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Zschopauer Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1780077211-193805179
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1780077211-19380517
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1780077211-19380517
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZschopauer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1938
- Monat1938-05
- Tag1938-05-17
- Monat1938-05
- Jahr1938
- Titel
- Zschopauer Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1938
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Nr. 114 D»e«siag, oeu 1,. Mai wi« We«« - Man darf uns heut« sicherlich nicht denen zuzählen, die »nit dem Wort« „Wenn" im Vergangenen „mherleuchtcn und bekümmert nun zwecklos« Betrachtungen anstelle» über Feh ler u.id Schäden der Vergangenheit, die nicht cmstandcn wären, „wenn" dies und bas so und so geschehen „wäre". Mir p»cken zu, beseitigen, versuch«» gutzumachen, halten pber nichts von fruchtlosem Nachtrauern Manchmal drängt Ach uns dieses Seufzer-Wenn aber unwillkürlich doch auf die Lippen, z. B. bei folgendem Fall: Seit 1!i32 must eine kleine Gemeinde im Kreise Flöha zusammen mit dem Bczirksverband jährlich 1284 an Anstaltstosten für einen schwachsinnigen Ein wohner aufbringen. Ein« ebenfalls schwachsinnige Orts angehörige dieser IMO Einwohner zählenden Gemeinde wird ähnlich schon seit 1030 unterhalten. Insgesamt dürfen diese beiden Einzelsälle in den wenigen Jahren schon ein« Belastung der öffentlichen Mittel mit — schlecht gerechnet — 15 000 darstellen. fWie stchr eS damit übrigens in Deinem Wohnort?) Wen» daS nicht nötig und zu vermeiden gewesen wäre! Wieviele glückliche Gesichter! Die angeführte Gemeinde Ist sowieso nicht mit reichlichen Steuerquoten ausgestattet,' ihre Jugend besitzt zur Zeit keinen Naum für Heimabende, ganz zu schweigen von einem zünftigen Heim,' die Schule -raucht Lehrmittel, gesunde Familien warten auf Wohnung, für die körperliche Ertüchtigung der Jungen und Mädel sind weder Hallo noch Sportplatz vorhanden, und von einem eigenen Schwimmbad wagen nur bi« Kühnste» noch zu träumen. Wenn dieser 15000-Mark-Segen noch zur Ver fügung stände! Nicht auszudenken! Nun aber denkt weiter, über diesen engen Kreis hinaus! Am 28. Mai wird in Berlin di« erste Internationale Handwerksausstellung eröffnet. Groß in ihrem Ausmaße, vielseitig in ihrer Gliederung und umfassend in ihrer Zu- fammenstellung wird diese Internationale Handwerksaus stellung bas größte Ereignis internationaler Art sein, das Berlin und damit Deutschland in diesem Jahre erlebt. Im Nahmen der Ausstellung findet in den Kroll-Fest- sälcn in Berlin eine Internationale Modenschau statt, be titelt: „Die Mode der Welt". Diese Modenschau wird eben so wie die Ausstellung selbst ein einmaliges Ereignis, dessen Bedeutung nicht hoch genug gewertet werben kann. Es be teiligen sich an dieser Internationalen Modenschau mehr als 10 Länder. Davon selbstverständlich alle in der Mode füh renden Länder. Wenn die Mode — auch in der Kleidung — Ausdrucksform des menschlichen Geschmacks und der Stil richtung der Zeit ist, so kann sie nicht, wie bisher ohne Be ziehung zum Menschen, zu seinen Gegebenheiten und seiner Umwelt- gezeigt werden. Auf der Internationalen Moden schau wirb deshalb die Kleidung „von früh bis spät" in der dem täglichen Leben entsprechenden Umgebung auf einer eigens zu diesem Zweck errichteten Bühne vorgeführt. Den sz«nisch«n Nahmen gestalten unsere besten Bühnenbildner aus Berlin nub Wien. Die Dialoge entstehen aus der Zu sammenarbeit von Bühnenautoren und Modcfachleuten. Erste Darsteller der Bühne und des Films helfen, den Er folg unseres Spieles „Die Mode der Welt" zu sichern. Das ganze Geschehen schließlich wird umrahmt von einer Neu- ja m«! Im alte» deutsche» NeichSgebict gibt cs über 200 000 solcher, meist erblich belasteter Geisteskranken! 