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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 29.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190603298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19060329
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19060329
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-03
- Tag1906-03-29
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d« zweit«» veratu..- der Flotttnnovrll« sort. L)ti Sitzung h tt« nn üv<rrasch«ndc« Schicksal: fie stoq durch den Antrag der frei- finnige« Lolklpartei aus namentliche Abstimmung auf, da stch die Amuefenheit von nur ISS Abgeordneten herau-stelllel! Die De» batte Hal ganz unzweifelhaft ergeben, dofi der Antrag Ablaß aus Deckung der Mehrkosten der FloUennooell« durch eine Recht- vermügenlsteutr kein« Aulficht aus Annahme hat und daß anderem seit« di« Noxllr selbst in SicherhrU ist. Von den Konservativen und Freikor servativen über die Wirtschaftliche Bereinigung und da» Zentrum bi» zu den Nationallibrralen und Freisinnigen wurden fiattenfreundliche Erklärung«» abgegeben, die fich nur in der Wärme de» Tone» voneinander unterschieden. Selbst dir frei sinnige VolkIpartei gab prinzipiell ihre Zustimmung, um freilich durch ihren Sondrrantrag, der di« Arbeiten der Steuerkommisfion durchquert, fich schleunigst in prari wieder aus da« vertraute Ge biet der Negation zu begeben. Vor der Krisis hielt Abg. v. Oldenburg-Januschou noch eine für einen Bündler merkwüivig« Red«. Er sprach sich in eine Art Flotten paroxitmu» hinein und hoffte, auf dem Berliner Siegetplatze noch einmal ein Denkmal mit Schiffsschnäbeln erstehen zu sehen. Man sieht die Wirkung der Handelgverträge auf den Patrioti-mu« de» Bunde«, denn da» Wort von der gräßlichen Flotte ist doch noch gar nicht so alt. AI» nun zur Abstimmung über dcn Antrag Ablaß geschritten werden sollte, brachte Abg. Müller-Eagan seinen Antrag auf na mentlich« Abstimmung ein. Die Unterstützung von 50 Stimmen wurde prompt durch da» Wohlwollen der Sozialdemokratie ge liefert und damit war die Sitzung erledigt. E« waren 183 Ab geordnete anwesend, davon stimmten 63 für den freifinnigen An trag, 95 dagegen und 5 enthielten fich der Abstimmung; da zur Beschlußfähigkeit 19V gehören, mußte die Sitzung vertagt werden. E« fielen harte Worte wegen diese» Vorgehen« der Freisinnigen und der Präsident verkündete diese« Resultat mit verhaltenem Zorn. * * In dritter Beratung wird die Vorlage wegen der Uebernahme der ReichSgarautie für die Kameruueiseubah« von Duala nach Manemguba ohne Debatte unverändert endgültig angenommen. Da« Hau« setzt dann die zwrite Lesung der Novelle zum Flotteugesrtz fort. Zugleich wird der Antrag Ablaß und Ge noffen beraten: Einführung einer Reich-Vermögenssteuer zur Deckung der Kosten für die neuen sechs AutlandSkreuzer. Späh« (Zentr): Ich glaube mich auf die Erklärung be schränken zu können, daß wir vorbehaltlich der Regelung der Deckung»frage der Vorlage zustimmen. Gegen eine Agitation, die fich nur auf Tatsachen stützt, würden wir nicht daS Geringste einzuwenden haben, aber wenn die Herren vom Flottenverein dazu übergehen, unsere Flott« al» minderwertig darzustellen und zwar in einer Weise, die selbst da» AuSlanv stutzig machen muß, so können wir nur unser« tiefst« Mißbilligung darüber auisprechen. Daß di« Notwendigkeit einer Flottenvermehrung gegeben ist, kann nicht bestritten werden. (Beifall im Zentrum.) V. Richthofe» (kons): Wenn der Deuts *« Flottenverein in seiner Agitation vielleicht etwa« zu weit gegangen ist, so wollen , wir ihm da» nachsehen; er hat