02 Deutsche allgemeine Zeitung : 22.09.1851

Montag. Zweite Ausgabe. Abends 6 llhr. 22. September 1851. EwiP'lt«. Di« Zeitung n- schetnt eiglich zwei chal em» Hgrd »»«gegeben In Lormitiagg.l l Mc, Abend» I Uhr 1 in Abend» t Uhr, Vormittag« 8 Uhr. Gs/iß für dgf Vtertffjabr I Thlr.; iehe etnzelne Num mer l Ngr Rk. 487. — DtiW MgtMtim Zeitung. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehe» durch alle Dost» Lmter de« In- und Au«lau»«ch sowie durch die ürpeditione» t» llrejpgig tOuerstraß« S!r. 8) und Drei»«« lbei E. Hc-kner, Neustadt, Au der Brülle, Nr. »j. Inkrrtionlgebühr für den Raum einer Zeile » Ngr. '-!<r »» nsii -ni'/l ? Um die Äerhreitilng der DöHschen Allgemeinen Zeitung in immer weitern Kreisen zu erleichtern, hat sich die unterzeichnete Verlagshandlung entschlössen,/eine MüeiSeMKHigung bei derselben eintreten zu lassen. Sie wird daher -vom 1. October an vierteljährlich in Sachsen statt 2 TM ritt* K Dhlk. 13 Hkgr., im übrigen Deutschland und im Ausland« statt 2'/, Thlr. nur 1'/, Thlr. kosten. Auch künftig wird die Zeitung ttgliH Mei Mttk erscheinen, wodurch die größte Schnelligkeit in Mittheilung der Neuigkeiten ermöglicht wird, dagegen, dem Bei spiele aller sächsischen Mid der Mehrzahl der größten deutschen Zeitungen folgend, die Ausgaben am Sonntag einstellen. Ist der Ueberzengüng, durch diese Preisermäßigung .dei> nach dieser Richtung häufig lautgewordenen Wünschen deS Publicums zu entsprechen, versichert die Redaction zugleich, daß die politische Richtung deS Blättö unverändert dieselbe bleiben wird wie bisher. Der Kreis der Mit arbeiter Und Korrespondenten in Sachsen, im übrigen Deutschland und im Auslande hat sich fortwährend erweitert, und wie bisher wird die Re- Lactiyn auch in Zukunft eifrigst bemüht sein, den an ein größeres deutsches Blatt in immer höherm Grade gestellten Anfoderungen ihrerseits auf das gewissenhafteste zu entsprechen. Bestellungen auf bas mit dem 1. October dieses Jahres beginnende neue Abonnement, die man baldigst zu machen bittet, werden von allen Postämtern deS In- und Auslandes, in Leipzig und Dresden von den Expeditionen der Zeitung angenommen. AbbbSnumcheM stehen Denen, die als neue Abonnenten eintreten wollen, fortwährend und namentlich auch noch in der ersten Woche des künftiges.Vierteljahrs auf Verlangen zu Diensten. VUstitatie finden durch die Zeitung eine weite Verbreitung und werden mit 2 Ngr. für den Raum einer Zeile berechnet, «ttpzig, im September 1851. -auch dieser Gegensatz ist schon in sein Ertrem umgeschlagen, wie der Empfang der Jesuiten in Heidelberg beweist, und cS zeigt sich dabei die Erscheinung, daß keine Partei selbst von den jüngsten und fühlbar sten Erfahrungen einen Nutzen zieht; jede glaubt sich für alle Zeiten im Besitze der Herrschaft. Hatte die berliner Nationalversammlung es für unmöglich gehalten, daß jemals Bismark-Schönhausen als Bundes tagsgesandter in Frankfurt sitzen, oder Kleist-Retzow rheinischer Ober- Präsident werden könnte, so weiß die Partei der „heiligen Junker", ob gleich ,sie gar keinen Anhalt im Volke hat, in ihrer Siegeötrunkenheit lein Maß zu,,halten und versäumt, ebenso wie die Nationalversamm lung in Berlin- ihrer günstigen Stellung dauernde