200 000X1800 Mark — 260 Millionen jährlicher Tribut der Volksgemeinschaft an das Elend, an das Schwache auf Kosten -er Gesunden! Rechne dazu die vielen sonstigen durch andere Erbkrank- keiten Befallenen und nicht zuletzt die noch nicht durch Gesetz und Gesundheitsamt erfaßten „leichteren" Fälle der geistig nicht Vollwertigen und die der schmarotzenden charakteristisch defekten Asozialen. Gerade dies« erbuntauglichen, nicht in Anstalten isolierten Gruppen vermehren sich ungefähr drei mal so stark wie die Gesunden! Insgesamt verschlingen di« Minderwertigen 1,2 Milliarden jährlich an öffentlichen Mit teln! Glatter Verlustposten in der Bilanz des deutschen Volksvermögens! Welchen Segen bis ins kleinste Haus könnte diese Niesensumme für das Volk stiften! Begreifst du nun unseren erbitterten Kampf gegen das Lebensuntüchtige? Begreifst du auch, daß StcriliiationS- gesch u. ä. nur zum Teil Erfolg haben können,daß auch hier letzten Endes nur -er positive Einsatz -es Lebenstüchtige», gesunden Volkskernes helfen kann? Die Gefahre» der Wertminderung wie des Vvlkssterbens werden beücntnngs- los, wenn jeder sich der Zukunft des ewigen Deutschlands verantwortlich verpflichtet fühlt fschon bei der Gattcnwahl), wenn als schönste Aufgabe gilt, dem Volk gesunde und tüch tige Kinder zu schenken und vor allem, wenn die deutsche Volksgemeinschaft sich stützen kann auf eine genügend große Zahl lebenstüchtiger kinderreicher Familien. W e n n — ja wenn! Aber dieses Wenn darf uns bauernd vor Augen stehen,' es ist ein Wenn, Las vorwärts, in die Zukunft schaut! Paul Bauer, Rassenpolitisches Amt. ausstattung des großen Kroll-Festsaales, die Prof. Saa-'icl, der Erbauer des Lustfahrtmiuisteriums und des neuen Flug hafens Berlin-T«mp«lhof, übernommen hat. In jeder Szene treten gleichzeitig alle beteiligten Länder auf, so daß die vergleichende Gegenüberstellung der Lei stungsfähigkeit und der Begriff des einzelnen Landes von „Mo^e und Kleidung" deutlich werden. Schließlich wird im Anschluß an die szenische Darstellung täglich in allen übrigen Festräumen von Kroll im gesellschaft lichen Nahmen Gelegenheit geboten, die Modell« aus un mittelbarer Nähe zu schauen. Hierbei werden fachmännische Erklärungen die Einzelheiten von Material, Verarbeitung usw. verständlich machen. Di« Internationale Modenschau zeigt die weibliche und männliche Bekleidung einschließlich Pelz, Frisur und Zu behör (Schuhe, Hüte, Taschen, Schirme, Schmuck usw.) geord net nach Verwendungszweck und Tageszeit, also: Vormittag und Straße, Sport jeder Art und Strand, Nachmittag und Tagesende, Abend (festliche Kleidung). Es werden aus jedem Lande (u. a. Frankreich, Italien, nordische Staaten, Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien usw. — selbst Japan!) die beste» Erzeugnisse, deren Erstmaligkeit gewährleistet sein must, unter Berücksichtigung nationaler Eigenart zur Dar stellung gebracht. Außer den führenden Häusern Deutschlands (einschließ lich Wie») wird jede ausländische Nation mindestens 15 Modelle entsenden. Jedes Land stellt eigene Mannequins (Vorführdam«») zur Verfügung, da wir Wert darauf lege», daß durch Frauentyp und Kleidung die nationale Eigenart zum Ausdruck kommt. Die Modenschau wird vom 31. Mai bis 10. Juni 1988 täglich stattfinden. Um dem gesamten modeschaffenben Handwerk Sachsens Gelegenheit zu geben, sich diese Moden schau zu niedrigen Preisen anzusehen, findet für unsere» Kreis am 7. Juni 193« ab Chemnitz 7.45 Uhr — Rückfahrt 8. Ü. 38, gegen 17 Uhr — zum Preise von 6,70 (Fahrt und Eintritt) ein Sonderzug statt. Ferner sind Znsatzkarten für Stadtrundfahrten