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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 30.07.1935
- Erscheinungsdatum
- 1935-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-193507305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-19350730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-19350730
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
- Jahr1935
- Monat1935-07
- Tag1935-07-30
- Monat1935-07
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Rr. 17S Wochenblatt für Zschopan und Umgegend, Zschopaner Tageblatt und Anzeiger Wdel, MGsft md «ehr Chemnitzer SMnWeWM Der amtliche Bericht vom 29 Juli 1SSS Auftrieb: 6>ö Rinder. darunter 42 Ochsen, 72 Bullen, 479 Kühe, 20 Fällen, 2 Fresser, 653 Kälber, 85 Schafe, 1825 Schweine Lebendgcwichl* Lchlacktvieh- GatMng Schlacht'Wertblasseu rok«t.rvt> Ochse« g) oollfleischige anSgemästete höchst. Schlacht' wertes. 1. junge .... 2. ältere ..... k) sonstige vollfleischige. 1. junge . 2. ältere . . - c) fleischige ck) gering genährte 40-42 38—39 Bulle« .. s) jüngere vollfleischige höchst Schlachtwerte' b) sonnige vollfleischige oder auSgemästet, L c) fleischige ....... ä) gering genährte 42 38-41 Kühe. .. s) jüngere vollfleischige höchst.Schlachtwerte' b) sonstige vollfleischige oder ausgemästete* c) fleischige ct) gering genährte 38—42 34-37 28-33 24—27 FSrseu. . 2) vollst ansgemästete höchst. Schlachtwertes d) sonstige vollfleischige 41 40-41 Fresser .. mäßig genährtes Jungtier .... — Kälber .. s) beste Saugkälber d) mittlere Mast- und Saugkälber . c) geringe Kälber ck) geringste Kälber 60-62 53—58 45-52 40—44 Schafe . . s) beste Mastlämmer ».jüngere l. Weidemast. ...... 2. Stallmast b) mittlereMastlämmer, ältere Masthammel und gutgenährte Schafe .... c) fleischiges Schasvieh ci) geringere Lämmer und Hammel . . e) gering genährte Schafe und Lämmer . I I I I I ! SchweMe a) Fettschweine über 300 Pfd Lebendgewicht b) vollfleischigeSchweine von240—300Pfd.* c) vollsleischigeSchweinevon200—240Pfd* ci) vollsleischigeSchweinevon(60—20"Pfd* e fleischige Schweine von >20—160 Pfd. * k) fleischige Schweine unter 120 Psund * g) Sauen 53 53 52-53 50—53 50-51 50—53 Uebrrstand: Rinder 74, davon 7 Ochsen, — Bullen, 67 Kühe 0 Färsen, — Fresser, — Kälber, 19 Schafe, — Schweine. «keschäftsoang Rinder gute Qualitäten glatt, sonst ruhig, Käl ber, gute Qualitäten glatt, sonst mittel, Schafe mittel, Schweine flott. Mitteldeutsche Börse in Leipzig vom 2g. Juli Zum Wochenbeainii vermochte sich keine einheitliche Hal tung durchzusehen. Reichs- und Staatsanleihen kaum verändert Vogtl. Tüll 2 Prozent niedriger. Vogtl. Spitzen 2 Prozent höher. Gehe L.Co, mutzten 1,5 und Leipziger Landtrast 2 Pro ¬ zent hergeven. Thüringer Gas l 5 Prozent Hewinn. Heidenauer um 1,5 Prozent Verlust Verein. Photo-Aktien und deren Ee- nutzscheine 1,5 Prozent bezw. 2 <)l lester. Amtliche Berliner Notierungen vom 29. Juli. (Sämtliche Notierungen ohne Gewähr.) Devisenbörse. Dollar 2,481—2,485; engl. Pfund >2,295 bis 12,325; holl. Gulden >68,03-168,37; Danz. 46,88—46,98; franz. Franken 16,39-16,43; schweiz. 80,92-81,13; Belg. 42,01-42,09; Italien 20,41-20,45; schwed. Krone 63,40—63,52; dän. 54,90 bis 55,00; norweg. 