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Deutsche allgemeine Zeitung : 06.05.1847
- Erscheinungsdatum
- 1847-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-184705063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18470506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18470506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1847
- Monat1847-05
- Tag1847-05-06
- Monat1847-05
- Jahr1847
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 06.05.1847
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zu gewähren vermag: Genug: der Staatsmann, der Oekonom, der ge bildete Menschenfreund haben aus der Gegenwart einen Stoff zum Nach denken, aber auch eine Auffoderung zu umsichtigem und entschlossenem Handeln erhalten, wie dies nur in einer Ari» sein kann, di« unleugbar mit einer vielfach ganz n«u«n Zukunft schw«ser geht. *UlM, ! Mai. Ullskre Stadt war heute tinige Stunden lang Ker Schauplatz tumultuarische» Sxcesse. Der über dir immer höher stei genden Kartoffelpresse erbitterte Pöbel (ich sage absichtlich nicht Volk, da bei den später zu erzählenden Auftritten nur der niedere Theil der Bevöl» k«rung, ab«r nur sehr wenig« Bürger b«theisigt waren) stellte heut« auf dem Markte selbst die Taxe, und als die verkaufenden Bauern hieraus nicht cin- geh«n wollten, nahm man ihnen ihre Borräche gewaltsam weg und vercheilt« st« unter die Anwesenden. Hierauf zog eine große Menschenmenge unter das Kvrnhaus und hatte auch hier bald Jemanden gefunden, an dem sie ihre Wuth außlassen konnte. Der Kunstmüller Wieland zur Langmühle hatte hitr eben einen ganzen Wagen Frucht gekauft, und zwar, wie man wissen wollte, zu einem Preise, der die ohnehin hohe Federung des Ver- käuferS noch überstieg. Dies empörte die Umstehenden so, daß sie ihn vom, Wagen herabrissen, arg mishandelten, vor'sein Haus rückten und dieses zu demoliren anfingrn. Die Landjäger und Polizei waren zwar sofort zur Stelle, allein sie vermochten der immer größer werdenden schreien- d«n und pfeifenden Menge nicht zu steuern, die inzwischen sämmtliche Fenster eingeschlagrn halte, durch diese in das Haus eingcdrungen war und inwendig Alles zertrümmerte. Eine zahllose Menge mit Mehl ge füllter Säcke wurden von den Wüthenden thcils heimgetragcn, theils aus- geschüttet, die Kassenvorräthe geplündert und auf die Straße, die Hand- lungSbücher und Briefe zerrissen und ik das vorbeiflicßende Wasser ge worfen. Die Wuth der Tumultuanten war so groß, daß sie sogar die Oefen einschlugen, die Fußböden aufrissen und stückweise aus den Fenster öffnungen schleuderten. Das anrückende Militair konnte der Wuth keinen Einhalt thun, es wurde sogar mit einem Steinhagel empfangen und mit abgerissenen Latten, Stangen re. nach der kleinen Abtheilung geschlagen. Am verwegensten zeigten sich bei diesen Scenen Weiber, welche auch bei der Mehlplünderung am thätigsten gewesen waren. Ich habe eine Me gäre mit zerzaustem Haare gesehen, welche, obschon sie über und über mit Klei« und Mehl beschüttet war, doch vier oder fünf Mal wieder durch Has Eoniptvirfenster einstieg und neue Diebstähle verübte. Nach eine« halben Stunde etwa kam die Eavalerie angerückt und säuberte den Platz zum Theil; doch kann man nicht behaupten, daß durch ihr Erscheinen der Tumult beendet worden wäre, die Excedcntcn zogen vielmehr aus eignem Antriebe von dem Haufe des Kunstmüllers fort vor die Bierwirthschast und Brauerei „Zum jungen Hansen", dessen Besitzer von den Armen in wegwerfenden Worten gesprochen haben sollte, und fingen an, dessen Bau lichkeiten ebenfalls zu demoliren. In einem Nu waren die Fenster und Kreuzstöcke der untern Etage zertrümmert und die wülhende Menge in die innen» Räume eingcdrungen; Alles, was sie hier vorfand, wurde von ihr zerschlagen oder fortgeschleppt, und während eine Anzahl Tumultuan ten in die prächtig meublirten obern Gemächer drang und dort ebenfalls