Suche löschen...
Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung : 22.10.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426615816-191310220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426615816-19131022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426615816-19131022
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und ...
- Jahr1913
- Monat1913-10
- Tag1913-10-22
- Monat1913-10
- Jahr1913
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
hiesigen Handelsschule angesertigt, zur Einsicht herum gereicht und daun der Vortragsabend geschlossen. — Eibenstock, 21. Oktober. Uns wird geschrieben: Wie könnt» man sich in deutschen Landen »in vaterlän disches Fest oder irgend eine andere Festlichkeit ohne Ge sang denken! »Lied hoch!' heißt eS allenthalben und je derzeit! .Singe, wem Gesang gegeben in dem deutschen Dichterwald I" Wer andere Länder geschaut und ihre Völker kennen gelernt, der weiß, daß keinem Lande und keinem Volke ein so gewaltiger Schatz an Liedern eigen, als unserem Volke! Der Deutsche, er kann nicht ander», als seinen Gefüh len durch da» Lied Ausdruck zu verleihen: bei der Arbeit, bei der fröhlichen Wanderung, in ernsten Lebenslagen und bei Festlichkeiten, da ist das Lied der Quell, aus dem Lebensfreude, Trost, Mut und Begeisterung fließen! Konnte eS anders sein, als daß bei der gewaltigen Jahrhundertfeier, die die ganze Welt in Staunen gesetzt, den deutschen Sängern eine ihnen und dem deutschen Liede zukommende Mitwirksamkeit zuge dacht wurde! Die rauschenden Töne in den großen Männer chören und die schlichten, immer und immer wieder zu Her zen gehenden Volksmelodien, ste bildeten den würdigen Rah men der Jahrhundertfeier. Auch in unserem Eibenstock haben unsere wackeren Sänger vom Sängerbünde mit ihrrn klang vollen Männerstimmen zum guten Gelingen der Feier brigetragen. Heil Euch, Ihr Männer mit des Gesanges Gabe! Dank sei Euch gespendet! Haltet au» nicht allein in der erzgebirgischen, sondern auch in der deutschen Treu! Euch zum Ruhme sei es gesagt: ohne Euch kein festliches Gelingen! Unter Dank ist Euch sicher! Möge es immer bei Euch heißen: .Lied hoch' und .daS deutsche Herz weit!" —n. — Dresden, 18. Oktober. Am Dienstag voriger Woche ist in Blasewitz der Privatus Hermann Robert Näcke gestorben und am Freitag im Krematorium zu Tolkewitz eingeäschert worden. Mit ihm ist ein tapferer Streiter im deutsch-französischen Kriege heimgegangen, der durch eine kühne, entschlossene Tat eine große Gefahr kür daS sächsische Armeekorps und die Verbin dungslinie der Deutschen vor Paris abgewendet hat. Es wird den .Dresdn. Nachr.' darüber berichtet: Näcke diente als Einjährig-Freiwilliger beim 13. (sächsischen) Jäger bataillon und hat tn dem Nachtgefecht vom 21. Dezember 1870 die Wiedereinnahme der Feldwache V.-E. — einer leeren Irrenanstalt bei Paris — dadurch möglich gemacht, daß er über da» Verhau kletterte und allein in die feindliche Stellung eindrang, den Platz des Doppelpostens vor Gewehr erforschte und die Gewehrpyramide der französischen Wachtmannschaft trotz dieses Doppelpostens ergriff und seinen Kameraden über die Mauer zuwarf. Feldwebel Bergmann fing fie auf. Premierleutnant Semich, der Kompagnieführer, und R. Näcke gingen dann beim Angriff voraus. S. erstach den einen Posten, N. nahm den anderen Franzosen lebend gefangen, indem er ihm unter dem Rufe: 6s n'est risn xour toi! (.Da» ist nichts für dich!') da» Gewehr entriß, und eben dieser Lebende mußte den Deutschen als Führer dienen. Die Ueberrumplung war so vollständig geglückt, daß im offi ziellen Bericht, gez. Schmitz (ein Franzose!) in den Pariser Zeitungen stand, die Deutschen seien in den Kellern versteckt geblieben. Alle Ereignisse auf den Kriegsschauplätzen treten zurück gegen den Erfolg von Ville Evrard, Maison Blanche, so schrieb eine französische Zeitung. Beide liegen dicht unter dem Mont Avron, der damals der gefährliche Keil gegen unsere Heimatverbindung war. Maison Blanche war schwach besetzt, aber die massive, ummauerte Irrenanstalt V.