Deutsche allgemeine Zeitung : 04.09.1855
- Erscheinungsdatum
- 1855-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-185509048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18550904
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- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18550904
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1855
- Monat1855-09
- Tag1855-09-04
- Monat1855-09
- Jahr1855
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- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 04.09.1855
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4. September 1855 Nr. 2«6 Deutsche Allgemeine Zeitung «Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI» für das Viertel jahr 1'/; Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Dienstag. AeiPzib» Die Zeitung erscheint »ut Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags -1 Uhr aus- gegeben. Ansertionagebühr für de» Raum einer Zeile 2 Ngr. Oberfläche der öffentliche» Meinung mehr als leise Wellenschläge zeigten. Wohl hätte nun der Herzog sich die Frage vorlegen können, ob er diese Gunst der Zeit zum Um sturz des inzwischen Geschaffenen benutzen solle. Er konnte dazu Anlaß nehme» von dem Widerspruche, in welchem die Verfassung in einigen Beziehungen mit den Bundes bestimmungen stand, von der Reklamation der Beschwerdeführer, von dem Protest sei ner Agnaten. Er that cs nicht. Gegebenes Wort, Treue und Glauben würden ver letzt worden sein. Die Voraussetzungen für die Anwendung eines Nothrechts lagen nicht vor und ein künstlich geschaffenes Nothrecht würde nichts Anderes als ein Recht der Macht gewesen sein. Auch durste er dem gesunden Sinne des Landes vertrauen, daß die dem Landesintercsse und den Bundesanfoderungen entsprechenden Aenderungen der Verfassung auch auf verfassungsmäßigem Wege zu erlange» sein würden. Der Herzog täuschte sich nicht. Als die gothaischen Stände in ihrer Mehrheit jede Aen- derung der Verfassung versagten, wendete er sich mit einer persönlichen Ansprache an das Land, und das Land wählte eine Abgeordnetcnversammlung, welche fast mit Ein stimmigkeit alle diejenigen Bestimmungen aus der Verfassnng vom 25. März 18-19 entfernte, die eine starke Negierung unmöglich machten, oder den Bundesbestimmungen zuwiderltefen. Das neue Staatsgrundgesetz vom 3. Mat 1852 verwirklichte zugleich Lie nothwendige und längst erstrebte constitutionelle, sowie auch zum Theil die admi nistrative Vereinigung der Herzogthümer Koburg und Gotha. Der auch noch dieser Verfassung entgegentretende Widerspruch der Agnaten ist durch einen zwischen dem re gierenden Hause und dem Lande neuerdings abgeschlossenen Vergleich über das vor malige Kammer- und Domänenvermögen im Herzoglhum Gotha nunmehr ebenfalls beseitigt worden. Der Herzog durste nach der Publication des 'Staatsgrundgesetzes vom 3. Mai 1852 mit Recht seinen Ständen danken, daß sie ihrem Landesherrn die Möglichkeit wtedergegeben, mit Nutzen und Freuden seinem ernsten Beruf obzuliegeu, und durste mit Freuden die feierliche Versicherung anssprechcn: „daß er die Verfas sung der Herzogthümer Koburg und Gotha stets gewissenhaft beobachten und kräftigst schützen wolle." Die deutsche Bundesversammlung wird jetzt von einigen wenigen Per sonen gebeten, diese Verfassung für unverbindlich zu erklären und den Nechtszustand des Herzogthums Gotha auf den Standpunkt vor dem März 1818 zurückzuführen. Es ist schwer zu glauben, daß dte Beschwerdeführer eine Wiederherstellung der politi schen Rechte, welche sie vormals hatten und gehabt zu habe» glauben, auch nur für möglich halten. Eine zu wette Kluft liegt zwischen diesen vormaligen Rechte» und der Wirklichkeit. Sie mögen in der That wol nur bezwecken, daß ihnen