mit der wildesten Bestialität Alles in Stücken schlug und zu den Fen stern hcrauswarf, wurde von den Andern vor dem Haufe eine Wagcn- barricade aufgrschlagen, sodaß die Reiterei gehindert war, hier mit Er folg zu ägiren. Die Eavalerie mußte zwar während des Auf- und Abreitens ihre Gewehre laden, doch hat sie keinen Gebrauch davon gemacht, auch wurde nur von Einzelnen sehr selten, und zwar nur dann mit flacher Klinge eingehauen, wenn eS die Nothwehr erfoderte. Eine Abtheilung Infanterie stieg deshalb durch die Fenster in den Schau platz der Verwüstung rin, verhinderte nicht ohne Schwierigkeiten weitere Verwüstungen und verhaftete einige der Wildesten. Aus dem Hause wur den aber immer noch volle Bierfässer weggetragen und aus dem obern Stock die Meubles geschleudert, durch deren Fall manche Verwundungen vörgekommen sein mögen. Einen Bäckergesellen, dem das Blut aus einer klaffenden Kopfwunde drang, sah ich ohnmächtig in ein Nachbarhaus tra gen, und ein Lieutenant eilte ebenfalls in ein Haus, um sich dort von Blut zu reinigen; rin Stcinwurf soll ihm die Wange zerschmettert haben. Nachdem noch eine Menge Verhaftungen vorgenommen, viele Ver haftete aber auch wieder sammt ihren geraubten Schätzen von Andern befreit worden waren, wurde endlich die Ruhe gegen 2 Uhr wieder ziem lich heraestellt. Festungsbauarbeiter sah man nur wenige unter hen Tumultuanten, doch ist man nicht ohne Besorgniß, daß sich mit dem Eintritt ihrer Feierstunde, 6 Uhr, die Auftritte wiederholen könnten. Inzwischen sind alle nur mög lichen Vorsichtsmaßregeln ergriffen. Stadtschultheiß Schuster, dessen Thä- tigkeit man dieselbe Gerechtigkeit widerfahren läßt wie dem schonenden Benehmen des MilitairS, hat die Bürgerschaft vor das Rathhauß kom men lassen und sie da um Unterstützung seiner Anordnungen gebeten. In diesem Augenblicke, 5 Uhr, durchziehen Militair- und Bürgergardepatrouil- len zu Fuß und Pferd die Straßen, auf den öffentlichen Plätzen stehen 1 ebenfalls Rcitcrabthcikungen und Linientruppen, die dcmolirtcn Häuser sind < dicht mit Militair beseht und die Wachen verdoppelt. Die gleichen Sicher- I heitSmaßregeln sind für die Nacht angeordnct, und eine stadtschultheißamt- 1 liche Bekanntmachung verordnet soebrn, daß heut« Abend di« Poltzti- stunde mit 16 Uhr «intritt und mi? dem Schlage Iv Uhr all« WirthS- l Häuser zu schließen sind. Ferner wird unter Hinweisung auf die gesetz- : lichen Straf« das Zusammenstrhe» von mHr al» acht bis zehn Personen auf dm Stvaß« verbot«, und s»ll«n Zuwiderhandelnde entfernt und ver- - haftet werden. * Alm, 2. Mai. Es lagert heute eine so sonntägliche Ruhe über un serer Stadt, daß man entfernt nicht daran erinnert wird, wie sie gestern > noch der traurige Schauplatz der ärgsten Gräuelscenen gewesen ist. Zwar : werden die Straßen in diesem Augenblick immer noch von Patrouill«» mit gezogenen Säbeln durchzogen, allein das kann in einer Garnisonstadt, in : welcher außer den zu dem Festungsbau eommandirten fremden Offizie- > ren »c. gegen dritthalbtausend Mann liegen, nicht auffallen, und mit Kreuk« : berichte ich: die Ruhe ist seit gestern Abend nicht wieder gistört worden. : Hr. I. G. Wieland zur Langmühle hat der heutigen Ulmer Schnellpost : ein Extrablatt beilegen lassen, worin er eine Correfpondenz mit dem Stadt- rathe veröffentlicht, wonach er schon vor dem Ausbruche der Unruhen fich : erboten hat, feine Mühle zum unentgeltlichen Mahlen von 1080 Simri städtischer Früchle herzugeben. Auf der Schranne scheint er sich unv«- : sichtig geäußert zu haben, war auch gewarnt worden, sie nicht zu brfuchen. Hr. Frick zum Jungen Hansen ist sehr zu beklagen. Seine Bierstube gilt : sür einen Sammelplatz der Honoratioren, und er soll deshalb TagS vorher einigen,Schanzern, die einen Trunk bei ihm nehmen wollten, das Bier verweigert, auch vor Jahr und Tag einmal eine unpassende Aeuße- rung gethan haben, die ihm