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Deutsche allgemeine Zeitung : 29.09.1847
- Erscheinungsdatum
- 1847-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-184709290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18470929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18470929
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1847
- Monat1847-09
- Tag1847-09-29
- Monat1847-09
- Jahr1847
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 29.09.1847
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2361 Sohne» in St.-Leu wird einer Bekanntmachung deS LestamentSvoll- streckers, Herzogs v. Padua, zufolge am 2S. Sept, stattfinden. Auf der Nordbahn wird ein Extrazug dahin von Paris abgehen. * Paris, 24. Sept. Der verstorbene Royer-Collard traf eines Tag» so recht den Nagel auf den Kopf, als er 1831 bei voller Depu- tirtenkammer sagte; „Meine Herren, wir find hier 45S kleine Könige von Frankreich." Man hielt diese ironische Redensart erst sür ein Paradoxon; sie stak aber voll Wahrheit. Was jetzt hier zu Lande vorgeht, beweist «ö deutlich, wie man sich überzeugen wird, wenn man unserer Auseinan dersetzung nur gefälligst ein Bischen folgen will. Seit Darius, dem Sohne des HystaSpcs, machen die Fürsten von Zeit zu Zeit in ihren Rei chen die Runde, um den Enthusiasmus von neuem anzuregen und die Unterthanenliebe wieder anzufachen; gerade so halten es die hiesigen De- putirten- Die französischen Volksvertreter spielen die Könige rind reisen eben so geräuschvoll als Monarchen; sie fahren mit Extrapost und suchen hier und da das heilige Feuer auf dem Vesta-Herdedes Wäh- lerherzens wieder anzuschüren, das alle Tage mehr und mehr verglimmt. Man muß die Flamme anblasen und neuen Samen in die Gcmüthcr der Wahlmänner ausstreuen. Ehe sie die Reise antreten, schicken sie dienst eifrige Kuriere und Kundschafter vorauf, die ihnen aus der Provinz schrei ben: sie sollen rasch aufbrechen, die Schnellpost nehmen, nöthigenfalls Gäule todtjagen; aber sich bereit halten, 1>ie Lauen anzufeuern und den Unschlüssigen cinzuheizen. So kutschiren und galoppiren sie nun über Berg und Thal in allen Wahlbezirken Frankreichs herum. Man sehe einmal, wie sie durchreisen und ankommen. Auf ihrem ganzen Wege zieht die Bürgerschaft aus und huldigt unterthänigst ihren Kammerkönigen. Allenthalben nichts als Concerte, Serenaden, Bankette, Gabelfrühstücke, Glückwünsche und Reden. Was Hr. Guizot und nach ihm daß Jour nal des DebatS das pa^s lögst nennen, das ißt, trinkt, tanzt, mu- sicirt und schreit aus vollem Halse: „ES lebe Dieser oder Jener, Dieses oder Jenes!" Das ist die Paraphrase des bewundernswürdigen Reprä- sentativsystcms. Bei solchen Ovationen empfangen nun die Deputirten. Man beachte wohl das Ceremoniel: gewisse Redner werden vorher auS- gewählt, wie bei königlichen Receptionen; man spricht zu den Volksre- präsentanten wie zu Kaisern und Königen, haranguirt sie am Chaussee- graben oder am Stadtthor, wie man es bei durchreisenden Majestäten macht, gibt ihnen Schmäuse, Ständchen, feine Weine, als wären sie ge krönte Häupter, die ihr Land bereisen. Illumination und Feuerwerk be schließen mitunter den Festabend. Am andern Morgen, beim kleinen Lever, empfangen Sc. königl. Kammerhoheit die Deputationen, die Festredner, die Elite der Stadtlümmel, die Blume des Handelsstandes! Das nennt man demokratische Sitten! Ferner: der Deputirte bewillkommnet die Aufwartenden würdevoll, majestätisch, mit echt fürstlicher Herablassung und Leutseligkeit. Er spricht, die Hand aufs Herz legend, ganz accurat, wie eine erlauchte Person es bei solchen Gelegenheiten zu thun pflegt; er beantwortet die Anreden Sah für Satz und erwidert gewissenhaft