-E um so stärker. Während deS Nachtgefechtes hatte man einen französischen Hauptmann gefangen genommen, und diesen ließ Premierleutnant Semich frei, weil er versprach, seine Kompagnie gefangen zu bringen, und er brachte sie. So hatte der nächtliche Ueberfall gewirkt, und kein anderer al» R. Näcke hatte ihn möglich gemacht. Dieser im Keim ver eitelte Ansturm wäre unserem Batteriebau verderblich ge worden, wenn er nicht aufgehalten worden wäre. Sechs Tage später sprachen die großen deutschen Geschütze ihr Wort. Der Mont Avron bildete ihr erstes Ziel. Wie gut, daß die Brigade Blaise erschüttert wurde. Die Artillerie der Würt temberger und die Marneüberschwemmung am 22. Dezember vollendete den deutschen Erfolg. — Dresden, 20. Oktober. Das „Dresdner Journal" veröffentlicht eine Bekanntmachung des Kreis- Hauptmanns von Leipzig, in der zum Ausdruck ge bracht wird, einen wie tiefen Eindruck das Leipziger Fest ans den König gemacht hat, und in der der Dank des Königs an hie Behörden für ihre Arbeit in den letzten Tagen und an die Bevöl kerung für die musterhafte Huldigung ausgesprochen wird. — Leipzig, 20. Oktober. Das Schwurgericht verurteilte den 64 Jahre alten Privatmann Friedrich Dittmar aus Leipzig-Sellerhausen wegen versuchten Gattenmordes zu zehn Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust. Er hatte seiner Ehefrau wie derholt Bleiweib in Essen und Getränke geschüttet, um ihren Tod herbeizuführen. Die Frau hat vier Wo chen schwer krank darniedergelegen. — Leipzig, 20. Oktober. Ein Augenzeuge be richtet über Lie Löwen-Affäre noch die folgenden Einzelheiten: Kurz vor 12 Uhr bestieg ich an der Ecke der Blücher- und der Berliner Straße einen Wagen der (roten) Straßenbahn. Der Wagen fuhr langsam vor wärts, da auf dem Gleise dor ihm sich, einige Wagen be fanden, die sich nur langsam fortbewegten. Da machte der Straßenbahnwagen auf einmal Hält, und es erhob sich ein großes Geschrei: Die Löwen sind los! Gleich daraus kam auf der linke» Straßenseite eine Löwin geschritten. Sämtliche Passagiere der Straßenbahn drängte» nach dem Innern des Wagens und beobach teten den Vorgang von da aus. Die Löwin war bis zur Kreuzung der Berliner- und Blücherstraße vorae- drungen, wo sie sich auf eine Droschke stürzte. Der Kutscher hieb verzweifelt um sich, worauf das wütende Tier von dem Pferde abließ und nach der Eutritzscher Chaussee zu floh. Indessen kamen ans der anderen Seite drei Löwen gejagt, verfolgt von Schutzleuten, die unaufhörlich schossen umd eins der Tiere nieder streckten. Die übrigen flohen zurück. Aus den an- liegende» Häusern kamen, durch den Lärm aufgeschreckt, die Bewohner auf die Straße gestürzt. Eins der Tiere drang in ein Gartengrundstück über das Staket. Mehrere Schutzleute verschafften sich Zutritt zu dem Hosraum und streckten das Tier mit Schüssen nieder. Aus der Straße hatte sich eine große Anzahl Wagen der elektrischen Straßenbahn angesammelt, deren In sassen ausgestiegen waren und ratlos umherirrten. Hinter de» Schutzleuten lief auch die Dompteuse des Zirkus her und bat sie, -ihre Tiere doch nicht totzu schießen. Erst gegen halb 1 Uhr waren die Gleise wie der frei, so daß die Wagen weiterfahren konnten. Als, ich an das Depot der Straßenbahn an der Witten berger Straße kam, wurde gerade der Wagen der Linie Mockau-Connewitz eingebracht, der den Löwenkäfig un gefähren hatte. Durch den Zusammenstoß hatte sich eine Seitenwand gelöst, durch