61,80-61,92; tschcch. 10,28—10,30; östcrr. Schilling 48,95—49,05; poln. Zloty 46,88—46,98; Argentinien 0,663—0,667; Spanien 34,05—34,11. Berliner Wertpapierbörse. Das Aktiengeschäst wickelte sich wieder in ruhigen Bahnen ab. Gewisse Anregung gaben neue Anlagekäuse für Sperrmarkguthaben. Im Verlaufe blieb das Geschäft weiter ruhig. Heimische NcMen setzte« etwa aus letzter Basis ein. Am Geldmarkt machte sich der bevorstehende Ultimo in einer weiteren leichten Versteifung bemerkbar. Getreidegroßmartt Berlin vom 29. Juli. Für 1000 kg in Mark: Wciz., märk., fr. Berl.') 212,00 (Durchschnittsqualität) Futter-, märkischer — Futter-, emittiert — Sommer-, märkischer — Gesetzt. Erzeugerpreis für d. Preisgeb.-) W. V 201,00, W. VI 202,00, W. VII 203,00, W.VIII 204,00, W. IX 206,00, W. XI 208,00. Rogg., märt., fr. Berl.') 172,00 (Durchschnittsqualität) Gesetzt. Erzeugerpreis für d. Preisgeb.-) N. V t63,00, N. VI 163,00, N. VII 165,00, N. VIII 165,00, N. IX 166,00, N. XI 168,00. Gerste sr. Berl, ab Stal. Brau-, fste. — — Brau-, gute — — Sommer-, mittet — - — Winter- (zu In- dustriczweckeu) zweizeilig 178-183 169-171 vierzeilig 169-174 160-165 Industrie- — — (Sommer gerste) — — Futter-, gesetzt. Erzeuger preis für die Prcisgebiete-) G. V 151,00, G. VI 155,00, G. VII 157,00, G.VIII 160,00, G. IX 162,00. Hafer sr. Berl, ab Slat märkischer — — Gesetzt. Erzeugerpreis für d. Prcisgcb. H. IV 155,00, H. VII 160,00, H. X 162,00, H XI 164,00, H. XIII 167,00, H XIV 169,00. Mehl, 100 kA in Mk., fr. Berl.:-) Weizen, Type 790: Prcisgrbiet III 26,45, V 26,85, VI 27,00, VII 27,15, VIII 27,30, IX 27,60, XI 27,90; Roggen,Type 997: Preisgebiet III 22,00, V 22,30, VI 22,35, VII 22,50. VUI 22,55, IX 22 75. XI 23,00 (Type 815 -8 50 Pf.). Kleie, 100 in Mar!:°) Weizen-: III 11,44, V 11,56, VI 11,62, VII 11,67, VIII 11,73, IX 11,85, XI 11,86; Roggen-: III 10,00, V 10,19, VI 10,19, VII 10,31, VII110,31, IX 10,38, XI 10,50. Olsaaten, 1000 Kx in Mark: Raps — Leinsaat — Futtermittel, Hülsrufrüchte: Vikt.-Erbsen — Kl. Erbsen — r- Futiererbfcn >1,00-12.00.2^^ Peluschken — Acterbohucn 11,25-12,25, A Wicken Deutsche — — Ostsee 13,50-14,00 L 8 Russische 13,50-14,00 .2^^ Futter- 9,50-10,50 ^.-^- Lupme,blaue 12,00-12,50 -L* Lupine,qelbc 14, 25-l5,l !5 s .. Tcradella — Leintuch. 375« 7,65 « « D? Erdnußk. 505L 7,25 LsL Erduußk.-Mehl 7,60 Trocicmschmtzel 4,77 Sojaschcot r-» 455« Hambg. 6,50 do Stettin 6,70 Kartosselsl.*) 8,70 do. sr. Bln.»») 9,20 Preisfestsetzung für Hühnereier. I n 1 and erer: I. 61 (vollsrischh Sonderklasse 65 Gramm und darübn 10,5, Grütze 60—65 Gramm 10, Grütze ü 55—60 Gramm, 9,25, Grütze 0 50—55 Gramm 8,50, Grütze v 45—50 Gramm ü II. 6 II (frisch): Sonderklasse 10,25, Grütze 9,75, Grüße 8 Grütze 0 8,25, Grütze 0 7,75. III. Aussoriierte (abfallend« Ware) 7,75. — II. Auslandeier: Holländer und Dänen! Sonderklasse 9,75, Grütze 9,25, Grütze lr 8,75; Finnländer, Belgier und Irländer: Sonderklasse 9,50, Grütze 9, Grötze8S, Grütze 0 8,50. RM-MWM Mittwoch, den 31. Juli. Deutschlaudsender. 5,55 Guten Morgen, lieber Hörer! 8,20 Morgenstänüchen für die Hausfrau. 