jeden Pa ragraphen, jedes Ansuchen, jede unzufriedene Aeußcrung; er hat seine Re densarten, die nichts sagen, seine Versprechen, die nicht binden, seine Ver sicherungen, durch die er täuschen will. Noch weiter: gibt man in großen Städten einem Deputirten einen Festschmaus, so speist ein Theil der Gesell schaft mit dem Festhelden im Banketsaale; die Andern warten draußen auf der Gasse vor den Fenstern; wieder und immer wie bei den Prinzen. Wenn aber die Weine und Toaste den Gästen die Köpfe vetdreht, wenn die bacchi- sche und politische Begeisterung lärmt, tobt, wankt und taumelt, wenn man auf die Personen, auf die Principien, auf die Tagesfragen Lebehochs ausgebracht, so macht man die Fenster auf. Alsdann schreien die Nicht- schmausendcn mit den Schmausenden, und das Volk mischt seine Hurrahs und Huhus in das Jubeln und Toben der Bürgerschaft. Der Herr Depu tirte wird mit lautem Gebrüll ans Fenster gerufen, und flugs erscheint der Herr Deputirte auf dem Balcon, eine dreifarbige Fahne oder auch blos einen grauen Filzhut schwenkend, und diesmal wieder gerirt er sich wie ein populairer Bürgerkönig. Die Hofzeitungen der Kammermonarchen berichten den andern Tag über den unbeschreiblichen Enthusiasmus re. Drei Monate oder ungefähr so lange ist es her, daß die Kammcrsession geschloffen ist, und seit drei Monaten wird diese klägliche Parodie des Königthums nach und nach in allen Departements cingcführt. Man merke wohl, daß wir den Hergang der Dinge einfach erzählen und ihn einer Partei nicht mehr als einer andern aufbürden; alle Parteien haben in unsern Augen gleich viel Schuld. Zum Unglück für Frankreich kenne ich keine einzige, die sich von diesen albernen Lobhudeleien und diesem schmählichen Fetischdienste loszumachen weiß. Das Betrübendste bei der Sache ist, daß diese seltsamen Sitten in Frankreich immer mehr überhand , nehmen. Auch die Bessern werben in diesen Demagogenstrudel mit Hin ringerissen und mischen sich in diese schöppenstädtischen Triumphe, die doch am Ende blos heuchlerische Festgelage und platte Komödien sind, in denen man, das Heiligste und Würdigste zu Hohn und Spott verzerrend, sich gegenseitig zum Besten hat. Unselige Verblendung! Die, so das Spiel gegen Andere spielen, scheinen dennoch daran zu glauben, wo es ihrer Eigenliebe schmeichelt. Kein Mensch, nicht einmal ein Regierungsblatt protestirt gegen diesen übermäßigen Andrang parlamentarischer Duodezkönige. »elgie«. Der in lvrüffel versammeltePönitentiarcongreß hat sich da für entschieden, daß das Gefängniß so eingerichtet werden muß, daß die Locale für die Verwaltung und die Wohnungen der Beamten ganz ge schieden werden sollen. Das Gefängniß muß so gebaut sein, daß man 1) die Gefangenen Tag und Nacht vollkommen trennen kann; 2) daß die Mittel gegeben sind, ihnen Bewegung in der Luft zu verschaffen; 3) daß sie im Stande sind, sich passend zu beschäftigen, Unterricht zu er halten und dem Gottesdienste beizüwohncn, ohne daß die Trennungsregel darunter leide. Schweiz. Am 2«. Sept, hat die Regierung von Schaffhausen mit allen gegen eine Stimme beschlossen, bei dem großen Rathe darauf anzutragen, den Sonderbund mit Waffengewalt aufzulösen, wenn ein nochmaliger gütlicher Versuch nicht einen schnellen Erfolg haben sollte. Btalien. Turin, 20. Sept. Die hiesigen Zustände sind, seitdem sich die Bewegungen vom 8. Sept, gelegt haben, ganz erträglich; wie lange sie so bleiben, ist nicht leicht zu berechnen. Die Cocardcn mit den sardinisch römischen Farben sind auf den ausgesprochenen Wunsch der Regierung von den Meisten, die sie getragen, abgelegt worden. In Toscana tritt noch immer viel politische Aufregung zu Tag. In Lucca liegt seit der Entfernung des Herzogs