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Weißeritz-Zeitung : 03.08.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193708039
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19370803
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19370803
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1937
- Monat1937-08
- Tag1937-08-03
- Monat1937-08
- Jahr1937
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 03.08.1937
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Bis 1. September entrümpel«! Am 1. September tritt die Entrümpelungsvcrordnuug in Kraft Die Landcsgruppe Sachsen im Neichsluftschutzbund 1ei!t mit: Gemäß 8 1 der dritten Durchführungsverordnung zum Luslschutzgesetz, die am l. September 1937 in Kraft tritt, Ijl die Entrümpelung der Dachböden gesetzlich v o r g c s ch r i e b e n. Von diesem Tag ab ist die Lage rung von Gerümpel, das übermäßige und fcuersicherheits- tvidrige Ansammeln von verbrauchbaren Gegenständen sowie das Abstellen anderweit unlerbringbarer oder schwer beweglicher Gebrauchsgcgenstäude verboten. Der örtliche Polizeiverwalter kann hiernach die zur Durchführung dieser Verordnung notwendigen Maßnah men im Weg polizeilicher Durchführung durchsetzen und Strafverfügungen erlassen. Jeder Hausbesitzer «nd jeder Mieter eines Boden raumes ist demgemäß verpflichtet, die Gerümpelfreiheit seiner Dachböden bis 1. September zu gewährleisten. Der Neichslnftschutzbund ist verantwortlich dafür, daß die Entrümpelung bis zum 1. September 1937 ord nungsgemäß durchgesührt ist. Da die Bodendurch sicht der Blockwarle des Neichsluftschutzbundes erst ln einigen Tagen beginnt, ist also genügend Zeit, daß die Bodeninhaber sofort eine Vorentrümpelung vornehmen. Dabei sollen solche Gegenstände ausgesucht und in ande ren Teilen des Hauses untergebracht werden, die im Dachboden als Gerümpel anzusehen sind, von denen sich aber der Besitzer nicht trennen will. Auch sind solche Altmaterialien, die das Rohproduk- lengewerbe ankauft, auszusortieren und zu verkaufen, da bei der Bodendurchsicht durch die NLB.-Amtsträger im allgemeinen nicht mehr genügend Zeit vorhanden ist, um für anfallende Rohstoffe Entschädigungen zu leisten. Auf Urkunden, Schriften und anderes Kulturgut, das gege benenfalls der Heimat- und Sippenforschung zugute kommen kann, ist besonders zu achten. Die Entrümpelung ist eine Gemeinschaftsarbeit zwi schen dem Reichsluftschichbnnd, der NSV., der Gau« beauftragten der NSDAP, für Altmaterialerfassung und der Haus- und Grundbesitzervereine. Bei der Entrümpelung wird durch die beteiligten Organisationen dafür gesorgt, daß noch verwend bare Gebrauchsgegenstände durch die NSV. bedürftigen Volksgenossen zugewiesen und daß sämtliche im Rahmen des Vierjahresplanes noch irgendwie ver- vendbaren Rohstoffe aus dem Gerümpel aussor tiert und einer schnellen Verwertung zugeführt werden. Für diese Ausgaben setzt die Arbeitsgemeinschaft „Scha venverhütung- als Beauftragte der NSDAP, für die llltmaterialersassung das Nohproduktengewerbe iAltwa« renhändler) ein. Er dachte, sie holen ihn ab. In der Londoner Rekru tenstation von Whitehall ließ sich yyr einigen.Tagen ein junger Engländer als Soldat anw'erbe». Er wurde auch ! angenommen. Zwei Tage später sollte er sich bei dem Regiment, dem er eingegliedert war, zum Eintritt melden. jAber er kam erst nach fünf Tagen. Auf die nicht gerade freundlichen Rückfragen, weshalb er nicht rechtzeitig ge« : kommen sei, antwortete er, er habe zu