gewisse Pri- vatrechtc zurückgegebcn werden, die durch die Gesetzgebung von 1818 aufgehoben wor den sind. Allerdings ist in mancher Beziehung zu beklagen, daß die stürmische Bewe gung des Jahres 1818 zu dieser Aufhebung geführt hat; doch hat damals AehnlicheS auch in verschiedenen andern, selbst den größten Staaten Deutschlands stattgefunden, und diese haben später ebenso wenig für angemessen erachtet, das damais Gewährte zurückzuziehen oder.in der Ausführung z» beschränken. Es kann hier nicht der Ort sein, durch Gründe des Rechts oder der Billigkeit jene Maßregel, Lie durch freiwillige Zugeständnisse seitens vieler Betheiligten mit veranlaßt und in der Hauptsache von Vielen derselben damals gebilligt wurde, zu rechtfertigen — denn sic unterliegt der Com- petenz der hohen Bundesversammlung nicht. Schon aus diesem Grunde können daher die Beschwerdeführer ihre Absicht auf dem von ihnen eingeschlagcnen Wege nicht er reichen; sie können es aber auch um deswillen nicht, weil selbst dann, wenn die ge- sammte Gesetzgebung von 1818 und 1819, insofern sie mit den Abgeordnetcnversamm- lungen vereinbart worden, für ungültig erklärt werden könnte, sie doch gleichwol, in sofern sie den Namen des Herzogs trägt, unbestritten gültig sein würde, da dem Her zog allein nach der vormaligen Verfassung des Herzogthums Gotha das Recht der Ge setzgebung zustand. Wirst man nun noch einen Blick auf die Folgen, welche eine Aushebung der jetzi gen Verfassung des Herzogthums Gotha nach sich ziehe» würde, so könnte der Herzog persönlich materiell nur dadurch gewinnen. Ihm würde durch die Wiederherstellung der alten Verfassung eine größere politische Gewalt und, wie die Beschwerdeschrist rich tig andcutet, ein höheres Einkommen ans dem vormaligen Kammer- und Domänen vermögen zufallen. Aber für das Land würden die Folgen verderblich sein: es würde aus einem glücklich erreichten Definttivum in ein aufgedrungcnes Provisorium von längst veralteten und verhaßten Institutionen zurückgestürzt werden. Ein glücklich erreichtes Definttivum kann die gegenwärtige Verfassung genannt werden. Zwar ist sie ohne Zweifel nicht fehlerfrei; aber selbst im Sinne der Beschwerdeführer hat sie gut gewirkt. Die landständtsche Versammlung, aus freien Wahlen der Steuerpflichtigen hervorgegan gen, hat Einsicht und Billigkeitsgefühl genug gehabt, mit Unparteilichkeit auch die In teressen der Beschwerdeführer und der mit ihnen in gleicher Lage befindlichen Ritter gutsbesitzer als vollberechtigt anzuerkcnnen. Die Agrargesetzgebung von 1853 kann davon Zeugniß geben; sie ist fast ganz auf diejenigen Principicn gebaut, welche von Seiten der Rittergutsbesitzer selbst beantragt worden sind. Die Mängel der Verfas snng aber wird dte Praxis erkennen lassen, und bei dem verständigen und patriotischen Sinne der Landesbewohner ist ihre Abstellung nicht zu bezweifeln. Zu solchen Män geln wird indessen nicht zu rechnen sein, daß die jetzige Verfassung eine besondere Ver tretung aristokratischer Elemente vermissen lasse. Wo starke aristokratische Elemente vor handen sind, verdienen dieselben gewiß der Anerkennung in einer besonder» Vertretung; im Herzvgthnm Gotha fehlen sie- Die einheimischen Inhaber ritterschastiichen Grund besitzes sind ungefähr 30 Personen, von denen Viele nur Miteigcnthümcr eines Rit terguts sind. Die Güter werden zum bei weitem größern Theile von den Eigcnthü- mern nicht persönlich bewirthschastct, sondern nur verpachtet. Der ritterschaftlicht Grund besitz verhält sich zu dem üßrigen wie 1 zn 20, der von Einheimischen besessene unge fähr wie 1 zu 10. Die Güter sind meistenthcils klein und fallen überdies im Wege des Erbganges in die Hände mehrer Miterben. Eine sideicommiffarischc Erbfolge fin