Stützen zu geben. In derselben.Stadt, in Frankfurt, wo am 5. März 1848 die Bürger- wehr von einem aus den schlechtesten Elementen des Proletariats der Umgegend zusammengesetzten Haufen genöthigt wurde, die Bayonnete von den geschulterten Gewehren abzunehmen', wo die friedliche Schutz- wache in ihren, nützlichen Functionen aufs ärgste verhöhnt wurde, sahen ivir nachher Monate lang eine, lästige, kostspielige, durch kein anderes Motiv als die Eifersucht ZwtschewOesterrn und Preußen herbeigeführte Einquartierung und zur Zeit der Mobilmachung blutige, für die Stadt ge fährliche Soldatenschlägereien in den Htraßqn. Die straflos gebliebenen Militairerceffe hier, kn Hamburg, Grätz, Kaiserslautern und an unzäh- ligen, andern Orten sind die. späte Rache deö siegestrunkenen Militairs 1"!^ " ' . -l . . Die Naturgesetze der Nevdlution und Reaction. Ein Wort des Trostes. H Frankfurt a. M., 19. Sept. Nach dem Naturgesetze, daß der Stoß den Gegenstoß bedingt, richtet sich auch der Gegensatz zwischen Revolution und Reaction. Die große Masse der Mittelpartel wird ab wechselnd von beiden Endpunkten, den Extremen aus, in Bewegung ge setzt, bis ihr Gefühl oder ihre materiellen Interessen zu sehr verletzt sind, und sie nun,der allmälig wieder erstarkten, gesammelten Gegenpartei, Lie jetzt die Macht der öffentlichen Meinung durch die Nebertreibungen Ler Sieger für isich gewonnen, sichznwendet. Da die Reform in Deutsch land leider ausgeschlossen zu sei» scheint, so sind wir auf nähere Be trachtung dieser Gesetze auf politischem wie religiösem Gebiete besonders angewiesen. Wenn in der Untern Main- und Neckargegend 1844—46 kaum ein katholischer Geistlicher sich sehen lassen konnte, ohne spöttische Blicke der Vorübergehenden auf sich zu ziehen, wenn man den nüchter nen Kerbler, der jetzt verschollen ist, und den überschwänglichen Dowiat, Ler, wse er seitdem eiügestanden, wie aber schon damals unter der durch- sichtigen Hülle seiner Phrasen leicht einzusehe» war, die ganze deutsch- katholische Angelegenheit als Deckmantel politischer Agitation betrieb, mit übertriebenen Huldigungen feierte — so ist der natürliche Gegensatz dazu das Erscheinen der Jesuiten in denselben Gegenden, was vor drei Jah ren ebenso unter die Märchen gezählt worden wäre wie vor vier Jah ren eine Revolution in Wien oder ein Straßenkampf in Berlin. Aber Wgen der ünchürhme^ in Legersten Zeit M revolutiynairen Aufregung, wo sie Me Beschimpfung „geduldig .ertragen Men, um nicht als „perchMe SöldMg^ oder „BruderMrder" veM zu werden. Milich Mreh es dieMch welche als Schuhwächser von unten und däm als Oüart erträger von oben her arg mitgenommen wurden, utid füp. LaS Re,chtSbeipüßtftitt könnte Lie Zuchtlosigkeit von unten so we- ntst gute Früchte tragen wie die Willkür von oben. Wenn man im Jahre 1848—49 dem VolkSgeifl und der öffentlichen Meinung zu viel Kräfte zuschrieb, so ist eö doch übertriebene Verachtung, wenn neulich ein hessen-darmstädtischer Minister dem Unterhändler wegen deS Bei tritts deS KroßherzogthumS zum deutsch-österreichischen Postverein, als dieser an die öffentliche Meinung erinnerte, erwiderte: „Ein unglückli cheres Argument hätte er nicht wählen können; um die öffentliche Mei nung kümmere