Hause gewartet. Denn man babe ihm gesagt, die neuen Rekruten würden mit einem Auto von zu Hause abgcholt. Und er habe das ^auch geglaubt. Erst nach mehreren Tagen sei ihm klar geworden, daß man ihn belogen habe. Ler Sternhimmel im MM Wie der Juli, so ist auch dieser Monat reich an Planeten. Schon bald nach Beginn der Dämmerung leuchten Mars und Jupiter auf. Der erstere, dessen röt licher Glanz gegen die Vormonate ziemlich nachgelassen hüt, steht bei heranfziehender Dunkelheit schon tief im Südwesten. Auch Jupiter Hai die Zeit seines hellsten Glan zes hinter sich. Am frühen Abend steht er tief im Süd- osten. Bei vorgeschrittener Dunkelheit, etwa um 22 Uhr, wenn auch die schwächeren Fixsterne sichtbar werden — Jupiter steht um diese Zeit im Süden,' Mars geht gerade unter und Saturn kommt im Osten auf — gewahren wir das schimmernde Band der Milchstraße, in einem großen Bogen über das Firmament gespannt. Am nordöstlichen Horizont, wo die Kapella in den Dünsten flackert, steigt sie empor und führt über die gebrochene Linie der Sterne des Perseus und über das „V/- der Kassiopeia znm Stern bild des Schwans, das man seiner Form wegen auch das nördliche Kreuz nennt. Dort, wo die Flocken der Milch straße am dichtesten sind, spaltet sie sich in zwei Teile; der eine läuft über den Adler nach Süden zu den Sternen des Schützen hinab, der andere über den Schlangeträger zum nntergehendcn Skorpion im Westen. Arktur, einer der ersten Fixsterne in der Dämmerung, steht jetzt über dem Westpunkt, links über ihm das zarte Bild der Krone. Im Zenit dominieren das Drachenhanpt, die Wega in der Leier und der Schwan mit dem Hellen Deneb. Hoch im Osten trifft unser Blick das große Viereck des Pegasus, auf einer Spitze stehend, von dessen linker Ecke nordwärts das schmale Band der Andromeda sich erstreckt. Darunter erscheint der bleiche Saturn mit seinem Ringsystem nnd das Bild des Widders. Am Morgenhimmel steht in un verminderter Pracht die Venus. Zwischen l und 2 Uhr geht sickauf. Ein reizender Anblick ist es, wenn die zarte abnehmende Mondsichel am 3. August nahe an ihr vor- überzieht. Um die Zeit vom 10. bis 13. August, auch früher oder später, strahlen aus der Gegend des Perseus die be kannten Augustschwärme. Sie sind die Auflösungs produkte eines Kometen ,. rs dem Jahre 1862, und alljähr lich, wenn die Erde die frühere Bahn des Kometen kreuzt, werden seine Ueberreste von ihr angezogen. Als die durch die Atmosphäre der Erde dahinsausenden Sternschnuppen treten sie dann eindrucksvoll in Erscheinung. — Die Mondphasen: Neumond: 6. August, erstes Viertel: 14. August, Vollmond: 22. August, letztes Viertel: 29. August. - * — Achtet de« Mimig! Gerade auch in letzter Zeit hat es sich wieder eingebürgert, bei Zahlen der verschiedensten Art auf 5 oder 10 Rpf. aufzu runden. Dies wirkt sich leicht in einer Belastung gerade für minderbemittelte Volksgenossen aus und sollte deshalb ver mieden werden. Darüber hinaus aber verrät diese Gepflogen heit eine mangelnde Achtung vor dem Pfennig. Gewiß kommt es in zahlreichen Fällen nicht darauf an, ob eine Summe um einen Pfennig erhöht oder ermäßigt wird. Wichtig ist es aber, daß sich jeder und gerade die Heranwachsende Jugend der Bedeutung der kleinsten Einheit unseres Geldsystems bewußt ist. Nur wer mit dem Pfennig umzugehen weiß, vermag die Mark richtig zu schätzen. Wer ein Sparkassenbuch sein eigen nennt, wird bei der alljährlichen Zinsgutschrift fast regelmäßig unrunde Beträge, die vielleicht nur wenige Pfennige aus- macken, finden. Diele Zinsgutschrift zeigt die dem Pfennig 1 innewohnende Kraft zur"Mehrung von Sparkapitäl- Auch dle ' Schulsparkassen, die heute überall bestehen, pflanzen schon dem Kinde die Achtung vor dem Pfennig ein. Niemand soll deshalb . an dem Pfennig und an der Pfenuigrechnung achtlos vorüber- gehen. r. . .. , t. August. Sonne: A.: 4.23, U.: 19.48; Mond: A.: 1.45, U.: 18.12. 