det sich im Hcrzogthum Gotha nur in drei Fällen, von denen nur in einem Falle der Gegenstand von Bedeutung ist. Dazu kommt, daß in einigen Jahren der Unterschied zwischen Rittergut und Bauergut gänzlich verschwunden sein wird. Die Patrimonial gerichtsbarkeit und Polizei der Rittergüter war durchgängig schon früher von denselben aufgegeben und ist jetzt aufgehoben. Durch die gegenwärtig stattsindcnde Aufhebung der Neallasten und die in naher Aussicht stehende Regultrnng der Gcmcindeverhält- nisse werden die Interessen der Rittergüter denen der Bauergüter gleich. Dem Ritter gutsbesitzer wjrd das nicht zum Nachtheil gereichen. Größeres Vermögen und größere Bildung werden ihn künftig dem bäuerlichen Grundbesitzer als den geeignetsten Ver- Erklärung der herzoglich sachsen-koburg-gothaischen Re gierung in der Sitzung der Bundesversammlung vom 1». Juli 1853. Die Fürsten von Hohenlohe und mehre Rittergutsbesitzer der Herzog thümer Sachsen-Koburg-Gotha haben vor geraumer Zeit, wie man weiß, gegen die herzoglich gothaische Regierung beim Bundestage Beschwerde über die widerrechtliche Entziehung ihrer ständischen Rechte geführt. Die Be° schwerdcschrist hatte den bekannten Hrn. Fischer zum Verfasser. Der Bund beschloß seinerzeit, diese Beschwerdeschrift der herzoglichen Regierung zur Erklärung mitzutheilen. Dieselbe hat darauf in einer ausführlichen Denk schrift geantwortet, welche dem Bundestage überreicht worden ist, und zu gleich noch unter dem 19. Juli eine besondere Erklärung abgeben lassen. Das Preußische Wochenblatt theilt letzteres Aktenstück mit der Bemerkung mit, daß es den ihm zugekommenen Text als authentisch annehmen dürfe. Danach lautet die betreffende Erklärung: Durch Bmidcsbcschluß vom 20. Ja». 1853 ist die herzogliche Negierung aufge- sodert worden, der Bundesversammlung ihre Erklärung über die Beschwerde der Herren Fürsten von Hohenlohe und einiger Rittergutsbesitzer wegen angeblich ungesetzlicher »nd unrechtmäßiger Aufhebung der landschaftlichen Verfassung des Herzogthums Gotha mit- zuthctlcn. Die herzogliche Negierung hält sich verpflichtet, das ganze in Betracht kom mende Sachverhältniß in eingehender Weise darzulegen. Das gesammte thatsächliche Material, welches zur rechtlichen Beurtheilung der Frage, ob die in anerkannter Wirk samkeit bestehende Verfassung des Herzogthums Gotha für ungültig zu achten sei, die nen kann, enthält die hierneben übergebene Darlegung, welche die herzogliche Regierung als Theil dieser Erklärung zu betrachten bittet und zu deren Ergänzung sie stets bereit sein wird. Aus dieser Darlegung ergibt sich, daß es den Beschwerdeführern an jeder persönlichen Befugniß zur Beschwerdeführung gebricht, daß dem Herzog einseitig das Recht der Aenderung der vormals gothaischen Verfassung zustand, daß zu der stattge habten Verfassungsänderung überdies dte vormaligen Stände ihre Einwilligung gegeben haben und daß jedenfalls die anerkannte Wirksamkeit, in der dte gegenwärtige Verfas sung des Herzogthums Gotha steht, die Evmpetenz der Bundesversammlung zu einem Einschreiten gegen dieselbe ausschließt. Dte herzogliche Regierung darf zuversichtlich erwarten, daß die hohe Bundesversammlung die Thatsachen, aus welchen diese Ergeb nisse hervorgehen, in sorgfältige und vvrurthetlsfreie Erwägung ziehen wolle. Zwar ist der herzoglichen Negierung die Beschwerdeschrift schon zur Erklärung mitgetheilt; dies wird jedoch umsoweniger ausschließen, daß die hohe Versammlung namentlich auch die Legttimattonsfrage einer reiflichen Prüfung unterwerfe, als von Seiten der Reclama- tlonscommisfion sowol hinsichtlich der Competenz- als der Legitimationsfrage alle spe- ciellen Einwendungen Vorbehalten wurden. Es scheint, als ob seit dem Jahre 1838 über