Gute« geschaffen. (Beifall recht« ) Müller-Sagan (fr. Vp): Wir stimmen der Vermehrung der AuSlandSschrffe an sich zu und find berrit, dir Mittel im Rahmen de« Etat» zu bewilligen; wir find aber gegen jede Bin dung. Neue Lasten dürfen nicht durch indirekte Steuern den breiten Schichten de« Volke« auferlegt werden; darum schlagen wir eine Reich«vermögen«steuer vor. (Beifall link«) Graf Arni« (Rp.): Erfreulicherweise ist diesmal die Vor- läge ohne die sonst gewohnten Abstriche angenommen worden. Da« haben wir einmal der Stimmung im Land« zu dank«n, die fich ganz gewaltig zugunsten der Flottenvermehrung gewendet hat. Andererseits handelt e« sich um di« Einlösung rineS bereit« im Jahre 1V00 präsentierten Wechsel«. Die Ersahrungen der letzten Seekämpfe find in der Debatte noch gar nicht genügend gewür digt worden. Sämtliche Staaten haben ihre Marine nach diesen Erfahrungen einer Revision unterziehen müssen. Drmgtgenüber bauen wir etwa« langsam und gehen auch etwa« langsam mit der Erneuerung der Schiff« vor. Wir n«hmrn die Vorlage an, be dauern aber, daß nicht mehr gefordert ist. Der Flottenverein verg ßt ja oft, daß er nicht Gesetze machen kann, sondern nur technische Ziele in« Auge faffen soll; aber trotzdem hat er Großes gewirkt. Für niemand kann und soll unser« Flotte eine Heraus forderung sein. Wir haben unsere Friedensliebe 35 Jahre be- währt. Aber dir Weltuhr steht nicht still, wir müssen gerüstet im Dölkerchor Europa« sein! (Beifall rechts.) Müller-Mein »aen (ir. Vp.): Wir hoffen, daß die Annahme unsere« AnK«g«> dir Annahme dir Flotttfisotkäge rvesenilich svr- dein wird. Nur di« leistungtsähigen Schultern sollen di« Sterge- r mg der Seekräfte tragen. Di'senigrn, die immerfort da« Wort „National- al« Schlagwort im Munde führen und au-spielen, die hoben fich g-gen eine Reich«oermd-rntsteuer aus« entschiedenste immer wieder erklärt. Nach unserem A -trage würden 180000 Zensitrn getroffen werden; der aufkommendc Ertrag t(ßt fich auf 40 Mill.onen schätzen; da kann man doch nicht davon reden, daß di« großen Vermögen in« Au«land getrieben werden oder die Bauern an den Bettelstab kommen. Wir müssen verlangen, daß die besitzenden Klaffen, die an der Flotter.oermehmng interessiert find, auch die Opfer dringen; daß diese Herren nicht bloß agitie ren, sondern auch ihr eigene« Scherslein auf den Altar de» Tater« lande» nirderlrgen. (Beifall link» ) Ktaattsekcetär Freih. v. Stergrl erklärt, von dem Antrag« höchst überrascht worden zu sein. (Lachen link».) Seine Vorau»« setzungrn träfen nicht zu, denn tz 6 de» Flottengesktze« von 1V00 behalte auch für dies« Novelle seine Gültigkeit. Ich enthalte mich einer näheren Kritik diese» Vorgehen». (Unruhe link».) Die ver bündeten Regierungen aber lehnen jedenfalls die Einführung direkter RrichSsteuern rundweg ab. Ich bitte, den Antrag der Volksparteien obzulehnen. Liebrrmavu v. Souuruberg (wirtsch. Vg.) erklärt, wir er blicken in dem Anträge der Volk-Parteien nur eine Rückendeckung für die eventuelle Ablehnung der Flottenvorlagr. Finanzminister v. Rheiubabea gibt seinen ernsten Bedenken gegen den freisinnigen Antrag Ausdruck. Ebensowenig wie «ine Reich««» kommrnsteuer sei eine ReichSvermögenSsteurr für das Reich durchführbar. Ich warne Sie, noch weiter zu gehen, sonst kommt e« vielleicht doch noch einmal dazu, auch die minder bemittelten Klaffen zur Einkommensteuer heranzuziehen. Di« verbündeten Re gierungen haben bereit» da» Aeußerste getan, indem fie di« Erb schaftssteuer für da« Reich hergegeben haben. Bebel (Soz.): Wir werden dem Anträge der Freisinnigen zu stimmen. Man vermißt im Volke die Opferwilligkeit der