aber gar nicht ähnlich sieht und in die er in keinem Falle den bösen Sinn hineinlegen wollte, welchen die auf geregte Menge ihm unterstellte. Wie Dem aber auch sei, die Volks justiz untersucht nicht lange, und Hr. Frick hat seine Unvorsichtigkeit sehr hart gebüßt. Das Herz blutete Einem bei diesem gräßlichen An blicke; in der untern Etage des erst unlängst rcnovirten Hauses soll dem Wortlaute nach Alles zertrümmert und weggeschleppt worden sein. Sogar der Herd und sämmtliche Küchengeschirre waren zerschlagen. Die Meu terer waren durch das Hinterhaus eingedrungen, und ehe man vorn nur ahnte, daß Jemand darin sei, war bereits kein Stuhl mehr ganz. Im Wieland'schcn Hause hatten die Demolanten ebenfalls einen Herd zerstör), den großen Kessel mit Mehl gefüllt und unter dem rohen Gelächter d«r Zuschauer fortgetragen. So arg übrigens auch die Verwüstung in beiden Häusern, mit Bestimmtheit darf man annehmen, daß der Betrag des Gestohlenen noch größer ist. Ancrkennenswerth war die Schonung der Nachbarhäuser, deren Besitzern gewissermaßen von Seiten der Tumultuan ten Sicherheit „garantirt" wurde. *Ikkeiningen, 3. Mai. Der Herzog hat für nothwendig anerkannt, daß für die gegen den steigenden Nothstand zu ergreifenden Maßregeln ein einfacherer und schleunigerer Geschäftsgang gehandhabt werde, und deshalb eine besonder« „Abtheilung des Landesministeriums für die zu Lin derung des Notstandes zu ergreifenden Maßregeln" organisirt, welche unter des Herzogs unmittelbarem Vorsitze das Geeignete berathen und b«- schließen wird. Alle Behörden und Staalsgenossen sind dieser Abtheilung ungesäumte Folge zu leisten schuldig, und deren Verfügungen sind an kei nen Jnstanzrnzug gebunden, ebenso wie Alles an sie unmittelbar gelangt. Die neue, interimistische Behörde hat bereits ihre Wirksamkeit damit an- getreten, daß sie unterm 3V. April im Regierungsblatt eine Bekannt machung erlassen hat, womit eineSthcils Rechenschaft über Das- was von Seiten der StaatSregirrung zu Abwendung des Nothstandcs bisher bereits geschehen (100,888 Fl. wurden aus LandeSmittcln zur Verfügung gestellt, außerdem 58,086 Fl. vom Herzog aus der Domainenkasse verwilligt, für Anlegung von Kornmagazincn wurde durch Aufkäufe Sorge getragen re.), andererseits aber auch eine klare und offene und die hin und wieder ge hegten zu trüben Aussichten aus die nächste Zukunft beseitigende Darstel lung der jetzigen Lage der Dinge gegeben wird. Heben wir einige deöfallsige Stellen heraus, weil sie den gegenwär tigen Zustand so schildern, wie er wol fast m allen andern Ländern Deutschlands ebenfalls vorhanden ist. „Die plötzliche Steigerung der Frucht preise in der letzten Zeit zu einer seit' dem Jahr 1816 nicht gekannten Höhe, sagt die Bekanntmachung, hat, wie in ganz Deutschland, so auch im Herzogthume die bange Besorgniß erregt, daß die Theurrung bis zur nächsten Aernte noch immer mehr zunehmen und zuletzt in einen wirklichen Mangel an den unerläßlichsten Erfodcrnissen für den Lebens- bedars übergehen werde. Die ununterbrochene Verbindung, in welche sich die Staatgrcgierung nicht nur mit den Marktorten in dem benachbarten Thüringen und Franken, sondern auch mit den entferntem größern Han delsplätzen, wie Halle, Magdeburg, Stettin, Bremen und Rotterdam, gesetzt hat, berechtigt jedoch schon jetzt zu der zuverlässigen Annahme, daß die Besorgniss« in jener Ausdehnung übertrieben sind, und das unnatüri- liche Aufschlagen der Fruchtpresse vielmehr nur das vorübergehende Er- gebniß des unerwartet eingetxeten«» Witterungswechsels war. Nachdem die Witterung wieder milde geworden und die Saaten sich überall in dem erwünschtesten Stand erhalten haben; nachdem ferner die Wiedereröffnung der Schiffahrt die Häfen dm bedeutenden überseeischen Getrcidezufuhrey zugänglich gemacht, hat auch das Mißtrauen, welches die Vorhände-
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