zum Preise von 2,— und für Uebernachtung und Frühstück zum Preise von 3,20 zu haben. Für die Teilnehmer an diesem Sonderzug veranstaltet die Leitung der Internationalen Modenschau in den Nach- mittagsstiliiden etwa von 15—18 Uhr eine besondere Vor führung, die genau dasselbe Programm enthält wie die Vor- führung am Abend, also in keiner Weise gekürzt ist. Bei der Bedeutung dieser Modenschau für die berufliche Tätigkeit des gesamten modeschaffenben Handwerkes hoffen wir auf eine überaus zahlreiche Beteiligung -er Meister, Gesellen und Lehrlinge. Anfragen und Anmeldungen sind an die Kreiswaltung Flöha — Kreisdienststelle des Deutschen Handwerks — Wehr- straße 12,1 zu richten. Anmeldefrist bis 27. Mai 1938. Achaiisch Wo finde ich die richtige Auschrist? Hierauf gibt daS Sachsenbuch zuverläßlich und schnell di« Antwort. Der Kvm- muual-Verlag Sachsen Kurt Gruber, Dresd«n-A. 1, Gru- naer Straße 60, hat auch in diesem Jahre wieder eine gut gegliederte Sammlung sämtlicher Anschriften herausgegeben, die die Partei und ihre Gliederungen, die angeschlossenen Verbände, die Behörden, die Geschäftswelt und jedermann in ihrer Alltagsarbeit in mehr oder weniger großem Um fange dauernd benötigen. Das Sachscnbuch 1938 gliedert sich in zwei Teile: Ausgabe A ist ein Führer durch die Reichs und Landesbehörden in Sachsen sowie die NSDAP., ihre Gliederungen und Verbünde. Das Zurechtsinden in dem umfangreichen, lückenlosen Anschriftenwerk wird dadurch er leichtert, daß für die verschiedenen Arten der Dienststellen verschiedenfarbiges Papier gewählt wurde. Die blauen Sei ten enthalten die Reichsbehörden, di« grünen die LandeS- behörden, die braunen die Parteibieuststellen, die orange farbigen die sächsischen Gemeindcorganisationen und die rofaen sonstige Organisationen. Durch bi« sachkuubige Art öer Anordnung der Anschriften entsteht gleichzeitig ein kla res Bild von der gesamten Behörden- und Parteiorganisa tion. Vorangcstcllt ist ein Terminkalender,in dem Platz für persönliche Aufzeichnungen enthalten ist. worin aber auch die Steucrtermine vorgeöruckt sind. Ein umfangreiches Sach standsverzeichnis gestattet ein müheloses Verwenden dieses nützlichen Adreßbuches. — Ausgabe B enthält ein Ortsver zeichnis von Sachsen mit allen Eingemeindungen und Ge meinde-Zusammenlegungen seit 1933. Es ist auf Grun amtlichen Materials nach dem neuesten Stande zusammen- g 'stellt und durch ein Verzeichnis der Ortsklassen sowie der Girostellen und Sparkassen ergänzt. Man findet darin auch eine Uebersicht über die Gliederungen der Kreis- und Amts hauptmannschaften sowie eine Aufzählung der Stadtkreise und Städte in der Reihenfolge ihrer Einwohnerzahl. Auch die eingemeindetclc Orte sind mit aufgeführt, jedoch durch besondere Schrift» » kenntlich gemacht. — Beide Bücher haben ein sehr hau'Xiches Format und eignen sich durch eine sehr zweckmäßige Elastizität zum bequemen Nachschlagen. Jede Ausgabe kostet 1,50, beide zusammen 2,50. An das modefchafsende Handwerk Die Mode der Welt "wer ist Hilde Hild? von Fosef Rie» er. Copyright by Promcthens-Vcrlaa vr. Llchacker, Gröbenzell l>. München . 13. Fortsehung. " „Hilde", sägte er, „liebste Hilde, ich sagte es ja doch, Hirn- gespinste! Sie sind gesund, laugst geheilt, das sehe ich ja doch! Und wenn auch die Amnesie, die Erinnerungslücke, noch besteht, wo ist da das Unheimliche? Glauben Sie, daß der Mensch, der Sie vor dem Eintritt der Amnesie Waren, so himmelweit verschieden war von dem, der Sie deute sind? Daß die unbekannte Vergangenheit irgendwelche schändliche Taten oder Lasten enthalten könnte? Haben sich Durch die Amnesie etwa Ihr Wesen, Ihren Charakter, Ihre Eigenschaften irgendwie verändert? Doch selbstver ständlich nicht. Sie sind dieselbe wie zuvor! Im Gegenteil