1859: Der norwegische Schriftsteller Knut Hamsun in Gud- ' brandsdal geb. — 1875: Der Märcheudichter Hans Christian Andersen in Kopenhagen gest tgeb. 1805). — 1880: General-^ > oberst Werner Freiherr von Fritsch, Oberbefehlshaber des ' Heeres, in Benrath bei Düsseldorf geb. — 1914: Kriegserklä ¬ rung Großbritanniens »nd Belgiens an das Deutsche Reich. — 1914 <bts 6.): Erstürmung von Lüttich. — 1915: Erstürmung Iwangorods. — 1918: Adolf Hitler wird mit dem E. K. l aus gezeichnet. — 1930: Der Tondichter Siegfried Wagner in Bavreuth gest. «geb. 1869). Rundfunk Dcutschlandsendcr ,. , — - Mittwoch, 4. August 6.30: Fröhliche Morgenmusik mit HanS Reimann. — s.4»r Kleine Turnstunde. - 10.00: Sendepause. — 10.30: Fröhlicher Kindergarten. — 11.00: Sendepause — 11.30: Sendepause — 11.40: Motten schädigen unseren Honigertragl Anschließend: Wetterbericht. - 12 00: Aus Gleiwitz ,Beuchen, Oberfchlesien): Musik -um Mittag ES spielt das Ostlandorchester - 15.15: Aus aller Welt tJndustrieschallplaiten.» — 16.00: AuS der Runbsunkausstellung: Vom Reichssender Frankfurt: Unser singendes, klingendes Frankfurt! - 18.25: Mein Esel sicherlich muß klüger sein als Ick! Klassische Heiterkeit. — 18.45: Ratio« nalsoztalistische Kampssptele beim Relchsparteltag 1937 In Nürnberg - 1900: Und jetzt ist Feierabend! Klingender Gummt. tönendes Wachs Buntes Spiel -um 50 Geburtstag der Schallplatte. — 19.45: Deuischlandecho - 20.10: AuS der RyndsunkauSstelluna: Vom Retchssender Franksurt: Klänge der Heimat - 21 00: August Monatsbild vom KöntgSwuster- i Häuser Landboten. - 22.20: Aus Köln: Funkbericht vom Inter- s nationalen leichtathletischen Abendsportfest. - 23.00 bis 24.00: Und zum Schluß tanze» wir! lIndustrieschallpIatten.» NeichSfendcr Leipzig - . Mittwoch, 4. August 6.30: Aus Köln: Frühkonzert. — 8.30: Aus Dresden: Mufft um Morgen. — 9.30: Erzeugung und Verbrauch. — 9.45: Sendepause. — 10.00: Sendepause. — 10.45: Sendepause. — 11.35: Heute vor . . . Jahren. — 11.40: Gefiederte Polizei. Otto Keller — 12.00: Aus Penig Sachsen): Musik für die Arbeitspause. Veranstaltet von der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude", Gau Sachsen. — 13.15: Von der Großen Deut schen Funkausstelluna 1937 «Reichssender Franksurt): Militär konzert aus unseren Gauen Musitkorps der Wachtruppe Berlin. Koblenz-Trier und Kurhessen. — 14 15: Musik nach Tisch. <Jn« dustrieschallplatten ) — 15.15: Sommer um Geising und Kahle« berg — 1535: Fort mit den Grillen Lied und Musik: — 16.00r Von der Großen Deutschen Funkausstelluna 1937 «ReichSsende« Franksurt): Unser singendes, lNngrndrS Franlsurtk — 18.00: Vom Untertan zum Gefolgsmann. — 18.20: Buchwochenbericht. — 18.30: Romantische Klaviermusik. — 18.50: Umschau am . Abend. — 19.00: Von der Großen Deutschen Funkausstellung 1937 <Reichssender Frankfurt): Klänge der Heimat. Vom Hohe» Meißner zum Bodensee. — 21.15: Aus Dresden: Musik auf alten. Instrumenten. — 22.50 biö 24.00: Aus Görlitz: Tanzmusik. I i lS. Fortsetzung.) „So? Das war nicht beabsichtigt. Ich würde eher sagen, nachdenklich." ' „Warum