die Regierung sich gär nicht." Interessante Parallelen zu diesen Verhältnissen bietet die nach der ersten französischen Revolution in Deutschland eingetretene Reaction. Wie jetzt in protestantischen Regierungen, wie in Preußen und Hessen-Darm stadt, ein bedeutender katholischer Einfluß nicht zu verkennen ist, so suchte damals in Preußen der geistliche ObscurantismuS durch Wöllner, Hill mer und Hermes den im Volke herrschenden Rationalismus zu ver drängen; sie scheiterten an dem Widerwillen der Beamten (welche ja auch den bittern Haß der Kreuzzeitungöpartei auf sich geladen haben) und an dem in Tumulten anSbrechenden Haß des Volks; doch kam eS so weit, daß bereits in Berlin mit Bildung einer „Freien Gemeinde" gedrohr wurde. „In Berlin hat eine Gesellschaft von Bürgern (1794) geradezu erklärt, daß sie die aufgeklärte Religion und keine andere ver langten und widrigenfalls ihre Kinder nicht taufen ließen." (Voß, Brief wechsel II, 385.) „Die Abschaffung der Adelsvorrechte in Frankreich zog manchen unklaren Verhältnissen in Deutschland den Schleier ab. Der Graf Friedrich Leopold von Stolberg, der Freiheitslieder gesungen, so lange keine praktische Folge derselben in Deutschland abzusehen war, wurde jetzt konservativ und bereitete unter dem Schein des strengen Lu- therthumö seinen Nebertritt zUm KatholiciömuS vor. Die Fürstin Ga lizin, geborene Gräfin Schmettau, wurde aus einer Weltdame voll Geist eine eifrige Messenläuferin." (Voß ll, 130.) Der enge Zusammenhang der protestantischen Schwärmer und My stiker, damals durch Lavater vertreten, mit Rom wurde damals ebenso klar, als er u»S heule geworden ist, und deshalb konnte Voß sich ebenso über, den offenen Uebertritt Stolberg's freuen, als eS unS heute ange nehm sein muß, daß Hurter, Meinhold, die Gräfin Ida Hahn-Hahn, Florencourt, Gfrörer rc. endlich das Visir geöffnet. Und wie paßt heute das Wort, welches Voß zu Anfang unserö Jahrhunderts schrieb: „Wenn die Protestanten nicht auS dem Schlummer aufwachen, so werden sie unfehlbar von den listigen uud thätigen Papisten berückt, Allenthalben sind diesen die Edlen von Geburt gewogen, denn sie wissen zu gut, daß ihr« Ansprüche auf Ehre und Gut von der Meinung des Volks abhan gen und daß diese Meinung kein Licht verträgt." Damals hörte man so viel als jetzt von der „Solidarität der Regierungen", und dieser Be griff führte zu dem folgenreichen Kreüzzug der . Monarchien gegen Frankreich. Vor dem Bedürfnis „rettender Thaten" schwand jeder Grundsatz deö Rechts. Preußen erkannte zwar die polnische Verfas sung von 1791 an, machte sie aber gleichwol dann zum 0s8U8 belli, denn man durfte doch keine „Jakobiner" im Rücken haben, während man gegen Frankreich auszog. Die Hetze gegen die Jakobiner, später Demagogen, Demokraten, Rothe, Eommunisten, Anarchisten rc. genannt, verbreitete sich endlich auch nach Dänemark, das unter dem trefflichen Bernstorff sich länge davon freigehalie». Cramer, der Sohn' des Kanz lers vön Kiel,' wurdö wegen seines Buchs über die französische Revo lution abgesetzt; Wolf, Doß' Gehülfe in Eutin, den er zu seinem Nachfolger empfohlen, nicht angestellt, weil er über die Wiedereroberung Toulons durch die Franzosen seine Freude geäußert hatte!