Goethe 1772 (1774) Geliebten an die Wand zeichnete, um sich sein Bildnis zu erhalten? Nach der Übermittlung des Plinius würde dies 600 Jahre v. d. Z. in Korinth geschehen sein. Hier hätte also die Liebe die Intuition zu einem frühen Schattenrifs gegeben. Und sollte später, in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts, als die Silhouette in deutschen Landen zu höchster Blüte gelangte, nicht auch noch oft der gleiche Anlaß das „Motiv zur Tat" gewesen sein? Es ist doch be stimmt kein Zufall, daf das Emporblühen dieser „Holden Finsternisse", wie Goethe sie nannte, in die Zeit der höch sten Empfindsamkeit fällt, in die Zeit des Persönlichkeits- und Freundschaftskultes. Die Technik des Silhouettierens war leicht zu erlernen und schon dadurch berufen, Hauskunst zu werden. Der Schatten wurde auf einem an der Wand befestigten Pa pier zunächst durch Zeichnung des Umrisses peinlichst festgehalten, darnach ausgetuscht und maßstabgerecht ver kleinert. Der so von der Wand gewonnene Schattenriß fiel durch das Geseß des Lichtkegels etwas überlebens groß aus, war doch zwischen dem Darzustellenden und dem Silhouetteur noch Plaß für die zeichnende Hand not wendig. Diesem Übel wurde bald abgeholfen durch die Konstruk tion von Hilfsmitteln wie eines Sithouettierrahmens, wel cher mit einer Glasscheibe versehen, auf der ein Bogen ölgetränktes Papier angebracht wurde, ermöglichte, daß der Zeichner das nun dichter herangerückte Modell von der Rückseite der Glasscheibe aus festhalten konnte. Die Krönung der Bemühungen, das Silhouettieren zur größten