9,40 Kleine Turnstunde für die Hausfrau. 10,45 Fröhlicher Kindergarten. 11,30 Zweckmäßige Küchen- und Hauskleidung. 11,40 Ter Bauer spricht — Ter Bauer hört. 12,00 Musik zum Mittag. 14,00 Allerlei — von Zwei bis Tret. 15,15 Musik von Schallplatten. 16,00 Musik im Freie«. 17,45 Teutsch-nordische Wirtschaftsbeziehungen. 18,00 Tas deutsche Lied. 18,30 Tas deutsche Filmarchiv. 18,45 Ter Sportfunk im Trainingslager in Neustrelitz. 18,55 Tas Gedicht. 19,00 Und jetzt ist Feierabend. 19,30 Wie wird das Dritte Reich regiert'? 20,15 Stunde der jungen Nation: Wir Mädel in der Volks gemeinschaft. 20,45 Schallplatte«. 21,00 Ei« Stündche« Tanz. 22,30 Eine kleine Nachtmusik. 23,00 Wir bitte» zum Tauz! 00,0 Konzert. Leipzig. 6,30 Konzert. 8,20 Fröhliche Musik am Morgen. 11,00 Werbenachrichten. 11,45 Für den Bauern. 12,00 Musik für die Arbeitspause. s 13,15 Konzert. 14,15 Allerlei — von Zwei bis Trei. 15,00 HJ-Funk. 15,40 Wirtschaftsnachrichten. 16,00 Musik im Freien. 17,00 Konzert des Funkorchestcrs. 18,00 Grenzgebiete der Wissenschaft. 18,20 Der Zeitfunk sendet. Wie eine Filmwochenschau ent steht. 18,30 Vom Hnndertsteii ins Tausendste. 20,00 Nachrichten. 20,15 Stunde der jungen Nation. Wir Mädel in der Volks gemeinschaft. 20,45 Orchesterkonzcrt. 22,30 Zum Bach-Jahr 1935. Orgelmusik. 23,00 Nachtmusik und Tanz. 00,0 Mitternachtsmusik im Harz. Lop>riqbt bv dlartin ücucktxvanqer, Halle (8aale) 3. Fortsetzung. Sie war auch im Wesen und Charakter der Großmutter am ähnlichsten und verstand es, ihr zu schmeicheln und mit ihr umzugehen, wenn sie es auch mit der Wahrheit manchmal nicht ganz genau nahm. Jedenfalls behauptete sich Frau von Falkenstein mit ihrer imponierenden Erscheinung und ihrem selbstbewußten Wesen. Auch sie war blond, ebenso wie Veronika, und hatte blaue Augen, aber während Veronikas Haarfarbe einen goldigen Schimmer hatte und die Augen tiefblau wie ein geheimnisvoller See strahlten, waren Gertraudes Farben viel blasser, und ihrem .Haar fehlte der schimmernde Gold ton ... Die dichten Büsche wurden zur Seite gedrückt und Veronika bahnte sich einen Weg zur Mauer, am Ende des Parkes, wo erhöht auf einem tünstlich angelegten Hügel eine Bank und ein Tisch standen. Hier war Veronikas Lieblingsplay, aus dem sie schon als kleines Mädel ge sessen halte, ehe sic in die Pension kam. Von hier aus hatte sie auch einen weilen Blick über die wogenden Korn felder und den Kiefernwald dahinter, der jetzt im Sonnen glast flimmerte. Nachdenklich hatte Veronika den Kopf in die Hand ge stützt, während ihr Blick dem Flug eines großen Vogels folgte, der ruhig und sicher durch die Luft schwebte, immer kleiner wurde, bis er in der Ferne als winziger Punkt verschwand. Sie war so froh gewesen, als die Großmutter sie aus der Stadt zurück rief, denn sie hatte sich bei der Schwester nicht wohl gefühlt, die sie stets beherrschte, u^ld nach Verein Willen sich alles drehen mußte. Seit sie aber merkte, daß Gertraude sie durchaus mit einem Vetter ihres Mannes zusammenbringcn wollte, da war ihr das ganze Leben in ver Gesellschast zuwider, und sie folgte nur zu gern dem Rufe nach Schloß Hagen. Ob sie heute wohl Luise sehen würde? Spähend rich tete sie