sogar: Die Amnesie erst hat bei Ihnen eine Verdüsterung der Seele ausgelöst, die annimmt, daß durch die Amnesie nunmehr Ihr Leben zerstört sein müsse, einen Amnesie komplex, den zu beseitigen jetzt wichtiger ist, als die Amnesie eintrat, was also könnte Ihre Vergangenheit schon Unheim liches enthalte», als höchstens ein paar gestohlene Aepfel? Und die Lohengrin-Frage nach Name und Herkunft? Sie selbst, Ihr Wesen und Ihr Aeußeres verraten mehr über Sie selbst als es irgendwelche Dokumente tun können." „Sie meinen es sehr gut mit mir", sagte sie. „Sie ver stehen zu trösten und aufzurichten. Aber trotzdem muß ich bei meinem Entschluß bleiben. Jetzt, im Anfang, da Sie entflammt und vielleicht begeistert sind, im ersten Umschwung des Gefühls scheint Ihnen das alles unwichtig, als mit einer Handbewegung abzutnn. Aber später werden Zweifel kom men, die Erinnerungslücke wird wie ein ewiges Unheil über uns HÜngc », es kann Situationen geben — nein, es kann nicht sein! Beenden wir dieses Ge präck, das mich nur quält und alte Wmiden aufreißt. Lassen Cie mir meinen Frie den, meine Abgeschiedenheit!" „Gut, wie wollen nicht mehr darüber sprechen, wenn Sie das quält. Wer den Frieden, von dem Sie sprechen, den lasse ich Ihm» nicht! Das ist ein fauler Frieden, eine lang same Selbstzerfleischung, nichts anderes, für d.e sind Sie mir zu wertvoll. Ich wiederhole: Ob Sie nun wollen oder nicht, ich werde Ihnen ein neues Lebe» zeigen, ich werde wie derkommen und Sie wieder Ihrer Verdufte '»g entreißen. AnUvorten Sie mir nicht- mehr, mein Ent'chluß ist est." Er stand auf und nahm die Mäntel über den Arin. „Da ist Bregenz, in zwei Minuten legen wir an. Ge hen wir hinunter." Sie g»ng in sich gekehrt, mit verschlossenem Gesicht neben ihm, al« sie znm Unterdeck hinabschritten. Tann machte der Dampfer fest. Eie gingen über die Laufbrücke, passierten die Zollabfertigung und stiegen in das wartende Auto, ohne daß noch ein Wort gewechselt wurde. Auch unterwegs im Auto kam außer einigen belanglosen Worten kein Gespräch in Gang. Da der Wagen ein Jnnenlenker war, verbot 1!« Gcaenwart de« Ebaukkurs ohnehin jedes persönliche Thema." Um zehn Uhr kämen sie' in Amerlügen an, wo schon alles zu schlafen schien. Philipp gab dem Chauffeur Bescheid, der ihn morgen früh zur Bahn bringen sollte, und ging mit Hilde ins Haus. Bei der Treppe zum Ober stock, in dem Hildes Zimmer lag, verabschiedete er sich. „Ich mache jetzt meinen Abschiedsbesuch bei Dr. Isel, der mich erwartet", sagte Philipp. „Sie, Fräulein Hilde, werde ich morgen wohl auch nicht mehr sehen, da ich schon um sechs Uhr das Haus verlasse. Ich nehme also jetzt von Ihnen Abschied und danke Ihnen für diesen schönen Tag. Und ich hoffe, daß wir tm Sommer viele ähnliche gemeinsain ver bringen werden!" Sie blickte ihn lange an. „Sie werden inzwischen Ge legenheit haben, ruhig über das nachzuoenken» was ich Ihnen mitgetcilt habe", sagte sie dann. „Nach einiger Zeit und in einiger Entfernung wird Ihre Erinnerung an mich ver blassen und die Vernunft ihre Wirkung ausüben. Dann wer den Sie nicht mehr kommen.", „Glauben Sie? Nun, es genügt mir schon, daß Sie cs mir überlassen, ob ich Herkommen soll oder nicht. Das ist doch schon etwas, nicht wahr? Also — auf Wiedersehen Fräulein Hilde!" Er faßte ihre Hand, sie schien noch etwas sagen zu wol len, daun wandte sic sich mit gesenktem Kopf um und stieg die Treppe hinauf. * Und Dr. Isel war entsetzt, als er sie gleich nach seiner Rückkehr zu sich berief, um ihr die Ergebnisse seiner Bre genzer Besprechungen mitzuteUen. „Wie sehen Sie aus, Fräulein Hilde?" rief er ehrlich erschrocken, „was hat's denn gegeben?" „Nichts", entgegnete sie müde. „Hatten Sie einen Unfall? Fühlen Sie sich über rV el? Haben Sie einen der Herren