besitzen den Klaffen. Bezüglich der Marine wird Deutschland nach seiner ganzen Lage stet« in der Defensive bleiben müssen. v. Oldenburg (kons): Wenn man Bebel über die au«< ländischrn Verhältniss« sprechen höre, dann könne man nur be dauern, daß er nicht Gelegenheit habe, sich al« Reichskanzler zu blamieren. Die «Konservativen seien e« gewesen, die immer ihre Hand geregt haben, wenn e« galt, die Widerstandsfähigkeit deS Volke« zu stärken. Sir wollten, daß eine« Tage« die Siege«-llee noch einmal ein Denkmal mit Schiffsschnäbeln erhalten wird. Möge der Reichstag von 1906 fich seiner Aufgabe gewachsen zeigen. Nachdem noch Spahu die Haltung de« Zentrum« verteidigt hat, wird die Dirkusfion geschloffen. Die Abstimmung üb« den Antrag Ablaß ist namentlich; r» werden im ganzen 163 Stimmen abgegeben: davon 63 für und 95 gegen den Antrag Ablaß bei 5 Stimmenthaltungen. Da« Hau« ist also uicht beschlußfähig und die Verhänd- lung muß abgebrochen werden. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. Tagesordnung: Wahl« Prüfungen, Marine» und Militäretat. * * * */* Berlin. Die Steuerkommisfion dr« Reichstage« ging gestern zur zweiten Lesung des Zigaretteusteuergesetze« über. Abg. Or. Jäger referierte über die Beratungen der Subkommiffion, die beschlossen hat, bei der Banderolenstruer zu bleiben. Bei der Abstimmung wird der Antrag Müller-Fulda dahingehend, zu § 2, Absatz 1, anstatt 2 M. für 1000 Stück 1,50 M. und anstatt 3 M. für 1000 Stück 2,50 M. zu setzen, mit 12 gegen 11 Stimmen angenommen. */* Berliu. Die Budgetkommisfion de« Reichstages nahm gestern einen Antrag Hompesch an, wonach di« Regierung die sofortige Lösung aller über ein Etatsjahr hinauSgehenden Der« träge über Lieferuugeu für die Schutzgebiete herbeiführen soll. Bom Landtag. rv. Die Erst« Kammer beschäftigte fich in ihrer gestrigen Sitzung mit dem von der Zweiten Kammer abgeänderten Etat der „Leipziger Zeitung" und d-s „Dresdner Journal", wobei besonders die Umgestaltung dc8 letztgenannten BlattcS besprochen wurde. Kammciherr vr V. Arege-Weltzten auf Abtnaundorf hielt daS Bestehen der beiden RegicrungSorgane im bisherigen Umfange für ganz unerläßlich. Kammcrherr v. Schönberg auf Mockritz betonte, die Erfahrung werde die Rückkehr zu dem gegenwärtigen Zustande zeitigen. Geh. Rat vr Tchelcher hob hervor, daß daS „Dresdner Journal" nur unwesentlich beeinträchtigt iverde durch dle getrosten«, AerändeNMgen und daß man auf ein? Steige.ung der Abonnenten»-.-! hoff « könne. Hieraus bewilligte die Aa-n-ner den Liat.der „Leipz. Zta." einstimmig und den Etat des „Dre-dn. Iömn." gegen 12 Stimmen. Weiter Müden auf der Tagesordnung verschiedene von der Z-vetten Kammer. Stitts »r- willigte Summen zur Aördermtg des Badr» Elfter. StandcSherr Vr. S»a««aM» auf Königsbrück wünschte,-fall« da» Bad sich für den Staat nicht r. -tiere, eine Verpachtung desselben. ^eh Finanzrat a. D. Dr. wg. tzstuck« Dresden erwiderte, daß sich Bad Elster mit 2,21 Prozent verzinst und daß du Staat da» Wsterbad nicht errichtet hab«, um ein Geschäft dabei p» machen. Lie Abstimmung ergab die Bewilligung der geforderten Mittel. Wester bewilligte da» Hau« in Ucbereinstimmung mit der Zwtttrn Kammer ohne Debatte da» die direkten Steuer» detr. Statkapitel und stimmte einer größeren Anzahl EtattiderschreitUNge« der Finanzpertod« 1V02/03 »u. Nächste Sitzung: Mittwoch, vormittag» 11 Uhr. Tagesordnung: Etat und Rechenschaftsbericht, 2 Dekrete. rv. Die Zweite Kammer nahm in ihrer gestrigen 85. össent« lichcn Sitzung da« Dekret über die Ueberlafiung staatlicher Flächen an die Stadtgerncindr Dre-den, den Berkaus uno Ankauf