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Sächsische Staatszeitung : 25.05.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192505255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19250525
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19250525
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Staatszeitung
- Jahr1925
- Monat1925-05
- Tag1925-05-25
- Monat1925-05
- Jahr1925
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 25.05.1925
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also auf diesem Gebiete etwas erreichen wolle, der müsse durch Annahme de- Handels vertrages die Möglichkeit schassen, daß die Re gierung die Gninblage für neue Verhandlungen erreiche« vr. Stresemann gab seinen Ausführungen znm Schluß folgende Zusammenfassung: Wir können nur den Weg weilergrhen, den wir einmal als den Weg der nationalen Realpolitik al« Gegen- satz zur Illusion-Politik b.zeichne« haben. Ich hab: die Empfindung, daß die innerliche Zustimmung zu dieser Politi! weit über unsere Partei nach rechts hin aus Wurzel geschlagen hat. Wr dürfen aber öder der praktischen Gegenwart- arbeit den Zusammenhang mit unserer liberalen Staats-und Kult uraufsassung niemals vergessen. Unsere ganze politische llber- Uiferung führt uns zu dies.'m Gedanken. Es ist ganz falsch, von einer Gründung der Derchchen Bolkspartei zu sprechen. Tie Drulsie Bolkspartei ist nicht gegründet worden, sondern die National, liberale Partei hat beschlossen, unter dem Namen der Deutschen Bolkspartei weiter zu bestehen. Tie nationalen und dir liberalen Ideen, die in der Deutschen Volkspartei wirksam sind, überragen alle Tagesfragen, die uns beschäftigen können. Wir müssen sie als Panier sesthalien, das wir de, Paitei vorauStragen, namentlich um die Jugend für unsere Ideale zu gewinnen. Der Wieder- aufbau Deutschlrnd? wird vom Geistigen und nicht vom Materiellen aucgehen. Wenn wir Fühlung halten mit d.'m kommenden Ge schlecht, dann werd n wir erst die Stinke erhallen, um mit dem notwendigen Einfluß und aller Kraft unserem Baterlande dienen zu können, dem unser ganze- Sehnen und Hoffen gilt. Die Versammelten brachten vr. Stresemann nach seiner Rede eine stürmische Ovation dar, di: sich immer wieder erneuerte. * Berlin, 24. Mai. Ter Zentralvorstand der Deutschen Volks. Partei nahm in seiner heutigen Sitzung einmütig eine Entschließung an, in der er es als Aufgabe der Partei be- zeichnet, Hüterin der liberalen Tradition der alten national-liberalen Partei zu sein. Dazu sei sie um so mehr berusrn, als die Überspannung der formalen Demo- kralle und die Massenherrschaftsbestre- bungeu ein Gegengewicht erforderten. Niemals werde die Deutsche Bolkspartei den nationalen Ideen, die einst Benn gsen, nie malS den sozialen Ideen, die Bassermann im Liberalismus zur Geltung brachten, untreu werden. „Wir begrüßen es", heißt e? weiter, „wenn der Gedanke des Liberalismus wieder einer vertieften wissenschaftlichen Erörterung zu- geführt wird, lehnen aber die Beteiligung an Vereinigungen, die eine eigene Partei- bildung anstreben, und vermöge ihrer organisa torischen Einrichtungen zu einer solchen führen müssen, entschieden ab. An den Reichspräsidenten sandte der Zentralvorstand folgenden Gruß: Der zum erstenmal nach der Reichspräsidenten- wähl