die die Tiere ins Frese gelangt waren Auf der Berliner Straße lagen fünf tote Löwen. Die Dompteuse warf sich weinend über die Leichen ihrer Lieblinge und mußte mit Gewalt weggeführt werden. — Leipzig, 20. Oktober. Nach den bisheri-- gen Feststellungen und Schätzungen beim Brande der chemischen Fabrik Schimmel u. Co., dürfte sich der Schaden auf rund eine Million Mark belaufen, ist aberwöllig durch Versicherung gedeckt. Als besonders günstiger Umstand ist zu betrachten, daß sie ben große in unmittelbarer Nähe des Feuers stehen de Oelkessel nicht explodierten, weil sie von vorzüg licher Beschaffenheit waren- Dagegen brannten vier von ihnen vollkommen aus. Es steht jetzt fest, daß die Ursache des Brandes auf Selbstentzündung zurück- zusühren ist. — Bautzen, 20. Oktober. In das hiesige Un tersuchungsgefängnis wurde der fast 82jährige ehe malige Gerichtssekretär Faust aus Herrnhut eingeliefert, der über vierzig Jahre Aktuar beim Amtsgericht in Herrnhut gewesen war, und seit fünf zehn Jahren im Ruhestand lebte. Der Greis steht im dringenden Verdacht, bei Vermögensverwaltungen gro ße Veruntreuungen begangen zu haben, Mün delgelder unterschlagen und Urkundenfälschungen be gangen zu haben. Die Unterschlagungen sollen sich zu sammen auf etwa 100000 Mark belaufen- — Borsten do rf, 19. Oktober. Hier fand durch Herrn Amtshauptmann Dr. Edelmann aus Flöha die feierliche Einweisung und Verpflichtung des, neu en Gemeindevorstandes John — früher Hundshübel — im Beisein des Kirchen-und Schul vorstandes sowie sämtlicher Gemeinderatsmitglieder statt. — Falkenstein, 19. Oktober. Im Laufe dieser Woche soll die neue staatliche Kraftwagenlinie Falkenstein-Rodewisch -Schneeberg dem öffent lichen Verkehr übergeb»» werden Die Linie ist 33 km lang. Sie beginnt am Bahnhof Falkenstein und benutzt bis Ober stützengrün die gleiche Straße wie die bestehende Linie Plauen- Eibenstock. Von Oberstützengrün an führt die neue Linie über Lichtenau -Hundshübel- Neustädtel Bahnhof Schneeberg-Neustädlel nach dem Rathaus Schneeberg. Zu nächst sind zwei Fahrten in jeder Richtung vorgesehen (ab Falkenstein 9" vorm. und 6" nachm., an Schneeberg Rat- Hau» 11" vorm. und 8" nachm.; in der Gegenrichtung ab Schneeberg Rathaus 7" vorm. und 4" nachm., an Falken stein 9" norm, und 6°^ nachm ). Die NachmiltagSfahrt von Schneeberg nach Falkenstein wird bis Plauen i. V. Tunnel (an 7" nachm.) durchgeführt weiden. Im einzelnen wird wegen deS Fahrscheinverkaufs und der Beförderungsbeding ungen auf die Fahrpläne verwiesen, die auf den Bahnhöfen und den Haltestellen auShängen. Amtliche Mitteilrmge« ans der 33. Sitzung de» Stadtrate» zu Eibenstock vom 23. September 1913. Anwesend: 6 Rat^mitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse, Ritter pp. — Ohne Gewähr für daraus abgeleitete Rechte. — 1) Kleinere bauliche Herstellungen im Innern des Krankenhause» sollen noch in diesem Jahr« aus verfügbaren Mitteln auSaeführt werden. Die Dacherneuerung und der Außenabputz an dem Gebäude werden dagegen für da« nächste Jahr Vorbehalten. 2) Die Erzgebirgische Forellenzuchlanstall erhält die Genehmigung, in den nächsten 5 Jahren ,e vom 1. Oktober bis 1b November innerha b ihres Fischercibezirks in der Mulde einzelne Laichforelleu für die Zwecke der Fischzucht durch «inen Beauftragten fangen zu lassen. 3) Es ist die Begründung einer Hebammenunterstützungskasse im amtS- hauptmannschastlichen Bezirke mit dem Zwecke angeregt worden, auS ihr an Hebammen, die infolge KtndoettfieberS von Wöchne- rinnen ihren Beruf zeitweilig nicht ausüben können, Unterstützungen zu gewähren. Der Stadtrat erkennt den gute« Zweck der geplanten Einrichtung an, sieht aber vom Beitritt der Stadtgcmeinde ab, weil dir betreffenden Unterstützungssälle so selten vorkommen, daß im Bedarfsfälle durch Gewährung städtischer Beihilfen ein Ausgleich herbeigeführt werden kann. 4) Für die erkrankte Heimbürgin war Vertretung anzunehmen. S) Durch eine beschränkte Sammlung soll der für die geplant» Zeppelin rundfahrt geforderte Beitrag aufgebracht werden. 