von Straßenbahn anlagen in Dresden, sowie den Berkaus eisen bah nstSkakischen Areal« in Dresden-Neustadt und die Auslegung d«S tz 18 de» Gesetze» über den Staatshaushalt vom 1. Juli 1W4 für Veräußerungen im Bereiche der Staatseisenbahnverwaltung gegen 4 Stimmen an, bewilligte dann in Schlußberatung über Titel 4 de» außrrorbeutlich«« Etat«, dl« Mittel . zur Umgestaltung der Verkehrsstellen Deuben und HainSberg, sowie »ier- s gleisigcn Ausbau zwischen Potschappcl und Station 11S 01^, ferner die , Mittel zur Erledigung von Allgemeinen Regierung»- und Verwakung«- i angelegenheiten. Zu dem da« Meteorologische Institut betr. EtatSapttel beantragte die Finanzdeputation die Bewilligung von 50575 Mk. nach Abstrich von 1500 Mk. Nach kurzer Debatte wurden die Mittel einstimmig bewilligt. Schließlich stand noch auf der Tagesordnung der Etat der Lande«« anstatten. , Bär (fr-is. Vp.) vertrat dle Wünsche deS Pflegepersonals um Auf besserung ihre« Einkommens und forderte Einschränkung der Gefangenen arbeit, die von Gewerbetreibenden und Handwerkern al» Konkurrenz bitter empfunden werde. Ministerialdirektor Geh. Rat vr. Apelt sagte die Erfüllung der Hauptwünsche des Pflegepersonals zu und teilte mit, daß di« Regierung auch den Wünschen der Handwerker bezüglich der Gefangenenarbett Rech nung zu tragen sucht. Die vollständige BrbeitSabschasfung in den Se- fangenenhäusern würde eine große Härt« gegen die Gefangenen bedeuten und dem Staalc einen jährlichen Ausfall von OVO000 Mk. bringen. Die Landcsanstalten arbeiteten lediglich für ihren eigenen Bedarf. Hierauf nahm die Kammer den umfangreichen Etat der LandeS- anstalten an und überwies die Petition deS Pflegepersonals der StaatS- regierung zur Kenntnisnahme. Nächste Sitzung: Mittwoch, vormittags 10 Uhr. Tagesordnung: Etat und Petitionen. ir. Plauen i. B. Wie der „Bogtl. Anz." meldet, ist heut« früh der konscrvauve Landtagsabgeordnete Bnnde, Rittergutsbesitzer auf Erl bach bei Markneukirchen, im 65. Lebensjahre nach schwerem Leiden »Sk- schieden. Bunde vertrat den 45. ländlichen Wahlkreis. Lertliches und Sächsisches. (Der Stachdruck unserer örtlichen vrtgtnalterichle Ist »nr mit zeuauer ouelleuau-abe »«stattet.) Aränt«nb«rg, 28. März 1906. ^8 Justizrat Reinholdt s. Schnitter Tod hält ein« «ich« Ernte in uns«r«r Gemeind« unter jettrn Männern, »elch« durch ihr Wirken der Oeffintlichkeit und Allgemeinheit angehörenl Schon wied«r durcheilte heute früh die Traueekunde unsere Stadt: Herr Just zrat Reinholdt ist gkstorben — gestorben nach langen Leid«», die den greisen, im 71. L«ben«jahre stehenden hochgeachteten Mitbürger die letzte Zeit seine« Leben« schwer quälten. Am 1b. Juli 1835 zu Leipzig geb»«», kdm der jetzt Verstorben« im Jahre 1859 al« „Aktuar" (frühtrrr Diensttitel für die d«m G«« richtSamlmann untergestellten Juristen) an da« hiestge kgl. Justiz« amt Frankenberg und verblieb in dieser amtlichen Stellung bä Ende Februar 1869. Unterm I. März 1869 (dem Tage, an welchem Frankenberg an da« Eisenbahnnetz angrschloffrn wurde) eröffnet« Herr Theodor Reinholdt nach dem Ausscheiden au« d«m Staatsdienst« hierselbst jrine Expedition al« Advokat und Notar und hat die« srin Leb«n«werk bi« zu stinrm T^de mit grvßtrr Gewissenhaftigkeit und Peinlichkeit sortgeführt. Die Wertschätzung, deren fich Herr Rech1«an«alt Reinholdt durch seine strenge Recht« lichkeit und edle Gesinnungen allezeit erfreuen konnte, wurde Ur sache, daß man ihn auch für die Werke der Oeffentlichkeit au«« erkor. So wurde Herr Reinholdt fchon Ende 1869 al« Stadt verordneter gewählt und am 11. Januar 1870 in die« Ehrenamt eingrwi'sen, da» er