müssen Sie nachdenken, wie sich ein Verbrecher fühlt." „Weil ich das nicht so genau weiß, weil ich aber schließ lich alles im Leben kennenlernen möchte, verstehen lernen möchte. Denn alles verstehen, heißt doch auch alles ver zeihen können, nicht wahr?" „So etwas konnte nur eine Frau sagen und eine Fran zösin obendrein", bemerkte Robert Walter unwillig. „Das ist ein höchst gefährlicher Satz. Mit dem kann man unter die Räder kommen im Leben. Warum muß man alles ver zeihen und alles verstehen? Im Gegenteil, vorwärts kommt nur der, der nicht alles verzeiht." „So zu sprechen und so zu denken, kann sich nur ein Mann leisten. Wir Frauen müssen verzeihen, um uns manchmal nicht alles zu verbarrikadieren/ „Was zu verbarrikadieren?" „Den Rückweg zu irgendeinem Fetzchen Glück." „Das verstehe ich nicht. Ein Glück, das ich nur erhalte unter der Bedingung, daß ich verzeihe! Ein solches Glück -würde ich nicht mehr mögen." „Glück ist doch schließlich überwundener Widerstand, uicht wahr? Na also, haben Sie sich noch nie ein Glück «robern müssen?" „Ja, natürlich", fiel Robert Walter ein, „erobern will ich es mir schon. Vielmehr gerade erobern will ich es mir. In den Schoß fallen darf es nicht. Aber das Erobern muß durch eigenes Handeln geschehen, nicht durch passives Ver zeihen." „Ich wünsche, daß Ihnen letzteres, was bestimmt viel, viel schwerer für uns eitle Menschen ist, erspart bleiben möge." Die Frau seufzte fast unhörbar. „Sie sind halt doch noch sehr jung." Der Mann Robert Walter wäre bestimmt eben gekränkt gewesen. Lebenserfahrung läßt man sich selten gern ab sprechen. Aber cs saß da der Polizcileutnant Robert Walter auf dem Platz, der darum genau so scharf wie freundlich auf das zurückkam, was er wissen wollte. „Aber wir sind von meiner Bitte abgekommen. Ich hätte wirklich gern ein Bild von Ihnen." „Und ich antworte Ihnen: Das ist nicht nur anspruchs voll, nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern sogar zu an spruchsvoll — ganz abgesehen davon, daß ich ja nicht immer, wenn ich einen Mann treffe, Bilder in meiner Tasche mit herumtrage, um sie freigebig zu verteilen." „Dann darf ich mir aber vielleicht eines in den nächsten Tagen abholcn?" „Nein, das dürfen Sie nicht." „Wer bewacht Sie denn so streng, daß man Sie nicht besuchen darf?" „Niemand — oder doch! Eine alte, halb taube, halb blinde Kinderfrau." „Na also — wo wohnten Sie doch?" Das wirkte eben wie ein Stich. „Ich Habe Ihnen doch überhaupt noch nie gesagt, wo ich wohne. Wie können Sie so fragen?" „Sagten Sie nicht, Sie wohnen in Karlshorst?" „Ja, aber niemals in welcher Straße." „Warum niemals — und woher wissen Sie das so genau?" Ann-Christin begriff selbst nicht, warum ihr immer un behaglicher zumute wurde. „Weil — ja, darauf kann ich Ihnen eben wirklich keine Antwort geben." „Na, sehen Sie! Dann können Sie es mir aber wohl jetzt verraten: Straße, Hausnummer, Stockwerk, Zahl der Zimmer und noch viel mehr." „Wohl aucv noch, wann ich polizeilich gemeldet bin, was?" „Sehr wichtig." „Irgendwie müssen Sie kriminell veranlagt sein. Wenn nicht als Verbrecher, dann als Gegenteil, als Diener des Staates. In Romanen überschneidet sich daS ja auch wohl manchmal." '„Sie haben es erfaßt." Er griff in die Brusttasche und zeigte ihr lächelnd seinen Polizeiausweis. Ein paar Funken tanzten wie kleine Teufelchen im Aschenbecher. So hastig und heftig drückte Frau Ann- Christin ihre Zigarette aus. Ihre Hand fuhr zur Tasche. Das Seidenpapier der Perlenkette knisterte. Heiß und kalt wurde ihr. Das Blut kam und ging. Ihre Wangen wurden dunkclrot und schneeweiß. Die Frau wußte in diesem Augenblick selbst nicht: war cs vor Frcudc oder vor Schreck. Hing das alles doch mit dieser Kette zu sammen? Aber anders, als sie gedacht? Ihr Hals war wie zugeschnürt, ihr Kopf leer. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Abrupt stand sie auf. Ja, sie schwankte sogar ein wenig dabei. Ihre Hände hielten sich an der Tischkante, sie sahen noch weißer aus als das Tischtuch. Ihr Mund versuchte ein liebenswürdiges Lächeln: „Seien Sie nicht böse. Mir ist plötzlich nicht- gut. Ich muß nach Hause." Polizeileutnant Walter hielt den Kops gesenkt. Er war sehr, sehr traurig. Seine Worte klangen mühsam. „Ich möchte Sie begleiten. Vielleicht ist es nötig, daß ich Ihnen unterwegs behilflich bin." Die Frau nickte. Sie war im Augenblick zu sehr wie vor den Kopf geschlagen, um etwas zu sagen. Sie wider sprach auch nicht, als er eine Taxe heranrief. Mechanisch nannte sie ihre Wohnung. Die Gedanken fuhren in ihrem Kopf wie Züge auf einem Rangierbahnhof. Als sie eine halbe Stunde später vor ihrer Haustür hielten, wußte Ann-Christin zwar immer noch nicht, was es mit der Perlenschnur aus sich hatte. Aber sie war doch- irgendwie froh, daß der Mann da neben ihr kein Ver brecher war. Ja, sie war sogar froh, daß er noch nebew ihr saß, bei ihr saß. Sie dachte: schlafen kann ich jetzt doch nicht. Wenn ich ihn auffordere, noch einen Cocktail bei mir zu trinken, kann ich wenigstens nicht grübeln. Er bezahlte die Laxe, sie steckte den Schlüssel in die- Haustür und sagte dann: „In der frischen Lust ist mir besser geworden. Mögen Sie mir noch ein Stündchen Ge sellschaft leisten?" , Der Mann war erstaunt. Er schaute sie verblüfft an und wußte nicht, wie er diese Aufforderung werten sollte. Er klappte die Hacken zusammen und sagte ehrlich — iw diesem Augenblick ehrlich sowohl als Mann wie auch als- Polizeileütnant: „Schrecklich gern." Sie traten in den Fahrstuhl. Die Frau drückte aus dew Knopf: 2. Stock. Dann standen sie vor der Wöhnungstür, die Ann-Christin öffnete, „von Decken" stand auf dem Schild, und Walter, der jetzt so gern die unsichtbare Uni form ausgezogen hätte, wurde wieder daran erinnert, daß: diese Frau ja irgend etwas Unklares, wenn nicht Schlim meres, an sich hatte. Sie hatte sich Ann-Christin Reinhardt genannt. Warum? War es nur Freude an Komödie? Der junge Polizeileut- aant beschloß, den Stier bei den Hörner» zu packen. Sie- saßen in dem wunderhübschen Wohnzimmer. Alles war ganz in tiefem Kupferrot gehalten. Da fragte der Manw- auf einmal: „Ach, bitte seien Sie doch ehrlich — warum / sagten Sie, ich heiße Ann-Christin Reinhardt?" Die Frau stand an ihrem Teewagen. Ihre schmale Figur zuckte wie eine junge Birke unter einem plötzlichen heftigen Windstoß. Sic stellte vas Glas, das sie gerade hielt, wieder aus ver Hand und setzte sich halb auf die ' Lehne ihres Sessels. Ihr russisch-grünes Kleid hing wunderbar über dem weichen Kupferrot des Velvetbezugs. Sie hatte zweimal den Blick erhoben und wieder gesenkt. . Dann sah sie den Mann groß und voll an. „Weil ich cs manchmal vcrgcsscn möchte, daß ich dew Namen meines geschiedenen Mannes betbeyalten habe." Da war cs an den jungen Robert Walter, zu Boden zw sehen. Ann-Christin nahm das Glas wieder zur Hand- Sie griff eine Flasche, noch eine. Sie nabm den Mirer- lForlsetzung folgt.)
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