versammelte Zentralvorstand der Deutschen Volkspartei sendet Ihnen, Herr Reichspräsident, ehrerbietigen Gruß und verspricht, mit allen Klüften mitzuarbeiten an der großen Aufgab: der Einigung unsere? Bolk.'S zum gemeinsamen Wieder- aufstieg. In einem Telegramm an den Duisburger Oberbürgermeister vr. Jarres weiden Hau-tversammlimg des Reichsverdandes der Deutschen Presse. Eine Rede des Reichskanzlers. Berlin, 22. Mai. Aus der Tagung des Reich-Verbandes der Deutschen Presse nahm heute bei einem Begrüßungsabend in der Wandelhalle des Reichstages, nachdem namens des Reich-Präsidiums Abg. Kahl d'e Versammlung be- grüßt halte, auch «tichstauzlsr vr. LUher das Wort, wobei er u. a. auSführte: „Mir schein«, daß die Bedeutung der Presse von Tag zu Tag wächst. Ich kann mir eine Menschheit, die unter dem Zwange technischen Fortschrittes steht, ohne soit- dauernde innere Belehrung und Weiter- bildnng durch die Presse überhaupt uichl vorstellen. Diese ungemeine Entwicklung unserer Technik stellt fast gleichzeitig eine fast ununter, brochene Umwälzung unseres sozialen Lebens dar. Nun ist es ja aber die Technik nicht allein, sondern ebenso stark wirkt da auf uns all da- Aufgewühllsein in kulturellen Fragen ein. isch bin überzeugt, daß trotz allen Forlschrcitens der Technik das unlt»rkllc im Meufchen wieder anss stärkste im Anwachsen ist. Da sehen Lie jetzt das Bestreben, unser Bolkstunr durch Darstellung der Vergangenheit überall wieder im Menschen lebendig zu machen, uns uns das Deutsche nahezubringen, wo es auch auf der Erd: sich befindet. Hier Hal d,r Presse ebenfalls eine erhabene Aufgabe zu leisten, indem sie uns das ll naus lösch bare und Unvergängliche zum Bkwußlsein bringt. Mir dürfen das nun nichts so auffassen, als wenn unser deutsches öffentliches Leben sich in erster Linie auf Kultur und Teckmik werfen solle. Damit können gerade wir in unserem Volke das Höchste nicht erreichen Denn gerade in der Lage, in der sich > nser deutsches Volk befindet, dem durch die polnisch: Enlwicklung in künstlicher Weise die freie En faUungsmöglichleit genommen ist, müssen wir als Grundlage auch sür die andern Ziel», die wir verfolgen, vor allen Dingen die Stärkung unseres eigenen politischen Volks- dcwußtseins haben. Und mit diesem Bcwußlsein, uns in immer stärkerem Maße zu durchdringen, dieses Bewußisein, uns zu erlzalten auf dem schweren Leben! wegc, den das deutsche Volk jetzt geht, da- ist die grundlegendste und allererste Aufgabe der Presse. (Lebhafter Beifall ) Die deutsche Presse ist Aeltanschauungspresse, und sie ist stolz darauf. Ich al- Deutscher empfinde das durchaus mit. Aber die Tinge haben ihre Kehrseite dadurch, daß sich für die einzelnen Zeitungen geradezu Gemeinden Hilden, die alles das, was in der Zeitung steht, ausnehmen mit einem Maße von Gläubigkeit, das zwar der Schriflertung gefallen mag, aber in mancher Beziehung vielleicht doch nicht ganz erwünscht ist. Ich kämpfe mit jedem Menschen, der mir nahesteht, darum, ihn dazu zu bringen, daß er nicht mehr bloß eine Zeitung liest. In diesem Grundsätze liegt eine große Gesamterziehung sür das Volk und damit auch für die Press:, nämlich di: Not» wendigkeit, auch im Talsachrndienst sich immer mehr zu objektivieren. Als dritte Nutzanwendung meiner Auffassung über die Presse will ich nun von dem Bleibenden sprechen. Dieses Bleibende wird immer sein das Aufeinanderangcwiesenskln von Regierung und Presse. In diesem Sinne verstehe ich unier Regierung auch jede Volksvertretung, den Reichs- lag, jede Stadtverordnetenversamm lung. Sicherlich hat es schon in den allerällesten Zeilen der Menschheit sür den Häuptling, der damals die Obrigkeit darstellte, irgendwelche Gegen spieler gegeben, vielleicht in geschickten Leuten, die Nachrichten von Wigwam zu Wigwam trugen. Das sind die ältesten Vorläufer der Presse. (Heiter keit.) So leben von jeher und weiden in alle Zukunst leben Negierung und Presse in einer Ehe mileinander, in der es kein Ehe- sch eidungsr echt gibt. (Heiterkci'.) Diese Ehe ist im großen rind ganzen glücklich, wenn es auch Zwischen alle gib'. Cie ist glücklich, weil beide einer gemeinschaftlichen Zukunft dienen und im gleichen Hanse wohnen, das sie über alle? lieben. Dieses Haus heißt Deutschland." (Lanz- anhaltender stürmi cher Beifall.) fiesem vom Zentralvorstand Grüße und Dank kr alles übermittelt, was er für das Vaterland zelan Hal. I» einer Entschließung an das Rhein- land heißt es: Der Zrnlraloorstand der Teuischen Volks Partei sendet dem Rhnnlaud seine Grüße. Ge meinschaft drS Blutes und tausendjährige Schick- als und Kulturg.'meinsckaft haben unS rurlöebar reibunden. Ein Deutschland ohne Rheinland, ein Rheinland ohne Deutschland, beides ist unmöglich. Der erste Vorsitzende der Partei, Reichsminister des Äußeren, vr. Stresemann, schloß die Tagung des Zentralvorstandes mit dem Ausdruck de? Danke? an die Erschienenen. * In Verbindung mit der Sitzung des Zentral- Vorstandes der Deutschen Volksparlei lagle unter dem Vorsitz der Neichriagsabgeordneten Frau vr. Matz der Reichsfrauenausschuß der Deutschen Volks Partei. Er nahm eine Entschließung an, in der die Partei gebeten wild, auch künftig neben den bedeutungsvollen Fragen der Winschaft den kulturellen und sozialen Fragen Förderung angedeihen zu lassen und sich sür eine gesunde Mittel- standspolitik ein;us:tzrn. Tie Wahle» in Oldenburg. Oldenburg, 2«. Mai. Heute sanden im Freistaat Oldenburg die Nen wählen zum Landtag statt. Tie Wahlbeteiligung war im Vergleich z»r Präsidentenwahl äußerst gering. JnSbesv« dere hat der Landrsdlock sehr viele Stimmen eiugebiißt. Im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen werden auch Verluste der Sozialdemokraten und Demokra ten gemeldet. Da« »rgedni« »,« Rüstriugr» lanteti Land«»»!»« IRechttzparteien) 2-17, Rommuulsten 474, Demakrate» 87», Vivktsche 473, Svztal. »emokrate« !«»««, Sazialtstischer Bund (ehem. v. S. P ) «4, Zentrum 2»«. * Oldenburg, 24. Mai. Rach den heutigen Landtagswahlen in Olden- bürg wir» sich der neue Landtag wie folgt j„- fammrnsetzrnr Zentrum 1», bisher 1», Sozialdemokraten v, bisher l2, Demo, kraten S, bisher », Laude-block der Ber- einigte« Rechtsparteien 14, visher 14, Völkische 1, bisher 1, So mm »nisten », bisher 2 Vertreter. Es »«rbeu insgesamt 3» Abgeörduete gewählt gegen bisher 48. Es stehen 24 Abgeordneten der bis herigen Aoalitionsparteien lS Abge ordnete der Rechten gegenüber. * Oldenburg, 2S. Mai. Nach dem endgültigen Ergebnis vr» Landtag-Wahlen erhält der Landcsbloil noch einen weiteren Sitz, sodaß sich im neuen olden burgischen Landtage 1« Rechts»,rteiler und 24 Abgeordnete der bisherigen Koaliilonspartcien gegenüberstchen. Tie -lnswertuNgsvorlage. Berlin, 23. Mi. Der AufwertungsauLschuß des Reichs- tags setzte die Beratung des Aufwertungsgefetze» bei z 2 fort. Tie Abstimmung über Abschnitt 1 wild znrvckgestellt. Eine längere Debatte ent wickelt sich über Abschnitt 2, der besagt: „Als Goldmarlbetrag sür die Auswertung gilt bei An- sprück en, Vie vor dem 1. Januar 13 l 8 er worben sind, der Nennbetrag. Bei später erworbenen Ansprüchen ist der Berechnung des Goldmark träges der Tag des Erwerbs zu grunde zu legen. Im übrigen it der Tag des Erwerbs für den Gläubiger maßgebend." vr. Vcst begründete eine Reihe von An trägen, die den ehrlichen Erwerber solche, Ansprüche schützen sollen, ohne die zu begün- stigen, die aus rein spekulativen Gründen er- worben hab.n. Ohne Beschlüsse zu fassen, ver tagte sich der Ausschuß auf Tiensiag. Tic Krage der Lehrerbildung in Bayern. München, 23. Mai. Die Linksparteien im Bayerischen Landtag machten in der Sonnabendsitzung des Haushaltausschusses einen Vorstoß gegen das Kultusministerium, das sich bi he, systematisch geweigeit hat, irgend etwas in der durch die Reichsverfassung festgelegten Neu regelung der Volksschullehrerbildung zu tun. Der Kultusminister suchte sich mit dem Hinweis zu rechtfertigen, daß die in den übrigen deutschen Ländern gemachten Nesormversuche bisher nicht zu günstigen Ergebnissen geführt hätten, weshalb die ab- wartende Haltung Bayerns vollkommen be rechtigt gewesen sei. Mit besonderer Schärfe lehnte der Minister di: Volksschullchrer- bildung auf der Hochschulgrundlage ab. Mit dem gleichen Rechte, so erklärte er, konnte jeder Maurer verlangen, für feine berufliche Ausbildung eine technische Hoch schule besuchen zu müsse». Bayern lehne die Hochschulbildung für Voltsschullehrer grundsäp- lich ab, auch aus der Überzeugung heraus, daß Km»- »nd Wissenschaft. II. Z»terl»gtis«aleS M»sikfest i» Prag 1S.-2». Mm 1»2S. Die Interualio, al« Gesellschaft sür Neue Musik hatie sich al-Standort ihres zweiten Internationalen Musitfestes wieder Prag gewählt, nm die im Vor- jahre gemachten Erfahrungen praktisch zu ver werten. Trotzdem die Vortragsordnung eine in- teressante Vielgestaliigkrit aufwies, war doch etwas zuviel Spreu unter dem Weizen,-und mit mini- maler Ausnahme ist ein Gewinn um die Reue Musik kaunr zu verzeichnen. Auch die Wahl dn Dirigenten war eine internationale: vr. Erik, Kleiber-Berlin, Volkmar Andreae Züricy, Alfredo Casella Rom, Adnan E. Boul« London und Wenzel Talich-Prag. Litzterer hatte eine ungeheuere Arbeit zu leisten und eintele großen Erfolg. Fast oll: MnMvrmen, v«n Liede argefangen bis zur Oper waren vertreten. Lrid.'r war man mit den Vorbereitungen d.-r mit großem Interesse er- warteten Symphonie für Bla'instrrmente von Igor Slrawintky nicht fertig geworden, so daß deren Anssühnmg unterblieb. Ein vollständiger Versager war das Eonzertino für Klavier mir Orchester von Rnkolf Röt!, das eine Schlüssel pseif-Opposition herrorrief. Von den zu Worte, d. h. zu Ton gekommenen Komponisten seien ge- narmt: Ernst Tocb, Heinrich Kaminski, dessen Con- zerto Grosso sür Doppelorchester wegen seiner wundervoll aufgebauten konlrapunktischen Archr- tckionik die Bewunderung aller ernsten Musik- lenner erregte, Paul Amadeus Pirk, Jos. B. Foerster, Otakar Zich, S oleslav Vomaeka, Bela Bariok, dessen funkensprühende Tanz-Luite großen Beifall fand, BohuSlav Marlinü, Darin- Milhaud, Alban verg, mit Bruchstücken seines „Wozzel". Bühn nwerkeS, das packende Gestaltungskrafi off-n- »mte, EiU Satie, Gabriel Faurö, Paul Duka, mst Hiner enttäuschenden Oper „Ariane und Blaubart". Vittorio Riet», E'aude Debussy. G. Malipiero, R. Vaughan Williams, Ernst Krenek, dem in Donaueschingen entdeckten überaus fruchtbaren Kammermusikkomponisten, Fidelio Finke, besten Symphonische Dichtung „Abschied" beisallsreudiz ausgenommen wurde, Leos JanL- cekS köstliche Ehanteckair - Tieroper „Das schlaue Fück-lein', Biterlao Noväk, Roland Bkanuel und als Glanzpunkt des ganzen Musikfestes Ladislav Brcpitek, dessen „Kantate von den letzien Dingen oes Menschen" ein» Erhebung seltenster Art war. Mir diesem tiefsinnigen üserke schenkte Vycpälek der Masikwelt ein bedeulendes Vermächtnis, das in Bälde vul ausgesöhit werden dürfte. — Hierbei konnte auch der Prager Gesangverein Hlahol s:ine ganze Stimmenpracht entfalten, wie auch die Mährischen Lehrer köstliche Proben ihrer Männerchöre unter Ferdinand Vachs anfeuernder Leitung boten. Anden einzelnen Nachmillagenfanden Vorträge über französische Liederkunst und über das Viertklkonsystem Alois Häba's statt. Paul Dukas unbedeutende Märchenoper „Ariane und Blau bart" im R-usn Deutschen Theater leitete der Prager Opernchef Alexander Zemlinsky mit viel Temperament. Dir administrative Leitung des Musikiestes klappte famos. Das dritte Internatinnalkr Musiksest gedenkt man im nächsten Jahre in Zürich ab u alten. Möge die Äe ellschast sür Rene Musch ihre Existenzberechtigung beweisen, die beiden Auftakte gebe» dazu Berechtigung. Alfred Pellegrini Dresden. Rudolf Stemcr-Abend. vr. Büchenbacher (Stuttgart), der dem engeren Kreise des lür^ch verstorbenen Begründers der anthroposophischen Lehre angrhvrle, sprach gestern im fast gefüllten Harmoniesaol über „Rudolf Steiner, sein Leben und sein Werk". Ausgehend von der Goetheschen Staturbetrachtung als Angriffs- punk, der Anthroposophie, versuchte er das Wesen der Cteinnschen „GeisteZchau" darzustellen als ein energievolleS Bestreben, den Zusammenhang des Geistig-Seelischen mit dem Körperlichen zu erfassen. Kani hatte die Mö lichkeit ein:s solchen Erfassens nur für den unorganischen Stoff konzediert: schon das Wesen der Pflanze verstehen zu wollen, sei, meinte er, rin „Abenteuer der Phantasie". Nach der (sehr stuttigen) Auffassung der Anlhioposophie hat Goethe disseS Abenteuer bestanden: ek sei ihm gelungen, die Idee der Urpflanze zu zeichnen. Schon Lchiller wandte, im Sinne Kants, mit Recht dagegen ein: da- sei doch kein: Erfahrung, sondem eine Idee. Worauf Goethe beha rle: „Mir um so lieber, wenn ich Ideen habe." Dies Skhen mit Geistesaugen schien Rudolf Steiner daS Erfasten der Realität. Und dieses innerlich Geschaute darzustellen, ist das Wesen der Anlhioposophie. Steiner suchte die Synthese von Raturwistrnschaft und Philosophie. Er glaubte an die Wirklichkeit der Idee. Was für Kant nur Idee, war für ihn Realität. So gelangt er dazu, das seelisch geistige Msen des Menschen sür etwas an sich und schon vor der Geburt Existierendes zu er- tlären. Und veisucht nun, die G undlrge ju geben, sich diese (seiner Meinung nach nur scheinbar imaginäre) Welt zu schaffen. Die Wiedergeburt ist für ihn eine unbestreitbare Tatsache. Ta von seiner Lehre keine Brücke zur modernen Nalur- wiss-nschaft Hinüberführle, wurde Steiner Theo- soph und gründete schließlich, als er infolge einer Meinungsverschiedenheit über die von ihm be hauptete Einmaligkeit de« Chriflusphänomen- au- der Theosophischen Gesellschaft au-geschlossen wurde, die Anthroposophische Geselljchaft. Aus seiner „Geisttsschau" heraus greift er nun in die verschiedenen Wiffenschaflsgebiete ein: in die Er ziehung (Waldorf-Schule), in die Heilkunde und schließlich komnrt «r auckr, von s:in«r Joee der „Büdleidlichkeit" ans, zum künstlerischen Problem. — Büchenbacher sieht die Dinge naturgemäß al- Steineiiankr. So gelangt er zu dem Schluß, Steiner habe da» von der modrrnen nalurwissen- schädlichen Wellanschauung verfahrene Erkennlni-- problem über den toten Punkt hinweggefühet. Dabei übergeht er jedoch die viel wefemlicher« Problematik de- „Erkennen-" selbst, sür das, auch nach Steiner, d'e Schillerlch: Unterscheidung von Idee und Wirklichkeit immer noch zu Recht be stehen bleibt. r „Rnssischc Verbrrchertypen". Frau vr. Ho er- sch el mann beschloß ihren interessanten russischen Zyklus mit einer lebendigen Darstellung von Be obachtungen und Erfahrungen aus der russischen Verbrecherwelt. Beim russischen Kriminellen spielt das Unterbewußisein eine ungleich größere Rolle als im Westen. Nirgends findet man unter den Strafgefangenen so viele im Grunde gutmütige, naive, opferwillige Menschen als in Rußland. Die russische Passivität kommt auch in der Apathie gegenüber den unzähligen Gesetzesbestimmungen und in einer gewissen amoalischenGrunddisposition des Individuums zum Ausdruck. Gerade aus ber Bereitschast zum Opfer und zur Liebe entspriirgt ost verbrecherischer Haß. Gattenmord ist in Ruß- land ein sehr häufiges Delikt. Und zwar ist es meist die vom Gatten und von allen andern An gehörigen mit Roheit und Undank behandelte Frau, die sich in ihrer wi'den Verzweifln»- des Gatte»» durch Mord entledigt. Sellen ist, bei der im allgemeinen natürlichen Auswirkung der sexuellen Anlage, das Verbrechen des Lustmordes. 6)cr die dem Bewußtsein des Westlers oft ganz fremd- artigen Motive des russischen Kriminellen hab." sich bekanntlich Tostojewrkt und Maxim Gorli sehr eingehend und instruktiv verbreite«. Tie Vor- tragende erzählte auch einiges sehr Charakteristische aus ihrer eigenen GrfängniSzeit. (sie war als Deutsche während des Krieges längere Zeit im Gefängnis interniert.) 18—20 Gefangene lagen in einer Zelle auf Pritschen. Ihre Kleidung bestand au- emem Sack, der um die Mitte mit einem Strick jusamnirngehallen wurde. Li« lernte politische Verbrecher kennen, die man ob ihrer Großtat beneid«te und glücklich p:i.s, Fraueih au-vornehmsten Kreisen, die schulvlos jahrzehntelang eingekerkert waren, Diebinnen und Mörderinnen/ die einen viel menschlicheren Eindruck machten- al- sie ursprünglich befürchtet halte, und vor allem die grenzenlose Demut der russischen Mosse, dirf im Grunde immer wieder zum Dienen bereit ist.
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