die Augen nach der anderen Seite der Mauer, wo die ersten Häuser des Dorfes lagen, und wo auch die Säqc- müble sich befand, deren Geräusch verschwommen bis hier her drang. Nach einiger Zeit erhob sich Veronika wieder. In dieser Hitze würde Luise das Haus sicher nicht verlassen; sie wartete umsonst in der Glut, denn auch unter den Baum riesen hier war cs fast unerträglich — die Mücken wurden immer lästiger. Gegen Abend, wenn es etwas kühler wurde, würde die Freundin vielleicht kommen. Noch besser wäre es aber, wenn sie einen Augenblick hinüber zur Sagemühle eilte; die Großmitticr würde cs ja nicht gleich erfahren. Langsam schleuderte sie den Weg wieder zurück, aber sic betrat nicht die Halle, sondern umging das Schloß und wandte sich dem Hose zu, aus dein die Hühner frei umhcr- liesen, und zwischen dessen Steinen Gras und Unkraut lustig um die Wette wuchsen. Aus dein Dache des Siall- gebäudcs, das an drei Seilen den Hof umschlotz, gurrten die Tauben, und ein Stallknecht lehnte mißmutig an einer Tür, während er den Spatzen zuschaiile, die sich-mit lautem Gekreisch vor ihm an der Erde zankten. Veronika trat in den Pferdestall und streichelte die mageren Tiere. Außer den beiden Kutschpferden war noch ein altes Reitpferd in einer Bor, das auf Wunsch der alten Frau von Hagen das Gnadenbrot erhielt. Nicht etwa aus Mitleid und Tierliebe, sondern weil ihre Schwiegertochter einmal geraten hatte, das Pferd doch zu verkaufen, da es umsonst im Stall stände und man das Futter sparen oder es den anderen Pferden zukommcn lassen könnte. Gleich morgen wollte Veronika der Schwester schreiben, wie es mit Reitpferden im Schlösse' bestellt sei, damit sich der Schwager seine eigenen aus der Stadt mitbringen sollte, ohne die er ja nicht leben konnte, wenn er mit seiner Familie den Urlaub hier verbrachte, wie er an- gcdeutet hatte. Komischerweise war diesmal Gertraude nicht dagegen, sondern hatte dem Plan ihres Mannes lebhaft zugestimmt, als er die Neve daraus brachte. Veronika halte darüber «ich, weiter nachgedacht; aber jetzt fiel cs ihr wieder ein «nd machte sie stutzig. Warum wollten diese eleganten Stadtmcnschen eigent lich hier in der Einöde, wie Gertraude das Schloß immer nannte, oen langen Urlaub des Schwagers verbringen? Veronika tonnte es sich nicht erklären. Nun, diese Zeit würde auch einmal vergehen, und dann herrschte nach dem Trubel, den die Falkensteins immer mitbrachtcn, wieder Ruhe, und das Leben floß wieder gleichförmig für die Schlotzbewohner dahin. Nachdem sic noch die Kühc und Ziegen besucht hatte, verließ Veronika wieder den Hof und stieg die flachen Stufen zum Eingang des Schlosses hinauf. Nach der Hitze, die draußen im Freien brütete, umfing sie die Kühle, die in der Halle herrschte, sehr wohltuend, und einen Moment stchenbleibcnd, überlegte sie, was sie nun wohl beginnen könne, denn die Großmutter hielt jetzt ihren Mittagsschlaf und durfte nicht gestört werden. Aber die alte Sabine, die fast ebenso alt wie die Großmutter war, die hatte sie ja noch gar nicht begrüßt. Zu ihr wollte sie also gehen; sicher wurde sie schon sehnsüchtig erwartet. Hoch oben im Dachgeschoß hatte diese ihr Stübchen, mit