Alles in den Händen der Volkssührer. Der Herzog selbst ist nach Einigen nach Modena, nach Andern nach Wien abgereist. Leute, die sonst gut unterrichtet sind, behaupten, er sei noch in Italien, und zwar in Castelnuovo, wohin er sich zurückgezogen, um von keinen Deputationen mehr bestürmt zu werden. Die nächste Veran lassung zu seiner Abreise war das Verlangen der Volkspartei, daß un beschränkte Preßfreiheit eingeführt und der Minister Ward sogleich abge setzt werde. Im Modenesischen herrscht im Allgemeinen noch Ruhe; nur in Reggio, woselbst der Herzog vor der Hauptwache einige Feld stücke aufführen ließ, scheint sich eine ziemlich aufgeregte Stimmung zu zeigen. Das Gerücht geht, daß der Hof von Neapel, auf dasAergste gefaßt, sich mit allen Eventualitäten vertraut gemacht und im äußersten Falle zur Anrufung einer Intervention sich entschlossen habe. (A.Z.)j *NoM, 16. Sept. Gestern hier eingegangene Briefe aus Palermo vom S. Sept, behaupten, daß Palermo im Vereine mit andern großen Städten Siciliens am 7. Sept, in einer an den König gerichteten Bitt schrift um Errichtung einer insularischen Nationalgarde nachgesucht habe. Zugleich wird versichert, daß die Mishelligkcitcn zwischen den Lan- desbcwohnern (deren angestammter Haß gegen die Neapolitaner bekannt lich sprüchwörtlich geworden) und dem königl. Militair mit jedem Tag eine ernstere Gestalt annähmen und eine allgemeine politische Conflagra tion zu fürchten sei. In Calabrien haben sich die Rcvoltirenden vor dem neapolitanischen Kanonenfeuer am 4. Sept, in unzugängliche Schluch ten zurückgezogen, schaden jedoch von dort aus dem sie verfolgenden re- gulairen Militair noch immer. Der Verlust an Mannschaft auf Seiten der Königlichen soll nicht gering gewesen sein, und gewiß ist, daß vor zwei Tagen aus dem Hafen von Neapel aufs neue zwei Dampfschiffe mit vielen zum Ein- und Ausschiffen dienenden Barken nach Calabrien ab- gingcn; wir vermuthen, um die verwundeten und dort schlecht verpfleg ten Soldaten nach den Lazarcthen der Hauptstadt zurückzuführen. Dem Beispiele Messinas soll die Stadt Catania und Umgegend gefolgt sein. In Calabrien hat der Aufstand auch in Catanzaro begonnen. Man be fürchtet eine Revolte der seit langer Zeit unruhigen Abbruzzen an der römischen Grenze. In diesem Augenblicke geht hier das Gerücht, die Stadt Terramo in jenen Gegenden sei im Aufstande begriffen. Noch immer gehen von den bedeutendsten Städten des Kirchenstaats Ergcbenheitsadressen an den Papst ein. Die neueste kam aus der durch ihre Papierfabriken wohlhabend gewordenen Stadt Tabriano mit dem Anerbieten, zur Bewaffnung der Nationalgarde 200 Gewehre zu liefern. Der Papst hat dieses Anerbieten dankend angenommen. Sehr reich sind die Beiträge des Klerus der Diöcesen Bologna und Ferrara zur Bewaffnung der Nationalgarde ausgefallen. Dort hatte der Cardinal Oppizzoni, hier der Cardinallegat Ciacchi in einem Kreisschreiben, wel ches der betreffenden frühern päpstlichen Bitte nachfolgte, dringend dazu aufgefodcrt. NoM, 17. Sept. Bemerkenßwcrth ist, daß sogar die Co »Victo ren des Collegio de' Nobili bei einem in Tivoli veranstalteten Festessen Gioberti haben hoch leben lassen. —Die Municipalverfassung liegt dem Ministcrconseil zur Bcrathung vor, weshalb deren nahe Veröffent lichung erwartet wird.— Allerdings hatte ich unterm 19. Aug. von dem Schluffe der Verhandlungen, die Graf v. Blu do ff im Namen des Kaisers von Rußland mit dem heil. Stuhle geführt, berichtet. Da sich nicht viel von denselben sagen ließ, so hatte ich sie als Präliminarver ständigungen bezeichnet. Nachher habe ich erfahren, daß im Grunde nichts erzielt worden ist. (A. Z.)
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