheit beruht, denn die Hussiten sind wohl niemals bis Naumburg ge kommen, so ist die Jugend doch von ihm begeistert, denn daraus hat sich das jähr lich stattfindende Kirschfest entwickelt. In unserer Zeit üben die Landbewohner der Umgegend die freundliche Sitte des Kirschenschenkens aus. Zu dem 7 Kilometer entfernten Sol bad Kösen führt jetzt eine Autobuslinie hinüber. Auf halbem Wege liegt, ganz mit Linden zugedeckt, Schulpforta mit der seit 1543 bestehenden Landesschule. Nietzsche, Ranke, Klopstock und andere bedeutende Männer fanden hier ihre Erziehung. Toni Sarin g.