Deutsche allgemeine Zeitung : 27.06.1855

27. Junk 1858 Nr 147 DtllW Mgtmtiyt Zcitilllg «Wahrheit und Recht, Freiheit «ud TeschI» Mittwoch. «einzig. Dt« Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« ä Uhr au«- gegebett. Prei« für da« Biertel« jahr I'/, Thkr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Au-lande-, sowie durch di« Srpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Lnferttonpgedühr für den Raum einer Zeil« 2 Ngr. Den erhöhten Anfodernngen, die in der jetzigen Zeit an die größern politischen Blätter Deutschlands gestellt werden, sucht die Deutsche Allgemeine Zeitung in jeder Weise zu entsprechen. Sie hat zahlreiche und zuverlässige eigene Correspond-nt-« an allen Hauptpunkten Europas, namentlich auch an den verschiedenen bei den gegenwärtigen Ereignissen besonders wichtigen Or ten. Ihre Deitartikel suchen den Leser über die politischen Angelegenheiten zu unterrichten und zugleich die Aufgabe der un abhängigen patriotischen Presse nach Kräften zu erfüllen. Den sächsische« Angelegenheiten wird in Leitartikeln und Torrespondenzen große Aufmerksamkeit gewidmet. Wichtige Nachrichten, auch die Börsenkurse von London, Paris, Wien, Ber lin re., erhält die Zeitung durch telegraphische Depesche«. Die Interessen des Handels und der Bndnstrie finden sorg fältige Beachtung. Ein Fenilleton gibt zahlreiche Originalmittheilungen und kurze Notizen über Theater, Kunst, Literatur u. s. w. Die Deutsche Allgemeine Zeitung erscheint, mit Ausnahme des Montags, täglich in einem ganzen Bogen. Daö viertel jährliche Adonnement beträgt für Sachsen 1 Thlr. 1S Ngr., für Preußen 2 Thlr. 9/, Sgr., für daö übrige Deutschland und daö Ausland 1 Thlr. 21 Ngr. Inserate finden durch die Zeitung die weiteste Verbreitung und werden mit 2 Ngr. für den Raum einer Zeile berechnet. Bestellungen auf das mit dem L BE beginnende «ene Abonnement werden von allen Postämtern des In- und Auslandes, in Leipzig von der Expedition der Zeitung angenommen und baldigst erbeten. Deutschland. Preußen. -^Berlin, 24.Juni. Der Norddeutschen Zeitung wird von hier geschrieben, daß, bei der dermaligen Lage der Dinge, der Abschluß <in«S Separatvertrags mit Rußland für Deutschland wol das Zweck- mäßigste sei. Wir kommen auf diese sonderbare Zweckmäßigkeitsansicht des halb zurück, um zu bemerken, daß nichts irriger wäre als die Unterstellung, »aß derselben «in Reflex der in den hiesigen officiellen Kreisen herrschenden Anschauungen zugrunde liegen dürfte. Ein solcher Separatvertrag würde natürlich auf nicht- Anderes Hinzielen als auf Das, was von Rußland in der bekannten Glinka - Depesche erstrebt wird; wie das hiesige Cabinet aber darüber denkt, das ist genugsam bekannt. Doppelt sonderbar muß eS darum erscheinen, wenn derselbe Correspondcnt weiter sagt, daß ein solcher Vertrag vom ganzen deutschen Volke, mit Au-nahme der kleinen demokratischen Frak tion, mit Freuden werde begrüßt werden. Gegen eine solche Behauptung Protest zu erheben im Namen des gesunden Menschenverstandes, halten wir, schon der Würde de- lehtern wegen, kaum für der Mühe werth. Ständen die Vertreter solcher Ansichten nicht ganz vereinzelt da, so wäre die Grün dung des russischen Journals Le Nord in Brüssel gewiß ganz überflüssig gewesen; minder verfehlt aber wird jenes Unternehmen darum doch nicht sein. Man wird von unS nicht sagen können, daß wir jemals mit einer besonder» Sympathie für die Westmachte hervorgetreten seien; ebenso ent schieden, wenn nicht noch entschiedener, kehren wir uns aber auch gegen jede Propaganda von der andern Seite. Wenn das Journal Le Nord meint, daß die öffentliche Meinung in Europa in Betreff Rußlands bisjetzt ganz auf dem schiefen Wege gewesen sei, so irrt es sehr. Die öffentliche Meinung weiß sehr gut, was sie in Rußland zu erblicken und von ihm zu erwarten hat. Die öffentliche Meinung in dieser Beziehung durch vermit telnde Belehrung zu ändern, das kann dem neuen brüsseler Blatt nicht ge lingen. Uebrigens vernehmen wir, daß daö ganze Unternehmen nur einen provisorischen Charakter haben und zunächst nur sür die Dauer der gegen wärtigen Verwickelungen bestimmt, und in dieser Beziehung hauptsächlich für die Diplomatie und sodann für die Presse berechnet sein soll. Der Umstand, daß die russische Diplomatie in der letzten Zeit in Brüssel einen ihrer hauptsächlichsten Knotenpunkte bildet, war darum für die Herausgabe de- Blatt- in der belgischen Hauptstadt auch wesentlich mitentscheidend. - Di« jüngst« österreichische Note vom 12. Juni soll, dem Vernehmen nach, bereit- von hier beantwortet sein. ^Berlin, 25. Juni. Die Antwort des diesseitigen CabinetS auf die österreichische Note vom 12. Juni, deren Abgang wir in unserm gestrigen Schreiben gemeldet haben, datirt vom 17. Juni. Nachdem wir di« Stellung der beiden deutschen Großmächte zueinander mit Rücksicht auf die große Frage des Tages so