bi» Ende 1874 in dieser Ejgenschast bekleidet«, um von Neujahr 187b an bi» jrtzt ununterbrochen al» Mitglied de» Rattkollegium» zu wirken, al« welche« er intbesond.re die Obhut über die städtische Sparkasse auSzuüben hatte. In den Kirchenvorstand unserer Stadt wurde Herr Rechtsanwalt Rein holdt durch da« Vertrauen der Wähler im Jahr« 187S berufe». Vss Majorat. Roman von Ewald August König. (»7. J-r^tzung.) > (Nachdruck verboten.) „Notar Tellenbach stützt sich daraus, daß das Recht auf seiner Seite ist," sagte Hermann, „und scheinbar ist dies auch der Fall. Du bist interdiziert, der rechtmäßige Erbe sitzt im Gesä»gms, und Baronesse Theodore ist noch minorenn. Gegen die Aushebung der Jnterdiktion wird er protestieren, er wird behaupten. Du seiest von Deiner Geisteskrankheit noch immer nicht genesen." „Die Aerzte werden diese Behauptung widerlegen!" „Hm, damit ist's eine heikle Sache," fuhr der Advokat mit bedenklicher Miene fort. „Dein damaliger Hausarzt lebt noch, er und der Leiter der Irrenanstalt werden mit ihrem Gutachten auf der Seite des Gegners stehen; ob nun die Aerzte, die wir als Sachverständige vorladcn, das Urteil ihrer Kollegen umstoben, das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Es wird ein langwieriger Prozeß werden, Adelgunde, die Aerzte werden erklären, daß sie Dich längere Zeit beobachten müssen, um ein sicheres Urteil fällen zu können, und während dieser Zeit wird Tellenbach sich die Zügel nicht entreibcn lassen." „Das sind trostlose Aussichten, wenn Dagoberts Unschuld nicht an den Tag kommt." „Ich habe seine Verteidigung übernommen und werde noch vor Ät'lans dieser Stunde mit dem Untersuchungsrichter reden." „Sind Entdeckungen gemacht wmdcn, die —" „Ich weiß cs nicht, Adelgunde, ich bringe Dir gegen Abend Nachricht. Wer wird die Anordnungen zur Beerdigung über nehmen ?" „Vielleicht Hauptmann Tellenbach, — er ist mit der Baronesse Theodore verlobt." „Ah, — soweit sind die Dinge schon gediehen? Wirklich verlobt? Tas wußte ich »och nicht! — Um so schlimmer sür unS." „Hauvimann Tellenbach bat in meiner Gegenwart seinem Vater erklärt, daß er aus dos Majorat verzichte." „Von dieser Erklärung wird der Notar wohl schwerlich Notiz nehmen," sagte Hermann lopsschüttelnd, „und von einer Vcrzicht- lcistung des Hauptmaims dürfte nach der Verurteilung Dagoberts auch keine Rede mehr sein. Wenn man ein solches Erbe mit einem einzigen Federzuge antreten kann, schlägt man e« sicherlich uicht ans." „Sowrrt find wir ja noch nicht," erwidert« sie, ihm dle Hand reichend. „Du kommst also am Abend heraus? Wann soll ich Dir den Wagen schicken?" „Gegen tuns Uhr hoffe ich fertig zu sein, ich habe gerade heute noch soviel zu erledigen." „Um fünf Uhr soll er hier sein, bringe gute Nachricht mit, Hermann! Ich fahre zum Rittmeister und nehme Deine Braut mit, vielleicht erzeigt er mir de» Gefallen, die Anordnungen zur Beerdigung zir übernehmen, ich selbst kann mich nicht damit be fassen." Damit schied sie von dem Bruder. ES war Mittag, als sie die Wohnung des Rittmeisters erreichte, der alte Herr kehrte eben auS der Weinstube zurück. Er >var augenblicklich bereit, die Sorge »m das Begräbnis zu übernehmen, er wollte gleich nach Tisch damit beginnen und ebenfalls am Abend nach Eichcnborst kommen, »m über die Einzelheiten mit ihr und Theodore zu beraten. Ueber Da robert wußte er ihr wenig Tröstliches zu berichten. Man sprach überall von dieser Angelegenheit, man schmückte sie mit Einzelheiten aus, von denen die Beteiligten selbst nichts wußten, und jedermann glaubte an die Schuld des Verhafteten. Baronin Adelgunde berichtete ihm