der Aussicht über das ganze Dorf, den Teich, den See und dahinter über die weiten Wiesen und Felder, bis zum Waldessaum, der in grauschimmerndem Dunst in der Ferne verschwand. Um den First des Daches schossen die flinken Schwalben herum, die ihre Nester unter den Dach ¬ ziegeln hatten, oder in dem dichten Efeugcrank, das die Vorsprünge der Mauern und die Gossen umklammerte. Zwitschernd flogen sie hin und her, ein emsiges Leben und Treiben. Auch um die Dachfenster flogen sie, hinter denen so seltsam schönblühende Pflanzen standen, die ihre Blätter und Blütendolden eng an die Scheiben preßten, um der warmen, lieben Sonne so näherzukommen. Alte Mahagonimöbel, mit glänzendem Schimmer im rotbraunen Holz, zauberten in die wcitzgetünchte Man- sardenstube eine längst vergangene Welt, die lebendig wurde durch das feine, Helle Ticken der vergoldeten Schäferuhr, die unter einem Glassturz auf der alten Kommode stand. In diese dünne Stimme klang manchmal das Zwitschern des gelben Kanarienvogels hinein, dessen Käfig nahe dem Fenster hing, und der aufmerksam dem Fluge der Schwalben folgte, sich vielleicht hinaussehnend in die goldene Freiheit, die er nicht kannte. Und hinter ihren Blumen vor dem Nähtischchen saß die alte Sabine in einem grünen Ohrcnlchnsiuhl und strickte an einem langen, grauen Strumpf. Sie war schon bei Veronikas Vater Erzieherin gewesen, hatte seine ersten unbeholfenen Schritte überwacht und war auch die Hüterin ihrer und Gertraudes Kindheit. Ein gebücktes Weiblcin jetzt, mit schneeweißem Haar unter dem kleinen Spitzenhäubchen und mit vom Alter gekrümmten Rücken, das beim Gehen den Krückstock kaum mit den gichtischen Händen fassen konnte. In dem welken Nunzclgesicht leuch teten die dunklen Augen aber noch immer flink und lebendig mit klugem Ausdruck, der oft etwas Spöttisches, Verbissenes hatte. Die Sonne flutete warm herein, übergoß die Alte mit ihrem strahlenden Glanz und ersüllte ganz die gemütliche, freundliche Stube. Ais Veronika zur Tür hcrcintrat, hob Sabine den Kopf, und ein verklärter Schimmer huschte über ihr Gesicht. „Da bin ich wieder, liebe, gute Sabine!- Veronika war zu ihr geeilt, baue sie herzlich umfaßt und einen Kuß auf die blassen Lippen gedrückt. „Ach, du ahnst ja nicht, wie froh und glücklich ich bin, wieder daheim zu sein." „Hast aber lange gebraucht, um heimzufinden, Kind; die schimmernde Welt da draußen hat dich wohl fest gehalten, all die Jahre hindurch — oder hast du gar dein Herzchen verloren, daß du darüber die Heimat und die alle Sabine vergessen konntest?" Ein bitterer Ton klang in ihrer Stimme mit, und forschend ruhten Vie klugen Augen auf dem lieblichen Antlitz des Mädchens. Veronika hatte sich auf einen niedrigen Hocker der Alten zu Füßen gesetzt, wie sie.es früher immer getan balle, wenn Sabine ihr unermüdlich Vie wundersamsten Märchen erzählen mußte, in denen Veronika stets die liebreizende Prinzessin war, die verzaubert, oder von einer bösen Fee gefangen gehalten, dann von einem jungen, schönen Prinzen erlöst wurde, der sie als Gemahlin auf sein goldenes Schloß cntsührtc. (Fortsetzung folgt.)
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