konsultiert, lvährend ich fort war?" „Nein, ich bin ja nicht kranr." Er stand auf und nahm sie bet den Händen. „Setzen Sie sich einmal her, Hilse, und sehen Sie mich an. Sv — ja. Und jetzt schütten Sie mir Ihr Herz aus. Sie wissen, daß ich nicht nur Ihr Chef, sondern auch Ihr Arzt, und sozusagen auch Ihr Vater bin. Sprechen Sie ruhig... Ich sehe ja, daß Sic etwas mit sich herumtra« gen, das Sic quält." Sie schwieg. Dr. Isel dachte nach. Sie konnte die Anstalt in diesen drei Tagen nicht verlassen haben. Und hier war ja ewig das gleiche, hi r geschah nichts, was sie hätte aufwühlen Wunen. Vielleicht vor de» drei Tagen... Ah! „Hängl es mit diesem Dr. Spielvogel zusammen?* fragte er. „Hat er Ihnen seine Liebe gestanden?" „Eigentich nicht. Aber..." „Sie Ihnen zu verstehen gegeben, nicht wahr? Und verlebt?" nahe... Haben Sie sich etwa auch - ^.N-tn, aber ich habe begriffen, was mir verschlossen ist. Ich habe das Leben gesehen, draußen außerhalb der Anstalt — ich habe einen schönen Frühlingstag er lebt, an der Seite eines Mannes, der mich zu lieben scheint — und nun..." „Warum haben Sie mich geheilt?" brach sie plötzlich los. „So weit geheilt, daß ich das alles erkenne und be greife, daß ich verstehe, daß ich zur Einsamkeit verurteilt bin! Hätten Sie mich in dem Zustand belassen, in dem ich ans dem Felde kam, stumpf, mit getrübKn Sinnen, ich würde wie ein Tier dahinleben, aber wenigstens nicht wissen, daß ich ein Mensch, eine Frau bin! Ach, es ist out für Sie und Ihre Anstalt, daß Sie heute zurückge kommen sind, denn ich war schon nahe daran, den Gift» schrank zu plündern." „Das habe ich gefürchtet", sagte Dr. Isel ernst. „Sert Jahren gefürchtet. Immer bestand die Gefahr, daß sich nach der Heilung der Depression, mit der Sie aus dem Felde zurückgekehrt waren, durch das Weiterbestehen der .Amnesie eine Minderwertigkeitsneurose entwickeln könnte, die Ihnen Ihr ganzes Leben als durch die Gedächtnislücke gestört erscheinen läßt. Vielleicht war es ein Fehler, daß ich Sie hier in der Anstalt beschäftigte, vielleicht hätte ich Ihnen draußen in der Welt einen Beruf suchen sollen, um Sie von dem Gedanken an Ihre seinerzeitige Erkrankung endgültig abzulenken. Aber andererseits erschien es mir doch gefährlich, Sie gänzlich sich selbst zu überlassen, denn diese Neurose hätte schließlich ebensogut woanders als hier auftreten können. Wenn Sie nur irgend welche Angehörigen hätten! Aber nun sind Sie eben hier, und das Hcrumraten, was unter anderen Umständen einge treten wäre, ist zwecklos." „Ja, zwecklos", sagte sie bitter. „Zwecklos wie mein ganzes Leben. Hoffnungslos..." „Eben, Sie haben die Geduld verloren, nichts andere». Es dauerte in Ihrem Falle Jahre, richtig, aber Sie sind ja so jung. Sie können ruhig warten. Ich will Sie nicht bloß beruhigen, für ein paar Tage beschwichtigen, Fräulein Hilde, nein, was ich gesagt habe, ist meine ärztlich« Ueberzeugung." „Das gleiche hat auch Dr. Spielvogel gesagt, als ich ihm meinen Fall schilderte", antwortete Hilde mutlos. „Auch er hat meine Bedenken als Gehirngespinste be zeichnet, aber ich betrachte das alles als den selbst» verständlichen Optimismus des Verliebten." „Sie haben ihm Ihren Fall geschildert?" fragte Dr. Isel überrascht. „Warum das? Sie haben doch sonst noch nie davon gesprochen." „Ja. Ich... ich wollte ihn abschrecken. Al» ich sah daß er auf dem besten Weg« war, sich in mich zu ver lieben, hielt ich es für richtig, ihm die Zwecklosigkeit eines solchen Gefühls darzutun, ich wollte keine Illusionen entstehen lassen, und als er hartnäckig dabei blieb, daß er wiederkommcn wollte, habe ich ihm mitgeteilt, wes halb jede Beziehung zwischen «ns aussichtslos iß." (Fortsetzung solgtf
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