8) Aus Antrag deS KrankenhauSarzte» werden verschiedene Anschaff ungen für da» Krankenhaus au» hauShaltplanmäßigen Mitteln beschlossen. 7) Der Turnverein von 1847 legt eine Ordnung über Hi« von ihm gr- planten festlichen Veranstaltungen zur Jahrhundertfeier der Völker schlacht vor. Der Rat hat hiergegen nicht» einzuwenden. 8) Di« zweite Laternenwärterstelle wird neu besetzt. 9) E« wird Kenntnis genommen von der Genehmigung de» II. Nach trages zur Sparkassenordnung und von der Bewilligung einer StaatSbeihilse sür die Vorbildersammlung aus da« Jahr 1913. Beschlüsse wurden ferner gefaßt in 3 Bau-, 1 Steuer- und 4 ver schiedenen anderen Angelegenheiten. Aus Ler Zeit der Besrrimgslriege. NachtruH »«bolen. 22. Oktober 1813. Yorck hatte nach dem Freyburger Gefecht seinen Truppen etwas Ruhe ge gönnt; Blücher war damit aber unzufrieden und befahl noch an diesem Tage den Weitermarsch über die Unstrut. Das gelang aber nur zum Teil, sodaß die Franzosen wieder Borsprung gewannen. Im gan zen konnte Napoleon mit den Bewegungen seiner Truppen zufrieden sein; er hatte die Saale und die Unstrut zwischen sich und die Armeen Blücher» und Bennigsens gebracht und der Rückzug auf Erfurt war ihm nicht mehr zu verwehren. — An diesem Ta ge wurde Bremen von 1500 Franzosen unter Ge neral Laubardiere wieder in Besitz genommen; indes dauerte die Herrlichkeit nicht lange, denn nach der Kunde vo» Leipzig wichen sie über die Weser wieder zurück. Gute Geister des Freiheitslam-ses. IX. Schleiermacher. „Gott mit uns!" steht a» dem gewaltigen Denk- mal auf Leipzigs Flur. Daß diese Losung dem Ge schlecht der großen Zeit im Herze» geschrieben stand, war nicht zum wenigsten das Verdienst der berufe nen Verkündiger des Gottesworts. Nie wird verges- sen werde», was Pfarrer Peters für die Lützower, ein Menken für Bremen, die Diakonen Nitzsch und Heubner für das belagerte Wittenberg, der preußische Briga- deprcdiger Schultze und der sächsische Feldprediger Korn für ihre Militärgemeinden, der alte Magister Flemming für Kötzschenbroda und der jugendliche Groß mann für seine Heimat Prießnitz in den größten Zei ten der Kriegsnot gewesen sind. Aber die größte Wirk samkeit von der Kanzel hat damals der Sohn eines friederizianische» Feldpredigers ausgeübt, Friedrich Schleiermacher, der erste politische Prediger im großen Stile, de» das Christentum hervorgebracht hat! Es kann hier nicht geschildert werden, was Schleierma cher als Universitätslehrer auf theologischem Und philo sophischem Gebiete geleistet hat, wie sich da seine Wir kung bis i» die Gegenwart erstreckt und wie er die von allem Wissen und Handeln unabhängige Selbstän digkeit des religiösen Lebens zur Anerkennung ge bracht hat. So selbständig dieses ist, so eng ist sei ne Verbindung mit allen Lebensäußerungen, auch de- ne» der Nation. Weil man von der Religion abgefal- len war, so ruft er es vor allem de» Gebildeten unter ihren Verächter» zu, deshalb kam die schwere Züchtig ung Gottes über das Volk. Dara» soll man erkennen, daß Gott das Volk der Deutschen »och liebt. Neues Gottvertrauen gilt es zu fasse», Gott kann den Sieg des Bösen nicht zulassen. „Niemals kann ich dahin kommen, am Vaterla»de zu verzweifeln; ich glaube zu fest daran, ich weiß cs zu bestimmt, daß es ei» auserwähltes Werkzeug und Volk Gottes ist. Deutsch land, der Ker»> von Europa, wird sich in einer schönern Gestalt wieder bilden." So ruft er es erst in Hal le und als