ost erörtert und die sich aus derselben ergebenden Folgerungen in Bezug auf die in der österreichischen Nole vom 12. Juni enthaltenen Desiderien in einem früher» Schreiben ebenfalls bereits gezogen haben, können wir uns jetzt, um ost Gesagtes und genugsam Er- örterte- nicht zu wiederholen, mit der Bezeichnung des Inhalts der nach Wien abgegangenen Antwort Preußens kurz fassen, wie denn, auch diese Antwortnote selbst eigentlich nur eine Wiederholung Dessen ist, waS in Bezug auf den Gegenstand derselben schon wiederholt und unter Anderm, namentlich in der diesseitigen Nöte vom 24. Mai, officitll gesagt worden ist.,Preußen sieht nach wie vor im Aprilvertragt, im Additivnalartikel zu demselben, sowie überhaupt in den von der deutschen Bundesversammlung in der orientalischen Frage gefaßten Beschlüssen den Boden für seine Po- mit; Ls ist nach wie vor ausS unzweifelhafteste gewillt, die aus dieser Stel ¬ lung erwachsenden Pflichten vorkommendenfalls gewissenhaft und ohne allen Rückhalt zu erfüllen; es ist aber auch ebenso fest und unabänderlich ent- schloffen, den Kreis dieser Verpflichtungen, in welchem Sinne und nach welcher Seite hin es auch sei, nicht auszudehnen und auf kein anderweiteö Arrangement einzugehen, durch welches die Klarheit seiner Position irgend wie getrübt werden könnte. Es ist darum, mit Rücksicht auf den Inhalt der diesseitigen Antwortnote vom 17. Juni, auch überflüssig, zu unter suchen, welchen Werth der Decembervertrag unter den gegenwärtigen Ver- hältnisscn noch hat; denn Preußen hat, in welchem Sinne man es auch immer nehmen mag, keinerlei Antheil an diesem Vertrag und dieser daher auch nicht die entfernteste Verpflichtung für Preußen. ES ist daS so ein fach und klar, daß wir eS kaum für nöthig halten, auf das in dieser Be ziehung in der Note des Hrn. v. Manteuffel vom 24. v. M. bereits Ge sagte gegenwärtig noch besonders zu verweisen. Ebenso überflüssig ist es von diesem Standpunkte daher auch, lange bei der Frage zu verweilen, in wiefern die vier Punkte für die Westmächte gegenwärtig noch einen positi ven Werth haben oder nicht; denn das Vcrhältniß Preußens und deS Deut schen Bundes zu den vier Punkten ist längst festgestcllt und in dem hier- auf bezüglichen Bundcsbeschlusse gleichzeitig auch der in den vier Punkten liegende Unterschied in Bezug auf die wirklich deutschen und die weiter- gehenden europäischen Interessen klar und bestimmt normirt worden. Nur die beiden ersten der vier Punkte hat der Deutsche Bund sich «»geeignet, die beiden letzter» dagegen nur ganz im Allgemeinen als eine geeignete Grundlage zur Wiederherstellung deS Friedens anerkannt. Bleiben die vier Punkte bestehen, wie sie bisjeht bestanden haben, so ist die Position des Bundes zu denselben genommen; bleiben sie nicht bestehen und kommen an dere und wcitergehende Friedensgrundlagen später aufs Tapet, so wird eS Sache des Bundes sein, dann zu untersuchen, inwiefern die deutschen In teressen davon berührt werden, um danach seine Maßnahmen zu treffen. Dies jedoch ist abzuwarten. Zunächst handelt «S sich gegenwärtig nur um die Stellung Preußens und des Deutschen Bundes zu Oesterreich, resp. zum Decembervertrage und zu deü vier Punkten. Den positiven Boden, auf welchem Preußen und der Deutsche Bund in dieser Beziehung stehen, haben wir bezeichnet. Von diesem Boden wird nicht abgegangen. — Die Preußische Correspondenz sagt: „Die bei Gelegenheit deS gericht lichen Einschreitens gegen Werbungen für fremden Kriegsdienst in Köln erfolgte Verhaftung eines gewissen Kray, Secretärs deS dortigen bri tischen Consuls Curtis, hat in der Presse zu verschiedenartigen Mittheilun- gen und Deutungen Veranlassung gegeben. Wir sind durch Aufschlüsse von gutunterrichteter Seite in den Stand gesetzt, nachstehend das Sachver- hältniß wahrheitsgetreu darzulegen. Kray hatte sich auf den vom Unter suchungsrichter unlerm 25. Mai erlassenen ErscheinungSbcfehl zu dem auf den 29. Mai anberaumten Termin nicht gestellt. Infolge dessen wurde auf Antrag des OberprocuratorS ein Vorführungs- und V«rwahrungsbefehl gegen ihn erlassen. Don beiden Acten erhielt der Consul Curtis vorher keine förm liche Anzeige; derselbe konnte indessen nach Lage der Sache vollständig davon unterrichtet sein. Al- nämlich dem Secretär Kray der Erscheinungsbefehl durch den Gerichtsvollzieher in der Wohnung deS Consuls übergeben wurde, befand sich derselbe im Gespräch mit Hrn. Curtis. In dem Erscheinungs befehl war aber die ausdrückliche Androhung enthalten, daß im Fall des Nichterscheinens gegen den Beschuldigten dem Gesetze gemäß werde verfah ren w«rd«n. Somit konnte dem Consul nicht gut unbekannt sein, was sei nem Untergebenen bevorstehe. Es wird nun behauptet, dem Secretär Kray wäre bist seiner Verhaftung eine nach Brüssel bestimmte Depesche von der Polizei abgenommcn und 24 Stunbcn läng von dtrftlbkn zuxückbchalten