die allgemeine Befugniß zu der Anstellung einer Beschwerde in der Bundesver sammlung ein Schwanken der Ansichten etngetrete» sei. In solchen Fälle» unsicherer Auslegung gesetzlicher Bestimmungen kann nur eine umfassende und tiescingchende Prü fung zu einer bestimmten Entscheidung führen. Die elgenthümlichen, vom hannover schen abwcichtnden Bestimmungen des gothaischen Particularrechts sichern überdies der vorliegenden Frage jedenfalls ihre besondere Beurtheilung. Wird nun auch bei dieser Beurtheilung und der endlichen Beschlußfassung über die erhobene Beschwerde lediglich der Nechtspunkt die entscheidende Norm abgeben können, so haben doch Se. Hoh. der Herzog für sachgemäß erachtet, daß seinen hohen Bundesgenossen in dem Folgenden zugleich seine Auffassung der politischen Seite dieser Angelegenheit mitgetheilt werde, und halten sich auch in dieser Beziehung der Zustimmung seiner hohen Bundesgenossen versichert. Se. Hoh. der Herzog fanden bei seinem Regierungsantritt im Jahre 1811 in Koburg und Gotha verschiedene Verfassungen vor. Die Verfassung des Herzog thums Koburg entsprach im Wesentlichen den Federungen der Zeit und den Wünschen der Staatsangehörigen, weil sie alle» Classen gleich gerecht war. Der durchlauchtigste Deutsche Bund hat dieser Verfassung seine Garantie erthcilt. Im Herzogthum Gotha bestand dagegen eine Landesvcrtretung, die in ihrer Zusammensetzung und in ihren Formen einer längst untergcgängenen Zeit angehörte und nicht nur die Bedürfnisse der Gegenwart nicht befriedigte, sondern mit ihnen im grellen Widerspruch stand. Nicht Ler fünfte Theil der LandeSangehörlgcn, nicht der dreizehnte Theil der Grundbesitzer war durch sie vertrete». Der privilegirte Grundbesitz nahm zwei Cnrien ein; einige Städte bildeten die dritte; der Bauernstand und die Mehrzahl der Städte waren gar nicht vertreten. Die Unförmllchkeit einer solchen Landesvertrctung wurde nur dadurch weniger nachthcilig für das Ganze, daß ihre Rechte sehr beschränkt waren. DaS Inter esse des Landes, dem diese Verfassung in keiner Richtung entsprach, foderte ihre Auf hebung. Der Herzog war bei seinem Regierungsantritt hierzu entschlossen, und gab schon dem ersten Landtage, welchen er zu berufen hatte, diese seine Ansicht zu erken nen. Mitten in den Verhandlungen und der zeitraubenden Bearhcitung von Entwürfen überraschte ihn der Sturm von 1818. Die alten Stände, obwol dazu aufgesodcrt, boten durchaus keine Stütze gegen denselben; cs bedurfte eines neue» Organs, um die Bewegung durch Berücksichtigung gegründeter Anfoderungen der Gegenwart in eine gefahrlose friedliche Richtung zu leite». Der Herzog zog daher die bisher von derLan- despertretung ausgeschlossenen Classen der Staatsangehörigen zur Mttberathung des BerfassungswerkS hinzu, sicherte jedoch zugleich, trotz der Protestatio» der aufgeregten Menge, den alten Ständen eine entsprechende Theilnahme an der Verfassungsänderung. Wie wenig aber diese den ihnen gegebenen Anhalt zur Conservirung der jetzt von den Beschwerdeführern in Anspruch genommenen Rechte benutzten, zeigt die oben erwähnte Darlegung. .So entstand im Jahre 1819, während die Verfassungsbestimmungcn in Koburg unverändert blieben, im Herzogthum Gotha eine neue Verfassung, welche allerdings den Rittergutsbesitzern, mehr aber noch dem Staate selbst, und vor allem dem Herzog persönlich Opfer auferlcgte. Bald war der Sturm vvrübergerauscht, ohne in Betreff der allgemeinen deutschen Verhältnisse ein heilbringendes Resultat geliefert zu haben; die Nation sank in Theilnahmlostgkeit zurück; die Negierungen erhielte» eine fast un bedingte Macht und sie dursten sie gebrauchen, ohne zu befürchten, daß sich auf der
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