es ihm dort nach Anordnung des Gebets für den Kö»ig und die Königin von Westfalen nicht mehr möglich war, die Kanzel zu betreten, in der Dreifaltigkeitskirche in Berlin den begeistert lauschen den Hörern zu. Im Predigen sah er das Höchste und „einzige Mittel vo» persönlicher Wirkung auf den ge meinschaftlichen Sinn der Massen. Den junge» Män ner» das Christentum klarmachen und den Staat, das heißt eigentlich ihnen alles geben, um die Zukunft besser zu machen, als die Vergangenheit war." Ob er ahnte, daß auf dieser Grundlage einer seiner Kon firmanden, Bismarck, das von ihm und den Freiheits kämpfern ersehnte, „wahre deutsche Kaisertum" schaf fen würde? Sicherlich gelten auch noch unter diesem die Worte Schleiermachers: „Laßt unter uns Fröm migkeit und Treue gegen die Obrigkeit Hand in Hand gehen Und uns immer? mehr bilden zu einem Volk, das da sei zugetan seinem Herrscher, einträchtig unter sich, sicher und stark in der Kraft jeder guten Ge sinnung!" Btz. Eine Frau, die noch 1813 gesehen hat. Am 15. dieses Monats ereignete sich in dem Dörf chen Dormowo im Kreise Meseritz (Provinz Posen) der seltene Fall, daß ein menschliches Wesen in das 120. Lebensjahre trat. Eine Frau, die noch die Große Ar mee hat nach Rußland ziehen und nachher oie Kosaken an ihrem Hause hat vorüberjagen sehen! Mit Recht hat erst in diesem Jahre der Herausgeber eines die Leipziger Völkerschlacht betreffenden Ecmnerunzs- bucheS gesagt: Es ist etwas Ehrwürdiges und fast Feierliches um so etwas Noch-gesehen-haoe». Der Name der Alten ist denn auch im letzten Jahre verschie dentlich durch die Zeitungen gegangen; aber die Mit teilungen waren sehr dürftig und bis aus den polnischen Namen größtenteils unrichtig. Vor längerer Zeit schon wendete ich mich daher um nähere Auskunft an ihren Seelsorger, Herrn Propst Lukowski in Kähme, und der würdige Pfarrherr hat meine Bitte in liebenswürdig ster Weise erfüllt, indem er selbst sein uraltes Pfarr kind gründlich examinierte, auch die ihm Nähersteshenden hierzu veranlaßte. Dabei ist denn folgendes heransge- kvmmen: Hedwig Stav»e — so ist ihr wirklicher Name — ist nachweisbar am 15. Oktober 1794 i» der Gegend von Pieschen unweit der russischen Grenze ge boren, wo ihr Vater eine kleine Wirtschaft belaß. Sie war daher ein ziemlich erwachsenes Mädchen, als sie den Durchzug der Franzosen erlebte. Die blauen und roten Uniformen sind ihr im Gedächtnis geblieben. Es klingt wie ein Märchen, wenn man beult, daß es die Soldaten dec Große» Armee waren, von denen — im Jahre 1913 — der Mund des uralte» Mütterleins spricht! Berangers granämsrs aus de» „Loucsu.rs äu psupls" scheint wieder mitte» unter uns zu treten! Das Benehmen der Soldaten (es müssen Truppen des von Jerome befehligte» rechten Flügels gewesen sein) schildert Frau Stavne als durchaus anständig; doch wollten „die Kerle kein Schwarzbrot essen". Die Mut ter schlachtete ihne» Hühner und anderes Federvieh Ob später beim Rückzug französische Soldate» durch die Gegend rame», ist Lor alten Frau nicht mehr er innerlich, auch nach Lage Les Ortes nicht sehr wahr scheinlich. Aber mit Grausen gedenkt diese der Rus sen, vor de»en alles zitterte. Um den Räubereien der Kosaken zu entgehen, flüchtete der Vater mit zwei Pferden und dem sämtlichen Vieh in den nahen Wald^ wo sich die Tiere vom Heidekraut nähre» mußten. Tagelang hat die Tochter dem Vater dorthin das Es sen getragen Großer Hunger herrschte im ganzen Lando- Soweit Lie Erinnerungen des wenigstens in Deutschland einzigen Wesens, das noch persönliche Er innerungen an das furchtbare Jahr 1812 besitzt. Noch immer hütet die dadusia (Großmutter), wie sic genannt wird, in Dormowo im einstigen Polen-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder