Rr. 1. S. Jahrgang. Beilage zum General-Anzeiger Januar 1982. Wie Äaeksen Rvnigreiek ivurcke. Am Nachmittag Les 20. Dezember 1806 sprengte ein Herold in mittelalterlicher Tracht, begleitet von sämtlichen Hoftrompetern, sechs Hofbe-iensteten zu Pferd und emer Eskadron der königlichen Garde durch die Straßen der Residenz Dresden und verkündete zuerst im großen Schloßhof unter dem Gedonner von zweimal zwölf und darauf 100 Kanonenschüssen sieben Mal und anschließend auf den öffent lichen Plätzen der Stadt die denkwürdige Proklamation des Kurfürsten zum König von Sachsen, die kurz zuvor dem Adel, dem Militär und der Beamtenschaft bei Hofe bekannt gegeben worden war. Am 21. Dezember krachte frühmorgens er neut Geschützdonner von den Wällen, die Glocken trugen ihr ehernes Lied durch das Sachsenland, das sich nun stolz Königreich nennen durfte, in den Gotteshäusern wurde Festgottesdienst abgehalten und unter dreimaliger Salve der königl. Leib- grenaöiere das „Herr Gott, Dich loben wir" gesungen. Es war eine historische Stunde für das ganze Sachsenland, die den naturnot- wendigen Abschluß der Entwicklung aus den sich überstürzenden Ereignissen in den Jahren 1805 und 1806 bildete und geschichtlich betrachtet schon damals geboren wurde, als im Preßburger Frieden am 26. Dezember 1805 das alte deutsche Reich zerschlagen wurde. Neue Staatengebiete waren auf dem alten deutschen Boden entstanden: Baden, Bayern und Württemberg hatten große Gebietsteile erhalten und hatten ihren Rang und ihre Macht erhöhen dürfen. Bayern und Württem berg waren von des Siegers Gnade zum Königreich erhoben worden, und wenn auch der kerndeutsche Sachsenkurfürst den Wert dieser neuen Kronen durchaus gering schätzte, so daß der preußische Gesandte am Dresdner Hof. von Brockhausen, berichten mußte: „Man finde in Dresden, -aß es um solchen Preis (die neuen Könige waren in Paris gekrönt worden, von wo auch ihre Nachfolger die Königs krone empfangen sollten) besser sei, Kurfürst zu bleiben", so wurde doch der hoho Gerechtigkeitssinn durch die brutale Durchbrechung der Reichsverfassung im Preß- burger Frieden und die ungerechtfertigte Zurücksetzung Sachsens gegenüber Bayern und Württemberg aufs schwerste verletzt. Man vertrat nicht nur in Sachsen de» Standpunkt, daß der Kurfürstentitel nicht nur seinem Werte, sondern auch seinem staatspolitischen Charakter nach völlig inhaltslos geworden war und daß der Kur-