dcn Verdacht deS Försters, er schüttelte ungläubig das graue Haupt, die Möglichkeit, daß dieser Verdacht begründet sein könne, wollte er allerdings gelten lasse», aber auch in seinen Augen sprachen doch die Beweise zu sehr für die Schul» Dagoberts. Verstimmt darüber, daß auch ihr bester Fremid ihren Sohu verurteilte, nahm Baronin Adelgunde von ihn, Abschied, dcn Trost und die Ermutigung, die sie suchte, hatte sie nur bei Röschen ge funden, sie war die einzige gewesen, die unerschütterlich an die Unschuld Dagoberts glaubte, das sicherte ihr fortan einen Platz in dcm Herzen der schwergeprüften Frau. 19. Kapitel. Das Haupt stolz erhoben, stand Dagobert mit furchtlosem Blick vor dein Untersuchungsrichter. „Sie haben gestern behauptet, Graf Stephan Morray könne bezeugen, daß Sie in seiner Gegenwart Ihre Büchse abgeschossen hätten," begann der Gerichtsrat, nachdem er seine Akten zurecht gelegt und eine Weile in ihnen geblättert hatte. „Sie behaupten ferner, auf dem Wege zur Stadt niit diesem Herrn zusammen- getrofscu zu sein, während der Verwundete in entgegengesetzter Richtung in der Gegend der sogenannten hohen Eiche aufgesunden wurde. Halten Sie diese Behauptung auch heute noch ausrecht?" „Können Sie glauben, daß ich gestern eine Unwahrheit gesagt habe?" rrwidertc Dagobert ruhig. „Ich würde das begreiflich finden; gelänge dieser Alibibeweis Ihnen, so würde die Anklage gegen Sie unhaltbar sein." „Sie ist eS in der Tat, denn niemals habe ich daran gedacht, mich auf diesem Wege von meinem Vormund zu befreien!" „Sie können nicht leugnen, daß Sie an demselben Nachmittag in Gegenwart mehrerer Zeugen die Büchse auf Ihren Vormund angeschlagen haben." „Ich leugne daS auch nicht, ich bedaure nur, daß ich mich im aufwallenden Zorn dazu hinreißen ließ." „Wäre der Verwalter nicht dazwtschengetreten, so hätten Sie schon in dem Augenblick den Schuß abgefeuert," sagte der Richter ernst. „Es ist möglich," erwiderte Dagobert. „Ich war furchtbar gereizt, ich hatte die Berechtigung, gegen die Abholzung deS Waldes zu protestieren; mir zum Trotz, unter meinen Augen wurde der erste Baum gefällt, mein Protest mit beleidigendem Hohn zurückgewiesen, mußte mich das nicht aufs äußerste reizen? Wrnn in jenem Augenblick die unselige Tat Geschehen wäre, so würden die Verhältnisse sie entschuldigt haben. Später, im Förster- Hause, wurde ich wieder ruhiger, ich bedauerte da» Borgefallene und beschloß, auf gerichtlichem Wege Meine Rechte zu wahren. Jene Gegend, in der später der Verwundete aufaefunden wurde, habe ich nicht mehr berührt, ich schlug den Fußpfad zur Stadt ein, weil ich wußte, daß auf diesem Wege der Graf Morray mir begegnen mußte, den ich bitten wollte, auf die Einladung zum Souper vorläufig zu verzichten. Er gab mir den Rat, die Buchse abzuschteßen, damit nicht ein Unglück entstehe, wenn ich meinem Onkel nochmals begegne. Ich habe im ersten Moment über diesen Rat gelacht, weil mir die Ursache nicht einleuchten wollte, aber ich befolgte ihn dennoch." „Sie wollten zur Stadt, weshalb begleiteten Sie den Grafen nicht, der doch auch dahin zurückkehrte? Weshalb gingen Sie vorher nach Hause?" „Weil ich zuvor daheim den Protest entwerfen wollte!' „Sie taten daS aber nicht!" „Ich hatte keine Rube dazu." „Hätten Sie das nicht schon im Walde, bei der Begegnung mit dem Grafen, wissen müssen?" fragte der Richter. „Dieser schleunige Ritt, der einer Flucht sehr ähnlich sah, müßt« dett Ver dacht gegen Sie bestärken." Dagobert zückte mit den Achseln, ei» gertayschätzender Zug lag um seine Lippen. (ftwUMuna kolat.)
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